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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum selbsttätigen Bremsen und Festsetzen eines Fahrzeugs.
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Stand der Technik
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Bekannt sind hydraulische Fahrzeugbremsen in Fahrzeugen zur Versorgung von Radbremseinheiten an jedem Fahrzeugrad mit hydraulischem Bremsfluid. Hierzu sind Bremskreise der hydraulischen Fahrzeugbremse an einen Hauptbremszylinder angeschlossen, aus dem bei einer Betätigung des Bremspedals Bremsfluid in die Bremskreise gefördert wird. In jedem Bremskreis befindet sich eine Hydraulikpumpe, die Bestandteil eines elektronischen Stabilitätsprogramms ist, über das ein selbsttätiger Eingriff in die Fahrzeugbremse durchführbar ist. Bei aktivierter Hydraulikpumpe wird Bremsfluid aus dem Hauptbremszylinder in die Bremskreise gefördert. Eine derartige Fahrzeugbremse wird beispielsweise in der
DE 10 2009 046 339 A1 beschrieben.
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Bekannt sind außerdem hydraulische Fahrzeugbremsen, die mit einem vakuumunabhängigen, elektromechanischen Bremskraftverstärker (iBooster) ausgestattet sind. Ein derartiger Bremskraftverstärker wird beispielsweise unter www.bosch-mobility-solution.com beschrieben.
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Offenbarung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht mit hoher Systemsicherheit ein selbsttätiges Abbremsen und Festsetzen eines Fahrzeugs im Stillstand bei einem Ausfall einer Steuereinheit eines Bremsdruckerzeugungssystems in der hydraulischen Fahrzeugbremse. Das Verfahren ist auf hydraulische Fahrzeugbremsen anwendbar, die mindestens zwei Bremsdruckerzeugungssysteme aufweisen, welche elektrisch ansteuerbar sind. Bei diesen Bremsdruckerzeugungssystemen handelt es sich beispielsweise um eine Hydraulikpumpe eines ESP-Systems (Elektronisches Stabilitätsprogramm) und um einen elektromechanischen Bremskraftverstärker, der vakuumunabhängig arbeitet (iBooster). Die elektrisch ansteuerbaren Bremsdruckerzeugungssysteme können fahrerunabhängig betätigt werden.
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Das Fahrzeug ist darüber hinaus mit einem Parksicherungssystem zum Festsetzen des Fahrzeugs im Fahrzeugstillstand ausgestattet. Das Parksicherungssystem ist ebenfalls elektrisch ansteuerbar und kann unabhängig vom Fahrer betätigt werden. Bei dem Parksicherungssystem handelt es sich beispielsweise um eine elektrische Parksperre oder um eine elektromechanische Bremsvorrichtung mit einem elektrischen Bremsmotor, die als Park- oder Feststellbremse einsetzbar ist.
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Die Architektur der Fahrzeugbremse und des Parksicherungssystems ist insbesondere in der Weise aufgebaut, dass ein Regler über ein Bussystem mit dem ersten Bremsdruckerzeugungssystem bzw. einer zugeordneten Steuereinheit kommuniziert und das erste Bremsdruckerzeugungssystem über das Bussystem mit dem zweiten Bremsdruckerzeugungssystem bzw. die zugeordneten Steuereinheiten der Bremsdruckerzeugungssysteme miteinander kommunizieren. Der Regler steuert unmittelbar das Parksicherungssystem an. Jedes Bremsdruckerzeugungssystem ist mit einer eigenen Steuereinheit versehen, über die das jeweilige Bremsdruckerzeugungssystem ansteuerbar ist. Das Fahrzeug weist außerdem eine Fahrzustandssensorik auf, über die Fahrzustandssignale erzeugbar sind, welche den aktuellen Fahrzustand des Fahrzeugs wiedergeben. Bei der Fahrzustandssensorik handelt es sich insbesondere um Raddrehzahlsensoren.
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Das erfindungsgemäße Verfahren greift bei einem Ausfall der Steuereinheit des ersten Bremsdruckerzeugungssystems und einer damit einhergehenden Unterbrechung der Signalübertragung der Fahrzustandssensorik auf den Regler des Parksicherungssystems. In diesem Fall muss eine Notbremsung durchgeführt werden, indem selbsttätig das zweite Bremsdruckerzeugungssystem betätigt und das Fahrzeug über das zweite Bremsdruckerzeugungssystem abgebremst wird. Zusätzlich wird, insbesondere mit zeitlicher Verzögerung, das Parksicherungssystem selbsttätig aktiviert, um das Fahrzeug im Stillstand sicher festzusetzen. Im Anschluss hieran wird der hydraulische Bremsdruck in dem zweiten Bermsdruckerzeugungssystem abgebaut. Dies stellt sicher, dass die Kapazität eines Energiespeichers des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems nicht aufgebraucht wird und für einen späteren Bremsvorgang zur Verfügung steht.
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Bei dem Verfahren wird des Weiteren nach dem Abbau des hydraulischen Bremsdrucks im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem der Fahrzustand des Fahrzeugs sensorisch überprüft. Hierzu werden Fahrzustandssignale der Fahrzustandssensorik ausgewertet. Ergibt das Fahrzustandssignal, dass das Fahrzeug rollt, wird das zweite Bremsdruckerzeugungssystem erneut betätigt, wodurch wieder Bremsdruck aufgebaut und eine Bremskraft generiert wird, um das Fahrzeug bis zum Stillstand abzubremsen. Dieser Vorgang - Überprüfung des Fahrzustands und Erzeugung oder Halten von Bremsdruck - wird so lange durchgeführt, bis anhand des Fahrzustandssignals der Stillstand des Fahrzeugs festgestellt wird, woraufhin der Bremsdruck im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem wieder abgebaut wird.
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Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass das Parksicherungssystem keine Informationen über den aktuellen Fahrzustand des Fahrzeugs benötigt. Bei der oben beschriebenen Architektur mit einem Regler, der das Parksicherungssystem ansteuert, jedoch aufgrund des Ausfalls der Steuereinheit des ersten Bremsdruckerzeugungssystems von der Fahrzustandssensorik abgekoppelt ist, kann somit auf indirekte Weise ein Handshake zwischen dem zweiten Bremssystem bzw. der Steuereinheit des zweiten Bremssystems und dem Regler durchgeführt werden, auch wenn der Regler keine Informationen von der Fahrzustandssensorik erhält. Es genügt, dass während des Abbremsvorgangs, durchgeführt über eine selbsttätige Betätigung des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems, das Parksicherungssystem selbsttätig aktiviert wird, insbesondere mit zeitlicher Verzögerung, und dass anschließend nach dem Abbau des hydraulischen Bremsdrucks im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem in der zugeordneten Steuereinheit der Fahrzustand des Fahrzeugs sensorisch überprüft wird. Sollte das Fahrzeug trotz der vorausgegangenen Maßnahmen noch rollen, kann das zweite Bremsdruckerzeugungssystem erneut betätigt und Bremsdruck zur Erzeugung von Bremskraft aufgebaut werden. Das gesamte Verfahren dient somit zum sicheren Festsetzen des Fahrzeugs im Stillstand bei einem Ausfall der Steuereinheit des ersten Bremsdruckerzeugungssystems und ohne dass der Regler, welcher das Parksicherungssystem selbsttätig ansteuert, Informationen über den aktuellen Fahrzustand besitzt.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführung wird die Aktivierung des Parksicherungssystems bereits dann durchgeführt, wenn im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem noch ein hydraulischer Bremsdruck anliegt. Somit erfolgt die Aktivierung des Parksicherungssystems noch bei Bereitstellung von Bremskraft über das zweite Bremsdruckerzeugungssystem. Vorteilhafterweise wird die Aktivierung des Parksicherungssystems jedoch mit zeitlicher Verzögerung gegenüber der Aktivierung des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems durchgeführt. Dies stellt sicher, dass im Normallfall das Fahrzeug aufgrund der Bremskraft des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems bereits in den Stillstand gelangt ist und erst dann das Parksicherungssystem aktiviert wird. Erst daraufhin wird der hydraulische Bremsdruck im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem abgebaut, wobei wie vorbeschrieben anschließend anhand des Fahrzustandssignals überprüft wird, ob das Fahrzeug sich doch noch in einem rollenden Zustand befindet, was die erneute Betätigung des Bremsdruckerzeugungssystems auslöst.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführung wird die erneute Betätigung des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems für einen vorgegebenen Mindestzeitraum durchgeführt. Dies stellt sicher, dass das Fahrzeug sicher bis zum Stillstand abgebremst wird.
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Gemäß noch einer weiteren vorteilhaften Ausführung wird die Zeitdauer der selbsttätigen Betätigung des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems in Abhängigkeit der Fahrzeuggeschwindigkeit bestimmt. Auch auf diese Weise ist sichergestellt, dass der hydraulische Bremsdruck in dem zweiten Bremsdruckerzeugungssystem für eine Mindestzeitdauer aufrechterhalten bzw. aufgebaut wird und entsprechend eine Bremskraft zum Abbremsen des Fahrzeugs erzeugt wird. Aufgrund der Abhängigkeit von der Fahrzeuggeschwindigkeit können einerseits zu lange Betätigungen des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems vermieden und andererseits eine ausreichend lange Betätigung gewährleistet werden.
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Gemäß noch einer weiteren vorteilhaften Ausführung werden als Fahrzustandssignale die Sensorsignale eines oder mehrerer Raddrehzahlsensoren verwendet. Die Raddrehzahlsensoren kommunizieren mit der Steuereinheit des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems und stehen somit im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem zur Verfügung, woraus beispielsweise die Zeitdauer für die selbsttätige Betätigung des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems bestimmt werden kann.
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Gemäß noch einer weiteren vorteilhaften Ausführung wird das erfindungsgemäße Verfahren nur bei Geschwindigkeiten unterhalb eines Geschwindigkeitsgrenzwerts durchgeführt, der beispielsweise bei 25 km/h liegt. Das Verfahren kann insbesondere bei selbsttätigen Einpark- und Ausparkvorgängen durchgeführt werden, die üblicherweise bei verhältnismäßig niedrigen Geschwindigkeiten durchgeführt werden. Das Verfahren kann beispielsweise im Rahmen der Realisierung eines Parkhauspilots durchgeführt werden, bei dem das Fahrzeug selbsttätig einen Parkplatz im Parkhaus ansteuert oder aus dem Parkhaus herausgefahren wird.
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Es kann zweckmäßig sein, dass die zeitliche Verzögerung, mit der das Parksicherungssystem selbsttätig aktiviert wird, sich nach einer Standardsituation bemisst, beispielsweise die für das Abbremsen aus einer Maximalgeschwindigkeit von z.B. 25 km/h bis zum Stillstand erforderliche Zeitdauer.
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Bei dem Parksicherungssystem handelt es sich insbesondere um eine elektrische Parksperre, bei der eine Getriebeklinke zum dauerhaften Festsetzen und Blockieren des Fahrzeugs betätigt wird. Die Betätigung der elektrischen Parksperre erfolgt insbesondere über den Regler, der über das Bussystem mit der Steuereinheit des ersten Bremssystems kommuniziert, wobei bei einem Ausfall der Steuereinheit des ersten Bremssystems keine Kommunikation mit der Steuereinheit des zweiten Bremssystems möglich ist, die über das Bussystem mit der Steuereinheit des ersten Bremssystems verbunden ist.
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Im Prinzip kommen aber verschiedene Parksicherungssysteme in Betracht. Anstelle einer elektrischen Parksperre ist es auch möglich, als Parksicherungssystem eine elektrische Park- oder Feststellbremse über den Regler zu betätigen, sofern die elektrische Parkbremse unmittelbar über den Regler ansteuerbar ist.
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Gemäß noch einer weiteren vorteilhaften Ausführung wird das zweite Bremsdruckerzeugungssystem von einem aktiven Zustand in einen passiven Zustand überführt, wenn nach dem Abbau des hydraulischen Bremsdrucks der Stillstand des Fahrzeugs auf sensorische Weise festgestellt wird. In diesem Fall ist sichergestellt, dass sich das Fahrzeug im Stillstand befindet und dass über das zweite Bremsdruckerzeugungssystem kein weiterer Bremsdruck zur Verfügung gestellt werden muss. Dies stellt sicher, dass die Kapazität eines Energiespeichers des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems nicht aufgebraucht wird und für spätere Bremsvorgänge zur Verfügung steht. Das sichere Festsetzen des Fahrzeugs im Stillstand erfolgt über die selbsttätige Betätigung des Parksicherungssystems.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung bezieht sich auf eine Kombination einer hydraulischen Fahrzeugbremse in einem Fahrzeug mit einem Parksicherungssystem zur Durchführung des vorbeschriebenen Verfahrens. Das Parksicherungssystem ist elektrisch ansteuerbar und weist wie vorbeschrieben vorteilhafterweise als Parksperre eine verstellbare Getriebeklinke auf, die zwischen einem entsperrten und einem gesperrten Zustand verstellbar ist.
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Noch ein weiterer Aspekt der Erfindung bezieht sich auf eine Kombination einer vorbeschriebenen hydraulischen Fahrzeugbremse in einem Fahrzeug mit einer Feststell- oder Parkbremse, die elektromechanisch ausgebildet ist und eine elektromechanische Bremsvorrichtung mit einem elektrischen Bremsmotor aufweist, welcher einen Bremskolben in Richtung auf eine Bremsscheibe verstellt. Die hydraulische Fahrzeugbremse umfasst ein erstes und ein zweites elektrisch ansteuerbares Bremsdruckerzeugungssystem. Die elektromechanische Bremsvorrichtung der Feststellbremse kann gegebenenfalls als Parksicherungssystem eingesetzt werden. Darüber hinaus ist es aber auch möglich, dass sowohl ein Parksicherungssystem beispielsweise in Form einer Sperrklinke als auch eine Feststellbremse mit einer elektromechanischen Bremsvorrichtung im Fahrzeug vorhanden sind, zusätzlich zur hydraulischen Fahrzeugbremse mit dem ersten und dem zweiten Bremsdruckerzeugungssystem.
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Die Erfindung bezieht sich außerdem auf ein Fahrzeug mit einer vorbeschriebenen Kombination.
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Die Erfindung bezieht sich schließlich auch auf ein Computerprogrammprodukt mit einem Programmcode, der dazu ausgelegt ist, die vorbeschriebenen Verfahrensschritte auszuführen. Das Computerprogrammprodukt läuft in den Steuereinheiten des ersten und des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems ab.
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Die Steuereinheiten des ersten und des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems sowie der Regler, der dem Parksicherungssystem zugeordnet ist, können jeweils als ein Steuergerät ausgeführt oder in ein Steuergerät integriert sein.
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Die Erfindung bezieht sich außerdem auf eine Kombination des Reglers des Parksicherungssystems und der Steuereinheit des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems, wobei der Regler und die Steuereinheit Mittel enthalten, die zur Durchführung des vorbeschriebenen Verfahrens ausgestaltet sind. Dementsprechend läuft die Ansteuerung eines Teils oder sämtlicher ansteuerbarer Komponenten des Parksicherungssystems und des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems über den Regler bzw. die Steuereinheit des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems ab.
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Auch die Steuereinheit des ersten Bremsdruckerzeugungssystems enthält Mittel, die zur Ansteuerung eines Teils oder sämtlicher ansteuerbarer Komponenten des ersten Bremsdruckerzeugungssystems ausgestaltet sind.
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Weitere Vorteile und zweckmäßige Ausführungen sind den weiteren Ansprüchen, der Figurenbeschreibung und den Zeichnungen zu entnehmen. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer hydraulischen Fahrzeugbremse mit zwei Bremskreisen, wobei Radbremseinrichtungen der Fahrzeugbremse an der Fahrzeughinterachse mit elektromechanischen Bremsvorrichtungen mit jeweils einem elektrischen Bremsmotor ausgestattet sind,
- 2 einen Schnitt durch eine elektromechanische Bremsvorrichtung mit einem elektrischen Bremsmotor,
- 3 eine schematische Darstellung der Architektur der hydraulischen Fahrzeugbremse mit zwei Bremsdruckerzeugungssystemen, einer elektromechanischen Bremsvorrichtung und einer elektrischen Parkbremse,
- 4 ein Ablaufschema mit Verfahrensschritten zum selbsttätigen Abbremsen und Festsetzen eines Fahrzeugs, das mit einer Fahrzeugbremse gemäß 3 ausgestattet ist, bei einem Ausfall einer Steuereinheit des ersten Bremsdruckerzeugungssystems.
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In den Figuren sind gleiche Bauteile mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Das in 1 dargestellte Bremssystem für ein Fahrzeug umfasst eine hydraulische Zweikreis-Fahrzeugbremse 1 mit einem ersten hydraulischen Bremskreis 2 und einem zweiten hydraulischen Bremskreis 3 zur Versorgung und Ansteuerung von Radbremseinrichtungen 9 an jedem Rad des Fahrzeugs mit einem unter Hydraulikdruck stehenden Bremsfluid. Die beiden Bremskreise 2, 3 sind an einen gemeinsamen Hauptbremszylinder 4 angeschlossen, der über einen Bremsflüssigkeitsvorratsbehälter 5 mit Bremsfluid versorgt wird. Der Hauptbremszylinderkolben im Hauptbremszylinder 4 wird vom Fahrer über das Bremspedal 6 betätigt, der vom Fahrer ausgeübte Pedalweg wird über einen Pedalwegsensor 7 gemessen. Zwischen dem Bremspedal 6 und dem Hauptbremszylinder 4 befindet sich ein Bremskraftverstärker 10, der beispielsweise einen Elektromotor umfasst, welcher bevorzugt über ein Getriebe den Hauptbremszylinder 4 betätigt (iBooster). Der Bremskraftverstärker bzw. iBooster 10, der von einer zugeordneten Steuereinheit 11 angesteuert wird, bildet ein erstes Bremsdruckerzeugungssystem, mit dem auch fahrerunabhängig ein Bremsdruck erzeugt werden kann.
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Die hydraulische Fahrzeugbremse 1 kann zusätzlich oder alternativ zu dem iBooster eine integrierte elektrohydraulische Bremseinheit mit einem elektromotorisch angetriebenen Plunger aufweisen. Die Fahrzeugbremse 1 ist vorteilhafterweise als ein Brake-By-Wire-System ausgebildet, wobei eine Bremspedalbetätigung zu einer Verschiebung von Hydraulikvolumen in einen Pedalwegsimulator führt. Der Bremsdruckaufbau erfolgt der Bremspedalbetätigung entsprechend über eine elektromotorische Betätigung des Plungers. Bei einem Ausfall der elektrohydraulischen Bremseinheit werden Trennventile, die die Bremskreise mit dem Hauptbremszylinder 4 verbinden, geöffnet, so dass der Fahrer bei einer Betätigung des Bremspedals einen direkten hydraulischen Durchgriff auf die Radbremseinrichtungen 9 hat.
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Die vom Pedalwegsensor 7 gemessene Stellbewegung des Bremspedals 6 wird als Sensorsignal an die Steuereinheit 11 übermittelt, in der Stellsignale zur Ansteuerung des Bremskraftverstärkers 10 erzeugt werden. Die Versorgung der Radbremseinrichtungen 9 mit Bremsfluid erfolgt in jedem Bremskreis 2, 3 über verschiedene Schaltventile, die gemeinsam mit weiteren Aggregaten Teil einer Bremshydraulik 8 sind.
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Die Bremshydraulik 8 umfasst eine Pumpeneinheit 12 mit einem Pumpenmotor 13 und zwei Einzelpumpen 14 und 15, die von dem Pumpenmotor 13 angetrieben werden. Zur Pumpeneinheit 12 gehört auch eine Steuereinheit 16 zur elektrischen Ansteuerung des Pumpenmotors 13. Die Pumpeneinheit 12 ist Bestandteil eines elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP), das unabhängig vom Fahrer aktivierbar ist. Die Pumpeneinheit 12 bildet ein zweites Bremsdruckerzeugungssystem, mit dem fahrerunabhängig ein Bremsdruck erzeugt werden kann.
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In 2 ist die Radbremseinrichtung 9, die an einem Rad an der Hinterachse des Fahrzeugs angeordnet ist, im Detail dargestellt. Die Radbremseinrichtung 9 ist Teil der hydraulischen Fahrzeugbremse 1 und wird aus einem Bremskreis 2, 3 mit Bremsfluid 22 versorgt. Die Radbremseinrichtung 9 weist außerdem eine elektromechanische Bremsvorrichtung auf, die als Feststellbremse zum Festsetzen des Fahrzeugs im Stillstand, jedoch auch bei einer Bewegung des Fahrzeugs zum Abbremsen eingesetzt werden kann.
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Die elektromechanische Bremsvorrichtung umfasst einen Bremssattel 22 mit einer Zange 29, welche eine Bremsscheibe 30 übergreift. Als Stellglied weist die Bremsvorrichtung einen Gleichstrom-Elektromotor als Bremsmotor 23 auf, dessen Rotorwelle eine Spindel 24 rotierend antreibt, auf der eine Spindelmutter 25 rotationsfest gelagert ist. Bei einer Rotation der Spindel 24 wird die Spindelmutter 25 axial verstellt. Die Spindelmutter 25 bewegt sich innerhalb eines Bremskolbens 26, der Träger eines Bremsbelags 27 ist, welcher von dem Bremskolben 26 gegen die Bremsscheibe 30 gedrückt wird. Auf der gegenüberliegenden Seite der Bremsscheibe 30 befindet sich ein weiterer Bremsbelag 28, der ortsfest an der Zange 29 gehalten ist. Der Bremskolben 26 ist auf seiner Außenseite über einen umgreifenden Dichtring 33 druckdicht gegenüber dem aufnehmenden Gehäuse abgedichtet.
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Innerhalb des Bremskolbens 26 kann sich die Spindelmutter 25 bei einer Drehbewegung der Spindel 24 axial nach vorne in Richtung auf die Bremsscheibe 30 zu bzw. bei einer entgegen gesetzten Drehbewegung der Spindel 24 axial nach hinten bis zum Erreichen eines Anschlags 31 bewegen. Zum Erzeugen einer Klemmkraft beaufschlagt die Spindelmutter 25 die innere Stirnseite des Bremskolbens 26, wodurch der axial verschieblich in der Bremsvorrichtung gelagerte Bremskolben 26 mit dem Bremsbelag 27 gegen die zugewandte Stirnfläche der Bremsscheibe 30 gedrückt wird.
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Für die hydraulische Bremskraft wirkt auf den Bremskolben 26 der hydraulische Druck des Bremsfluids 32 aus der hydraulischen Fahrzeugbremse 1. Der hydraulische Druck kann auch im Fahrzeugstillstand bei Betätigung der elektromechanischen Bremsvorrichtung unterstützend wirksam sein, so dass sich die Gesamt-Bremskraft aus dem elektromotorisch gestellten Anteil und dem hydraulischen Anteil zusammensetzt. Während der Fahrt des Fahrzeugs ist zur Durchführung eines Bremsvorgangs entweder nur die hydraulische Fahrzeugbremse aktiv oder sowohl die hydraulische Fahrzeugbremse als auch die elektromechanische Bremsvorrichtung oder nur die elektromechanische Bremsvorrichtung, um Bremskraft zu erzeugen. Die Stellsignale zur Ansteuerung sowohl der einstellbaren Komponenten der hydraulischen Fahrzeugbremse 1 als auch der elektromechanischen Radbremseinrichtung 9 werden in der Steuereinheit 11 erzeugt.
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Die in 2 dargestellte Radbremseinrichtung 9, die zusätzlich mit der elektromechanischen Bremsvorrichtung mit dem Bremsmotor 23 ausgestattet ist, befindet sich vorzugsweise an der Hinterachse des Fahrzeugs. Die elektrischen Bremsmotoren 23 in den beiden Radbremseinrichtungen 9 an der Hinterachse können unabhängig voneinander angesteuert werden.
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In 3 ist eine E/E-Architektur (elektrisch-elektronische Architektur) der hydraulischen Fahrzeugbremse 1 dargestellt. Der Bremskraftverstärker bzw. iBooster 10 bildet ein erstes Bremsdruckerzeugungssystem und die Pumpeneinheit 12 des ESP-Systems ein zweites Bremsdruckerzeugungssystem, die jeweils Bestandteil der hydraulischen Fahrzeugbremse 1 sind. Des Weiteren ist die Fahrzeugbremse 1 mit der elektromechanischen Bremsvorrichtung mit dem Bremsmotor 23 und außerdem mit einer elektrischen Parksperre 35 zum sicheren Festsetzen des Fahrzeugs im Stillstand ausgestattet. Der Fahrzeugbremse 1 ist außerdem ein Regler 36 zugeordnet, der über ein Bussystem 37 die elektrische Parksperre 35 ansteuert. Der Regler 36 ist über das Bussystem 37 außerdem mit dem ersten Bremsdruckerzeugungssystem 10 bzw. mit der zugeordneten Steuereinheit 11 verbunden. Des Weiteren besteht eine Verbindung über das Bussystem 37 zwischen dem ersten und dem zweiten Bremsdruckerzeugungssystem 10 und 12 bzw. zwischen den zugeordneten Steuereinheiten 11 und 16.
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Die Steuereinheiten 11 und 16, welche den Bremsdruckerzeugungssystemen 10 bzw. 12 zugeordnet sind, empfangen Fahrzustandssignale von einer Fahrzustandssensorik 38, die im Ausführungsbeispiel als Raddrehzahlsensorik ausgeführt ist.
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Das in 4 dargestellte Ablaufschema bezieht sich auf einen Fehlerfall mit einem Ausfall der Steuereinheit 11 des ersten Bremsdruckerzeugungssystems 10. In diesem Fall ist auch der elektrische Bremsmotor 23 der elektromechanischen Bremsvorrichtung, welche Teil der Feststell- bzw. Parkbremse ist, nicht mehr ansteuerbar.
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Der linke Teil in 4 bezieht sich auf das zweite Bremssystem 12, der rechte Teil auf den Regler 36.
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Ein erster Schritt S1 markiert die Fehlererkennung im Fall eines Ausfalls der Steuereinheit 11, die dem Bremskraftverstärker bzw. iBooster 10 des ersten Bremsdruckerkennungssystems zugeordnet ist. In einem nächsten Schritt S2 wird daraufhin eine Bremsanforderung durchgeführt, über die das Fahrzeug bis zum Stillstand abgebremst wird. Dies erfolgt gemäß Schritt S3 über eine selbsttätige Aktivierung des zweiten Bremssystems mit der Pumpeneinheit 12 und der zugeordneten Steuereinheit 16 (ESP-System). In einem Schritt S4 wird ein Zähler T_brs2 initialisiert und bei jedem Durchlaufen um den Wert 1 hochgesetzt.
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In der folgenden Abfrage gemäß Schritt S5 wird überprüft, ob der Zähler T_brs2 bereits einen gegebenen Zeitparameter P_TimeBRS erreicht hat, welcher geschwindigkeitsabhängig festgelegt wird. Je höher die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit ist, umso höher ist auch der Zeitparameter P_TimeBRS. Ergibt die Abfrage im Schritt S5, dass der Zähler T_brs2 den Zeitparameter P_TimeBRS noch nicht erreicht hat, wird der Nein-Verzweigung („N“) folgend wieder zum Schritt S4 zurückgekehrt und der Zähler T_brs2 wieder um den Wert 1 erhöht. In diesem Fall ist die durch den Zeitparameter P_TimeBRS gekennzeichnete Zeitdauer, über die Bremsdruck im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem 12 erzeugt wird, noch nicht abgelaufen.
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Ergibt dagegen die Abfrage im Schritt S5, dass der Zähler T_brs2 den Zeitparameter P_TimeBRS erreicht hat, wird der Ja-Verzweigung („Y“) folgend zum nächsten Schritt S6 fortgefahren, in welchem der Bremsdruck im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem 12 abgebaut wird. Zugleich wird eine Überwachung gestartet, ob das Fahrzeug rollt, was anhand einer Auswertung der Fahrzustandssignale der Raddrehzahlsensorik durchgeführt wird. Zudem wird im Schritt S6 der Zähler T_brs2 wieder auf 0 zurückgesetzt.
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In der folgenden Abfrage gemäß Schritt S7 wird überprüft, ob das Fahrzeug rollt. Trifft dies zu, wird der Ja-Verzweigung folgend zum Schritt S8 verzweigt und der hydraulische Bremsdruck im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem 12 wieder aufgebaut und gehalten. Anschließend wird zum Schritt S4 zurückgekehrt und der Zähler t_brs2 wieder um den Wert 1 erhöht.
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Ergibt dagegen die Abfrage im Schritt S7, dass das Fahrzeug nicht rollt und sich somit im Stillstand befindet, wird der Nein-Verzweigung folgend zum Schritt S9 vorgerückt und das Verfahren beendet.
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Parallel zu der vorbeschriebenen Abfrage mit den Schritten S1 bis S9 erfolgt die Aktivierung der elektrischen Parksperre 35 gemäß den Schritten S10 bis S13. Der Schritt S10 entspricht dem Schritt S1 und wird gleichzeitig mit dem Schritt S1 gestartet. Im Schritt S10 wird der Fehler in der Steuereinheit des ersten Bremsdruckerzeugungssystem erkannt.
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Im folgenden Schritt S11 wird ein Zähler T_Regler um den Wert 1 erhöht. In der folgenden Abfrage gemäß Schritt S12 erfolgt die Überprüfung, ob der Zähler T_Regler einen zugeordneten Zeitparameter P_TimeRegler bereits erreicht oder überschritten hat. Der Zeitparameter P_TimeRegler wird in der Weise festgelegt, dass dem zweiten Bremssystem genügend Zeit zur Verfügung steht, um das Fahrzeug in den Stillstand abzubremsen. Da dem Regler 36 aufgrund des Defekts der Steuereinheit des ersten Bremsdruckerzeugungssystems 10 keine Information der Raddrehzahlsensorik 38 zur Verfügung steht, wird der Zeitparameter P_TimeRegler unabhängig von der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit festgesetzt. Der Zeitparameter P_TimeRegler wird beispielsweise ausgehend von einer für die Fahrsituation typischen Fahrzeuggeschwindigkeit von maximal 25 km/h für eine selbsttätige Einpark- und Ausparkfunktion festgesetzt, wobei vorteilhafterweise der Zeitparameter P TimeRegler kleiner ist als der Zeitparameter P_TimeBRS des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems. Dies stellt sicher, dass die Aktivierung der elektrischen Parksperre 35 bereits durchgeführt wird, solange im zweiten Bremsdruckerzeugungssystem 10 noch ein hydraulischer Bremsdruck anliegt.
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Ergibt die Abfrage im Schritt S12, dass der Zähler T_Regler den zugeordneten Zeitparameter P_TimeRegler noch nicht erreicht hat, wird der Nein-Verzweigung folgend wieder zum Schritt S11 zurückgekehrt und der Zähler um den Wert 1 erhöht. In dieser Situation erfolgt noch keine Aktivierung der elektrischen Parksperre 35.
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Ergibt die Abfrage im Schritt S12, dass der Zeitparameter P_TimeRegler erreicht ist, wird der Ja-Verzweigung folgend zum nächsten Schritt S13 vorgerückt und die elektrische Parksperre 35 betätigt. Zugleich ist das zweite Bremsdruckerzeugungssystem 12 noch aktiv und stellt einen Bremsdruck bereit, der das Fahrzeug abbremst.
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Die Schritte S6, S7, S8 und S9 stellen sicher, dass das Fahrzeug in jedem Fall bis zum Stillstand abgebremst wird, auch wenn versehentlich die elektrische Parksperre noch nicht betätigt worden ist. Diese Situation kann unter Umständen eintreten, falls der Zeitparameter P TimeRegler, welcher der elektrischen Parksperre 35 in den Schritten S11 und S12 zugeordnet ist, zu groß gewählt ist, insbesondere größer als der Zeitparameter P_TimeBRS des zweiten Bremsdruckerzeugungssystems 12 in den Schritten S4 und S5. Mit dem vorbeschriebenen Verfahrensablauf ist in jedem Fall ein Abbremsen des Fahrzeugs bis zum Stillstand und ein Sichern des Fahrzeugs im Stillstand gewährleistet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102009046339 A1 [0002]