DE102005060298A1 - Fahrer-Bremsassistent mit veränderlicher Auslöseschwelle nach Erstkollision - Google Patents
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Abstract
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Unterstützen eines Fahrers bei einem Bremsvorgang, wobei die Betätigung des Fuß-Bremspedals überwacht und die Bremswirkung automatisch verstärkt wird, wenn die Pedalbetätigung eine vorgegebene Auslöseschwelle überschreitet, um den Fahrer beim Bremsvorgang zu unterstützen. Der Bremsassistent kann wesentlich zuverlässiger ausgelöst werden, wenn das Fahrzeug im Hinblick auf eine Kollision überwacht wird und die Auslöseschwelle des Bremsassistenten (3) gesenkt wird, wenn eine Erstkollision erkannt wurde.
Description
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Unterstützen eines Fahrers bei einem Bremsvorgang gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, sowie eine entsprechende Vorrichtung gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 6.
- Viele Fahrzeuge sind heute mit einem sog. Bremsassistenten ausgestattet, der den Fahrer bei einem Bremsvorgang unterstützt, indem er in einer kritischen Fahrsituation, in der der Fahrer das Fuß-Bremspedal mit einer sehr hohen Geschwindigkeit oder mit sehr hoher Kraft betätigt, eine automatische Vollbremsung durchführt. Der Bremsassistent wir dabei ausgelöst, wenn die Pedalbetätigung oder eine durch die Betätigung veränderte Größe, wie zum Beispiel der Vordruck im Hauptbremszylinder, einen vorgegebenen Schwellenwert überschreitet.
- Um Fehlauslösungen des Bremsassistenten im normalen Fahrbetrieb zu vermeiden, ist die Auslöseschwelle des Bremsassistenten üblicherweise sehr hoch eingestellt. Dies kann bei einer zu zaghaften Betätigung des Bremspedals dazu führen, dass der Bremsassistent trotz kritischer Fahrsituation nicht oder zu spät auslöst. Es werden somit wichtige Meter an Bremsweg verschenkt, die einen Zusammenstoß hätten verhindern können. Eine einfache Lösung dieses Problems bestünde darin, die Auslöseschwelle grundsätzlich zu reduzieren. In diesem Fall würde jedoch wiederum die Gefahr von Fehlauslösungen in unkritischen Fahrsituationen, die keiner Vollbremsung bedürfen, steigen.
- Für eine korrekte Funktion des Bremsassistenten ist es daher wichtig, die Situationen, in denen der Fahrer eine starke Verzögerung benötigt (Gefahrensituation) von Situationen des normalen Fahrbetriebs unterscheiden zu können. Mit dieser Information ist es möglich, den Bremsassistenten bei Gefahr empfindlicher einzustellen und die Auslöseschwelle im Normalbetrieb auf höherem Niveau zu belassen.
- Aus dem Stand der Technik sind verschiedene Systeme bekannt, die z.B. mit optischen Sensoren oder Radarsysteme arbeiten, um eine mögliche Gefahrensituation zu erkennen. Diese Systeme bedürfen jedoch zusätzlicher Sensoren und sind somit aufwändig und teuer.
- Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zum Unterstützen eines Fahrers bei einem Bremsvorgang zu schaffen, das bzw. die in kritischen Fahrsituationen zuverlässig auslöst und besonders einfach und kostengünstig zu realisieren ist.
- Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch die im Patentanspruch 1 sowie im Patentanspruch 6 angegebenen Merkmale. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand von Unteransprüchen.
- Ein wesentlicher Aspekt der Erfindung besteht darin, das Auftreten einer Kollision des Fahrzeugs zu überwachen und die Auslöseschwelle des Bremsassistenten nach dem Erkennen einer Erstkollision vorübergehend zu senken. Der Bremsassistent spricht dadurch nach der Erstkollision wesentlich früher an und bewirkt die leichtere Auslösung einer Vollbremsung, durch die mögliche Folgekollisionen verhindert werden können.
- Etwa 25%-30% aller Unfälle sind Mehrfach-Kollisionen, bei denen das Fahrzeug z.B. nach einem Spurwechselfehler oder einer Leitplankenberührung wegen Sekundenschlafs eine Erstkollision verursacht und danach so außer Kontrolle gerät, dass es eine Folgekollision verursacht. In diesen Fällen ist es sinnvoll, den Bremsassistenten nach der Erstkollision empfindlicher einzustellen und somit mögliche Folgekollisionen zu vermeiden.
- Die Auslöseschwelle des Bremsassistenten wird nach dem Erkennen einer Erstkollision vorzugsweise um etwa 30%-70% gesenkt. Dies ist üblicherweise ausreichend, um den Bremsassistenten so empfindlich einzustellen, dass er auch von Normalfahrern ausgelöst werden kann.
- Die Auslöseschwelle wird vorzugsweise nur vorübergehend gesenkt. Im Normalbetrieb sollte die Auslöseschwelle dagegen höher sein, um, wie erwähnt, Fehlauslösungen zu vermeiden. Als Bedingung für das Rücksetzen der Auslöseschwelle vom niedrigeren auf den höheren Wert kann im einfachsten Fall das Überschreiten einer vorgegebenen Zeitdauer gewählt werden. Wahlweise könnte z.B. auch eine bestimmte Längs- oder Querbeschleunigung des Fahrzeugs, die Gierrate oder die Gaspedalstellung als Kriterium für das Rücksetzen der Auslöseschwelle herangezogen werden. Die Auslöseschwelle kann beispielsweise rückgesetzt werden, wenn die Fahrzeugbeschleunigung oder die Gierrate des Fahrzeugs gering ist und somit kein Hinweis auf eine unkontrollierte Fahrsituation besteht. Eine Betätigung des Gaspedals durch den Fahrer deutet ebenfalls auf eine eher sichere Fahrsituation hin, so dass die Auslöseschwelle wieder zurückgesetzt werden kann. Zur Messung der einzelnen Größen sind vorzugsweise entsprechende Sensoren bzw. Timer im Fahrzeug untergebracht.
- Ein erfindungsgemäßes Bremsassistenzsystem umfasst zumindest einen Sensor zum Erfassen einer Brems-Kenngröße, wie z.B. der Geschwindigkeit der Pedalbetätigung, der Pedalkraft oder des Vordrucks im Hauptbremszylinder, ein Steuergerät mit einem Bremsassistenz-Algorithmus, und einen Aktuator einer Bremsanlage, wie z.B. eine Hydraulikpumpe. Der Aktuator wird vom Steuergerät angesteuert, wenn das Signal des Pedalwertgebers eine vorgegebene Auslöseschwelle überschreitet. Dieses System ist ferner mit einer Sensorik zur Kollisionserkennung verbunden, deren Signale ausgewertet werden, um eine Erstkollision zu erkennen. Das System (Algorithmus) ist dabei so ausgelegt, dass die Auslöseschwelle gesenkt wird, wenn eine Kollision erkannt wurde.
- Zur Erkennung einer Erstkollision kann beispielsweise ein Beschleunigungssensor, ein Luftdrucksensor oder ein Schallsensor vorgesehen sein. Diese Sensoren werden heute bereits in Airbag-Systemen eingesetzt.
- Nach dem Erkennen einer Erstkollision können zusätzlich zur Umstellung der Auslöseschwelle auch die Bremsbacken an die Bremsscheiben angelegt werden (so genanntes Prefill). Dadurch wird erreicht, dass die Radbremsen bei einer möglicherweise folgenden Notbremsung schneller greifen und das Fahrzeug somit früher zum Stehen kommt.
- Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
-
1 eine schematische Blockdarstellung eines Bremsassistenz-Systems gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung; und -
2 ein Flussdiagramm der wesentlichen Prozessschritte eines Verfahrens zum Modifizieren eines Bremsassistenten gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung. -
1 zeigt ein schematisches Blockschaltbild eines Bremsassistenz-Systems, das den Fahrer eines Kfz bei einem Bremsvorgang unterstützt, indem es in kritischen Fahrsituationen dem Fahrer die Auslösung einer Vollbremsung erleichtert. Das dargestellte System umfasst ein erstes Steuergerät1 , in dem ein Bremsassistenz-Algorithmus3 hinterlegt ist. Das Steuergerät1 ist mit einem Pedalwertgeber5 verbunden, der z.B. die Geschwindigkeit oder die Kraft einer Pedalbetätigung misst. Wenn das Signal des Pedalwertgebers5 eine vorgegebene Auslöseschwelle überschreitet, geht das System1 ,3 von einer kritischen Fahrsituation aus und führt die automatische Vollbremsung durch. Dabei wird ein Aktuator10 der Bremsanlage, wie z.B. eine Hydraulikpumpe, ein aktiver Bremskraftverstärker oder die Stellglieder einer elektromotorischen Bremse, entsprechend angesteuert. - Dieses an sich aus dem Stand der Technik bekannte Bremsassistenz-System
1 ,3 ,5 ,10 ist in diesem Ausführungsbeispiel mit einer Sensorik6 -8 zur Kollisionserkennung gekoppelt. Die Sensorik umfasst hier einen oder mehrere Beschleunigungssensoren6 , einen Luftdrucksensor7 und/oder einen Schallsensor8 . Wahlweise können auch mehr oder weniger Sensoren6 -8 6 -8 kann eine Kollision als solche und ggf. auch die Qualität der Kollision, insbesondere Stärke oder Ort der Kollision, festgestellt werden. Wenn das Fahrzeug mit einem Airbag-System oder einem Fahrdynamik-Regelungssystem, wie z.B. ESP, ausgestattet ist, können die zugehörigen Sensoren, die ohnehin im Fahrzeug integriert sind, zum Zwecke der Kollisionserkennung mitgenutzt werden. - Im dargestellten Beispiel umfasst das Fahrzeug ein Airbag-System mit mehreren Airbag-Sensoren
6 -8 2 verbunden sind, das die Sensorsignale auswertet. Das Airbag-Steuergerät2 tastet die Sensorsignale hochfrequent ab und der auf dem Airbag-Steuergerät laufende Kollisionserkennungs-Algorithmus4 kann daraus innerhalb weniger Millisekunden erkennen, ob und gegebenenfalls auch wo eine Kollision stattgefunden hat. Diese Kollisionsinformation wird an das Bremsassistenz-Steuergerät1 übertragen. Die beiden Steuergeräte1 und2 sind hierzu z.B. über einen CAN-Bus miteinander verbunden (wahlweise könnte natürlich auch nur ein einziges Steuergerät vorgesehen sein, das sämtliche Funktionen ausführt). - Nach Erhalt der Kollisionsinformation (z.B. als Kollisionsflag) wird der Bremsassistenz-Algorithmus
3 umparametrisiert, d.h. die Auslöseschwelle gesenkt. In diesem Zustand kann der Bremsassistent, wie erwähnt, früher ausgelöst und dadurch mögliche Folgekollisionen verhindert werden. -
2 zeigt die wesentlichen Verfahrensschritte bei einer Umstellung des Bremsassistenten3 . Im normalen Fahrbetrieb tastet das Airbag-Steuergerät ständig die Sensorsignale der Airbagsensoren6 -8 ab (Schritt11 ) und wertet die Signale aus. In Schritt12 werden die einzelnen Signale mit entsprechenden Referenzwerten verglichen, um eine Kollision zu erkennen. Falls die Signalwerte kleiner sind als die vorgegebenen Schwellenwerte (Fall N) werden die Sensorsignale weiterhin abgetastet. Andernfalls (J) wird der Zustand „Kollision" erkannt und in Schritt13 die Auslöseschwelle und gegebenenfalls auch weitere Parameter des Bremsassistenten3 geändert. In Schritt14 wird das Signal des Pedalwertgebers5 abgetastet und in Schritt16 überprüft, ob die Bremsanforderung des Fahrers die Auslöseschwelle überschreitet oder nicht. - Falls die Bremsanforderung die Auslöseschwelle überschreitet (Fall J) wird in Schritt
16 eine automatische Vollbremsung eingeleitet. Andernfalls (N) wird in Schritt17 überprüft, ob sich das Fahrzeug weiterhin in einer Gefahrensituation befindet. Hierzu kann beispielsweise ein Zeit-Kriterium vorgegeben werden. Wenn innerhalb der vorgegebenen Zeitdauer keine starke Pedalbetätigung erfolgt, geht das System davon aus, dass sich das Fahrzeug in einem unkritischen Zustand befindet. Alternativ könnte auch die Beschleunigung des Fahrzeugs, die Geschwindigkeit, die Gierrate oder der Zustand des Fahrpedals ausgewertet werden, um daraus eine Information über den Gefahrenzustand zu erhalten. - Falls in Schritt
17 weiterhin ein kritischer Fahrzustand erkannt wurde (J) bleibt die Auslöseschwelle des Bremsassistenten3 auf dem niedrigen Niveau und die Pedalbetätigung durch den Fahrer wird weiterhin überwacht. Das Verfahren zweigt damit zurück zu Schritt14 . Falls in Schritt17 dagegen das Ende der kritischen Fahrsituation erkannt wurde (Fall N) wird in Schritt18 die ursprüngliche Parametrisierung des Bremsassistenten3 wieder hergestellt und insbesondere die Auslöseschwelle auf den ursprünglichen Wert zurückgesetzt.
Claims (14)
- Verfahren zum Unterstützen eines Fahrers bei einem Bremsvorgang, wobei eine Betätigung des Fuß-Bremspedals überwacht und die Bremswirkung automatisch verstärkt wird, wenn die Pedalbetätigung eine vorgegebene Auslöseschwelle (SW) überschreitet, dadurch gekennzeichnet, dass der Fahrzustand auf eine mögliche Kollision hin überwacht und die Auslöseschwelle (SW) gesenkt wird, wenn eine Kollision erkannt wurde.
- Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Auslöseschwelle (SW) um etwa 30%-70% gesenkt wird.
- Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Überschreiten der Auslöseschwelle (SW) eine Vollbremsung durchgeführt wird.
- Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Senken der Auslöseschwelle (SW) eine Rücksetzbedingung überwacht wird, nach deren Eintritt die Auslöseschwelle (SW) wieder auf den ursprünglichen Wert zurückgesetzt wird.
- Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Rücksetzbedingung das Ablaufen einer vorgegebenen Zeitdauer ohne oder mit schwacher Betätigung des Fuß-Bremspedals ist.
- Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Beschleunigung, die Geschwindigkeit oder die Gierrate des Fahrzeugs und/oder der Zustand des Fahrpedals als Kriterium für die Rücksetzbedingung ausgewertet werden.
- Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Erkennen einer Gefahrensituation die Bremsbacken an die Bremsscheiben angelegt werden.
- Vorrichtung zum Unterstützen eines Fahrers bei einem Bremsvorgang, bei dem der Fahrer das Fuß-Bremspedal betätigt, umfassend – einen Sensor (
5 ) zum Erfassen einer Pedalbetätigung oder einer durch die Pedalbetätigung erzeugten Größe; – ein Steuergerät (1 ) mit einem Bremsassistenz-Algorithmus (3 ), und – einen Aktuator (10 ) einer Bremsanlage, der vom Steuergerät (1 ) angesteuert wird, wenn die Pedalbetätigung eine vorgegebene Auslöseschwelle (SW) überschreitet, dadurch gekennzeichnet, dass eine Sensorik (6 -8 3 ) derart ausgelegt ist, dass die Auslöseschwelle (SW) gesenkt wird, wenn eine Kollision erkannt wurde. - Vorrichtung nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass nach Überschreiten der Auslöseschwelle (SW) eine Vollbremsung durchgeführt wird.
- Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 und 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Sensorik zur Kollisionserkennung (
6 -8 ) einen Beschleunigungssensor (6 ) und/oder einen Luftdrucksensor (7 ) und/oder einen Schallsensor (8 ) umfasst. - Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass eine Sensorik vorgesehen ist, mittels der eine Rücksetzbedingung für das Rücksetzen der Auslöseschwelle auf den Ausgangswert überwacht wird.
- Vorrichtung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Sensorik einen Geschwindigkeits-, Gierraten-, Beschleunigungs- und/oder Fahrpedalsensor umfasst.
- Vorrichtung zum Unterstützen eines Fahrers bei einem Bremsvorgang, enthaltend Mittel zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche.
- Verfahren zum Unterstützen eines Fahrers bei einem Bremsvorgang, dadurch gekennzeichnet, dass der Fahrbetrieb bezüglich einer möglichen Kollision überwacht und nach erkannter Kollision wenigstens eine Radbremse vorbefüllt wird, so dass sich die Bremsbacken an die Bremsscheibe anlegen.
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