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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Biosynthese organischer
Verbindungen sowie Verwendungen derartiger erfindungsgemäßer Verfahren.
Derartige Verfahren werden beispielsweise im Bereich der Herstellung
von Feinchemikalien, Arzneistoffen, Agrochemikalien und/oder Lebensmittelzusatzstoffen
benötigt.
Feinchemikalien sind dabei Chemikalien, die in einer Menge um oder
unter 10.000 Jahrestonnen hergestellt werden.
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Zur
Herstellung von Chemikalien, insbesondere Feinchemikalien, existieren
nach dem Stand der Technik verschiedene Verfahren. Hierzu gehört zum einen
die chemisch katalysierte Synthese sowie die enzymatisch katalysierte
Synthese. Auch mittels Ganzzellkatalysen ist eine Synthese chiraler
Verbindungen möglich,
wobei es hier jedoch aufgrund toxischer Effekte von Substraten und
Produkten zu einer Inaktivierung des Biokatalysators kommen kann.
Desweiteren kann es zu einer intrazellulären Akkumulation des Produktes kommen,
falls das gewünschte
Produkt nicht effektiv genug aus der Zelle geschleust wird. In diesem
Bereich wird auch mit gentechnisch veränderten Organismen experimentiert,
die jedoch spezielle Hygienemaßnahmen und
zusätzliche
kostenaufwendige technische Sicherheitseinrichtungen erfordern.
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Nakamura
et al. „Recent
developments in asymmetric reduction of ketones with biocatalysts", Tetrahedron: Asymmetry
14.18 (2003): 2659–2681,
verwendete bereits den photoautotrophen Organismus Synechococcus
PCC7942 zur photokatalytischen, asymmetrischen Reduktion von Ketonen.
Die bisherige Kenntnis dieses Organismus geht davon aus, dass dieser
für die
stoffliche Umsetzung von Ketonen zu Alkoholen obligat phototroph
ist, d.h. beleuchtet werden muss. Problematisch an einer derartigen
Umsetzungsreaktion ist, dass der Organismus lediglich in hoher Verdünnung kultiviert
werden kann, da er in dem Reaktor belichtet werden muss. Denn abhängig von
der Konzentration des Organismus ist die Eindringtiefe des Lichts
nur sehr gering. Bei für
eine Synthese relevanten Konzentrationen beträgt sie oft nur wenige Millimeter
oder Zentimeter. Dies erfordert eine komplizierte, aufwendige und
teure Reaktortechnik, z.B. Rohrreaktoren oder Flächenreaktoren, da eine ausreichende
Belichtung im ganzen Volumen des Reaktors gewährleistet werden muss. Dies limitiert
die Raum-Zeit-Ausbeute bei gleichzeitiger Unterschreitung toxischer
Edukt-Produkt-Konzentrationen.
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Die
EP 1 593 743 A1 offenbart
ein Verfahren zur Herstellung von Produkten mit lebenden Bakterien oder
Zellen in zweiphasigen Systemen. Dabei werden Mikro organismen für die stereospezifische
Reduktion mit Glucose als Cosubstrat vorgeschlagen, beispielsweise
auch phototrophe Mikroorganismen. Auch in Bioscience Biotechnology
and Biochemistry 64 (2000), 2099–2103 offenbart die Verwendung
photoautotropher chloreller Kulturen zur Reduktion von Ketoestern.
Dabei werden den belichteten Zellen außer den Edukten weiterhin Zusätze, wie
beispielsweise Glucose zugemischt, um die Bereitstellung von reduzierten
Coenzymen zu verbessern. In Journal of Molecular Catalysis B: Enzymatic
31 (2004), 19–24
wird die Reduktion von Kampferquinonen durch Cyanobakterien beschrieben.
Im Dunkeln ist die Reduktionsleistung geringer als unter Belichtung,
wobei weiterhin die Stereoselektivität reduziert war.
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In
BIOSIS Prev 199497468036 ist die Fermentation von Glycogen zu Ethanol,
Acetat etc. durch ein Cyanobakterium offenbart, wobei diese Fermentation
auch stattfindet, wenn das Cyanobakterium anaerob im Dunkeln gehalten
wird. Die Fermentation begann jeweils unmittelbar nachdem die Cyanobakterien
in anaerobe Umgebung unter Lichtausschluss überführt wurden.
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In
Biotechnology Letters 10 (1988), 731–736 ist die enantioselektive
Reduktion von Acetyldimethylphenylsilan durch Grünalgen und Cyanobakterien in
glucosehaltigem Puffer offenbart.
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Die
EP 1 041 154 A1 zeigt
die Biosynthese organischer Verbindungen durch photosynthetische
Bakterien auch ohne Belichtung. Die Synthese verläuft jedoch
ohne Belichtung langsamer als unter Belichtung.
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Die
EP 0 596 490 A2 zeigt
die stereoselektive Reduktion von Ketonen durch eine Vielzahl von
Mikroorga nismen, wie beispielsweise Rhodococcus oder auch Rhodopseudomonas.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Biosynthese
organischer Verbindungen aus einem zugegebenen Edukt zur Verfügung zu
stellen, das das gewünschte
Produkt in ausreichender Reinheit, kosteneffizient und sicherheitstechnisch
unproblematisch zur Verfügung
stellt.
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Diese
Aufgabe wird durch das Verfahren nach Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte
Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sowie seine
Verwendung werden in den weiteren Ansprüchen gegeben.
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Entscheidender
Ansatzpunkt der vorliegenden Erfindung ist, dass erkannt wurde,
dass entgegen den wissenschaftlichen und sonstigen Erwartungen phototrophe
Zellen auch in weitgehender oder vollständiger Dunkelheit eine Cofaktorregenerierung
bei externer Zugabe eines geeigneten Reduktionsmittels durchführen können. Denn
die vorherrschende Lehrmeinung besagte bisher, dass photoautotrophen
Organismen die Fähigkeit
fehlt, organische Kohlenstoffquellen zum Wachstum zu nutzen. Überraschenderweise
hat es sich herausgestellt, dass viele phototrophen Organismen,
auch obligat phototrophe Organismen, sehr wohl in der Lage sind,
auch ohne Lichtzufuhr bzw. ohne eine für photoautotrophes Wachstum
in Teilen oder innerhalb der gesamten Kultur nicht ausreichende
Lichtzufuhr eine Regeneration der Cofaktoren bei asymmetrischen
Synthesen und dergleichen durchzuführen. Unter Licht wird hier
wie im folgenden elektromagnetische Strahlung vom ultravioletten
Bereich (UV) bis zum infraroten Bereich (IR), insbesondere jedoch
im sichtbaren Bereich (VIS) bzw. zwischen 300 nm und 750 nm Wellenlänge verstanden.
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Diese
Erkenntnis liegt der vorliegenden Erfindung zugrunde, gemäß der phototrophe
Mikroorganismen, vorteilhafterweise unter photoautotrophen Bedingungen,
unter Belichtung, kultiviert und angezogen werden. Die so kultivierten phototrophen
Mikroorganismen können
dann aufkonzentriert und anschließend in einem Reaktor, beispielsweise
einem herkömmlichen
geschlossenen Rührkesselreaktor
zur Umsetzung eines Eduktes in ein Produkt unter gleichzeitiger
Zugabe eines Reduktionsmittels, beispielsweise organischem Kohlenstoff,
eingesetzt werden. Die so hergestellten Zellen dienen als Ganzzellkatalysatoren
für die
gewünschte chemische
Reaktion.
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Dabei
hat sich überraschenderweise
gezeigt, dass die Reaktion selbst im Dunkeln durchgeführt werden
kann, was es ermöglicht,
die Zellkonzentration erheblich zu erhöhen und so erheblich höhere Produktausbeuten
zu erzielen. Es hat sich gezeigt, dass auch bei asymmetrischen Synthesen
der Enantiomerenüberschuss
weitgehend von der Lichtanwesenheit unabhängig ist. Die Produktbildungskapazitäten bewegen
sich dabei in der gleichen Größenordnung
wie von herkömmlichen
Produktionsorganismen. Die asymmetrische Umsetzung von beispielsweise
perfluorierten Aromaten wird jedoch mit einer deutlich überlegenen
Produktbildungskapazität
gegenüber
industriellen Produktionsstämmen
ermöglicht.
Sie liegen dort sogar mindestens 3- bis 105-fach höher im Vergleich zu rekombinanten
Industriestämmen
mit überexprimierten
Alkoholdehydrogenasen. Durch die hohen Enantiomerenüberschüsse wird
eine industrielle Nutzung und die Produktaufarbeitung vereinfacht.
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Damit
ist erstmals die Nutzung von phototrophen Organismen zur Synthese
in beliebigen Reaktionsräumen,
insbesondere jedoch auch in Standardrührkesseln ohne nennenswerte
für die
Lichtreaktion erforderliche Lichtzufuhr möglich. Die Produktbildungskapazitäten der
phototrophen Organismen bewegen sich dabei in zu mindest der gleichen
Größenordnung
wie bei herkömmlichen
optimierten Produktionsorganismen.
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Die
Verwendung der phototrophen Organismen ermöglicht es, bei der Anzucht
mit einer reinen Salzlösung
zu arbeiten. Eine Kontamination mit obligat heterotrophen Organismen
wird dadurch weitestgehend verhindert. Die Verwendung der phototrophen
Organismen ermöglicht
es außerdem,
auf Kohlendioxid als Kohlenstoffquelle zurückzugreifen, das ubiquitär ist und
beispielsweise auch aus Industrieabgasen genutzt werden kann. Durch
die positive Kohlenstoffbilanz des vorliegenden Verfahrens wird
auch zur Reduktion von Treibhausgasen beigetragen.
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Bei
geeigneter Anzucht der Organismen kommt es ab einem bestimmten Beschattungsgrad,
d.h. einer bestimmten Zelldichte im Kulturmedium, zu einer Akkumulation
von Speicherstärke
und einer Abnahme der Teilungsrate der Mikroorganismen. Derart angezogene
Zellen eignen sich besonders als Biokatalysatoren, da diese auf
die gespeicherte Glucose zurückgreifen
können
und die externe Zugabe des Reduktionsmittels, beispielsweise Glucose,
zumindest teilweise verringert werden kann.
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Als
Reduktionsmittel bzw. Cosubstrate, können bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
alle bekannten organischen Kohlenstoffquellen eingesetzt werden.
Dies sind insbesondere Hexosen, Disaccharide und Polysaccharide.
Insbesondere geeignet ist Fructose, Saccharose oder Glycerine sowie
alle Alkohole, die von Oxidoreduktasen akzeptiert werden, beispielsweise
Isopropanol.
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Generell
lässt sich
feststellen, dass die Gruppe der phototrophen Organismen und vor
allem der Mikroalgen eine bisher kaum erschlossene Organismengruppe
darstellen. Es wird geschätzt,
dass es in diesem Bereich 200.000 bis mehrere Millionen unterschiedliche
Gattungen gibt. Darunter sind bislang 2.000 unterschiedliche Cyanobakterienarten,
die in 150 Gattungen unterschieden werden. Dies ist eine überragend
große unerschlossene
Quelle für
biotechnologisch relevante Produktionsorganismen. Diese bisher unerschlossenen Potentiale
sind geeignet für
asymmetrische Reduktionen, für
die Herstellung von Arzneimittel sowie für die Herstellung völlig neuer
Substanzklassen in der Feinchemikalienproduktion. Die Umweltverträglichkeit
des erfindungsgemäßen Verfahrens
spricht für
eine zukünftige
breite Nutzung der vorgeschlagenen Biotransformationsverfahren.
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Das
vorgeschlagene Verfahren eignet sich insbesondere für asymmetrische
Synthesen mit hohem Reinheitsgrad und hoher Ausbeute, insbesondere
zur Herstellung chiraler Moleküle.
Besonders geeignete Syntheseprodukte sind chirale Alkohole, chirale
Carbonsäurederivate,
chirale Ester, chirale Ether, chirale Amide, chirale Hydrazine bzw.
alle optisch aktiven Kohlenstoffverbindungen. Dadurch, dass mit
dem erfindungsgemäßen Verfahren
ein ausreichend hoher Enantiomerenüberschuss ermöglicht wird,
ist eine industrielle Nutzung und vereinfachte Produktaufarbeitung
möglich.
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Als
Mikroorganismen kommen phototrophe Organismen zum Einsatz. Besonders
vorteilhafterweise werden phototrophe einzellige Mikroorganismen
verwendet, wie beispielsweise phototrophe Prokaryonten, insbesondere
mit der Fähigkeit
zum zyklischen Elektronentransport. Eine besonders vorteilhaft zu
verwendende Gruppe von Mikroorganismen sind die Cyanobakterien,
für die
sich ein Substrat- bzw. Eduktspektrum von Pentanal, Hex anal, Heptanal,
Octanal, Butanon, Hexan-2-on, Octan-2-on, Octan-3-on, Octan-4-on, Nonan-2-on,
Undecan-2-on, trans-Oct-2-enal,
2,6-Dimethylhept-5-enal, Geranial, 6-Mehtyl-hept-5-en-2-on, trans-Geranylaceton,
Cyclopentanon, 3,5,5-Trimethylcyclohexanon, 2,2,6-Triethylcyclohexanon,
Menthon und Ketopantolacton ergibt. Über O-Demethylation ist auch
eine Biotransformation von Codein zu Morphin möglich. Auch die Biotransformation
von 2,4,6-Trinitrotoluene zur Sprengstoffentsorgung oder die enantio-
oder regioselektive Spaltung von Epoxygruppen ist mit diesen Organismen
möglich.
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Eine
weitere Gruppe der anaeroben, phototrophen Bakterien sind die Rhodospirillales,
zu denen die Schwefelpurpurbakterien, die schwefelfreien Purpurbakterien,
die grünen
Schwefelbakterien und die Chloroflexus-Gruppe gehört. Für diese
ist der Benzoatabbau, beispielsweise mit Rhodopseudomonas palustris,
oder auch die Reduktion von Adenylylsulfat und 3'-Phosphoadenylylsulfat möglich.
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Auch
die einzelligen Mikroalgen, wie Chlorophyta (Grünalgen), Rhodophyta (Rotalgen)
und Chrysophyta (Goldbraune Algen) können erfindungsgemäß eingesetzt
werden, beispielsweise zur Umsetzung von Benzaldehyd, 2-,3-, und
4-Monochlorobenzaldehyde, 2,3-, 2,4-, und 3,4-Dichlorobenzaldehyde,
2-, 3- oder 4-Methoxybenzaldehyde sowie Vanillin.
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Erfindungsgemäß erfolgt
die Umsetzung im Reaktor ohne Licht unter aeroben oder anaeroben
Bedingungen, vorteilhafterweise jedoch unter anaeroben Bedingungen.
Dadurch ist es in verschiedenen Fällen möglich, die Reaktionsprodukte
im Behälter
zu sammeln.
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Im
folgenden werden einige Beispiele erfindungsgemäßer Verfahrensführungen
gegeben.
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Es
zeigen
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1 Synechococcus
PCC 7942-Kulturen nach der Umsetzung von Pentafluoroacetophenon
unter verschiedenen Lichtbedingungen;
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2 die
Produktbildungskapazität
von Synechococcus PCC 7942 für
(S)-(–)-1-(Pentafluorophenyl)ethanol;
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3 die
Produktbildungskapazität
von Nostoc muscorum für
(S)-(–)-1-(Pentafluorophenyl)ethanol;
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4 die
Produktbildungskapazität
von Nostoc commune für
(S)-(–)-1-(Pentafluorophenyl)ethanol;
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5 die
Produktbildungskapazität
von Nostoc muscorum für
4-Chlor-Phenylethanol;
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6 die
Produktbildungskapazität
von Anabaena variabilis für
3-(S)-Hydroxy-3-Phenyl-Propionsäureethylester;
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7 die
Produktbildungskapazität
von Synechococcus PCC 7942 für
3-(S)-Hydroxy-3-Phenyl-Propionsäureethylester;
und
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8 die
Produktbildungskapazität
von Synechococcus PCC 7942 für
4-Cl-3-(S)-Hydroxy-buttersäureethylester.
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Bei 1 entsprechen
die Erläuterungen
in Druckschrift unter den Gläsern
den handschriftlichen Beschriftungen und sind von keiner weiteren
Bedeutung.
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Im
folgenden werden die Anzuchtbedingungen und die Bedingungen während der
Katalyse (Biotransformation) für
die einzelnen Figuren beschrieben. Die Anzucht der Zellen erfolgte
jeweils unter kontinuierlicher Beleuchtung mit 75 PAR [μEm–2s–1]
mit artifiziellem Sonnenlicht aus einer Kombination von zwei Spezialleuchtstoffröhren, 250
ml BG-11 Medium (Rippka et al., 1979) in einem Blasensäulenreaktor
mit 10 nL/h Luft + 5% CO2 bei einer Anzuchtzeit
14 Tage bei 20 °C.
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Die
Biotransformation erfolgte in den 4, 7 und 8 in
1 ml Cyanobakterienkultur aus der Anzucht (ca. 1–2,8 g/L BTM je nach Stamm).
Die Kulturreaktoren wurden mit 10 mM an Edukt, mit oder ohne 10
g/L Glucose im Mikroreaktorsystem beimpft und für 48h, 600 Upm, 20 °C, bei 0
(dunkel) oder 26 (hell) PAR inkubiert.
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Bei
den restlichen Figuren erfolgte die Biotransformation in einer 1
ml Cyanobakterienkultur aus der Anzucht (ca. 1–2,8 g/L BTM je nach Stamm).
Die Kulturreaktoren wurden mit 10 mM an Edukt, mit oder ohne 10
g/L Glucose im Mikroreaktorsystem beimpft und für 216 h, 600 Upm, 20 °C, bei 0
(dunkel) oder 26 (hell) PAR inkubiert.
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1 zeigt
Kulturen (Glasflaschen) von Synechococcus PCC 7942, die bei Licht
(hell) oder im Dunkeln (dunkel) unter Zugabe von Glucose als Reduktionsmittel
oder ohne Glucose als Reduktionsmittel Pentafluoroacetophenon, ein
perfluorierter Aromat zu dem korrespondierenden S-Alkohol umsetzen.
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Für diese
Reaktion ist es Stand der Technik, dass diese bei Licht durchgeführt werden
muss, da Synecho coccus PCC 7942 als obligat phototropher Organismus
beschrieben wird. Wie zu erkennen ist, führt im Hellen die Reaktion
zu einer deutlichen chromatischen Veränderung (Aufhellung), die mit
einer Zellabtötung einhergeht.
Die Organismen sind also bei der photobiokatalytischen Prozessführung (im
Licht) nicht wiederverwendbar.
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In 1 ist
zu sehen, dass diejenigen Kulturen, die ohne Licht (dunkel) zur
Biokatalyse eingesetzt wurden, keine derartige chromatische Veränderung
zeigen und folglich weitaus stabilere Biokatalysatoren darstellen.
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In 2 sind
Vergleichsversuche dargestellt, die mit dem obligat phototrophen
Cyanobakterium Synechococcus PCC 7942 durchgeführt wurden. Dabei wurde die
S-Alkoholkonzentration an Pentafluoroacetophenon nach 9 Tagen Reaktionszeit
bestimmt. Es ist zu erkennen, dass die Produktkonzentration und
die Produktbildungskapazität
bei rein dunkel gehaltenen Synechococcus PCC 7942 niedrig sind.
Dasselbe gilt für
die Synechococcus PCC 7942-Kultur, die im Hellen (+/– Glukose)
gehalten wird. Die Enantiomerüberschüsse (in %ee)
betragen jedoch einheitlich über
99%.
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Bei
der Synechococcus PCC 7942-Kultur, die im Hellen angezogen wurde
und anschließend
unter Glucosezugabe im Dunkeln zur Umsetzung des Pentafluoroacetophenons
eingesetzt wurde, ergibt sich eine sehr hohe Produktkonzentration
und eine sehr hohe Produktbildungskapazität mit hohem Enantiomerenüberschuss
von über
99%. Dieser Enantiomerenüberschuss
ist dabei unabhängig
von den eingestellten Bedingungen. Obwohl bei obligat phototrophen
Organismen wie Synechococcus PCC 7942 nicht mit irgendeiner Wirkung
zugegebener Glucose ge rechnet werden kann, führt der externe Zusatz von
Glucose als Reduktionsmittel zum Medium zu einer deutlichen Zunahme
von 367% in der Produktbildungskapazität bezogen auf die Photokatalyse.
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Die
Umsetzung von Pentafluoroacetophenon nach 9 Tagen Reaktionszeit
durch das Cyanobakterium Nostoc muscorum, das als obligat phototropher
Organismus bekannt ist, ist in 3 dargestellt.
Hier ist zu erkennen, dass auch im Dunkeln eine Produktbildungskapazität und Produktkonzentration
erzielt wird, die derjenigen der Lichtreaktion vergleichbar ist.
Der Enantiomerenüberschuss
bewegt sich in gleicher Größenordnung
wie bei der Lichtreaktion. Dies zeigt, dass überraschenderweise diese Cyanobakterien
doch zu einer Dunkelsynthese des S-Alkohols des Pentafluoroacetophenons
fähig sind.
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Die 4 zeigt
die Produktbildungskapazität
und den Enantiomerenüberschuss
nach 9 Tagen Reaktionszeit des Cyanobakteriums Nostoc commune für die Umsetzung
von Pentafluoroacetophenon zu seinem S-Alkohol. Hier ist die Produktbildungskapazität im Dunkeln
um 12 gegenüber
der Lichtreaktion gesteigert. Der Enantiomerenüberschuss beträgt in gleicher
Weise wie bei der Lichtreaktion 98%.
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Mit
diesen Beispielen ist verdeutlicht worden, dass die Produktbildungskapazitäten von
phototrophen Organismen gegen herkömmlich gentechnisch verbesserten
oder optimierten Produktionsstämmen
mit überexprimierten
Alkoholdehydrogenasen bei der asymmetrischen Reduktion von Pentafluoroacetophenon
zu seinem S-Alkohol überlegen
sind. Überraschenderweise
gilt dies für
die Dunkelreaktion und nicht nur für die Photobiokatalyse.
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Im
folgenden wird eine Tabelle mit dem Vergleich der Produktbildungskapazitäten (PBK)
von phototrophen Organismen bei der asymmetrischen Umsetzung von
Pentafluoroacetophenon dargestellt. Zum Vergleich kamen dabei rekombinante
Stämme
von Escherichia coli und Saccharomyces cerevisiae sowie die nicht gentechnisch
veränderten
Cyanobakterienstämme
Synechococcus PCC 7942, Nostoc commune, Nostoc muscorum und Anabaena
variabilis.
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5 zeigt
die Produktbildungskapazität
und die Produktkonzentration sowie den Enantiomerenüberschuss
nach 9 Tagen Reaktionszeit des Cyanobakteriums Nostoc muscorum für die Umsetzung
4-Chloracetophenon zu 4-Chlor-Phenylethanol. Unabhängig ob
Licht- oder Dunkelreaktion vorliegt, sind die Enantiomerenüberschüsse durchweg
oberhalb 90%. Erstaunlicherweise ergibt sich eine maximale Produktkonzentration und
Produktbildungskapazität,
wenn die zuvor angezogenen Nostoc muscorum in einer Dunkelreaktion
unter Zugabe von Glucose und dem Edukt 4-Chlor-Acetophenon dieses
umsetzen. Gegenüber
der Lichtreaktion ohne Glucose aber auch gegenüber der Lichtreaktion mit Zugabe
von Glucose ist die Produktbildungskapazität bei der Dunkelreaktion unter
Zugabe von Glucose noch weiter gesteigert.
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6 zeigt
die enantiomersehektive Synthese von 3-(S)-Hydroxy-3-Phenyl-Propionsäureethylester durch
das Cyanobakterium Anabaena variabilis. Auch hier liegt der Enantiomerenüberschuss
nach 9 Tagen Reaktionszeit bei über
97% in allen möglichen
Verfahrensführungen.
Die Produktbildungskapazität
ist dabei etwas geringer im Falle der Dunkelreaktion unter Zugabe
von Glucose verglichen mit der Lichtreaktion ohne Zugabe von Glucose.
Es zeigt sich jedoch, dass auch diese Reaktion durch Anabaena variabilis
mit einer ausreichenden Produktbildungskapazität durchgeführt werden kann. Da, wie oben
beschrieben, die Dunkelreaktion bei einer erheblich höheren Konzentration
der Zellen möglich
ist, kann insgesamt der Batch-Prozess dennoch weit effektiver geführt werden
als bei einem herkömmlichen
durchgängig
zu beleuchtenden Reaktor für die
Lichtreaktion.
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7 zeigt
wiederum die Umsetzung von Ethylbenzoylacetat, in diesem Falle durch
Synechococcus PCC 7942 nach zwei Tagen Reaktionszeit. Der Enantiomerenüberschuss
liegt sowohl bei der Hellreaktion als auch bei der Dunkelreaktion
oberhalb 97%. Zwar ist die Produktbildungskapazität bei der
Ganzzellbiokatalyse ohne Licht niedriger als bei der Ganzzellbiokatalyse
mit Licht, dennoch ist eine Produktbildungskapazität von immer
noch 85% der Biokatalyseleistung zu verzeichnen. Da die Versuche
im vorliegenden Falle bei gleichen Konzentrationen der Zellen durchgeführt wurden,
d.h. bei Zellkonzentrationen, die für die Hellreaktion optimal waren,
ist davon auszugehen, dass bei einer Dunkelreaktion nach Aufkonzentration
der Zellen eine erheblich verbesserte Produktkonzentration erzielbar
ist.
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8 zeigt
die Produktbildungskapazität
von Syne chococcus PCC 7942 für
die Umsetzung von Ethyl-4-Chloracetoacetat
zu 4-Cl-3-(S)-Hydroxybuttersäureethylester
nach einer Reaktionszeit von zwei Tagen. Auch zeigt sich, dass der
Enantiomerenüberschuss
oberhalb 90% liegt, bei der Dunkelreaktion jedoch mit einem Verlust
an Produktbildungskapazität
zu rechnen ist. Dies wird jedoch aufgewogen durch die Möglichkeit, die
Dunkelreaktion bei erheblich höheren
Zellkonzentrationen durchzuführen.
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Zusammenfassend
lässt sich
feststellen, dass für
alle untersuchten Organismen eindeutig nachgewiesen werden konnte,
dass phototrophe Organismen auch ohne Lichtzufuhr in der Lage sind,
asymmetrische Reduktionen, beispielsweise von prochiralen Ketonen,
durchzuführen.
Dabei zeigen sie industriell relevante Enantiomerenüberschüsse, die
weitgehend von der Lichtanwesenheit unabhängig sind. Die Produktbildungskapazitäten bewegen
sich dabei in der gleichen Größenordnung
wie von herkömmlichen
Produktionsorganismen, die Umsetzung von perfluorierten Aromaten
zeigt jedoch eine deutlich überlegene
Produktbildungskapazität
der phototrophen Organismen gegenüber den industriellen Produktionsstämmen.
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Anhand
der Beispiele konnte eindeutig gezeigt werden, dass phototrophe
Organismen in der Lage sind, Vorstufen für pharmazeutisch relevante
Produkte zu liefern. Die weit unerschlossenen Potentiale dieser Organismen
für organische
Synthesen, insbesondere für
asymmetrische Reduktionen, der steigende Bedarf der Pharmahersteller
für neue
Substanzklassen in der Feinchemikalienproduktion und die Umweltverträglichkeit
des beschriebenen Verfahrens sind überragende Gründe für eine zukünftige Breite
Nutzung derartiger Biotransformationen.