-
Die
vorliegende Erfindung betrifft einen Kleb- oder Dichtstoff, der
insbesondere zum Fügen
oder Abdichten im Flug- oder Fahrzeugbau eingesetzt werden kann.
Bei diesen Anwendungen erfolgt das Aushärten des Kleb- oder Dichtstoffs
in der Regel zusammen mit dem Aushärten der ersten aufgebrachten
Lackschicht in einem Lackeinbrennofen. Die hierbei zu erreichende
Substrattemperatur liegt in der Regel im Bereich von 140 bis 200°C. Der erfindungsgemäße Kleb-
oder Dichtstoff enthält
mindestens eine farbgebende Komponente, die bei einer Temperatur
in diesem Bereich ihre Farbe irreversibel ändert. Hierdurch kann nach
dem Verlassen des Lackeinbrennofens und nach dem Abkühlen erkannt
werden, ob der Kleb- oder Dichtstoff auf die zu seinem Aushärten erforderliche
Mindesttemperatur erhitzt worden war.
-
Ein
beispielhaftes Anwendungsgebiet für den erfindungsgemäßen Kleb-
oder Dichtstoff ist der Fahrzeugbau, insbesondere der Automobilrohbau.
In diesem Anwendungsgebiet werden Kleb- oder Dichtstoffe bevorzugt
auf unbehandelte, beölte
Metalloberflächen
appliziert und danach gefügt.
Danach durchlaufen die geklebten und/oder abgedichteten Bauteile
die im Fahrzeugbau üblichen
Reinigungs- und Vorbehandlungsbäder und
ein Lackbad, üblicherweise
ein Bad eines kathodisch abscheidbaren Elektrotauchlacks. Dabei
müssen
die Kleb- oder Dichtstoffe so beschaffen sein bzw. so weit vorvernetzt
sein, dass sie bei diesen Behandlungsschritten nicht ausgewaschen
werden. Vorzugsweise werden hierfür heißhärtende Einkomponenten-Kleb-
oder Dichtstoffe eingesetzt. Deren endgültige Aushärtung erfolgt im Einbrennofen
des kathodischen Elektrotauchlacks bei ca. 180°C für etwa 30 Minuten. In der Praxis
werden bei diesem Prozess an verschiedenen Teilen der Fahrzeugkarosserie
unterschiedliche Einbrennzeiten und Einbrenntemperaturen erreicht.
Als minimale Einbrenntemperatur werden in der Regel 160°C genannt,
als maximale Temperatur 200°C.
An bestimmten Knotenpunkten, wo beispielsweise viele dicke Metallbauteile übereinander
liegen, können
sogar nur 140°C
erreicht werden. Für
derart niedrige Temperaturen sind auch zweikomponentige Klebstoffe
im Serien-Produktionsprozess üblich,
damit auf jeden Fall eine ausreichende Härtung gewährleistet werden kann.
-
Nach
Verlassen des Einbrennofens kann nicht mehr festgestellt werden,
an welchen Stellen des Bauteils, beispielsweise der Automobilkarosserie,
welche maximale Einbrenntemperatur erreicht wurde. Daher kann nicht überprüft werden,
ob der eingesetzte ein- oder zweikompentige Kleb- oder Dichtstoff
die erforderliche Mindesttemperatur für seine vollständige Aushärtung erreicht
hat. Die vorliegende Erfindung bietet eine Lösung für dieses Problem.
-
Kleb-
oder Dichtstoffe werden häufig
mit Farbrußen
oder organischen oder anorganischen Farbstoffen eingefärbt. Dies
geschieht vorwiegend aus ästhetischen
Gründen.
Eine technische Wirkung haben derartige farbgebende Komponenten
in der Regel nicht. Allenfalls können
sie wie ein (verstärkender)
Füllstoff
wirken.
-
Die
Offenlegungsschrift
DE
41 32 726 A1 offenbart eine elektrisch leitende Klebstoffzusammensetzung,
bei der ein Klebstoff auf Basis eines Epoxidharzes eingesetzt wird,
der seine Farbe beim Härten ändert. Diese
Farbänderung
beruht nicht auf dem Zusatz einer farbgebenden Komponente zum Klebstoffsystem,
sondern ist eine intrinsische Eigenschaft des verwendeten Epoxidharzes.
Beispielsweise ist dieses im ungehärteten Zustand fahlgelb und
verfärbt
sich beim Härten
rötlich
braun. Dieser Effekt ist auf das spezielle Polymersystem beschränkt und
nicht auf andere Klebstoffsysteme übertragbar.
EP 054155 A1 offenbart einen Schmelzklebstoff,
der zumindest kurzfristig auf die für eine einwandfreie Benetzung
des zu verklebenden oder abzudichtenden Werkstoffs erforderliche
Mindesttemperatur gebracht wird. Dabei enthält der Schmelzklebstoff mindestens
einen Thermochromfarbstoff, der beim Erreichen der für die einwandfreie
Benetzung erforderlichen Temperatur einen Farbumschlag zeigt. Hiermit
kann während
der Verarbeitung festgestellt werden, dass der Schmelzklebstoff
auf die für
eine korrekte Verarbeitung erforderliche Temperatur gebracht ist.
Zusätzlich kann
ein weiterer Thermochromfarbstoff enthalten sein, der einen Farbumschlag
bei beginnender Zersetzung des Schmelzklebstoffes zeigt. Da diese
Farbänderungen
reversibel sind, erlauben sie zwar eine Temperaturkontrolle während der
Produktion, lassen jedoch nach dem Abkühlen nicht mehr erkennen, auf
welche Temperatur der Klebstoff während der Verarbeitung erwärmt worden
war.
-
Gegenstand
der
US 2004/0137202
A1 ist eine multifunktionelle Lebensmittelverpackung. Diese
kann einen Klebstoff aufweisen, der thermochrome Farbstoffe enthält. Hierdurch
soll erkannt werden können,
ob sich das verpackte Lebensmittel auf einer erwünschten Temperatur befindet.
Die Farbänderung
des thermochromen Farbstoffes ist reversibel, so dass sich auch
hier nicht im Nachhinein erkennen lässt, welcher Temperatur der
Klebstoff bei seiner Verarbeitung ausgesetzt war.
-
DE 10304795 A1 offenbart
ein Klebesiegel mit verbesserter Sicherheit gegen Fälschungen.
Die Fälschungssicherheit
kann beispielsweise dadurch verbessert werden, dass die Klebstoffschicht
des Klebesiegels thermochrome Farbe oder thermochrome Farbpigmentkapseln
enthält.
Die Echtheit des Klebesiegels kann dann dadurch überprüft werden, dass man es auf
die zum Farbumschlag erforderliche Temperatur bringt. Auch diese
Farbänderung
ist reversibel und hat nicht die Aufgabe, im Nachhinein die erreichte
Verarbeitungstemperatur anzuzeigen.
-
Dem
gegenüber
soll es die vorliegende Erfindung ermöglichen, nach dem Erwärmen des
Kleb- oder Dichtstoffes zum Aushärten
und anschließendem
Abkühlen
im Nachhinein erkennen zu können,
ob die zur vollständigen
Aushärtung
erforderliche Temperatur erreicht wurde. Hierfür werden dem Kleb- oder Dichtstoff farbgebende
Komponenten zugesetzt, die im für
die Aushärtung
erforderlichen Temperaturbereich einem irreversiblen Farbwechsel
unterliegen. Dieser Effekt kann darauf beruhen, dass die farbgebende
Komponente die Farbe beim Erwärmen
irreversibel verändert.
Weiterhin kann dieser Effekt darin bestehen, dass die farbgebende
Komponente beim Erwärmen
zerstört
wird.
-
Die
vorliegende Erfindung betrifft also in einem ersten Aspekt einen
Kleb- oder Dichtstoff enthaltend mindestens eine farbgebende Komponente,
die keine Baugruppe eines Epoxidharzes ist und die bei einer Temperatur
im Bereich von 140°C
bis 210°C
ihre Farbe irreversibel ändert.
Beispielsweise kann als mindestens eine farbgebende Komponente ein
organischer Farbstoff vorliegen, der sich bei einer Temperatur im
Bereich von 140 bis 210°C
zersetzt. Ein derartiger Farbstoff ist beispielsweise beta-Naphthol.
-
Der
erfindungsgemäße Kleb-
oder Dichtstoff kann als weitere farbgebende Komponente einen Farbstoff
oder ein Farbpigment enthalten, das seine Farbe bei einer Temperatur
im Bereich von 140 bis 210°C
nicht verändert.
Hierbei kann es sich beispielsweise um anorganische Weiß- oder
Buntpigmente handeln. Beispielsweise können hierfür Titanoxid-Pigmente verwendet
werden. In dieser Ausführungsform
wird beim Erwärmen auf
Aushärtungstemperatur
der organische Farbstoff zerstört,
während
das anorganische Farbpigment als farbgebende Komponenten erhalten
bleibt.
-
Der
erfindungsgemäße Kleb-
oder Dichtstoff kann auch mindestens zwei farbgebende Komponenten enthalten,
die ihre Farbe bei unterschiedlichen Temperaturen im Bereich von
140 bis 210°C
irreversibel verändern.
Dabei wird die erste farbgebende Komponente so gewählt, dass
sie ihre Farbe bei oder oberhalb der erwünschten Aushärtungstemperatur,
jedoch unterhalb der zu vermeidenden Zersetzungstemperatur irreversibel
verändert.
Die irreversible Farbänderung
der zweiten farbgebenden Komponente soll dagegen erst bei einer
Temperatur eintreten, bei der unerwünschte Zersetzungsreaktionen
des Kleb- oder Dichtstoffes eintreten und die daher nicht überschritten
werden sollte. Auf diese Weise lässt
sich auch nach dem Abkühlen
leicht sicherstellen, dass zum einen die zum Aushärten erforderliche
Temperatur erreicht wurde, jedoch nicht eine darüber liegende Temperatur, bei
der eine Zersetzung der Kleb- oder Dichtstoffmatrix eintritt.
-
Das
Polymersystem des Kleb- oder Dichtstoffs kann einkomponentig oder
zweikomponentig vorliegen. Der chemische Aufbau dieses Polymersystems
und der Aushärtungsmechanismus
kann nach bekanntem Stand der Technik beliebig gewählt werden,
solange die Bedingung erfüllt
ist, dass der Kleb- oder Dichtstoff im Temperaturbereich von 140
bis 200°C
in einer Zeitspanne zwischen 10 und 90 Minuten aushärtet. Vorzugsweise
wird ein Polymersystem gewählt,
das bei einer Temperatur im genannten Bereich in einem Zeitintervall zwischen
15 und 45 Minuten aushärtet.
Beispielsweise kann das Polymersystem des Kleb- oder Dichtstoffes ausgewählt sein
aus Epoxidharzen, Polyurethanen, Molekülen mit polymerisierbaren C
= C – Doppelbindungen,
silanmodifizierten Polymeren, Polyestern, Siliconen und Formaldehyd-Kondensationsprodukten
wie beispielsweise Phenol- oder Kresol-Formaldehydharzen.
-
Vorzugsweise
enthält
der erfindungsgemäße Kleb-
oder Dichtstoff, bezogen auf die Gesamtmasse des Kleb- oder Dichtstoffs,
insgesamt mindestens 0,02 Gew.-%, vorzugsweise mindestens 0,05 Gew.-%,
und bis zu 2 Gew.-%, vorzugsweise bis zu 1 Gew.-% und insbesondere
bis zu 0,5 Gew.-% der farbgebenden Komponenten. Selbstverständlich ist
diejenige farbgebende Komponente, die ihre Farbe bei der erwünschten
Härtungstemperatur
irreversibel ändert,
entsprechend der erwünschten
Härtungstemperatur
auszuwählen.
-
Der
erfindungsgemäße Kleb-
oder Dichtstoff ermöglicht
also im Nachhinein eine einfache optische Kontrolle, ob während des
Produktionsprozesses die zum vollständigen Aushärten erforderliche Mindesttemperatur
erreicht wurde. Durch Verwendung einer geeigneten zweiten farbgebenden
Komponente, die ihre Farbe bei der Zersetzungstemperatur des Kleb-
oder Dichtstoffes irreversibel ändert,
kann darüber
hinaus erkannt werden, ob die Zersetzungstemperatur überschritten
wurde. Die vorliegende Erfindung ermöglicht also eine vereinfachte
Qualitätskontrolle
des Füge-
oder Abdichtprozesses.
-
In
einem zweiten Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung
eines vorstehend beschriebenen Kleb- oder Dichtstoffes zum Fügen oder
Abdichten im Flug- oder
Fahrzeugbau, insbesondere im Bau von Straßenfahrzeugen wie beispielsweise
Personenkraftfahrzeugen, Bussen oder Lastwagen. Für diesen
Anwendungsbereich ist der erfindungsgemäße Kleb- oder Dichtstoff besonders
geeignet, da beim Herstellprozess dieser Fahrzeuge in der Regel
ein kathodisch abgeschiedener Elektrotauchlack in einem Einbrennofen eingebrannt
wird. Während
dieses Einbrennschrittes erfolgt gleichzeitig das Aushärten des
erfindungsgemäßen Kleb-
oder Dichtstoffes.
-
Weiterhin
betrifft die vorliegende Erfindung ein gefügtes oder abgedichtetes Bauteil
wie beispielsweise eine Fahrzeugkarosserie, das einen Kleb- oder
Dichtstoff enthält,
wie vorstehend beschrieben wurde. Bei diesen Bauteilen kann besser
als vorher garantiert werden, dass der Kleb- oder Dichtstoff tatsächlich die
zum völligen
Aushärten
erforderliche Temperatur erreicht hatte. In einer abgewandelten
Ausführungsform
kann zusätzlich
erkannt werden, ob das Bauteil auf eine Temperatur erhitzt worden
war, bei der eine Zersetzung des Kleb- oder Dichtstoffes und damit
Qualitätsmängel auftreten.
Die Qualität
der Klebeverbindung bzw. der Abdichtung kann also bei dem erfindungsgemäßen Bauteil
besser und einfacher sichergestellt werden als bisher.
-
Ausführungsbeispiele
-
Beispiel 1:
-
- Pigmentpräparation
aus organisch und anorganischen Pigmenten : TICO Red 462 (Fa. Heubach)
-
Beispiel 2:
-
- Pigmentpräparation
aus organisch und anorganischen Pigmenten : TICO Orange 640 (Fa.
Heubach)
-
Beispiel 3:
-
- Pigmentpräparation
C I Pigment Red 53:1 (Ba β-Naphthol)
-
Untersuchung der Farbumschläge:
-
Für die Bestimmung
der Farbumschläge
wurde der Klebstoff etwa 0,5 mm dick auf eine Metallplatte (80 × 30 × 1 mm)
aufgetragen und 25 min (Ofenverweilzeit) in einem Umluftofen gehärtet. Die
Beurteilung der Farbänderung
erfolgte rein visuell: Beispiel
1: Härtungstemperatur/°C; Farbe
120 | dunkelrot |
130 | rot |
140 | rot |
150 | hellrot |
160 | orange |
170 | gelb/orange |
180 | gelb |
190 | gelb |
200 | gelb |
210 | gelb/braun |
Beispiel
2: Härtungstemperatur/°C; Farbe
120 | orange |
130 | gelb |
140 | gelb |
150 | gelb |
160 | gelb |
170 | gelb |
180 | gelb |
190 | gelb |
200 | gelb/braun |
210 | gelb/braun |
Beispiel
3: Härtungstemperatur/°C; Farbe
110 | rot |
120 | rot/orange |
130 | rot/orange |
140 | orange |
150 | orange |
160 | orange |
170 | orange |
180 | orange |
190 | orange |
200 | orange |
210 | gelb/braun |