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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Notlösen einer Feststellbremse bei
einer Fehlfunktion gemäß dem Oberbegriff
des Patentanspruchs 1, sowie ein Feststellbremssystem gemäß dem Oberbegriff
des Patentanspruchs 7.
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Moderne
Fahrzeuge werden immer häufiger mit
elektrisch betätigten
Feststellbremsen ausgestattet, die auch als automatische Parkbremsen
(APB) bezeichnet werden. Derartige Feststellbremsen umfassen in
der Regel ein Bedienelement, wie z.B. einen Druckknopf, mit dem
die Feststellbremse verriegelt und/oder gelöst werden kann. Bei einer Betätigung des
Bedienelements erkennt ein damit verbundenes Steuergerät den Feststellbremswunsch
und steuert entsprechend ein Stellglied, wie z.B., eine Hydraulikpumpe,
an, um die Bremskraft aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
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Bei
elektromechanischen Systemen wird die Bremskraft von Elektromotoren
(mit Getrieben) erzeugt, die sich entweder direkt an der Radbremse (APB-M „motor
on caliper") oder
an anderer Stelle befinden. Im letzteren Fall sind die Motoren über Seilzüge mit der
Radbremse verbunden (APB-C „cable puller").
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Bei
elektohydraulisch-mechanischen Systemen (APB-H) wird der Bremskolben
nach Erreichen des Verriegelungsdrucks mit Hilfe einer an der Radbremse
befindlichen Verriegelungseinrichtung, wie z. B. eine Spindel oder
einem Keil, verriegelt.
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Um
die Feststellbremse wieder zu entriegeln, ist es teilweise erforderlich,
den Bremsdruck wenigstens auf den Verriegelungsdruck zu erhöhen, da
die Verriegelungseinrichtung andernfalls durch den Bremskolben festgeklemmt
wird und sich nicht bewegen lässt.
Bei Energiemangel oder einem Defekt der Hydraulikpumpe ist kein
ausreichender Druckaufbau mehr möglich,
um das Verriegelungselement zu lösen.
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Für diesen
Fall sind bekannte Feststellbrems-Systeme üblicherweise mit einer Notentriegelungsvorrichtung
ausgestattet, die es dem Fahrer ermöglicht, die Feststellbremse
manuell, z.B. mittels eines speziellen Werkzeugs, zu lösen. Dies
ist jedoch relativ aufwendig und erfordert vom Fahrer ein gewisses
Maß an
technischem Verständnis
und die Bereitschaft, dies zu tun. Darüber hinaus ist das manuelle Lösen der
Feststellbremse nicht ganz ungefährlich, insbesondere
wenn das Fahrzeug am Berg steht.
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Es
ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren
bzw. eine Vorrichtung zu schaffen, mittels dem bzw. der eine Feststellbremse in
einfacher Weise ohne Gefährdung
des Fahrers gelöst
werden kann.
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Gelöst wird
diese Aufgabe gemäß der Erfindung
durch die im Patentanspruch 1 sowie im Patentanspruch 7 angegebenen
Merkmale. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand
von Unteransprüchen.
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Ein
wesentlicher Gedanke der Erfindung besteht darin, in einem Steuergerät des Feststellbremssystems
einen Notlösealgorithmus
vorzusehen, der eine Notlöseprozedur
startet, wenn ein Bedienelement gemäß einer vorgegebenen Sequenz
betätigt wird.
In diesem Fall erkennt das Steuergerät eine Notlöseanforderung und versucht,
die Feststellbremse (teil-)automatisch zu lösen. In der Notlöseprozedur
wird zumindest die Verriegelungseinrichtung angesteuert. Dies hat den
wesentlichen Vorteil, dass der Fahrer einen Notlösevorgang in einfacher Weise durch
bloße
Betätigung
des Bedienelements aktivieren kann und es meist nicht mehr erforderlich
ist, die Feststellbremse mittels Werkzeug am Rad zu entriegeln.
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Der
zum Entriegeln erforderliche Bremsdruck wird vorzugsweise vorn Fahrer
selbst aufgebracht, indem er das Fuß-Bremspedal betätigt. Dieser
Druck ist meist ausreichend, um das Verriegelungselement zu lösen. Gemäß einer
bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung ist eine optische oder akustische Einrichtung vorgesehen,
mittels der der Fahrer dazu aufgefordert wird, das Fuß-Bremspedal zu
betätigen.
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Der
notwendige Bremsdruck kann alternativ oder zusätzlich auch mittels des Stellglieds
(z.B. der Hydraulikpumpe) des Bremssystems aufgebaut werden. In
diesem Fall steuert das Steuergerät das Stellglied so lange an,
dass der zum Lösen
des Verriegelungselements erforderliche Bremsdruck erreicht wird.
Dies ist jedoch nur dann möglich,
wenn das Stellglied ordnungsgemäß funktioniert.
Die Funktionsfähigkeit
des Stellglieds wird daher vorzugsweise zuvor überprüft. Wenn das Stellglied nicht
funktioniert oder nicht ausreichend Energie im Bordnetz zur Verfügung steht,
wird der Fahrer vorzugsweise zum Betätigen des Fuß-Bremspedals
aufgefordert.
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Alternativ
kann das Stellglied auch zusätzlich angesteuert
werden, wenn der Fahrer das Fuß-Bremspedal
betätigt.
In diesem Fall kann ein gegebenenfalls zu geringer Bremsdruck durch
das Stellglied erhöht
werden.
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Gemäß der Erfindung
wird eine Notlöseanforderung
erkannt, wenn das Bedienelement innerhalb einer vorgegebenen Zeit
mit einer vorgegebenen Häufigkeit
(z.B. dreimal pro Sekunde) oder mit vorgegebener Dauer (z.B. 5s
lang) betätigt
wird.
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Um
zu erkennen, ob die Notentriegelung erfolgreich war, wird vorzugsweise
der Betriebsstrom eines Elektromotors überwacht, der die Verriegelungseinrichtung
betätigt.
Wenn das Verriegelungselement blockiert ist, zeigt der Elektromotor
einen maximalen Betriebsstrom (Blockierstrom), bei frei beweglichem
Verriegelungselement dagegen einen niedrigen Betriebsstrom. Aus
der Stromaufnahme des Elektromotors lässt sich somit erkennen, ob
die Entriegelung der Feststellbremse erfolgreich war oder nicht.
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Ein
erfindungsgemäßes Feststellbremssystem
umfasst neben den erforderlichen mechanischen Komponenten ein Steuergerät mit einem
Notlösealgorithmus,
der eine Notlöseprozedur
startet, wenn das Bedienelement der Feststellbremse gemäß einer vorgegebenen
Notlösesequenz
betätigt
wird. Wird diese Sequenz vorn Steuergerät erkannt, wird wenigstens
die Verriegelungseinrichtung der Feststellbremse automatisch angesteuert,
um die Feststellbremse zu lösen.
Außerdem
kann das Steuergerät eine
oder mehrere der vorstehend genannten Funktionen durchführen.
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Die
Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft
näher erläutert. Es
zeigen:
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1 eine
schematische Blockdarstellung eines Feststellbrems-Systems; und
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2 die
wesentlichen Verfahrensschritte eines Verfahrens zum Notlösen einer
automatischen Feststellbremse.
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1 zeigt
eine beispielhafte Ausführungsform
eines elektrohydraulischen Feststellbremssystems, dessen mechanischer
Aufbau im wesentlichen aus dem Stand der Technik bekannt ist. Das
Feststellbremssystem umfasst ein Bedienelement 6 (Druckknopf)
zum Aktivieren/Deaktivieren der Feststellbremse, ein Steuergerät 1,
ein Hydroaggregat mit einer Hydraulikpumpe 2 und zwei Radbremsen 3 mit
zugehörigen
Verriegelungseinrichtungen 4.
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Im
Normalbetrieb steuert das Steuergerät 1, nach einer Betätigung des
Bedienelements 6, die Pumpe und Ventile der Hydraulikeinheit
mit 2 an, so dass sich in den Hydraulikleitungen 10 Druck
aufbaut und die Bremsbeläge
gegen die Bremsscheibe 8 gedrückt werden. Bei Erreichen des
Verriegelungs-Bremsdrucks, steuert das Steuergerät 1 einen Elektromotor
der Verriegelungseinrichtung 4 an, um die Bremsbacken der
Radbremsen 3 zu verriegeln. Der Bremsdruck wird danach
wieder abgebaut. Die Bremskolben werden durch die Verriegelungseinrichtung
daran gehindert, zurück
in die Ausgangsposition zu gelangen, so dass die Bremsscheiben 8 weiterhin festgeklemmt
werden.
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Zum
Lösen der
Feststellbremse 3, 4 wird der Bremsdruck wieder
aufgebaut. Dabei muss wenigstens der beim Verriegeln herrschende
Verriegelungs-Bremsdruck erreicht werden, um das Verriegelungselement
zu entlassen und eine Entriegelung zu ermöglichen. Nach Erreichen des
Verriegelungs-Bremsdrucks wird die Verriegelungseinrichtung 4 in
die entriegelte Stellung zurückbewegt.
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Bei
ungenügendem
Druckaufbau, z.B. aufgrund eines Defekts der Hydraulikpumpe 2 oder
eines anderen Fehlers im Bremssystem (z. B. Energiemangel), kann
die Feststellbremse 3, 4 nicht mehr durch die
Betätigung
des Bedienelements 6 gelöst werden. Für diesen
Fall umfasst das Steuergerät 1 einen
Notlösealgorithmus 12,
der eine Notlöseprozedur
startet, wenn der Fahrer das Bedienelement 6 in einer vorgegebenen
Weise betätigt.
Im vorliegenden Ausführungsbeispiel
wird eine Notlöseanforderung erkannt,
wenn der Fahrer das Bedienelement 6 mehrfach schnell hintereinander
in einer vorgegebenen Zeit, z.B. dreimal pro Sekunde, betätigt.
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Durch
diese Betätigung
wird eine mit dem Steuergerät 1 verbundene
optische oder akustische Einrichtung 11 angesteuert, um
den Fahrer aufzufordern, das Fuß-Bremspedal 5 zu
betätigen
und dadurch Bremsdruck im Bremskreis 10 aufzubauen. Wenn
der Fahrer dem Folge leistet, werden die Verriegelungseinrichtungen 4 bei Überschreitung
eines gewissen Druckniveaus, das vorteilhafter Weise größer ist
als der Verriegelungs-Bremsdruck entweder gleichzeitig oder nacheinander
angesteuert, um die Feststellbremse 3, 4 zu lösen. Der
Bremsdruck kann z.B. mittels des Vordrucksensors gemessen werden.
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Sofern
die Hydraulikpumpe 2 funktioniert, kann der Fahrer beim
Aufbau von Bremsdruck zusätzlich
von der Hydraulikpumpe 2 unterstützt werden.
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Alternativ
könnte
auch nur die Hydraulikpumpe 2 angesteuert werden, wobei
sie im Unterschied zum Normalbetrieb wenigstens so lange betrieben wird,
bis der gewünschte
Zieldruck erreicht ist, d.h. bis sich die Verriegelung löst – unter
Berücksichtigung
des maximal zulässigen
Systemdrucks.
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2 zeigt
eine mögliche
Ausführungsform eines
Verfahrens zum Notlösen
der Feststellbremse 3, 4. Dabei wird nach dem
Erkennen einer Notlösesequenz
in Schritt 20 zunächst
die Funktion der Hydraulikpumpe 2 überprüft (Schritt 21). Bei
funktionsfähiger
Hydraulikpumpe (Fall J) wird der Fahrer in Schritt 22 aufgefordert,
das Fuß-Bremspedal 5 zu
betätigen
und die Hydraulikpumpe 2 angesteuert, bis der Bremsdruck
p mindestens den gewünschten
Zielwert p0 erreicht hat. Die Abfrage des
Bremsdrucks erfolgt dabei in Schritt 23. Wenn der Bremsdruck
den Zielwert p0 noch nicht erreicht hat,
wird der Fahrer nochmals zum Betätigen
des Fuß-Bremspedals
aufgefordert und die Hydraulikpumpe 2 weiter angesteuert.
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In
Schritt 24 werden dann die Elektromotoren der Verriegelungseinrichtungen 4 angesteuert
und in Schritt 25 der Betriebsstrom der Elektromotoren überwacht.
Aus dem Betriebsstrom lässt
sich erkennen, ob das Lösen
der Feststellbremse 3, 4 erfolgreich war oder
nicht. Bei erfolgreicher Entriegelung (Fall J) wird in Schritt 26 ein
entsprechendes Signal generiert. Andernfalls (Fall N) wird in Schritt 33 ein Fehlersignal
erzeugt.
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Bei
einem Defekt der Hydraulikpumpe (Schritt 21) oder Energiemangel
wird die Hydraulikpumpe 2 nicht angesteuert und in Schritt 27 nur
der Fahrer aufgefordert, das Fuß-Bremspedal 5 zu
betätigen.
Wenn der vom Fahrer aufgebrachte Bremsdruck p mindestens den gewünschten
Zielwert p0 erreicht hat (Abfrage in Schritt 28),
werden in Schritt 29 wiederum die Elektromotoren der Verriegelungseinrichtungen 4 angesteuert.
Andernfalls (N) wird der Fahrer aufgefordert, das Bremspedal 5 stärker zu
betätigen.
Aus der Überwachung
des Betriebsstroms der Elektromotoren in Schritt 30 ergibt
sich wiederum, ob das Lösen
der Feststellbremsen 3, 4 erfolgreich war (Fall
J) oder nicht (Fall N). Bei erfolgreicher Entriegelung wird in Schritt 31 ein
entsprechendes Signal erzeugt. Andernfalls wird in Schritt 32 ein
Fehlersignal erzeugt.
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Der
linke Ast des Flussdiagramms stellt eine Alternative der Notlöseprozedur
dar, bei der ausschließlich
die Hydraulikpumpe angesteuert wird. Dabei werden in Schritt 34 zunächst die
Ventile der Hydraulikeinheit 2 in geeigneter Weise eingestellt und
die Hydraulikpumpe angesteuert. In Schritt 35 werden dann
die Elektromotoren der Verriegelungseinrichtungen 4 angesteuert.
Aus der Überwachung des
Betriebsstroms der Elektromotoren in Schritt 36 ergibt
sich wiederum, ob das Lösen
der Feststellbremsen 3, 4 erfolgreich war (Fall
J) oder nicht (Fall N). Bei erfolgreicher Entriegelung wird in Schritt 37 ein
entsprechendes Signal erzeugt. Andernfalls verzweigt das Verfahren
zurück
zu Schritt 34, wobei weiter Druck aufgebaut und nochmals versucht
wird, die Feststellbremse 3, 4 zu lösen. Das
Verfahren endet nach Ablauf einer vorgegebenen Zeit.
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Die
vorstehend genannten Prinzipien der Erfindung gelten in gleicher
Weise auch für
andere APB-Systeme, wie z.B. Systeme mit Seilzug oder mit einem
direkt an der Radbremse wirkenden Elektromotor. Bei diesen Systemen
wird ebenfalls die Verriegelungseinrichtung (Elektromotor) angesteuert
und das Lösen
der Feststellbremse durch den vom Fahrer ausgeübten Bremsdruck und/oder ein
Stellglied des Bremssystems (z.B. das Hydroaggregat mit Hydraulikpumpe)
unterstützt.
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- 1
- Steuergerät
- 2
- Hydraulikeinheit
mit Pumpe und Ventilen
- 3
- Radbremsen
- 4
- Verriegelungseinrichtung
- 5
- Fuß-Bremspedal
- 6
- Bedienelement
- 7
- Hauptbremszylinder
- 8
- Bremsscheiben
- 9
- Batterie
- 10
- Hydraulikleitung
- 11
- optische
oder akustische Einrichtung
- 12
- Notlösealgorithmus
- 13
- elektrische
Steuerleitung
- 20–37
- Verfahrensschritte