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Die
Erfindung betrifft eine Haarschere bestehend aus einem Oberbeck
und einem Unterbeck, die über
die Drehachse eines Gewerbes gelenkig miteinander verbunden sind
und an denen sich gegenüberliegende
Schneiden ausgebildet sind.
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Haarschneidescheren
sind aus dem Stand der Technik in verschiedenen Ausführungen
bekannt. Herkömmlich
weisen sie ein Gewerbe auf, dessen Drehachse in etwa symmetrisch,
d.h. mit gleichen Abständen,
zwischen den Verlängerungen
der Schneiden des Ober- und Unterbecks angeordnet ist. Aufgrund
dieser Symmetrie nehmen die Schneiden bei geöffneter Schere die Form eines
gleichschenkligen Dreiecks ein, so daß die für den Schnitt zur Verfügung stehende
freie Schneidlänge
der Schneide des Oberbecks gleich der des Unterbecks ist.
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Ein
bekanntes Problem bei Haarscheren liegt darin, daß die zwischen
den Schneiden des Ober- und Unterbecks liegenden Haare beim Schließen der
Schere von beiden Seiten her mit Scherkräften beaufschlagt werden, die
einander nicht genau entgegen gerichtet sind. Vielmehr weisen die
von beiden Seiten auf das zu schneidende Haarbündel einwirkenden Scherkräfte einen
vom Öffnungswinkel
der Schere abhängigen
Winkelversatz auf, der dazu führt,
daß stets
ein gewisser Querkraftanteil der Scherkraft auf die zu schneidenden
Haare wirkt. Diese Querkraft bewirkt einen Vortriebeffekt auf die
Haare, diese geraten in Längsbewegung
und werden teilweise sogar aus der Haarschere heraus getrieben. Aufgrund
der Oberflächenglattheit
der Haare ist dieser Vortriebeffekt bei Haaren im Vergleich zu anderen Schnittgütern, wie
etwa Papier oder Textilien vergleichsweise groß.
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Zur
Reduzierung des genannten Effekts ist es bekannt, die Oberflächen der
Schneiden mit einer leicht geriffelten Textur zu versehen, die z.B.
von in einem Schleifverfahren hergestellten Riefen gebildet wird.
Mit Hilfe dieser Oberflächengestaltung
wird der Vortriebeffekt gemindert, da sich beim Schneiden eine vergrößerte Oberflächenreibung
zwischen den Haaren und den Schneiden einstellt. Der für die Oberflächengestaltung
solcher Schneiden erforderliche, zusätzliche Fertigungsschritt ist
aus Kosten- und Zeitgründen nachteilig.
Außerdem
führt die
Textur zu einem etwas rauhen Gang der Schere, was bei Haarschneidescheren
prinzipiell nicht erwünscht
ist.
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Der
vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, dem bei Scheren
der eingangs genannten Art bekannten Vortriebeffekt auf einfache
Art und Weise entgegenzuwirken.
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Zur
Lösung
dieser Aufgabe wird bei einer Schere mit den eingangs genannten
Merkmalen vorgeschlagen, daß sich
beide gedachten Schneidkantenverlängerungen der Schneiden auf
derselben Seite der Drehachse erstrecken.
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Aufgrund
dieses Verlaufs der Schneidkanten in Bezug auf die Drehachse ergibt
sich bei geöffneter Schere
kein gleichschenkliges, sondern ein asymmetrisches Schneiddreieck.
Aufgrund dieser Asymmetrie ist die für den Schnitt zur Verfügung stehende
freie Schneidenlänge
der beiden Schneiden verschieden. Die Differenz der freien Schneidenlängen ist
bei geschlossener Schere gleich Null und nimmt mit dem Öffnungswinkel
der Haarschere zu. Beim Schließen der
Schere wird diese Differenz wieder ausgeglichen, wobei der Ausgleich
durch eine Relativbewegung der Schneide mit der längeren Schneidlänge gegenüber der
Schneide mit der kürzeren
Schneidlänge
in Richtung des Schnittpunktes beider Schneiden erfolgt.
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Die
Relativbewegung der Schneiden in Längsrichtung bewirkt einen Zugeffekt
auf die zwischen Ober- und Unterbeck liegenden Haare bzw. das dort
im Schneiddreieck zusammengeraffte Haarbündel. Dieser Zugeffekt ist
entgegen der Richtung des Vortriebeffektes in das Schneiddreieck
der Schere hinein gerichtet. Auf diese Weise wird der beim Stand
der Technik nachteilige Vortriebeffekt mit konstruktiv einfachen
und fertigungstechnisch vorteilhaften Mitteln gemindert.
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In
vorteilhafter Ausgestaltung des Erfindungsgedankens wird vorgeschlagen,
daß der
Abstand der unteren Schneidkantenverlängerung gegenüber der
Drehachse größer ist
als der Abstand der oberen Schneidkantenverlängerung gegenüber der
Drehachse, wodurch sich bei geöffneter
Haarschere am Unterbeck eine größere freie
Schneidenlänge
ergibt als am Oberbeck. Das Unterbeck führt somit während der Schließbewegung
der Haarschere eine Relativbewegung mit Längskomponente gegenüber dem
Oberbeck aus, durch welche die dem Vortriebeffekt entgegenwirkende
Zugkraft die Haare in Richtung der Öffnung der Schere zieht.
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Vorteilhaft
weist das Unterbeck eine die Drehachse aufnehmende Ausbuchtung auf.
In dieser Ausbuchtung ist die Drehachse des Gewerbes angeordnet.
Ferner wird auch ein ausreichendes Druckwiderlager des Gewerbes
erzeugt, welches dem während
der Schließbewegung
der Schere zu übertragenden
Druck, der durch die seitliche Krümmung des Ober- bzw. des Unterbecks
entsteht, abfängt.
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In
vorteilhafter Ausgestaltung wird ferner vorgeschlagen, daß das Oberbeck
eine die Drehachse aufnehmende Ausbuchtung aufweist. Mit Hilfe dieser Ausgestaltung
läßt sich
ein insgesamt schlanker Aufbau der Haarschere realisieren.
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Weitere
Einzelheiten und Vorteile der erfindungsgemäßen Haarschere ergeben sich
anhand des in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiels. Darin zeigen:
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1 eine
Draufsicht auf eine geöffnete Schere
und
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2a–2e Draufsichten
auf eine der 1 ähnliche Schere, wobei in 2a der
maximale Öffnungswinkel
der Schere darstellt ist, der in den 2b–2e stufenweise
reduziert ist, um die Vorgänge
während
des Schließvorgangs
zu erläutern.
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In 1 ist
eine erfindungsgemäße Haarschere
in einer schematischen Draufsicht dargestellt, die aus einem Oberbeck 2 mit
augenförmigem
Griffstück 7,
einem Unterbeck 1 mit augenförmigem Griffstück 8 und
einem Gewerbe 3 besteht. An das Griffstück 7 ist ein hakenförmiges Fingerstück 9 ansetzbar,
was die Handhabung der Schere beim Haareschneiden erleichtert. Innerhalb
des Gewerbes 3 ist die Drehachse 4 angeordnet, über welche
Oberbeck 2 und Unterbeck 1 gelenkig miteinander
verbunden sind. Das Gewerbe 3 übernimmt im Bereich der Berührfläche von
Ober- und Unterbeck darüber
hinaus die Funktion eines Druckwiderlagers, das die durch den Ausgleich
der seitlichen Krümmung
von Ober- und Unterbeck beim Schließen der Schere auftretenden
Kräfte
auffängt.
In 1 ist die Krümmung
des Unterbecks 1 zur Verbesserung der Schnittqualität aus der
Zeichenebene heraus, die Krümmung
des Oberbecks 2 in die Zeichenebene hinein gerichtet.
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An
den den Griffstücken 7, 8 abgewandten Enden
des Oberbecks sowie des Unterbecks sind seitlich angeschliffene
Schneiden S1, S2 ausgebildet, deren
gedachte Verlängerungen 10, 11 in
gestrichelten Linien dargestellt sind. Beim Ausführungsbeispiel verlaufen die
Schneiden S1, S2 nicht
ganz geradlinig sondern leicht gekrümmt. Sie weisen einen Krümmungsradius
von in etwa 750 bis 1000 mm auf, um auf diese Weise den Schnittwinkel
und damit den Vortriebeffekt sowie auch die den Schnitt bewirkenden
Scherkräfte
für die
verschiedenen Öffnungswinkel
der Haarschere anzugleichen. Die Schneidkantenverlängerungen 10, 11 sind
gedachte Tangenten, die die Kanten der Schneiden S1,
S2 nahe dem Scheitelpunkt SP des Schneiddreiecks 12 berühren.
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Die
Schneidkantenverlängerung 11 der Schneide
S2 des Oberbecks 2 erstreckt sich
in einem Abstand A2 auf der in 1 linken
Seite der Drehachse 4 des Gewerbes 3. Einen deutlich
größeren Abstand
A1 gegenüber
der Drehachse 4 weist die Schneidkantenverlängerung 10 der
Schneide S1 des Unterbecks 1 auf.
Gut erkennen läßt sich
der asymmetrische Aufbau der Haarschere, der dadurch bedingt ist,
daß die
Schneiden S1 und S2 gemeinsam auf
einer Seite der Drehachse 4 angeordnet sind. Die Drehachse 4 des
Gewerbes 3 befindet sich nämlich beim Ausführungsbeispiel
auf der in 1 rechten Seite der Schneiden
S1, S2 und nicht
wie beim Stand der Technik üblich,
zwischen beiden Schneiden S1, S2,
bzw. zwischen deren Verlängerungen 10, 11.
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Der
mit der asymmetrischen Anordnung der Schneiden S1,
S2 erreichte Zugeffekt läßt sich am besten anhand des
in den 2a–2e dargestellten
Schließvorgangs
erläutern.
In 2a sind die beiden freien Schneidenlängen L1 des Unterbecks 1 und L2 des Oberbecks 2 dargestellt. Diese
Längen entsprechen
der Länge
der Schneiden S1, S2,
die in Abhängigkeit
des Öffnungswinkels α der Haarschere für den Schnitt
zur Verfügung
steht. Es ist zu erkennen, daß die
freie Schneidlänge
L1 des Unterbecks 1 um die Differenz ΔL länger ist
als die des Oberbecks 2. Beim Schließen der Haarschere erfolgt
der Ausgleich dieser Differenz ΔL
durch eine Relativbewegung des Unterbecks 1 gegenüber dem
Oberbeck 2 in Richtung des Scheitelpunkts SP der Scherenöffnung.
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Wie 2b,
in welcher der Öffnungswinkel α gegenüber dem
in 2a um ca. 10° reduziert
ist, am besten erkennen läßt, ergibt
sich die Längendifferenz ΔL durch einen
Kreis mit einem Radius L2 dessen Zentrum
im Scheitelpunkt SP des Schneiddreiecks 12 liegt. Dieser
Kreis ist in 2a strichliniert dargestellt
und kreuzt die Schneiden S1, S2 in
einem Winkel β1 = β2 = 90°.
Einem solchen Kreisbahnverlauf folgen die Schneiden herkömmlicher
Haarscheren, weshalb bei diesen in Längsrichtung keine Relativbewegungen
des Unterbecks gegenüber
dem Oberbeck auftreten. Durch die erfindungsgemäße Anordnung der Verlängerungen 10, 11 beider
Schneiden S1, S2 gemeinsam
auf einer Seite der Drehachse 4 ergibt sich eine Kreisbahn,
die die Scheiden S1, S2 nicht
unter einem rechten Winkel kreuzt, woraus die Relativbewegung der
Schneiden S1, S2 in
Längsrichtung
resultiert. Diese Kreisbahn, deren Zentrum in der Drehachse 4 liegt,
verbindet die Enden beider Schneiden S1,
S2 und ist in 2b in durchgezogener
Linie dargestellt. Die auf der Kreisbahn eingezeichneten Pfeilspitzen
illustrieren die Bewegungsrichtung des Unterbecks 1 auf
das im wesentlichen ruhende Oberbeck 2.
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Wie
sich 2b weiter entnehmen läßt, sind die Winkel γ1, γ2,
welche die erfindungsgemäße Kreisbahn
mit dem Ober- bzw. Unterbeck einschließt nicht rechtwinklig, wobei
der Winkel γ1 deutlich spitzwinklig, der Winkel γ2 aufgrund
des geringeren Abstandes A2 nur leicht stumpfwinklig
ist. Bei größeren Abständen A2 wird der Winkel γ2 zunehmend
stumpfer, wodurch sich die Differenzlänge ΔL und letztlich der Zugeffekt
zusätzlich
erhöht.
Es ist aber auch denkbar, daß der
Abstand A2 gleich Null ist, die Schneidkantenverlängerung 11 also
durch die Drehachse verläuft.
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In 2c,
in der der Öffnungswinkel
weiter reduziert ist, sind die Bewegungsbahnen ausgewählter Punkte
der Schneide S1 des Unterbecks 1 zur Veranschaulichung
der Relativbewegung zwischen Ober- und Unterbeck dargestellt. Für einen
dieser Punkte ist dessen Bewegung B in einzelne Bewegungskomponenten
zerlegt. Die Bewegung B dieses Punktes folgt der eingezeichneten
Kreisbahn und läßt sich
in eine zur Schneide S1 senkrechte Komponente
Bs, die der Bewegung bei herkömmlichen Scheren
entspricht, und eine hierzu quer verlaufende Komponente Bq unterteilen. Die quer verlaufende Komponente
Bq ist diejenige, welche die Relativbewegung
in Schneidenlängsrichtung
und damit den Zugeffekt bewirkt.
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Wie
ein Vergleich zwischen den 2a bis 2d erkennen
läßt, nimmt
die Differenz ΔL
durch die zunehmende Relativbewegung des Unterbecks 1 gegenüber dem
Oberbeck 2 mit dem Öffnungswinkel α der Haarschere
stetig ab, bis die Schere in 2e schließlich vollständig geschlossen
und die Längendifferenz ΔL ausgeglichen
ist.
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- 1
- Unterbeck
- 2
- Oberbeck
- 3
- Gewerbe
- 4
- Drehachse
- 5
- Ausbuchtung
- 6
- Ausbuchtung
- 7
- Griffteil
- 8
- Griffteil
- 9
- Fingerstück
- 10
- Schneidkantenverlängerung
- 11
- Schneidkantenverlängerung
- 12
- Schneiddreieck
- S1
- Schneide
- S2
- Schneide
- A1
- Abstand
- A2
- Abstand
- L1
- freie
Schneidlänge
- L2
- freie
Schneidlänge
- ΔL
- Differenzlänge
- α
- Öffnungswinkel
der Schere
- β1
- Winkel
- β2
- Winkel
- γ1
- Winkel
- γ2
- Winkel
- SP
- Scheitelpunkt
- B
- Bewegung
- Bs
- senkrechte
Bewegungskomponente
- Bq
- quer
verlaufende Bewegungskomponente