DE102004043748A1 - Biokatalysator zur Hydrolyse von Cyanid - Google Patents

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Abstract

Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen Ganzzellbiokatalysator zur Hydrolyse von Blausäure zu Ammoniumformiat mit einer gegenüber dem isolierten Enzym gesteigerten spezifischen Aktivität.

Description

  • Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen Biokatalysator, sowie auf ein Verfahren zur Hydrolyse von Blausäure zu Ammoniumformiat in Gegenwart dieses Biokatalysators, enthaltend eine Cyanidase mit einer gegenüber dem isolierten Enzym gesteigerten spezifischen Aktivität.
  • Für die Entgiftung von Cyanidkontaminationen oder cyanidhaltigen Abwässern, die in der Bergbauindustrie und bei chemischen Prozessen anfallen, existieren verschiedene chemische Verfahren zur Entgiftung dieser Abwässer. Diese haben jedoch den Nachteil, dass hierfür andere ebenfalls toxische Substanzen wie Carosche Säure, Peroxide und Schwefeldioxid eingesetzt werden müssen (Zaidi, S. A.; Schmidt, J. W.; Simovic, L. Sciences et Techniques de l'Eau (1985), 18(1), 43-9).
  • Mikrobiologische Prozesse zum Abbau von Cyanid werden seit Mitte der 80er Jahre eingesetzt. Das langsame Wachstum und die geringe Cyanidtoleranz der lebenden Mikroorganismen hat jedoch eine sehr schlechte Raum-Zeit-Ausbeute zur Folge (A. Akcil, T. Mudder; Biotechnology Letters 25 (2003) 445-450). Abhilfe könnte die räumliche Trennung von Anzucht der Mikroorganismen und deren Einsatz für den Cyanidabbau schaffen.
  • Die heterologe Expression von Enzymen wie Cyanidasen (auch als Cyanid Dihydratasen bekannt) in schnell wachsenden Mikroorganismen bietet hierfür besonders gute Voraussetzungen, da die Kultivierungsdauer herabgesetzt werden kann und gleichzeitig die Menge der gebildeten Cyanidase bezogen auf die Biomasse drastisch gesteigert werden kann, wie am Beispiel der Expression der Cyanidase aus Pseudomonas stuzeri AK61 in E. coli gezeigt werden konnte (A. Watanabe, K. Yano, I. Karube; Appl. Microbiol. Biotechnol.; 50 (1998) 93-97). Beschrieben wird die Hydrolyse von Cyanid mit dem Rohextrakt der Zellen und mit dem zur Homogenität aufgereinigten Enzym. Die spezifischen Aktivitäten betragen hierbei 14,4 Units pro Milligramm (U/mg) Gesamtprotein bzw. 59 U/mg gereinigtem Enzym.
  • Ganzzelltransformationen (Umsetzen eines Substrates durch ganze Zellen), basierend auf der Aktivität einer Cyanidase sind für die Entgiftung von Cyanidkontaminationen oder cyanidhaltigen Abwässern nicht bekannt.
  • Beschreibung der Erfindung
  • Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung lag darin, einen Biokatalysator als Ganzzellkatalysator zu entwickeln, der in der Lage ist Cyanid effektiv zu hydrolysieren unter Vermeidung des aufwendigen Zellaufschlusses bzw. der Isolierung des Enzyms aus der Zelle. Gleichzeitig bietet der erfindungsgemäße Ganzzellbiokatalysator den Vorteil der leichten Abtrennbarkeit nach der Biotransformation durch Zentrifugation oder Ultrafiltration.
  • Die vorliegende Erfindung ist ein Biokatalysator zur Hydrolyse von Blausäure zu Ammoniumformiat, dadurch gekennzeichnet, dass der Biokatalysator eine Zelle mit heterolog exprimierter Cyanidase darstellt und dessen Einsatz in Form ganzer Zellen erfolgt. Der erfindungsgemäße Biokatalysator kann zum Beispiel für die Entgiftung von Cyanidkontaminationen oder cyanidhaltigen Abwässern verwendet werden, die in der Bergbauindustrie und bei chemischen Prozessen anfallen.
  • Ein weiterer Aspekt dieser Erfindung ist ein Verfahren zur Hydrolyse von Blausäure zu Ammoniumformiat, dadurch gekennzeichnet, dass ein Ganzzellbiokatalysator enthaltend eine Zelle mit heterolog exprimierter Cyanidase eingesetzt wird.
  • Zur Herstellung des erfindungsgemäßen Biokatalysators wurde die Cyanidase aus Pseudomonas stuzeri AK61 verwendet. Andere bekannte Cyanidasen z.B. aus Alcaligenes denitrificans DSM4009 ( EP 0282351 )oder Bacillus pumilus C1 (Jandhyala, D.; Berman, M.; Meyers, P.; Benedik, M. (2003), Applied and Environmental Microbiology 69, 4794-4805) können jedoch in ähnlicher Weise vorteilhaft Verwendung finden. Als Wirtsorganismus wurde E. coli DSM14459 verwendet. Andere dem Fachmann bekannte Mikroorganismen wie z.B. Hefen wie Hansenula polymorpha, Pichia sp., Saccharomyces cerevisiae, oder Prokaryonten, wie E. coli, Bacillus subtilis können jedoch in ähnlicher Weise vorteilhaft Verwendung finden. Vorzugsweise sind E. coli-Stämme für diesen Zweck zu benutzen. Ganz besonders bevorzugt sind: E. coli XL1 Blue, W3110, DSM14459 (PCT/US00/08159), NM 522, JM101, JM109, JM105, RR1, DH5α, TOP 10 oder HB101. Die Methoden zur Klonierung der Gene sowie die benötigten Expressionssysteme und Wirtszellen sind dem Fachmann hinlänglich aus der Literatur bekannt (Sambrook, J.; Fritsch, E. F. und Maniatis, T. (1989), Molecular Cloning: A Laboratory Manual, 2nd ed., Cold Spring Harbor, Laboratory Press, New York; Balbas, P. und Bolivar, F. (1990), Design and construction of expression plasmid vectors in E. coli, Methods Enzymol. 185, 14-37; Rodriguez, R.L. und Denhardt, D. T (eds) (1988), Vectors: a survey of molecular cloning vectors and their uses, 205-225, Butterworth, Stoneham).
  • Für die vorliegende Erfindung ist eines der bevorzugt auszuwählenden Gene ein Gen für eine Cyanidase. Der Fachmann ist ebenfalls frei in der Auswahl der Gene, die für eine solche Cyanidase kodieren. Gemäß der vorliegenden Erfindung ist unter einem „Ganzzellkatalysator" eine intakte Zelle zu verstehen, in der wenigstens ein Gen exprimiert wird, das den erfindungsgemäßen Umsatz eines Substrates zu einem Produkt katalysieren kann. Erfindungsgemäß ist die intakte Zelle in der Lage eine Cyanidase zu exprimieren. Bevorzugt handelt es sich bei dem Ganzzellkatalysator um einen gentechnisch veränderten, den Bedürfnissen der gewünschten Umsetzung angepassten Mikroorganismus. Als besonders geeigneter Ganzzellkatalysator ist der im experimentellen Teil beschriebenen Ganzzellkatalysator bevorzugt.
  • Bei der Gestaltung des Ganzzellkatalysators ist der Fachmann sowohl frei in der Wahl der geeigneten Gene, solange die entsprechenden Genprodukte nur in der Lage sind die gewünschte Reaktion zu katalysieren, als auch in der Wahl des Wirtsorganismus. Als Wirtsorganismen sind sämtliche bekannten Wirtsorganismen geeignet, wobei sich E. coli als besonders geeignet erwiesen hat.
  • Geeignete Gene für die erfindungsgemäßen Biokatalysatoren sind nicht nur gene die für cyanidasen kodieren sondern schließen Gene gemäss SEQ ID No: 1 oder ein daraus hergestelltes Fragment und auch solche ein, die zu wenigstens 70%, insbesondere bis 80%, bevorzugt zu wenigstens 81% bis 89%, besonders bevorzugt zu wenigstens 90%, und ganz besonders bevorzugt zu wenigstens 91%, 93%, 95%, 97% oder 99% identisch sind mit dem Gen gemäß SEQ ID No. 1 oder eines daraus hergestellten Fragmentes.
  • In dem erfindungsgemäßen Verfahren wird der oben beschriebene Biokatalysator eingesetzt um die Hydrolyse von Blausäure zu Ammoniumformiat durchzuführen.
  • Die Biokatalysatorkonzentration liegt in dem erfindungsgemäßen Verfahren bei maximal 1000 mg/L, in einer bevorzugten Ausführungsform bei bis zu 100 mg/L, bevorzugt bei bis zu 10 mg/L und besonders bevorzugt bei bis zu 1 mg/L, wobei sich mg auf mg Biotrockenmasse (BTM) bezieht. Unter dem Biokatalysator ist insbesondere ein Ganzzellkatalysator zu verstehen.
  • Die Cyanidkonzentration liegt in dem erfindungsgemäßen Verfahren bei maximal 1 M, in einer bevorzugten Ausführungsform bei bis zu 0,5 M, und besonders bevorzugt bei bis zu 0,25 M.
  • Das erfindungsgemäße Verfahren kann bei beliebigen, für den verwendeten Wirtsorganismus geeigneten Reaktionstemperaturen durchgeführt werden. Als besonders geeignete Reaktionstemperatur ist eine Reaktionstemperatur anzusehen, die bei 4 bis 60°C, bevorzugt 10 bis 50°C und besonders bevorzugt 20 bis 40°C liegt.
  • Auch bei dem pH-Wert der Reaktion ist der Fachmann frei in der Wahl, wobei die Reaktion sowohl bei einem festen pH-Wert, als auch unter Variation des pH-Werts in einem pH-Intervall durchgeführt werden kann. Der pH-Wert wird insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenschaften des eingesetzten Enzyms gewählt. Bevorzugt wird die Reaktion bei einem pH-Wert durchgeführt, der bei pH 5 bis 11, bevorzugt pH 6 bis 10 und besonders bevorzugt pH 7 bis 9 liegt.
  • Die Umsetzung des eingesetzten Substrates zu dem gewünschten Produkt erfolgt unter Einsatz eines geeigneten Ganzzellkatalysators. Zur Anzucht des Ganzzellkatalysators wird je nach verwendetem Wirtsorganismus ein geeignetes Nährmedium verwendet. Die für die Wirtszellen geeigneten Medien sind allgemein bekannt und kommerziell erhältlich. Den Zellkulturen können außerdem übliche Zusätze zugegeben werden, wie z.B. Antibiotika und ähnliche bekannte Zusatzstoffe.
  • Überraschenderweise wies der Ganzzellbiokatalysator der vorliegenden Erfindung mit 78 U/mg eine deutlich höhere spezifische Aktivität bezogen auf die Biotrockenmasse auf, als das gereinigte Enzym laut Watanabe et al. mit 59 U/mg bezogen auf das zur Homogenität gereinigte Protein. Dies ist besonders deshalb überraschend da laut Watanabe et al. bei der Reinigungsprozedur kein Aktivitätsverlust auftrat. Wenn man berücksichtigt, dass der Anteil des löslichen Proteins bezogen auf die Biotrockenmasse nur ca. 27% beträgt (D. S.
  • Goodsell; Trends in Biochemical Sciences 16 (1991) 203-206) und der Anteil eines heterolog exprimierten Proteins am löslichen Gesamtprotein in E. coli 50% nicht deutlich übersteigen kann, muss man davon ausgehen, dass die Cyanidase in E. coli-Zellen mit gesteigerter Aktivität arbeitet.
  • Die biokatalytische Entgiftung cyanidhaltiger Abwässer lässt sich durch die vorliegende Erfindung mit viel geringeren Mengen des Biokatalysators und damit kostengünstiger als mit den bisher beschriebenen Systemen basierend auf Rohextrakten oder isolierten Enzymen durchführen.
  • Die vorliegende Erfindung wird im folgenden anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Diese dienen nur zur Veranschaulichung der Erfindung und sind in keinem Fall als Limitierung in Art und Umfang dieser zu sehen.
  • Beispiel 1
  • Herstellung eines cyanidasepositiven Stammes
  • Ein DNA-Doppelstrang wurde synthetisiert, der die Sequenz des Cyanidasegens aus Pseudomonas stutzeri AK61 enthält. Das Gen kodiert für die in der Literatur beschriebene Aminosäuresequenz, die DNA-Sequenz wurde jedoch im Hinblick auf die Codon-usage von E. coli optimiert. Vor- bzw. nach dem Gen befinden sich außerdem eine NdeI bzw. BamHI Restriktionsschnittstelle (SEQ ID NO:1). Mittels dieser beiden Restriktionsschnittstellen wurde das DNA-Fragment in den Vektor pOM17c kloniert. Die vollständige Sequenz des Plasmides ist in SEQ ID NO:2 angegeben. Chemisch kompetente E. coli DSM14459 Zellen wurden mit 10ng des Plasmides pOM17c transformiert. Die auf Ampicillinhaltigen Agarplatten ausgestrichenen transformierten Zellen wurden anschließend wie in Beispiel 2 beschrieben charakterisiert.
  • Beispiel 2
  • Anzucht und Charakterisierung des cyanidasepositiven Stammes Eine Übernachtkultur (OD600=4) der des cyanidasepositiven Stammes wurde 1:100 in 100ml Rhamnose (2g/l) supplementiertem LB-Medium (5 g/l Hefeextrakt, 10 g/l Trypton, 10g/l NaCl) verdünnt und 18 Stunden bei 30°C und 250 UPM inkubiert. Die Biomasse wurde mittels Zentrifugation (10 min, 10.000 g) pelletiert und der Überstand verworfen. Das Zellpellet wurde anschließend mit einer 50 mM Kaliumcyanidlösung in 50 mM Phospatpuffer pH 8,0 so verdünnt, dass der Anteil der Zellen 4 mg pro Liter bezogen auf die Zelltrockenmasse betrug und bei 30°C unter Schütteln inkubiert.
  • Die Abnahme der Cyanidkonzentration wurde mittels eines analytischen Fertigtests (Cyanid-Test Spektroquant, Merck) verfolgt. Nach 60 min hatte die Cyanidkonzentration von 50 mM auf 26,6 mM abgenommen. Ein U wurde definiert als Abnahme der Cyanidkonzentration um 1 μmol pro Minute. Demnach betrug die spezifische Aktivität der Zellen 78 U/mg Biotrockenmasse (BTM). Die Wiederholung des Experiments ergab eine Abnahme der Cyanidkonzentration von 50 mM auf 26,9 mM, was einer spezifischen Aktivität von 77 U/mg BTM entspricht.
  • In einem weiteren Experiment wurde das Zellpellet mit 250 mM Kaliumcyanidlösung in 50 mM Phospatpuffer pH 8,0 so verdünnt, dass der Anteil der Zellen 25 mg pro Liter bezogen auf die Zelltrockenmasse betrug und bei 30°C unter Schütteln inkubiert. Die Cyanidkonzentration nahm hierbei innerhalb von einer Stunde von 250 mM auf 134,7 mM ab, was einer spezifischen Aktivität von 74 U/mg BTM entspricht. SEQUENCE LISTING
    Figure 00080001
    Figure 00090001
    Figure 00100001
    Figure 00110001
    Figure 00120001

Claims (11)

  1. Biokatalysator zur Hydrolyse von Blausäure zu Ammoniumformiat, dadurch gekennzeichnet, dass der Biokatalysator eine Zelle mit heterolog exprimierter Cyanidase darstellt und dessen Einsatz in Form ganzer Zellen erfolgt.
  2. Biokatalysator gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem Wirtsorganismus um E. coli handelt.
  3. Biokatalysator gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei der Cyanidase um die Cyanidase aus Pseudomonas stutzeri handelt.
  4. Biokatalysator gemäß einem der Ansprüche 1-3, dadurch gekennzeichnet, dass das Gen, das für die Cyanidase kodiert, im Hinblick auf die Codon-usage des verwendeten Wirtsorganismus optimiert wurde.
  5. Biokatalysator nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Gen das für die Cyanidase kodiert, eine Sequenzidentität von > 70% zur der in SEQ ID NO:1 dargestellten Sequenz aufweist.
  6. Biokatalysator gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Gen das für die Cyanidase kodiert, eine Sequenzidentität von > 90% zur der in SEQ ID NO:1 dargestellten DNA Sequenz aufweist.
  7. Biokatalysator nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Gen das für die Cyanidase kodiert, der in SEQ ID NO:1 dargestellten Sequenz entspricht.
  8. Verfahren zur Hydrolysierung von Blausäure zu Ammoniumformiat, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren in Gegenwart eines Ganzzellkatalysators, enthaltend eine Cyanidase durchgeführt wird.
  9. Verfahren gemäß Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die eingesetzte Biokatalysatorkonzentration 1000 mg/L nicht übersteigt.
  10. Verfahren gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die eingesetzte Biokatalysatorkonzentration 10 mg/L nicht übersteigt.
  11. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 8 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass ein Ganzzellkatalysator, enthaltend wenigstens eine Cyanidase, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einer Cyanidase aus Pseudomonas stuzeri AK61 eingesetzt wird.
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