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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Prädiktion von Objektbewegungen in einem Fahrerassistenzsystem eines Kraftfahrzeugs, bei dem die Bewegungen von periodisch von einem Ortungsgerätgeorteten Objekten durch dynamische Modellierung der Objekte vorausberechnet werden
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Fahrerassistenzsysteme, beispielsweise sogenannte ACC-Systeme (Adaptive Cruise Control), die eine automatische Abstandsregelung zu einem vorausfahrenden Fahrzeug ermöglichen, oder Sicherheitssysteme (PSS; Predictive Savety Systems) benötigen ständig aktuelle Informationen über Objekte im Umfeld des Fahrzeugs, insbesondere über die Orte und Bewegungen anderer Verkehrsteilnehmer. Diese Informationen werden üblicherweise mit Hilfe eines Ortungsgerätes, beispielsweise mit Hilfe eines winkelauflösenden Radarsensors gewonnen, mit dem die Abstände, Relativgeschwindigkeiten und Azimutwinkel vorausfahrender Fahrzeuge geortet werden können. Aus den Abständen und Azimutwinkelen lassen sich dann auch die entsprechenden Querpositionen der Objekte berechnen.
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Der Radarsensor arbeitet in periodisch aufeinander folgenden Meßzyklen, so daß das Fahrerassistenzsystem in regelmäßigen Abständen, beispielsweise in Abständen von 1 ms einen aktuellen Satz von Ortungsdaten erhält. Unter „Tracking“ versteht man eine Prozedur, durch welche die in einem aktuellen Meßzyklus georteten Objekte mit den in vorangegangenen Zyklen georteten Objekten identifiziert werden, so daß sich das dynamische Verhalten der Objekte über die Zeit hinweg verfolgen läßt. Dazu sind geeignete Algorithmen bekannt, die in einem zu dem Fahrerassistenzsystem gehörenden elektronischen Datenverarbeitungssystem ausgeführt werden.
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Das Tracking wird jedoch dadurch erschwert, daß gelegentlich auftretende Störeinflüsse dazu führen, daß einzelne Ortungsdaten verfälscht werden oder ganz fehlen. Um auch in solchen Fällen die Objekte weiter verfolgen zu können und ausreichend zuverlässige Informationen über die Objekte zu gewinnen ist es bekannt, die Bewegungen der Objektbewegungen anhand eines dynamischen Modells zu prädizierten, das auf plausiblen Annahmen über die Bewegung des Objekts beruht. Anhand dieses Modells können dann auch fehlende oder verfälschte Daten durch plausible Schätzwerte ersetzt werden. Die Modellierung erfolgt beispielsweise mit Hilfe von prädiktiven Tracking-Filtern wie z. †B. Kalman-Filtern.
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Von besonderer Bedeutung ist ein solches prädiktives Tracking bei der Bestimmung der Querversatzes (der y-Position) der georteten Objekte anhand der gemessenen Azimutwinkel. Die Messung dieses Querversatzes ist besonders störungs- und fehleranfällig, weil die üblichen Ortungsgeräte nur ein begrenztes Winkelauflösungsvermögen aufweisen und außerdem die Fehlertoleranzen proportional zum Objektabstand zunehmen.
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Ein einfaches dynamisches Model, mit dem insbesondere die Bestimmung des Querversatzes der Objekte verbessert werden kann, basiert z. B. auf der Annahme, daß der Querversatz in einem fahrzeugfesten Sensor-Koordinatensystem konstant bleibt. Diese Hypothese trifft jedoch in vielen Situationen nicht zu, so daß es zu fehlerhaften oder ungenauen Objektschätzungen kommt.
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Außerdem wurde bereits ein sogenanntes Parallelfahr-Modell vorgeschlagen, das sich besonders für ACC-Systeme als geeignet erwiesen hat. Dieses Model beruht auf der Hypothese, daß sich alle Objekte (alle vorausfahrende Fahrzeuge) und das eigene Fahrzeug stets auf einem parallelen, geraden oder gekrümmten Kurs bewegen. Diese Hypothese trifft für die meisten für die Abstandsregelung relevanten Funktionen zumindest näherungsweise zu.
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Es gibt jedoch auch Situationen, in denen die Parallelfahr-Hypothese unzutreffend ist, beispielsweise dann, wenn der Fahrer des eigenen Fahrzeugs einen Spurwechsel vornimmt. Für ein ACC-System, bei dem der Abstand zu einem in der eigenen Spur unmittelbar vorausfahrenden Fahrzeug geregelt werden soll, solange das eigene Fahrzeug in dieser Spur bleibt, ist dieser Fall nicht relevant. Anders verhält es sich jedoch z. B. bei PSS-Systemen, bei denen im Fall eines unmittelbar drohenden Aufpralls automatisch Notmaßnahmen zur Abwendung des Aufpralls, etwa durch eine Vollbremsung, oder zur Milderung der Unfallfolgen eingeleitet werden. Bei Assistenzsystemen dieser Art kann ein fehlerhafte oder ungenaue Objektschätzung infolge unzutreffender Modellhypothesen zu unerwünschten Fehlauslösungen führen.
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Aus
DE 10 2005 038 314 A1 ist ein Verfahren zum Schätzen des Verlaufs einer Fahrspur bekannt, bei dem Merkmale von Unterkombinationen mehrerer Sensoren einem Kalman-Filter zugeführt werden, um zu den einzelnen Unterkombinationen jeweils eine Hypothese für den Verlauf der Fahrspur zu generieren, und aus den so erhaltenen Hypothesen eine gewichtete Linearkombination gebildet wird.
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Offenbarung der Erfindung
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Aufgabe der Erfindung ist es, die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Prädiktion der Objektbewegungen zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß mehrere dynamische Modelle bereitgehalten werden, die auf unterschiedlichen Hypothesen über das Objekt basieren, und daß die Modelle situationsabhängig entsprechend der Zutreffenswahrscheinlichkeit der Hypothese für die Prädiktion ausgewählt und/oder gewichtet werden.
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Bei diesem Verfahren kann somit die dynamische Modellierung der Objekte je nach Verkehrssituation auf unterschiedlichen Hypothesen beruhen, und es wird jeweils dasjenige Modell ausgewählt oder zumindest stärker gewichtet, bei dem die größte Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß die zugrundeliegende Hypothese in dieser spezifischen Situation erfüllt ist. Im einfachsten Fall wird somit je nach Verkehrssitutation zwischen verschiedenen Modellen umgeschaltet. Allgemeiner können jedoch auch mehrere Modelle gleichzeitig mit unterschiedlicher Gewichtung in die Tracking-Prozedur einfließen, und in diesem Fall werden die Gewichtungen entsprechend der Zutreffenswahrscheinlichkeit der Hypothesen verschoben. Auf diese Weise läßt sich in einer großen Bandbreite von Verkehrssituationen erreichen, daß die Modellwahl besser mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt und somit die Genauigkeit und Verläßlichkeit der Objektschätzung verbessert wird.
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Gegenstand des unabhängigen Vorrichtungsanspruchs ist eine Vorrichtung, in der dieses Verfahren implementiert ist.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform, insbesondere für die Bestimmung des Querversatzes der Objekte, ist eines der bereitgehaltenen Modelle das oben erwähnte Parallelfahr-Modell, und als weiteres Modell wird ein sogenanntes Gradeausfahr-Modell bereitgehalten. Dieses Modell beruht auf der Hypothese, daß das betreffende Objekt seine aktuelle Absolutgeschwindigkeit nach Betrag und Richtung konstant beibehält. Obgleich diese Hypothese in der Praxis oft nur näherungsweise erfüllt sein wird, ist dieses Modell dem Parallelfahr-Model vor allem dann überlegen, wenn der Fahrer des eigenen Fahrzeugs einen Spurwechsel oder andere abrupte Lenkmanöver vornimmt, so daß sein Kurs deutlich von dem Kurs der übrigen Fahrzeuge abweicht.
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Für die Entscheidung, welches Modell in der aktuellen Situation angemessener ist, wird man in der Regel nicht nur auf die Daten des Ortungsgerätes, sondern auch auf die Daten einer zusätzlichen Sensorik zurückgreifen. So ist beispielsweise ein relevantes und geeignetes Kriterium für die Entscheidung zwischen dem Parallelfahr-Modell und dem Geradeausfahr-Modell die Gierbewegung des eigenen Fahrzeugs, die mit Hilfe eines Gierraten- oder Querbeschleunigungssensors gemessen werden kann. Aus den Daten eines solchen Sensors läßt sich insbesondere der Querruck berechnen, d. h., die Änderung der Querbeschleunigung oder Zentripetalbeschleunigung des eigenen Fahrzeugs. Das Parallelfahr-Modell ist insbesondere dann angemessen, wenn das eigene Fahrzeug und das vorausfahrende Fahrzeug eine Kurve mit konstanter Krümmung durchfahren, ohne daß der Fahrer des eigenen Fahrzeugs einen Spurwechsel vornimmt. In dieser Situation ist die Querbeschleunigung annähernd konstant, und der Querruck ist entsprechend gering. Außerdem ist zu erwarten, daß die Querbeschleunigung unabhängig vom Kurvenradius stets etwa in der gleichen Größenordnung liegen wird, weil der Fahrer im allgemeinen seine Geschwindigkeit so an die Fahrbahnkrümmung anpassen wird, daß die Querbeschleunigung innerhalb komfortabler Grenzen bleibt. Wenn die Querbeschleunigung innerhalb dieses Größenbereiches liegt und/oder annähernd konstant ist, spricht daher eine hohe Zutreffenswahrscheinlichkeit für die Parallelfahr-Hypothese. Bei einem größeren Querruck ist dagegen eher anzunehmen, daß der Fahrer des eigenen Fahrzeugs ein Ausweichmanöver oder einen Spurwechsel vornimmt, und in diesem Fall ist das Geradeausfahr-Modell angemessener. Alternativ kann ein Spurwechsel des eigenen Fahrzeugs auch anhand einer charakteristischen Signatur des Gierratensignals erkannt werden, wie beispielsweise in
DE 10 2004 039 741 A1 beschrieben wird.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform des Verfahrens wird anhand des Signals oder der Signale der Sensorik, beispielsweise anhand des Gierratensignals, zunächst für jede der Hypothesen, die einem der zur Verfügung stehenden Modelle zugrunde liegen, eine Zutreffenswahrscheinlichkeit berechnet, die dann die Grundlage für die Auswahl oder Gewichtung der Modelle bildet. Besonders zweckmäßig ist die Schätzung der Zutreffenswahrscheinlichkeiten mit Hilfe einer Markov-Kette.
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Für das prädiktive Tracking werden dann bevorzugt die verschiedenen Modelle miteinander vereinigt oder fusioniert, indem die Modellparameter entsprechend den Zutreffenswahrscheinlichkeiten der Hypothesen gewichtet werden. Wenn das Tracking beispielsweise durch Kalman-Filterung erfolgt, so werden der Steuervektor und gegebenenfalls auch die Steuermatrix sowie das Inkrement der Systemvarianz entsprechend den Zutreffenswahrscheinlichkeiten variiert.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert.
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Es zeigen:
- 1 ein Blockdiagramm einer Vorrichtung gemäß der Erfindung;
- 2 eine Skizze einer Verkehrssituation zur Erläuterung eines Geradeausfahr-Modells;
- 3 ein Diagramm zur näheren Erläuterung des Geradeausfahr-Modells; und
- 4 eine Skizze einer Verkehrssituation zur Erläuterung eines Parallelfahr-Modells.
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1 zeigt als Blockdiagramm ein Prädiktionsmodul 10, das als Software und/oder Hardware in einem elektronischen Datenverarbeitungssystems eines Fahrerassistenzsystems, etwa eines PSS-Systems, implementiert ist und Daten von einem Ortungsgerät 12 sowie von einer zusätzliche Sensorik 14 erhält. Das Ortungsgerät 12 ist im gezeigten Beispiel ein winkelauflösender Radarsensor, mit dem für jedes geortete Objekt der Abstand x (näherungsweise in Richtung der aktuellen Längsachse des eigenen Fahrzeugs), die Relativgeschwindigkeit vx,rel des Objekts sowie der Azimutwinkel φ des Objekts gemessen werden. Aus dem Abstand x und dem Azimutwinkel φ läßt sich dann im Prädiktionsmodul 10 oder gegebenenfalls auch in einer vorgeschalteten Verarbeitungsstufe der Querversatz y des Objekts berechnen.
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Die Sensorik 14 umfaßt im gezeigten Beispiel einen Geschwindigkeitssensor zur Messung der Eigengeschwindigkeit V des mit dem Fahrerassistenzsystem ausgerüsteten Fahrzeugs sowie einen Girratensensor, mit dem die Gierrate dψ/dt dieses Fahrzeugs gemessen wird.
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Im Prädiktionsmodul 10 sind verschiedene dynamische Modelle 16 gespeichert, die dazu dienen, das dynamische Verhalten eines georteten Objekts zu modellieren und das zukünftige Verhalten zu prädizieren, und denen jeweils eine bestimmte Hypothese über das voraussichtliche dynamische Verhalten des Objekts zugrunde liegt. Die Anzahl der bereitgehaltenen Modelle 16 ist im Prinzip unbegrenzt. Im folgenden sollen bei der Erläuterung des Tracking-Verfahrens jedoch nur zwei Modelle, Modell 1 und Modell 2 betrachtet werden, denen als Hypothese im Fall des Modells 1 eine Parallelfahr-Hypothese und im Fall des Modells 2 eine Geradeausfahr-Hypothese zugrunde liegt.
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Anhand der Daten der Sensorik 14 wird zunächst in einem Block 18 für jede dieser Hypothesen eine Zutreffenswahrscheinlichkeit P1, P2, ...., PN, ..., berechnet oder abgeschätzt. Diese Berechnung beruht auf einer Markov-Kette, wie später noch näher erläutert werden soll.
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In einem Fusionsmodul 20 werden dann die verschiedenen Modelle 16 zu einem einheitlichen Modell vereinigt und dabei entsprechend den Zutreffenswahrscheinlichkeiten der Hypothesen gewichtet. Die so erhaltenen Modellparameter werden dann in einem Filtermodul 22, im gezeigten Beispiel einem Kalman-Filter, für das eigentliche prädiktive Objekt-Tracking benutzt. Das Ergebnis der Tracking-Prozedur wird schließlich an einem Ausgang 24 an nachgeschaltete Komponenten des Fahrerassistenzsystems übergeben.
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Das Ortungsgerät 12 arbeitet periodisch und liefert somit für jedes Objekt in jedem Meßzyklus einen aktuellen Satz von Ortungsdaten. Auch die Berechnung der Zutreffenswahrscheinlichkeiten in Block 18 anhand der Daten der Sensorik 14 erfolgt periodisch, vorzugsweise synchron mit dem Arbeitszyklus des Ortungsgerätes 12.
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2 illustriert eine Verkehrssituation, in der ein mit dem Fahrerassistenzsystem und dem Prädiktionsmodul 10 nach 1 ausgerüstetes Fahrzeug 26, im folgenden das „eigene Fahrzeug“ bezeichnet, sowie ein Objekt 28, hier ein vorausfahrendes Fahrzeug, auf einer Fahrbahn 30 mit annähernd konstanter Krümmung fahren. Das eigene Fahrzeug 26 folgt jedoch nicht dem Fahrbahnverlauf, sondern nimmt einen Spurwechsel vor, wie durch einen gekrümmten Pfeil 32 symbolisiert wird, der den voraussichtlichen Kurs dieses Fahrzeugs angibt. In dieser Situation wird für die Abschätzung der Objektbewegungen mit Hilfe des Prädiktionsmoduls 10 das Modell 2 nach 1 benutzt, dem für das Objekt 28 die Geradeausfahr-Hypothese zugrunde liegt. Diese Hypothese besagt, daß das Objekt 28 seine aktuelle Absolutgeschwindigkeit nach Betrag und Richtung beibehalten wird. Der voraussichtliche Kurs des Objekts 28 ist dementsprechend durch einen geraden Pfeil 34 angegeben, und der Geschwindigkeitsvektor (Absolutgeschwindigkeit) dieses Objekts ist konstant und hat die Komponenten vX und vy.
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Zum aktuellen Zeitpunkt wird für das Objekt 28 der Abstand x0 und der Azimutwinkel φ0 gemessen. Genaugenommen wird der Abstand x0 nicht in Richtung der Längsachse des eigenen Fahrzeugs gemessen, wie in 2 dargestellt ist, sondern längs des „Sehstrahls“ vom Fahrzeug 26 zum Objekt 28. Die Differenz zwischen diesen Abständen ist jedoch vernachlässigbar. Aus dem Abstand x0 und dem Azimutwinkel φ0 ergibt sich der Querversatz y0 des Objekts 28.
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Nach einem gewissen Zeitintervall Δt, das der Zykluszeit des Ortungsgerätes 12 entspricht, hat das eigene Fahrzeug 26 die gestrichelt eingezeichnete Position 26' erreicht, und das Objekt 28 hat, entsprechend der Geradeausfahr-Hypothese, die Position 28' erreicht.
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Das Prädiktionsmodul 10 hat nun die Aufgabe, die neue Position 28' des Objekts 28 und insbesondere dessen neuen Querversatz y1 zu prädizieren. Die so prädizierten Daten werden dann mit den im neuen Meßzyklus eintreffenden Ortungsdaten verglichen, so daß bei entsprechender Übereinstimmung das in dem neuen Zyklus geortete Objekt an der Position 28' mit dem zuvor georteten Objekt 28 identifiziert werden kann. Die Daten für die Position 28' bilden dann die Grundlage für eine erneute Prädiktion für den nächsten Meßzyklus. Falls aufgrund einer Störung die Position 28' nicht direkt mit Hilfe des Ortungsgerätes 12 geortet werden kann, muß anstelle der gemessenen Ortungsdaten allein mit den prädizierten Daten gearbeitet werden. Wenn die Störung dazu geführt hat, daß die Meßdaten zwar vorhanden aber verfälscht sind, muß aus den verfälschten Meßdaten und den prädizierten Daten ein plausibler Schätzwert für die Position des Objekts gebildet werden.
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Bei der Prädiktion der Position 28' ist auch die Eigenbewegung des Fahrzeugs 26 zu berücksichtigen. Während die Ortsveränderung des Fahrzeugs 26 bei hinreichend kleiner Zykluszeit relativ gering ist, kann schon eine geringfügige Richtungsänderung des Fahrzeugs 26 insbesondere bei großem Objektabstand zu einer beträchtlichen Änderung des Querversatzes des Objekts führen. Dies ist in 2 deutlich zu erkennen, wenn man den Querversatz y0 des Objekts 28 zum Anfangszeitpunkt mit dem Querversatz y1 der Position 28'im nächsten Meßzyklus vergleicht.
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Die Prädiktion des Querversatzes erfolgt im Filtermodul 22 gemäß der folgenden Differenzengleichung für ein diskretes Kalman-Filter:
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Darin ist yk+1 der Querversatz des Objekts im Zyklus k†+†1, und vy,k+1 ist die Quergeschwindigkeit des Objekts im Zyklus k + 1. Entsprechend sind yk und vy,k der Querversatz und die Quergeschwindigkeit im vorangegangenen Zyklus k. Die Matrix A beschreibt das Bewegungsverhalten des Objekts 28, wie es nach dem zugrundeliegenden Modell erwartet wird.
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Entsprechend der Geradeausfahr-Hypothese hat die Matrix A hier die Form:
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Der Vektor u
k ist ein Steuervektor, der hier keine tatsächliche Bewegung des Objekts 28 beschreibt, sondern vielmehr ein Satz von Steuervariablen, die den Einfluß Eigenbewegung des Fahrzeugs 26 während der zeit Δt beschreiben. Die Matrix B ist eine Steuermatrix, die angibt, wie sich der Steuervektor u
k auf die Prädiktion für den nächsten Zyklus k + 1 auswirkt. In dem hier betrachteten Beispiel ist die Differenzengleichung von erster Ordnung in der Zyklusdauer Δt. Terme von der Ordnung (Δt)
2, wie etwa die Änderung der y-Koordinate des eigenen Fahrzeugs 26 während der Zeit Δt bleiben daher unberücksichtigt. Der Vektor u
k hat dann die Form:
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Die zweite Komponente Δv
y,rel,k dieses Vektors die Änderung der y-Komponente der Relatvgeschwindikeit des Objekts während des letzen Intervalls Δt. Die Matrix B hat die Form:
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Das Produkt B·u
k hat dann die Komponenten:
und beschreibt somit die scheinbare Änderung des Querversatzes des Objekts und die scheinbare Änderung der Quergeschwindigkeit aufgrund der Eigendrehung des Fahrzeugs 26.
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Die Herleitung der Größe Δvy,rel,k soll anhand von 3 erläutert werden, ohne daß die auf einfachen trigonometrischen Überlegungen beruhenden Berechnungen explizit ausgeführt werden. Das eigene Fahrzeug 26 und das Objekt 28 sind in 3 vereinfacht als Punkte dargestellt. In diesem Diagramm werden nur die Änderungen der Abolut-Geschwindigkeitsvektoren betrachtet, und die Ortsveränderungen des Fahrzeugs und des Objekts sind nicht dargestellt. Im Zyklus k = 0 hat das eigene Fahrzeug 26 den Geschwindigkeitssektor V0, der zugleich die X0-Achse eines absoluten X0-Y0-Koordinatensystems definiert. Das Objekt 28 hat in diesem Zyklus sowie auch im nachfolgenden Zyklus k = 1 den konstanten Geschwindigkeitsvektor v. Dieser Vektor hat im X0-Y0-Koordinatensystem die Komponenten vx,0 und vy,0.
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Im nächsten Zyklus k = 1 hat das eigene Fahrzeug 26 den Geschwindigkeitsvektor v1, der dann ein neues Koordinatensystem mit den Achsen v1 und y1 definiert. In diesem x1-y1-Koordinatensystem hat der Geschwindigkeitsvektor v des Objekts 28 die Komponenten vx,1 und vy,1.
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Die gesuchte Größe Δyy,rel,k gibt für k = 1 die Änderung der y-Komponente der Relativgeschwindigkeit des Objekts 28 relativ zum Fahrzeug 26 vom Zyklus k = 0 zum Zyklus k†= 1 an. Um diese Größe zu berechnen, ist zunächst vy,1 durch die Komponenten vx,0 und vy,0 in dem X0-Y0-Koordinatensystem auszudrücken. Die beiden Koordinatensysteme sind um den Winkel ψ gegeneinander verdreht, um den sich die Richtung des Fahrzeugs 26 geändert hat. Also ist ψ das Produkt aus der mit der Sensorik 14 gemessenen Gierrate und dem Zeitinterval Δt. Die Komponenten von v werden dann dann in Relativkoordinaten, bezogen auf das bewegte Fahrzeug 26 umgerechnet, und schließlich wird die Differenz der relativgeschwindigkeiten aus dem aktuellen unddem vorherigen Zyklus gebildet. Die so erhaltene Differenz Δvy,rel,k ist von den gemessenen Objektabständen x im Zyklus k = 0 und im Zyklus k = 1, von den mit der Sensorik 14 gemessenen Größen dψ/dt, und V sowie vom Zeitintervall Δt abhängig. Somit sind alle Größen zur Berechnung des Steuervektors uk bekannt.
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4 illustriert eine Situation, in der das eigene Fahrzeug 26 auf seiner Spur auf der gekrümmten Fahrbahn 30 bleibt und sich somit in einer konstanten Kurvenfahrt mit annähernd konstanter Gierrate befindet. Auch das Objekt 28 folgt dem Verlauf der Fahrbahn 30. In diesem Fall ist somit die Parallelfahr-Hypothese angemessen, die dem Modell 1 in 1 zugrunde liegt. Die Pfeile 32 und 34 repräsentieren wieder die voraussichtlichen Kurse des Fahrzeugs 26 und des Objekts 28.
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Wenn das Fahrzeug 26 und das Objekt 28 mit dem Betrage nach gleicher Geschwindigkeit fahren, so ändert sich die räumliche Beziehung zwischen ihnen nicht, und beide drehen sich gemeinsam um den Krümmungsmittelpunkt der Fahrbahn 30. In diesem Spezialfall bleibt somit der Querversatz des Objekts 28 unverändert.
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Zu einer Änderung des Querversatzes kommt es aber, wenn das Objekt 28 mit einer von der Geschwindigkeit des Fahrzeugs 26 verschiedenen Geschwindigkeit fährt, also eine nicht verschwindende Relativgeschwindigkeit hat. Die gestrichelt eingezeichnete Position 28'' ist hier die Position, die die Ortsveränderung des Objekts 28 relativ zum Fahrzeug 26 während der Zeit Δt angibt. Nach der Parallefahr-Hypothese führt nicht nur das Fahrzeug 26 eine Eigendrehung mit der Gierrate dψ/dt aus, sondern auch das Objekt 28 und sein Geschwindigkeitsvektor werden gedreht, im allgemeinen, bei nicht verschwindender Relativgeschwindigkeit, jedoch mit einer anderen Gierrate. Die relative Verdrehung der Koordinatensysteme, die in
3 durch den Winkel ψ angegeben wurde, ist deshalb zu ersetzen durch die Verdrehung der Koordinatensysteme des Fahrzeugs 26 und des Objekts 28 relativ zueinander. Auch für diese Hypothese läßt sich ein Steuervektor u
k angeben, der die gleiche Form hat wie bei der Geradeausfahr-Hypothese, nämlich:
wobei nun allerdings die Größe Δv
y,rel,k von der Gierratendifferenz zwischen dem Fahrzeug 26 und dem Objekt 28 abhängig ist. Auch diese Gierratendifferenz läßt sich jedoch aus der Eigengierrate des Fahrzeugs 26 und der gemessenen Relativgeschwindigkeit des Objekts 28 bestimmen.
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Auch die Matrix B hat die gleiche Form wie im Geradeausfahr-Modell, und auch die Matrix A hat nach wie vor die gleiche Form wie in Geichung (2), denn da nur Terme erster Ordnung in Δt berücksichtigt werden, spiegelt sich die Krümmung des Kurses des Objekts 28 in der Matrix A nicht wieder.
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Für beide Modelle läßt sich somit eine Differenzengleichung mit der in (1) angegebenen Form aufstellen, die dann nach der Theorie des Kalman-Filters dazu benutzt werden kann, die Bewegung des Objekts 28 von Meßzyklus zu Meßzyklus, jeweils unter Berücksichtigung der tatsächlich vom Ortungsgerät 12 gemessenen Daten, so zu prädizieren, daß die Prädiktion angesichts der Vorgeschichte und der gemessenen Werte mit größter Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Position des Objekts entspricht. Dabei werden in einem zyklischen Wechsel zwischen Vorhersage und Abgleich mit den tatsächlichen Daten nicht nur die Vorhersagewerte, sondern auch die zugehörigen Fehlervarianzen aktualisiert, die zur Aktualisierung der Schätzwerte mit Hilfe des sogenannten Kalman-Gains benötigt werden.
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Im folgenden soll nun erläutert werden, wie anhand der gemessenen Gierrate und der Eigengeschwindigkeit V des Fahrzeugs 26 die Zutreffenswahrscheinlichkeiten P1 und P2 berechnet werden und wie anhand dieser Wahrscheinlichkeiten die beiden Modelle fusioniert werden.
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Die Berechnung der Zutreffenswahrscheinlichkeiten beruht auf einer Markov-Kette mit den beiden Zuständen:
- 1. konstante Kurvenfahrt
- 2. nicht konstante Kurvenfahrt.
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Für die Übergangswahrscheinlichkeiten von einem Zustand in den anderen wird eine Übergangsmatrix M mit Matrixelementen p
ij definiert, die vorab empirisch ermittelt wurden. Eine geeignete Übergangsmatrix ist z. B.
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Darin bedeutet p
ij die Wahrscheinlichkeit, daß das System auch aus dem Zustand i den Zustand j übergeht. Die Wahrscheinlichkeiten P1 und P2 werden dann in dem Markov-Prozeß zyklisch, jeweils anhand der aktuellen Sensordaten neu berechnet. Wenn P1
(k - 1) und P2
(k†-†1) die a-posteriori Wahrscheinlichkeiten für den Zustand 1 bzw. den Zustand 2 sind, d. h., die Wahrscheinlichkeiten unter Berücksichtigung der zuletzt im Zyklus k-1 eingetroffenen Meßdaten, so lassen sich für den nächsten Aktualisierungsschritt die a-priori Wahrscheinlichkeiten c
1, c
2 (ohne Berücksichtigung der neuesten Meßdaten) wie folgt angeben:
wobei C der Vektor mit den Komponenten (c
1, c
2) und P der Vektor mit den Komponenten (p
1, p
2) ist, also:
und
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Die neuen a-posteriori Wahrscheinlichkeiten P1
(k) und P2
(k) sind dann gegeben durch:
und
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Darin sind q
1 und q
2 Wahrscheinlichkeitsdichten, die nach einer bestimmten Wahrscheinlichkeitsverteilung von den Meßwerten abhängen. Aus den in aufeinanderfolgenden Meßzyklen erhaltenen Meßwerten für V und dψdt wird zunächst der „Querruck“ J berechnet:
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Darin ist Δ(dψ/dt) die Differenz zwischen den in den beiden letzten Zyklen gemessenen Gierraten. Der Querruck J gibt somit die Änderung der Querbeschleunigung je Zeitintervall Δt an. Für die konstante Kurvenfahrt wird eine Normalverteilung in Abhängigkeit dieses Querrucks J angenommen:
mit einer als Systemparameter festgelegten Standardabweichung σ von beispielsweise 0,5 m/s
3. Dahinter steht die Überlegung, daß eine konstante Kurvenfahrt um so wahrscheinlicher ist, je kleiner der Querruck ist.
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Für die Hypothese, daß es sich nicht um eine konstante Kurvenfahrt handelt, wird als Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Wahrscheinlichkeitsdichte q
2 eine Gleichverteilung angenommen:
wobei J
min und J
max die oberen und unteren Grenzen des in Frage kommenden Wertebereichs für J sind. Diese Gleichverteilung repräsentiert das Unwissen darüber, welcher Querruck bei einer nicht konstanten Kurvenfahrt auftreten wird. Geeignete Werte für J
min und J
max sind z. B. ±10 ms
-3 und somit q
2 = 0,05 m
-1s
3.
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Auf diese Weise erhält man in jedem Zyklus eine neue Schätzung der Zutreffenswahrscheinlichkeiten, die den (wahrscheinlichen) bisherigen Zustand und die Übergangswahrscheinlichkeiten sowie die neuesten Meßwerte angemessen berücksichtigt.
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Anhand dieser Zutreffenswahrscheinlichkeiten lassen sich die Modelle 1 und 2 wie folgt vereinigen. Wie mit Bezug auf
2 bis
4 erläutert wurde, unterscheiden sich die Modelle 1 und 2 in dem Steuervektor u. Für das Modell 1 hat man den Steuervektor u
parallel' der von der Differenz der Giergeschwindigkeiten des eigenen Fahrzeugs 26 und des Objekts 28 abhängig ist, und für das Modul 2 hat man den Steuervektor u
gerade' der von der Gierrate des eigenen Fahrzeugs abhängig ist. Im Fusionsmodul werden diese beiden Steuervektoren nun gemäß folgender Formel zu einem neuen Steuervektor zusammengefaßt:
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Die Steuervektoren werden somit entsprechend den Zutreffenswahrscheinlichkeiten gewichtet.
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Wie oben erwähnt wurde, muß bei dem Kalman-Filterzyklus auch die Varianzmatrix Q prädiziert und aktualisiert werden. Bei der Fusion der beiden Modelle erhält, sofern nicht P1 oder P2 gleich 1 ist, für diese Varianzmatrix ein zusätzliches Inkrement ΔQ, das wie folgt definiert ist:
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Diese Regeln für die Modellfusion lassen sich analog auf die Fusion von drei oder mehr Modellen verallgemeinern.