Sehr
häufig
werden in der Literatur biozide Polymere und Gläser beschrieben. Dabei werden
die bakteriziden/fungiziden Substanzen über Hochtemperatur-Reaktionen
wie Extrusion hergestellt oder in flüssigen Copolymeren eingebaut
und anschließend
vernetzt. Bei Verwendung von Ag als biozidem Material wurde dies in
ionischer Form oder komplexiert an Aminkomponenten bzw. als Zeolith
in das Material eingebaut. Desweiteren sind bakterizid wirksame
Flüssigkeiten
und Sprays aufgeführt.
In der Patentliteratur gab es jedoch keinen Hinweis auf Anwendung
dieser o.g. Materialien als Behältnisse
für Arzneimittelzubereitungen.
Das einzige Patent mit der Anwendung als bakterizides Kunststoffbehältnis für den medizinischen
Bereich ist die
DE
43 44 306 A1 . Hierbei ist ein Draht bestehend aus elementarem
Silber in der Kunststoff-Flasche untergebracht, der direkt von der
Arzneimittellösung
umspült
wird. Diese Flaschen sind heute als Nasenspray-Behältnisse
auf dem Markt.
Reine
Beschichtungsmaterialien mit biozidem Effekt sind aus folgenden
Schriften bekannt: In der
JP 10101964 wird
ein rein anorganisches Beschichtungsmaterial beschrieben, bestehend
aus SiO
2-Kolloiden, TiO
2,
Al
2O
3, Kaolin und
einem synthetischen Zeolith, als bakterizide Verbindung wurde Diamin-Silber(I)
bzw. kolloidales Silber eingesetzt.
Die
JP 08081318 behandelt ein
photohärtbares
Beschichtungsmaterial, das aus einer Dispersion anorganischer Partikel
(Silika- und Aluminium-Partikel) in organischen Lösungsmitteln
mit Silberverbindungen wie Silbernitrat, Silberfluorid oder Silberchlorid
besteht. Ein Anwendungsbereich wird nicht erwähnt.
Zahlreiche
Druckschriften beschreiben die Herstellung von Beschichtungen auf
der Basis von Alkoxysilanen:
In der
JP 07119889 wird ein Silika-Gel-Pulver,
das einen Silber-thiosulfat-Komplex als Bakterizid enthält als thermisches
Isolationsmaterial verwendet. Das Beschichtungsmaterial wird über den
Sol-Gel-Prozeß (Hydrolyse
von Alkoxysilanen) hergestellt.
Die
JP 05309612 beschäftigt sich
mit bakteriziden Holz-Laminat-Beschichtungen bestehend aus einem
Silber-thiosulfat-Carrier-System. Als Carrier dient Silika-Gel,
das nach Imprägnieren
mit dem Silber-Komplex mit einem Hydrolysat aus TEOS beschichtet
wird. Angewendet wird dieses System für die bakterizide Behandlung
von Holz-Materialien wie Möbel
und Regale.
Das
Beschichtungsmaterial in der
JP
10279885 wird aus Alkyltrialkoxy- oder Alkyltriacyloxysilanen oder
deren Hydrolysaten hergestellt. Es enthält außerdem organische Vernetzer
wie Acryllacke, mikropartikuläre
Metalloxide und/oder aktiven Kohlenstoff, Silbersalze oder kolloidales
Silber und hydrophile organische Lösungsmittel bzw. Wasser. Über eine
Anwendung dieses Materials wird keine nähere Angabe gemacht. Die Schichten
sollen gute elektrisch isolierende Eigenschaften besitzen, beständig gegen
Chemikalien, Korrosion, Hitze und Bewitterung sowie antimikrobiell
wirksam sein.
In
der
JP 08027404 werden
beschichtete antibakterielle Partikel dargestellt. Die anorganischen
Partikel bestehen aus einer Mischung von SiO
2,
Na
2O, B
2O
3 und Ag
2O, die bei
1100-1300°C
geschmolzen und nach Abkühlung
pulverisiert werden. Anschließend
werden sie mit hydrolisierten oder polykondensierten Organosilanen
wie z.B. TEOS zu einem Beschichtungsmaterial umgesetzt.
Die
JP 06086571 beschreibt
die Herstellung eines antibakteriellen und elektrisch leitenden
Gels. Hierbei werden Alkoxysilane mit kolloidalem Silber in organischen
Lösungsmitteln
in Gegenwart von SiO
2 und/oder Al
2O
3 auf 300°C erhitzt. Über eine
mögliche
Anwendung wird keine Angabe gemacht.
In
der
JP 09302277 wird
sehr allgemein ein Beschichtungssystem bestehend aus Silberkolloid
und einem wässrigen
Alkylsiloxan (Aqua Seal 1100) beschrieben. Die Schichten zeigen,
antibakterielle Eigenschaften sowie eine Resistenz gegen Mehltau-Befall.
Ein
weiteres Schichtsystem auf Silan-Basis (estermodifiziertes Triethoxysilan
und GPTS) wird in der
JP 08283620 vorgestellt.
In Gegenwart von kolloidalen Silika-Partikeln und einem mit Trimethoxysilylethyl-Pyridin
(L) komplexierten Silbernitrat (AgL2NO
3)
in Essigsäure/Acetat
entsteht ein Beschichtungsmaterial mit antibakterieller Aktivität gegen
E. coli.
Ichikawa
beschreibt in der
JP 04021615 bzw.
der
JP 07042208 ein
bei 60°C
sehr schnell (5 min.) härtendes
Beschichtungssystem, das für
eine Vielzahl von Materialien eingesetzt werden kann. Die Bestandteile sind
neben Tetraalkoxysilanen, Zirkoniumtetraalkoxide und Trialkoxyborone
sowie deren Hydrolysate und Kondensationsprodukte. Als Füllmaterialien
werden Silika-Partikel, Zeolithe und/oder aktiver Kohlenstoff, als
bakterizide Komponente Silbersalze, z.B. AgNO
3 eingesetzt.
Die Schichten zeigen einen bakteriziden Effekt gegen E. coli. Ebenfalls
werden solche Arbeiten im Patent des Instituts für Neue Materialien gem. GmbH
[12] sowie der Firma NANO-X GmbH [13] dargestellt.
Die
antimikrobielle Wirksamkeit von Silberverbindungen bei gleichzeitig
hervorragender physiologischer Verträglichkeit ist seit langer Zeit
bekannt (J. Falbe, M. Regitz (Hrsg.): Römpps Chemielexikon, Bd. 1-6, 9.
Auflage, Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York 1995).
Im
medizinischen Bereich verwendet man beispielweise silberdotierte
Glaspartikel, um einen Keimbefall von Wunden, Kathetereinführstellen
oder Urindrainagesystemen zu vermeiden (WO 9008470 A).
Um
Infektionen zu verhindern, kann man Katheter und ähnliche
medizinische Instrumente mit metallischem Silber (
US 5,295,979 A ) oder silberhaltigen
Verbindungen (
US 4,054,139
A ) (z.B. Sibersulfadiazin:
EP 0 589 577 A1 ) beschichten oder das Kathetermaterial
mit Silber bzw. silberhaltigen Verbindungen dotieren WO 9518637
A).
Mit
Silber modifizierte Produkte sind gegen ein breites Spektrum von
Mikroben wirksam ("Der
Erlanger Silberkatheter: In-vitro Ergebnisse zur antimikrobiellen
Wirksamkeit", Infection
26 (1998) Suppl. 1, German edition, 25-31).
Um
einen Katheter für
den Patienten möglichst
schmerzfrei einzuführen,
ist die Verwendung von Gleitgelen unerlässlich (H. Loertzer, M. Brake,
R. Horsch, H. Keller; Urology 57(5) (2001), 900-5).
Zweckmäßigerweise
sollten diese Gleitgele antimikrobielle Substanzen enthalten, um
einerseits Keimwachstum in den Gelen und andererseits Keimbesiedelung
der einzuführenden
Produkte zu verhindern.
Als
antimikrobielle Wirkstoffe für
Gleitgele werden Iodverbindungen (z.B. Povidoniod: A. Cohen; J. Hosp.
Infect. 6 (1985) Suppl. A, 155-61), Phenolderivate wie p-Chlor-m-Xylenol,
Benzalkoniumchloride oder Biguanidinderivate wie Polyhexamethylenbiguanidiniumchlorid
oder Chlorhexidin verwendet, wie aus folgendem Stand der Technik
hervorgeht:
EP 0 778
337 A ,
EP 0
709 103 A , WO 9947187 A,
US 5824359 A , WO 9907811 A,
EP 0 698 463 A ,
EP 0 795 599 A ,
US 5,589,120 A ,
US 5,688,747 , A, W. Doherty, Br. J.
Nurs. 8(2) (1999), 109-12,
US
5,869,436 A ;
US
6,004,909 A .
Besonders
häufig
wird Chlorhexidin als antimikrobielles Agens in Gleitgelen eingesetzt.
Es ist jedoch literaturbekannt, dass in Zusammenhang mit der Verwendung
von chlorhexidinhaltigen Gleitgelen anaphylaktische Schockzustände bei
Patienten auftreten können
(L.E. Visser, J.H. Veeger, M.H. Roovers, E. Chan, B.H. Stricker
Ned Tijdschr Geneeskd 138(15) (1994), 778-80).
Darüber hinaus
ist Chlorhexidin in jüngster
Zeit vor allem deshalb in die Diskussion gekommen, weil diese Verbindung
nach neuesten bisher unveröffentlichten
wissenschaftlichen Studien im Verdacht steht, ein kanzerogenes Potential
zu besitzen.
Es
ist daher erforderlich, schnellstmöglich Alternativen zu entwickeln.
Nanoskalige
Silberpartikel, die bereits in desodorierenden und Körperpflegeprodukten
zum Einsatz kommen [30,31], können
sehr homogen und fein verteilt werden. Diese Eigenschaft bringt
bei der Verwendung von nanoskaligem Silber in antimikrobiellen Gleitgelen
entscheidende Vorteile: der Wirkstoff kann in sehr geringer Konzentration
eingesetzt werden, so dass bei optimaler biozider Wirksamkeit keine
Gefahr der Zytotoxizität
besteht.
Zinkverbindungen
werden insbesondere im Bereich der Körperpflege (Zahncreme), der
Hygieneprodukte (Antischuppenshampoo) sowie im Bereich der Medizin
(entzündungshemmende
Komponenten für
Salben, Spurenelement in Multivitaminpräparaten, Erkältungspräparate)
eingesetzt.
Der
Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, einen langzeitstabilen Stoff
zur Elimination von biomolekülbasierten
Kleinstlebewesen zu schaffen.
Die
erfindungsgemäße Aufgabe
konnte bei einem Verfahren gemäß dem Oberbegriff
dadurch gelöst werden,
dass zur Bildung von Metallionen-Komplexen eingesetzte Metallionen
mit einer Komplexierungsmittel komplexiert und mit Reduktionsmitteln
reduziert werden.
Es
ist also vorgesehen, dass die eingesetzten Metallionen mit Komponenten
komplexiert werden, welche nicht nur komplexierende, sondern auch
zugleich reduzierende Eigenschaften besitzen.
Der
Erfindung liegt die Problematik zugrunde, die Metallionen über Komplexbindung
stabil in ein System einzubringen, um diese vor Präzipitation
zu bewahren. Nicht beschrieben im Stand der Technik ist die An und
Vorgehensweise, wie man die ionischen Metallbestandteile in die
metallische Phase überführt, um
ein Langzeitphänomen
zu etablieren. Deshalb führt
die Vorgehensweise nach dem Stand der Technik auch in sehr vielen
Fällen
dazu, dass die Komplexierung bzw. die quantitative Größe der Komplexbildungskonstanten
so stark ist, dass nur ein sehr geringer Anteil in elementarer Form
vorliegt und somit sehr leicht extrahierbar ist.
Überraschenderweise
hat sich gezeigt, dass durch die einfache Modifizierung im Falle
des Silbers Kolloide von 5 bis 30 nm Durchmesser besonders rasch
gebildet wurden, obwohl das Silber in molekularer ionischer Form
als Komplex in die Zusammensetzung eingegeben wird. Im Falle des
Zink sind sogar noch wesentlich kleinere Partikel detektiert worden.
Diese reichen zum Teil in den Bereich um 2 Nanometer. Weiterhin
hat sich überraschend
gezeigt, dass durch die z.T. aus der Redoxreaktion hervorgegangenen
Carboxy-Funktionalisierungen eine zusätzliche Einkopplung in anorganisch-organische
Netzwerke möglich
wurde. Dementsprechend können
nahezu alle phenolderivatisierten, carboxyderivatisierten und sonstig
reaktiv funktionalisierten Benzaldehydderivate eingesetzt werden.
Mit diesem Verfahren ist es nun möglich, antimikrobiell wirksame Oberflächenmodifizierungssysteme
in der gewünschten
Metall-Konzentration bis zu mehreren Gew.-% , bevorzugt 0,1-20 Gew.-%
herzustellen.
Es
wurde somit ein Verfahren entwickelt, bei dem Verbindungen mit in
situ erzeugten keimabtötenden Komponenten
nicht nur kontrolliert komplexiert werden (Stabilisierung der empfindlichen
ionischen Stufen), sondern auch kontrolliert reduziert werden (Überführung der
ionischen Verbindung in eine langzeitextraktionsstabile metallische
Form).
Im
Rahmen der Erfindung konnten Metallionen-Komplexe mit Zentralatomen
auf Silber- und Zinkbasis entwickelt werden. Diese Komplexe konnten
in unterschiedliche Matrices (anorganisch-organische Hybridsysteme,
polymere Binder, überwiegend
anorganische Trägersysteme)
eingearbeitet werden, ohne dass eine Metallpräzipitation stattfand. Andererseits
konnte eine Metallnanopartikelformierung per TEM nachgewiesen werden.
Experimentelle Ergebnisse aus dem Bereich der Mikrobiologie anhand
der Testkeime Escherichia Coli, Staphylokokkus aureus, Aspergillus
niger und andere zeigten deutlich biozide Eigenschaften. Extraktionsuntersuchungen
unter technischen und physiologischen Bedingungen zeigten auch nach
langer Extraktionszeit noch deutliche Metallkonzentrationen im Extrakt.
Der
Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, daß die bekannten bakteriziden
Beschichtungsmaterialien überwiegend
aus Silbersalzen bzw. Silberkolloiden als biozid wirksame Substanzen
bestehen. Aufgrund der fehlenden Komplexierung der Ag-Ionen und
damit einer fehlenden Stabilisierung der gebildeten Ag-Kolloide kann
von einem controlledreleased-Mechanismus bei der Abgabe von Silber
an die Umgebung nicht ausgegangen werden. Insoweit als Silberkomplexe
angewandt werden, handelt es sich Silberthiosulfat-Komplexe oder mit
Trimethoxysilylether-Pyridin komplexiertes Silbernitrat.
Andere
Arbeiten beschreiben wie oben bereits erwähnt die Komplexierung der Metallionen
beispielsweise durch Diaminokomponenten, ohne jedoch zu erkennen,
dass zur Ausbildung der Metallkolloide ein Reduktionsmittel nötig ist.
Im
Rahmen der Erfindung ist vorgesehen, daß die Metallionen Silber-,
Zink-, Eisen- oder Kupferionen sind.
Eine
vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, daß das Komplexierungs-
und das Reduktionsmittel identisch sind.
Es
liegt im Rahmen der Erfindung, dass die Ausgangsprodukte Metallsalze
und phenolderivatisierte, carboxyderivatisierte und sonstig reaktiv
funktionalisierte Benzaldehydderivate sind.
Weiterhin
ist es zweckmäßig, daß der Stoff
in ein organisches, anorganisches oder organischanorganisches Bindersystem
eingebracht wird.
Die
Erfindung betrifft auch einen Stoff zur Elimination von biomolekülbasierten
Kleinstlebewesen, wobei der Stoff gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren
hergestellt ist.
Weiterhin
betrifft die Erfindung die Verwendung des erfindungsgemäßen Stoffs
zum Auftragen auf Substrate aller Art zur dauerhaften Eliminierung
von biomolekülbasierten
Kleinstlebewesen.
Es
wird somit ein neues Oberflächenmodifizierungssystem
zur Modifizierung von Polymeren, Metallen, Glas, Keramik, Naturstoffen
und anderen Gegenständen
geschaffen, welches in der Lage ist, biomolekülbasierte Kleinstlebewesen
nachhaltig abzutöten.
Mit den erfindungsgemäßen Stoff
können
beispielsweise folgende Gegenstände
beschichtet werden: Arzneimittelfläschchen, Hörgeräte, Katheter, Führungsdrähte, Anwendung
im pharmazeutischen Bereich zur Beschichtung von verschiedensten
Gefäßen für Arzneimittel
oder Komponenten, die mit dem menschlichen Körper in Berührung kommen und keimfrei bleiben
sollen.