DE10160177A1 - Verfahren zur Auffindung von Liganden die an ein drug target binden mittels 1H,1H-Kernresonanzspektroskopie - Google Patents
Verfahren zur Auffindung von Liganden die an ein drug target binden mittels 1H,1H-KernresonanzspektroskopieInfo
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Abstract
Die vorliegende Erfindung stellt ein Verfahren zur Auffindung von Liganden bereit, die an ein vorgegebenes drug target binden. Dieses Verfahren basiert auf der Messmethode der Kernresonanzspektroskopie (NMR). Es umfasst die folgenden Schritte: (A) Aufnahme eines zwei- oder höherdimensionalen NMR-Korrelationsspektrums des freien, gelösten drug targets, bei dem mindestens zwei Protonendimensionen miteinander korreliert sind, als Referenzspektrum; (B) Aufnahme eines zweiten, gleichartigen NMR-Korrelationsspektrums einer das drug target und einen oder mehreren Testsubstanzen enthaltenden Lösung als Testspektrum; und (C) Identifizierung bindender Liganden anhand von Veränderungen der NMR-Signale des drug targets zwischen dem Testspektrum und dem Referenzspektrum. Dieses Verfahren ist gegenüber dem Stand der Technik insbesondere dadurch ausgezeichnet, dass zu dessen Durchführung keine Markierung des drug targets mit Isotopen wie ·13·C oder ·15·N erforderlich ist.
Description
- Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Auffindung von Liganden, die an ein vorgegebenes drug target binden, mit Hilfe von 1H,1H-Korrelationsspektren der Kernresonanz-Spektroskopie (NMR).
- Die Suche nach Wirkstoff-Kandidaten in den Life Sciences (Pharma, Tier- und Pflanzenschutz) wird heute mittels vielfältiger biologischer, chemischer und physikalischer Screening-Verfahren betrieben. Dabei wird aus einer möglichst umfangreichen und chemisch diversen Sammlung niedermolekularer Substanzen nach Verbindungen gesucht, die an ein vorgegebenes krankheitsrelevantes Zielmolekül (drug target; in der Regel ein Protein, RNA- oder DNA-Abschnitt) binden und dessen biologische Funktion beeinflussen. Derart aufgefundene Liganden (initial hits) sind Ausgangsverbindungen für die Entwicklung von Wirkstoff-Kandidaten. Sie müssen in der anschließenden Phase der Wirkstoffentwicklung hinsichtlich ihrer Affinität und Selektivität gegenüber dem drug target in der Regel noch verbessert werden, bevor ihre Wirksamkeit, Toxizität und pharmakokinetischen Eigenschaften (wie die Aufnahme, Verteilung, Metabolisierung und Ausscheidung in biologischen Systemen) durch Variation der chemischen Struktur gemäß Prinzipien der medizinischen Chemie und erste in vivo Tests angepaßt werden können. Bei diesen Wirkstoff-Optimierungsprozessen ist es von entscheidendem Vorteil, die relevanten Wechselwirkungen und Charakteristika der Bindung eines Liganden am drug target genau zu kennen. Basierend auf diesem Wissen kann die weitere Wirkstoffentwicklung rational, zielgerichtet und beschleunigt durchgeführt werden.
- Die magnetische Kernresonanz-Spektroskopie (NMR), mit der molekulare Strukturen, Beweglichkeiten und Wechselwirkungen mit atomarer Auflösung charakterisiert werden können, bietet für die kommerzielle Wirkstoffsuche und -entwicklung eine Kombination besonderer Stärken, die nachfolgend näher ausgeführt sind. Sie löst damit viele Probleme, die alternativen Verfahren inhärent sind.
- NMR stellt eine universell einsetzbare physikalische Meßmethode dar, die das Screening nach (bindenden) Liganden ermöglicht. Es müssen also nicht erst zeitaufwändig system- bzw. funktionsspezifische biochemische Nachweisverfahren (bio-assays) entwickelt werden, die zudem das Risiko häufiger falsch positiver Nachweise durch Nebenreaktionen bergen. Ebenso kann bereits ohne Kenntnis der Proteinfunktion unmittelbar im Anschluß an die Identifizierung eines drug targets (z. B. mittels Methoden der Bioinformatik) mit der Wirkstoffsuche per NMR begonnen werden.
- NMR ist die derzeit empfindlichste Screeningmethode zum Nachweis auch sehr schwach bindender Wirkstoff-Vorläufer. Sie kann daher insbesondere auch neuartige Ansätze der Wirkstoffentwicklung über neue Ausgangsmoleküle erschließen.
- NMR erlaubt zudem die Klassifizierung aufgefundener Liganden nach ihrer Bindungsstärke (Affinität) über einfache Titrationsexperimente.
- NMR liefert atomar aufgelöste Spektren. Damit können einerseits direkt verschiedene molekulare Komponenten einer Mischung von Verbindungen unterschieden werden; NMR-Screening kann also unmittelbar mit der Auftrennung und Analyse von Stoffgemischen (beispielsweise aus kombinatorischer Synthese oder Naturstoff-Banken) verbunden werden. Zum anderen können anhand der NMR-Spektren des drug targets unmittelbar verschiedene Bindungsstellen des Liganden am drug target erkannt und unterschieden werden. Dies wiederum erlaubt es, schnell unspezifische oder irrelevante Wechselwirkungen und damit falsch-positive Anzeigen auszuschließen. Mittels NMR- spektroskopischer Methoden (in Verbindung mit geeigneten rechnergestützten Simulationsverfahren wie molecular dynamics etc.) ist es weiterhin möglich, die räumliche Struktur des Komplexes aus Ligand und drug target und damit den Bindungsmodus zu bestimmen (H.-J. Böhm, G. Klebe, H. Kubinyi: "Wirkstoffdesign", Spektrum Akademischer Verlag GmbH, 1996, Heidelberg/Berlin/Oxford, ISBN 3-8274-0174-7). Die Entdeckung neuer Bindungsstellen und -modi eröffnet neuartige Ansätze der Wirkstoffentwicklung.
- Mittels NMR können molekulare Strukturen, Beweglichkeiten und Wechselwirkungen mit atomarer Auflösung bestimmt und umfassend charakterisiert werden. Damit schafft NMR die essentiellen Grundlagen für die erfolgreiche Optimierung der aufgefundenen ersten bindenden Liganden (inital hits) nach Prinzipien der rationalen strukturbasierten Wirkstoffentwicklung (rational drug design). Die besondere Stärke der NMR- Spektroskopie liegt also in der Kombination und gleichzeitigen Eignung zum Aufspüren und zielgerichteten Optimieren neuer Liganden.
- Die Verfahren des NMR-Screenings können in prinzipiell zwei Klassen eingeteilt werden (Diercks, Coles et al.: Current Opinion in Chemical Biology 2001, 5, 285-291):
- - Auf den Liganden detektierende Verfahren (ligandendetektierende Verfahren)
- - Auf dem drug target detektierende Verfahren (targetdetektierende Verfahren)
- Die ligandendetektierenden Verfahren, bei denen nach bindungsinduzierten Veränderungen in den NMR-Spektren von Liganden gesucht wird, erlauben die unmittelbare Auftrennung von Stoffgemischen und selektive Erkennung bindender Liganden. Die meisten dieser Screening-Verfahren erfassen entweder direkte intermolekulare Wechselwirkungen zwischen dem drug target und Liganden über dipolare Relaxationsphänomene, oder die Abnahme der freien Beweglichkeit eines Liganden aufgrund seiner Bindung an das (viel größere und trägere) drug target, d. h. die Verlangsamung seiner Diffusion und/oder Eigendrehung.
- Diffusion wird NMR-spektroskopisch direkt über die Signalabnahme bei Einsatz magnetischer Feldgradienten-Echos erfaßt. Bei der Diffusions-geordneten NMR-Spektroskopie, DOSY (Johnson: Progress in Nuclear Magnetic Resonance Spectroscopy 1999, 34, 203-256), wird die Abhängigkeit der Signalabnahme von Echostärke oder -dauer zur Bestimmung der Diffusionskoeffizienten aufgezeichnet. Diese werden dann in einer zweiten Pseudo-Dimension aufgetragen und erlauben so eine schnelle Auftrennung von Stoffgemischen in einzelne, verschieden schnell diffundierende Komponenten (Barjat, Morris et al.: Journal of Magnetic Resonance 1995, B108, 170-172). Ein konstantes Feldgradienten-Echo wirkt als einfacher Diffusionsfilter, der ans drug target bindende Liganden selektiv dämpft, und findet in dem in WO 98/48264 beschriebenen Verfahren des ligandendetektierenden NMR-Screenings Anwendung. Ein spezieller Nachteil dieser Methode ist die aufwändige und fehleranfällige Referenzierung der erhaltenen NMR- Spektren: Für jeden potenziellen Liganden müssen entsprechende Spektren jeweils ohne und mit zugegebenem drug target aufgenommen werden, aus deren Subtraktion sich erst die gesuchte Information der Signalabnahme ablesen läßt. In der Regel muß außerdem das Spektrum des drug targets abgezogen werden.
- Die molekulare Eigendrehung ist nur indirekt über die Beeinflussung von NMR- Relaxationsprozessen zu erfassen. Hierzu gehört die entropische T2-Relaxation, die zur Verbreiterung und Dämpfung der NMR-Signale führt und mit abnehmender Molekülbeweglichkeit zunimmt. T2-Relaxationsraten können mit geeigneten NMR-Experimenten aus der Signalabnahme in Abhängigkeit von der Dauer einer SpinLock- oder z. B. CPMG- Echosequenz ermittelt werden. Eine konstante SpinLock- bzw. Echodauer wirkt als T2- Relaxationsfilter, der analog dem beschriebenen Diffusionsfilter nur bindende Liganden dämpft. Dieses Prinzip des ligandendetektierenden NMR-Screenings wird ebenfalls in WO 98/48264 beschrieben und hat die o. a. speziellen Nachteile.
- Ein weiteres NMR-Relaxationsphänomen ist der Kern-Overhauser-Effekt (Nuclear Overhauser Effect, NOE), bei dem Magnetisierung zwischen räumlich nahen Kernspins übertragen wird. Das Ausmaß des NOE hängt, außer vom Abstand der Kernspins und der gewählten Entwicklungsdauer, stark von der molekularen Beweglichkeit ab. Insbesondere wechselt das Vorzeichen des NOE beim Übergang von kleinen zu großen Molekülen. Ein kleiner Ligand verhält sich dabei im gebundenen Zustand wie das große drug target und nimmt nach seiner Dissoziation die temporär erworbene NOE-Intensität als sogenannten Transfer-NOE (trNOE) in den freien Zustand mit. Ein auch nur vorübergehend bindender Ligand kann folglich NMR-spektroskopisch dadurch von nicht bindenden kleinen Molekülen unterschieden werden, daß er im Gegensatz zu diesen auch trNOE mit umgekehrtem Vorzeichen aufweist. Dieses Prinzip ist Grundlage des in DE 196 49 359 C1 beschriebenen und als Bioaffinity NMR publizierten Verfahrens (Meyer, Weimar et al.: European Journal of Biochemistry 1997, 246, 705-709) zum ligandendetektierenden NMR- Screening. Hierbei ist keine Spektrenreferenzierung nötig. Die Methode hat jedoch den wesentlichen Nachteil, daß stark bindende Liganden übersehen werden können (falsch- negative Anzeige), denn die Indikation der Ligandenbindung erfolgt nur am Bruchteil der wieder dissoziierten Ligandenmoleküle. Falls der Ligand zu fest bindet, bleibt der Nachweis aus.
- Neben den beschriebenen intramolekularen NOE-Phänomenen zwischen Kernspins innerhalb desselben Moleküls (hier: Ligand) kann Magnetisierung auch zwischen Kernspins des drug target und seinen Liganden ausgetauscht werden. Ein solcher intermolekularer NOE kann prinzipiell sowohl auf dem Ligand als auch auf dem drug target beobachtet werden und ist ein unmittelbar zugänglicher, nicht primär von Änderungen molekularer Beweglichkeit beeinflußter Indikator der Ligandenbindung. Er ist beispielsweise Grundlage des ligandendetektierenden NMR-Screenings über Sättigungs-Transfer-Differenz = STD (Klein, Meinecke et al.: Journal of the American Chemical Society 1999, 121, 5336-5337; Mayer and Meyer: Angewandte Chemie, International Edition in English 1999, 38, 1784-1788), NOE-Pumping (Chen and Shapiro: Journal of the American Chemical Society 1998, 120, 10258-10259; Chen and Shapiro: Journal of the American Chemical Society 2000, 122, 414-415) und WaterLOGSY (Dalvit, Pevarello et al.: Journal of Biomolecular NMR 2000, 18, 65-68). Auch bei diesen Methoden muß ein Ligand wieder in den freien Zustand dissoziieren können, da nur dann eine spektroskopische Unterscheidung zwischen intra- und intermolekularem Magnetisierungstransfer bzw. zwischen drug target und Ligand möglich ist. Es besteht also wie beim trNOE die schwerwiegende Gefahr der falsch-negativen Anzeige.
- Die intermolekulare Wechselwirkung zwischen den Kernspins eines Liganden und Elektronenspins eines paramagnetisch markierten drug targets ist Grundlage des SLAPSTIC-Verfahrens zum ligandendetektierenden NMR-Screening (Jahnke, Rüdisser et al.: Journal of the American Chemical Society 2001, 123, 3149-3150). Diese Wechselwirkung führt zu einer dramatischen Beschleunigung der T2-Relaxation und damit zur Auslöschung von NMR-Signalen nur derjenigen Liganden, die in der Nähe des paramagnetischen Labels am drug target binden. Das Nachweisprinzip ist den beschriebenen Relaxations-gefilterten Verfahren vergleichbar, mit dem dort beschriebenen Nachteil der umständlichen Spektrenreferenzierung. Spezielle Nachteile sind die Notwendigkeit zur aufwändigen Markierung des drug targets sowie die Beschränkung des Nachweises auf lokalisierte Bindung in der Nähe der paramagnetischen Markierung.
- Neben den beschriebenen speziellen Problemen haben ligandendetektierende NMR- Screening-Verfahren den generellen Nachteil, daß keine Information über den Bindungsort der Liganden erhalten wird. Damit ist weder der Ausschluß unspezifischer Bindung noch die Klassifizierung der Liganden nach gleichartigen Bindungscharakteristika direkt möglich.
- Target-detektierende Verfahren, die bindungsinduzierte Veränderungen in den NMR- Spektren des drug targets aufzeigen, können hingegen Ort und Art der Ligandenbindung unmittelbar erfassen und erlauben so auch das Erkennen unspezifischer Bindung. Da das drug target in den meisten Fällen deutlich größer und damit auch träger ist als die zu testenden Liganden, ist bei Bindung eines kleinen Liganden keine nennenswerte Größenzunahme bzw. Mobilitätsabnahme zu erwarten, so daß im Gegensatz zum ligandendetektierenden NMR-Screening entsprechende, auf der Diffusion und/oder Relaxation des drug targets basierende Nachweismethoden impraktikabel sind. Stattdessen sind insbesondere Methoden geeignet, die bindungsinduzierte Verschiebungen einzelner NMR-Signale (shift differences) des drug targets erfassen. Da diese einzelnen Atomen zugeordnet sind, wird ein atomar aufgelöster Blick auf das drug target erhalten. Spektrale Veränderungen aufgrund Ligandenbindung können so direkt auf das drug target projiziert werden und offenbaren unmittelbar unterschiedliche Bindungsorte. Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist der abgedeckte breite Affinitätsbereich: Da hierbei der gebundene Zustand direkt erfaßt wird - im Gegensatz zu o. a. ligandenbasierenden Techniken, die diesen Zustand nur indirekt über dissoziierte Liganden beobachten - besteht die Gefahr der falsch-negativen Anzeige im Prinzip nicht.
- Targetdetektierendes, auf shift differences beruhendes NMR-Screening kann zwar grundsätzlich auch anhand des einfachsten, eindimensionalen Protonenspektrums durchgeführt werden (Thewes, Constantine et al.: Journal of Biological Chemistry 1990, 265, 3906-3915). Jedoch liefern die großen drug targets derart komplexe, überlagerte Spektren, daß die einzelnen Signale kaum mehr aufgelöst, geschweige denn atomar zugeordnet werden können. Infolgedessen werden die gesuchten Verschiebungsänderungen sehr leicht übersehen (Gefahr der falsch-negativen Anzeige) und sind nicht auf das drug target projizierbar.
- Für empfindliches, atomar aufgelöstes NMR-Screening müssen die NMR-Spektren der drug targets daher vereinfacht und/oder entzerrt, d. h. in ihrer Auflösung erhöht werden. Dies wird durch Aufnahme zwei- oder höherdimensionaler NMR-Korrelationsspektren erzielt, in der zwei oder mehr Kernspins magnetisch gekoppelt und ihre jeweiligen NMR- Frequenzen als separate Dimension aufgezeichnet werden. Anwendungen dieses Prinzips zum proteindetektierenden NMR-Screening sind in WO 97/18469, WO 97/18471 und WO 00/62074 beschrieben. Grundlage dieser Anwendungen ist die Detektion von Veränderungen in zweidimensionalen heteronuklearen 15N,1H- (WO 97/18469, WO 97/18471) oder 13C,1H-Korrelationsspektren (WO 00/62074) des drug targets. Es ist hierfür jedoch zwingend erforderlich, das drug target mit den Isotopen 15N-Stickstoff bzw. 13C-Kohlenstoff anzureichern, da die natürliche Häufigkeit dieser mit NMR- detektierbaren stabilen Isotope (0.36% bzw. 1.1%) völlig unzureichend für schnelle NMR-Spektroskopie ist. Eine derartige Isotopenmarkierung ist teuer und erlaubt beispielsweise nur eine eingeschränkte Auswahl möglicher gentechnischer Expressionssysteme, mit denen drug target Proteine dargestellt werden können. Zudem wird mit der Auswahl eines bestimmten Isotops (z. B. 15N, 13C) unweigerlich auch eine Einschränkung der im entsprechenden heteronuklearen Korrelationsspektrum beobachtbaren Atome des drug targets durchgeführt (z. B. Einschränkung auf Amid- oder Methylgruppen). Somit besteht die Gefahr, eine tatsächliche Wechselwirkung zwischen Ligand und drug target zu übersehen, wenn sie gerade das selektierte Subspektrum nicht oder nur sehr schwach beeinflußt. Insbesondere im Falle der Selektion von Protein-Amidgruppen (mittels 15N,1H-Korrelationsspektren) besteht überdies die Gefahr von falsch positiver Anzeige aufgrund einfacher pH-Änderungen nach Zugabe der Liganden-Lösungen, die hier ebenfalls zu spektralen Veränderungen führen.
- 3. Zusammenfassung der Erfindung
- Die vorliegende Erfindung zum targetdetektierenden NMR-Screening löst die Aufgabe, ein Verfahren zur NMR-basierten Wirkstoffsuche bereitzustellen, welches frei ist von den eingangs beschriebenen Nachteilen der bekannten Verfahren. Insbesondere ist das erfindungsgemäße Verfahren dadurch gekennzeichnet, daß prinzipiell keine Isotopenmarkierung notwendig ist, wodurch auch keine explizite Einschränkung der im drug target beobachtbaren Atome erfolgt. Es wird hierdurch ein globaler Blick auf das drug target und somit die Detektion der Ligandenbindung anhand einer maximalen Anzahl Atome ermöglicht. Dadurch können auch durch pH-Änderungen hervorgerufene falsch- positive Anzeigen erkannt und eliminiert werden. Desweiteren werden Möglichkeiten offenbart, um Relaxationsverluste zu minimieren und die Komplexität der NMR-Spektren wesentlich zu reduzieren, wodurch das Verfahren auch auf Großproteine anwendbar wird.
- Die vorliegende Erfindung bezieht sich somit auf ein Verfahren zum Auffinden von Liganden, die an ein drug target binden, welches durch die in Patentanspruch 1 genannten Verfahrensschritte gekennzeichnet ist. Bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den abhängigen Patentansprüchen 2 bis 18 beschrieben.
- Fig. 1 TOCSY-Spektrum des freien drug target Proteins bei 51.6 ms (Fig. 1.a) bzw. 25.8 ms (Fig. 1.b) Mischzeit
- Fig. 2 TOCSY-Spektrum wie Fig. 1.b, ohne (Fig. 2.a) bzw. mit (Fig. 2.b) spektraler Faltung in der indirekten F1-Dimension. Darunter Ausschnitt der HN-Hα -Korrelationen ohne (Fig. 2.c) bzw. mit (Fig. 2.d) Faltung
- Fig. 3 F1-gefaltetes TOCSY-Spektrum wie Fig. 2.b (Ausschnitt der HN-Hα -Korrelationen), ohne (Fig. 3.a) bzw. mit bandselektivem Filter in F1 (Fig. 3.b)
- Fig. 4 Vergleich des F1-gefilterten TOCSY-Spektrums vor (schwarz) bzw. nach (grau) Zugabe eines zehnfachen Überschusses des bindenden Liganden A. Ausschnitt der HN-Hα-Korrelationen in Fig. 4.a; Ausschnitt der Haliphatisch-Hα-Korrelationen in Fig. 4.b
- Fig. 5 Vergleich des F1-gefilterten TOCSY-Spektrums vor (schwarz) bzw. nach (grau) Zugabe eines zehnfachen Überschusses an Benzophenon. Ausschnitt der HN-Hα- Korrelationen in Fig. 5. a; Ausschnitt der Haliphatisch-Hα-Korrelationen in Fig. 5.b
- Fig. 6 NOESY-Spektrum des freien drug target Proteins bei 100 ms Mischzeit
- Fig. 7 NOESY-Spektrum mit 100 ms Mischzeit, ohne (Fig. 7.a) bzw. mit (Fig. 7.b) spektraler Faltung in der indirekten F1-Dimension (gleiches Faltungsfenster wie Fig. 2). Darunter Ausschnitt der HN-Hα-Korrelationen ohne (Fig. 7.c) bzw. mit (Fig. 7.d) Faltung
- Fig. 8 F1-gefaltetes NOESY-Spektrum wie Fig. 7.b (Ausschnitt der HN-Hα- Korrelationen), ohne (Fig. 8.a) bzw. mit bandselektivem Filter in F1 (Fig. 8.b)
- Fig. 9 Vergleich des F1-gefilterten NOESY-Spektrums (Ausschnitt der HN-Hα- Korrelationen) vor (schwarz) bzw. nach (grau) Zugabe eines zehnfachen Überschusses des bindenden Liganden A
- Fig. 10 Vergleich des F1-gefilterten NOESY-Spektrums (Ausschnitt der HN-Ha- Korrelationen) vor (schwarz) bzw. nach (grau) Zugabe eines zehnfachen Überschusses an Benzophenon
- Im folgenden wird unter einem drug target ein Molekül verstanden, dessen biologische Funktion und/oder Aktivität durch Wechselwirkung mit einem Liganden so verändert werden soll, daß eine bestimmte gewünschte Wirkung (z. B. die Therapie einer Krankheit) erzielt wird. Typische drug targets umfassen natürlich vorkommende Proteine, DNA- und/oder RNA-Moleküle. Derartige drug targets haben typischerweise ein deutlich größeres Molekulargewicht als die zu testenden potenziellen Liganden. Die vorliegende Erfindung ist jedoch nicht auf solche drug targets beschränkt.
- Der Begriff Ligand bezeichnet eine chemische Substanz, die an das drug target bindet. Derartige Liganden sind typischerweise niedermolekulare chemische Verbindungen; jedoch ist die vorliegende Erfindung zur Suche nach Liganden (Screening) unabhängig von der Größe der zu testenden Substanzen.
- Mit Bindung des Liganden an das drug target wird jede Wechselwirkung beider Moleküle bezeichnet, die ausreichend stark ist, um die NMR-Spektren des drug targets zu beeinflussen. Eine spezifische Bindung beeinflußt typischerweise lediglich die Resonanzen der Kerne im näheren Umfeld des Bindungsortes, wohingegen eine unspezifische Bindung zu Veränderungen der Resonanzen einer Vielzahl von über die gesamte Oberfläche des drug targets verteilter Kerne führt. Typischerweise können mit dem vorliegenden Verfahren Bindungen nachgewiesen werden, deren Dissoziationskonstante KD zumindest im millimolaren Bereich liegen.
- Die Abkürzungen HN, HA und HB bezeichnen die Amidprotonen, Hα- und Hβ-Protonen von Aminosäuren, z. B. innerhalb von Proteinen.
- In der vorliegegenden Erfindung bedeutet die Aufnahme eines gleichartigen Spektrums die Aufnahme eines Spektrums, das prinzipiell die selben Korrelationssignale liefern kann wie das Referenzspektrum. In der Regel wird hierfür das selbe NMR-Experiment eingesetzt, wobei jedoch nach Bedarf Meßparameter (wie Art und Dauer der Mischsequenz) angepaßt und Hilfsmodule (wie Selektions- und Unterdrückungsfilter) hinzugefügt werden können.
- Das Verfahren zum Auffinden von Liganden gemäß der vorliegenden Erfindung umfaßt die folgenden Schritte:
- A) Aufnahme eines zwei- oder höherdimensionalen NMR-Korrelationsspektrums des freien, gelösten drug targets, bei dem mindestens zwei Protonendimensionen miteinander korreliert sind, als Referenzspektrum;
- B) Aufnahme eines zweiten, gleichartigen NMR-Korrelationsspektrums einer das drug target und einen oder mehrere Testsubstanzen enthaltenden Lösung als Testspektrum; und
- C) Identifizierung bindender Liganden anhand von Veränderungen der NMR- Signale des drug targets zwischen dem Testspektrum und dem Referenzspektrum.
- Das vorliegende Verfahren umfasst auch den Einsatz von Substanzgemischen (in Schritten (B) und (C)) anstelle von Einzelsubstanzen. In diesem Falle umfasst das Verfahren auch das Gegentesten der Liganden durch Wiederholen der Schritte (B) und (C) unter Verwendung der im Substanzgemisch vorliegenden einzelnen Liganden, um die tatsächlich bindende(n) Komponente(n) zu identifizieren. Dies ist natürlich nur sinnvoll, wenn bei der Messung des Substanzgemisches eine Bindung an das drug target gefunden wurde.
- Das erfindungsgemäße Verfahren kann mit allen drug targets durchgeführt werden, die der NMR-Spektroskopie zugänglich sind. Dies sind insbesondere drug target Proteine mit einer Molmasse von weniger als 40 kD, bevorzugt weniger als 30 kD, stärker bevorzugt weniger als 20 kD (für Oligonukleotide Oligosaccharide gelten aufgrund der größeren Überlagerungsprobleme Molmassengrenzen, die bei einem Viertel der oben angegebenen Molmassengrenzen liegen), da bei zunehmender Molmasse sowohl die Linienbreiten der NMR-Signale, als auch der Anteil der sich gegenseitig überlappenden Signale zunimmt. Bei homooligomeren drug targets gelten die oben angegebenen Molmassengrenzen für das Monomer. Da diese Probleme bei jedem drug target unterschiedlich stark ausprägt sind, ist es nicht möglich, eine feste Obergrenze für das Molekulargewicht der dem Verfahren zugänglichen drug targets anzugeben. Zudem lässt sich die Obergrenze der der NMR-Spektroskopie zugänglichen Molmassen durch den Einsatz teildeuterierter drug targets erhöhen, wie im folgenden näher beschrieben. Ausserdem, ist eine Erhöhung der Meßtemperatur allgemein für das Verfahren förderlich, soweit die Stabilität des drug targets dies zuläßt.
- Weiterhin muß das drug target ausreichend löslich sein, um die Aufnahme von NMR- Spektren mit ausreichender Signalintensität bei vertretbarer Meßzeit zu ermöglichen. Weiterhin muß gewährleistet sein, daß das drug target über den Zeitraum des screening- Durchlaufs stabil bleibt. Vorteilhaft ist in diesem Zusammenhang eine Stabilität des drug targets von mindestens mehreren Tagen.
- Ob sich ein drug target für die Anwendung des vorliegenden Verfahrens eignet, kann der Fachmann ohne Schwierigkeiten durch die Aufnahme eines Test-Spektrums (von der selben Art wie die im folgenden beschriebenen Messungen) feststellen. Entscheidendes Kriterium ist hierbei, ob sich innerhalb einer vertretbaren Meßzeit (typischerweise im Bereich von wenigen Minuten bis eine Stunde) ein NMR-Spektrum von ausreichender Intensität und Auflösung aufnehmen läßt, bei welchem die Linienbreiten und das Maß an Signalüberlappungen ein Feststellen von Veränderungen im Spektrum ermöglichen. Um die Oberfläche des drug targets hinreichend vollständig erfassen zu können, sollten hierfür günstigerweise mindestens 10%, bevorzugt 20%, der mit NMR-Spektroskopie beobachtbaren Kerne im zweidimensionalen Spektrum gut aufgelöste Signale liefern. Diese Kerne sollten zudem statistisch über das gesamte drug target Molekül verteilt sein.
- Zunächst muß zur Durchführung des beschriebenen Verfahrens das drug target in ausreichender Menge und Reinheit dargestellt werden. Hierfür sind insbesondere gentechnisch veränderte mikrobielle Expressionssysteme geeignet. Die entsprechenden biochemischen Methoden sind dem Fachmann hinlänglich bekannt, insbesondere da für das erfindungsgemäß beanspruchte Verfahren des NMR-Screenings keine besondere Stabilisotopenmarkierung erforderlich ist.
- Zur Aufnahme des Referenzspektrums des freien drug targets (Schritt A) wird dieses isoliert in Lösung vorgelegt. Als Lösungsmittel eignen sich alle Lösungsmittel, die eine Messung von NMR-Spektren gestatten und die die Struktur und Funktion des drug targets nicht beeinflussen. Das Lösungsmittel kann auch deuteriert oder teildeuteriert sein. Besonders bevorzugt ist die Verwendung von Wasser als Lösungsmittel. Weiterhin sind auch Lösungsmittelgemische einsetzbar.
- Typische Konzentrationen des drug targets liegen im Bereich von 0.2 bis 1.0 mM. Dies ist ausreichend, um innerhalb von wenigen Minuten die benötigte Spektrenintensität akkumulieren zu können. Der pH-Wert der wäßrigen Lösung sollte, sofern es die Probenstabilität erlaubt, im leicht sauren Bereich (ca. pH 4 bis 6) liegen, da dann der Austausch der Amidprotonen mit dem Wasser minimal ist. Die Gesamt-Salzkonzentration sollte für effiziente NMR-Anregbarkeit so niedrig wie möglich sein. Der Einsatz weiterer Zusätze (wie z. B. Natriumazid zur Unterbindung des mikrobiellen Probenabbaus oder Dithiothreitol zur reduktiven Probenstabilisierung) ist ebenfalls möglich und dem Fachmann wohlbekannt.
- Als Referenzspektrum wird ein zwei- oder höherdimensionales NMR-Spektrum aufgenommen, bei dem mindestens zwei Protonendimensionen korreliert sind. Dadurch wird die spektrale Komplexität des drug targets über mindestens zwei Dimensionen entzerrt, womit die Beobachtbarkeit spektraler Veränderungen nach Ligandenzugabe wesentlich erleichtert wird. Entscheidend ist, daß diese NMR-Spektren prinzipiell alle Protonen des drug targets erfassen können und somit keine Selektion in Form von Subspektren vornehmen. Überdies ist keinerlei Markierung des drug targets mit stabilen Isotopen wie 13C oder 15N erforderlich, wenn ausschließlich die in natürlicher Häufigkeit vorhandenen Protonen korreliert werden.
- Geeignete NMR-Experimente für homonukleare Proton-Proton-Korrelationen sind seit langem bekannt (Ernst, Bodenhausen et al.: International Series of Monographs on Chemistry 1994, 14, 610). Zu diesen gehören beispielsweise die Correlated Spectroscopy = COSY (Jeener: Ampere International Summer School 1971; Trimble and Bernstein: Journal of Magnetic Resonance 1994, B105, 67-72), die Total Correlation Spectroscopy = TOCSY (Braunschweiler and Ernst: Journal of Magnetic Resonance 1983, 53, 521-528; Fulton, Urabal et al.: Journal of Biomolecular NMR 1996, 8, 213-218; Glaser and Quant: Advances in Magnetic and Optical Resonance 1996, 19, 59-252), die Nuclear Overhauser Effect Spectroscopy = NOESY (Macura and Ernst: Molecular Physics 1980, 41; Piotto, Saudek et al.: Journal of Biomolecular NMR 1992, 2, 661-666) und die Rotating Frame Overhauser Effect Spectroscopy = ROESY (Bothner-By, Stephens et al.: Journal of the American Chemical Society 1984, 106, 811), seit neuerem auch die Dipolar Correlated Spectroscopy = DCOSY Experiment (Pellecchia, Vander Kooi et al.: Journal of Magnetic Resonance 2000, 143, 435-439).
- Das erfindungsgemäße Verfahren wird bevorzugt mit homonuklearen Korrelationsexperimenten durchgeführt, die In-Phase-Spektren erzeugen. In allen homonuklearen Korrelationsspektren tritt die für den Transfer wesentliche Kopplungskonstante in der Signalform als Aufspaltung auf. COSY-artiger Transfer führt jedoch zu Anti-Phase- Charakter der Aufspaltung, bei dem die einzelnen Komponenten der Signale mit wechselndem Vorzeichen erscheinen. Bei niedriger spektraler Auflösung, entsprechend kurzer Meßzeit, fallen somit positive und negative Signalkomponenten übereinander und löschen sich weitgehend aus. Effizientes NMR-Screening, das rasch aufnehmbare, intensitätsstarke Spektren erfordert, kann daher insbesondere durch Messung von In- Phase-Spektren gewährleistet werden. Hier kommt es zu keiner negativen Interferenz von Signalkomponenten. Entsprechende, bevorzugte NMR-Experimente des beanspruchten Verfahrens sind daher beispielsweise das TOCSY, NOESY, ROESY oder DCOSY Experiment.
- In einer besonders bevorzugten Ausführungsform des beanspruchten Verfahrens wird das intensitätsstarke TOCSY Experiment als homonukleares In-Phase-Korrelationsexperiment eingesetzt. Im TOCSY werden alle Protonen einzelner Substrukturen des drug targets (z. B. einzelne Aminosäuren bei Proteinen) durch skalare Kopplung über das Bindungselektronengerüst miteinander korreliert. Die Korrelation erfolgt während einer SpinLock-Mischzeit über den sog. homonuklearen Hartmann-Hahn-Effekt, weshalb das TOCSY auch als homonukleares Hartmann-Hahn-Experiment bekannt ist.
- Eine Vielzahl von SpinLock-Sequenzen sind publiziert und für die beschriebene Anwendung geeignet (Glaser and Quant: Advances in Magnetic and Optical Resonance 1996, 19, 59-252). In einer bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens werden kompensierte clean-Sequenzen eingesetzt, mit denen für große Moleküle (wie die meisten drug targets) eine weitgehende gegenseitige Aufhebung störender NOE- und ROE- Spindiffusionsartefakte erreicht wird. Beispiele derartiger clean-Sequenzen sind DIPSI-2rc (Cavanagh and Rance: Journal of Magnetic Resonance 1992, 96, 670), CLEAN-CITY (Briand and Ernst: Chemical Physics Letters 1991, 185, 276), CLEAN-MLEV (Griesinger, Otting et al.: Journal of the American Chemical Society 1988, 110, 7870-7872) und TOWNY (Kadkhodaei, Hwang et al.: Journal of Magnetic Resonance 1993, A 105, 104). In alternativen Ausgestaltungen sind allgemein breitbandige Mischsequenzen, wie beispielsweise DIPSI (Shaka, Lee et al.: Journal of Magnetic Resonance 1988, 77, 274-293), FLOPSY (Kadkhodaei, Rivas et al.: Journal of Magnetic Resonance 1991, 91, 437) und MLEV (Levitt, Freeman et al.: Journal of Magnetic Resonance 1982, 47, 328), bevorzugt.
- In herkömmlichen Anwendungen wird das TOCSY-Experiment mit der Zielsetzung durchgeführt, die einzelnen Spinsysteme möglichst vollständig zu korrelieren. Hierfür sind entsprechend lange TOCSY-Mischzeiten von ca. 40 bis 80 ms notwendig. Für die in der vorliegenden Erfindung vorgestellte Anwendung beim NMR-Screening ist es jedoch vorteilhaft, übersichtliche TOCSY-Spektren mit nur wenigen, intensiven Korrelationssignalen zu erhalten, in denen spektrale Veränderungen nach Ligandenbindung besonders einfach erkennbar werden. Daher werden in einer besonders bevorzugten Ausgestaltung des beanspruchten Verfahrens kurze TOCSY Mischzeiten von 15 bis 45 ms und insbesondere von 20 bis 35 ms verwendet. Im Idealfall für das NMR-Screening per TOCSY erfolgt dann primär die paarweise Korrelation zwischen benachbarten Protonen. Derart kurze Mischzeiten reduzieren neben der spektralen Komplexität ebenfalls stark Relaxationsverluste, wodurch die vorgestellte Screening-Methode insbesondere auch für große drug targets zugänglich wird.
- In einer weiteren bevorzugten Ausführung des beanspruchten Verfahrens wird insbesondere für große drug targets und/oder für drug target Proteine mit überwiegend helikaler Struktur das NOESY Experiment als homonukleares In-Phase-Korrelationsexperiment eingesetzt. Im NOESY Experiment werden räumlich benachbarte Protonen über dipolare Kopplung durch den Raum miteinander korreliert. Der Magnetisierungstransfer erfolgt während einer NOE-Entwicklungszeit durch den Kern-Overhauser-Effekt (NOE). Wie beim TOCSY stehen der Entwicklung der Kopplung generelle Relaxationsphänomene entgegen. Während im TOCSY Experiment die schnellere T2-Relaxation relevant ist, wird die NOE-Entwicklung durch die viel langsamere T1-Relaxation begrenzt. Obgleich die dipolare Kopplung i. d. R. schwächer als die skalare Kopplung ist, kann sich auf Grund der günstigeren Relaxationseigenschaften insbesondere bei großen drug targets das NOESY als dem TOCSY hinsichtlich der Signalintensitäten überlegen erweisen. Ebenso können die TOCSY-Korrelationssignale für helikale Bereiche der Proteine aufgrund der niedrigen, torsionswinkelabhängigen 3JHNHA-Kopplungen unzureichende Intensität gerade im gut aufgelösten HN-HA-Spektralbereich aufweisen, so daß hier ebenfalls ein Ausweichen auf das NOESY-Experiment angeraten sein kann.
- In einer weiteren besonderen Ausgestaltung des beanspruchten Verfahrens werden bandselektive Transfermodule in den Korrelationsexperimenten eingesetzt, um unerwünschte konkurrierende Transferwege zu unterdrücken und die Transferintensität gezielt auf die gewünschten Korrelationssignale zu konzentrieren. Hierbei werden bandselektive Pulse innerhalb der Transfermodule eingesetzt, die ausgewählte spektrale Bereiche selektiv koppeln bzw. entkoppeln und damit die zugrundeliegende skalare oder dipolare Kopplung beschränken. Neben spektraler Vereinfachung erzielt man so auch eine deutliche Intensitätsteigerung der ausgewählten Gruppe(n) von Korrelationssignalen.
- Ein bevorzugtes Beispiel dieser besonderen Ausgestaltung ist das auch als Tailored Correlation Spectroscopy = TACSY (Glaser: Journal of Magnetic Resonance 1993, A 104, 283-301; Glaser and Quant: Advances in Magnetic and Optical Resonance 1996, 19, 59-252) bezeichnete bandselektive TOCSY Experiment. Von besonderem Interesse für das erfindungsgemäße Verfahren des NMR-Screening ist hierbei das HNHA-TACSY, für das bereits mehrere bandselektive Mischsequenzen entwickelt wurden, z. B. CABBY (Quant, Prasch et al.: Journal of Magnetic Resonance 1995, B 106, 116) und COIN TACSY (Carlomagno, Prasch et al.: Journal of Magnetic Resonance 2001, 149, 52-57). Dieses auf drug target Proteine anwendbare Experiment beschränkt den Hartmann-Hahn-Transfer fast ausschließlich auf die Amidprotonen (HN) und benachbarten Hα-Protonen (HA). Die entsprechenden HNHA-Korrelationssignale liegen also ausschließlich im bestaufgelösten Bereich homonuklearer Protein-Spektren, der für die rasche Erkennung bindungsinduzierter spektraler Veränderungen besondere Bedeutung hat (siehe hierzu weiter unten).
- Ein weiteres bevorzugtes Beispiel der besonderen Ausgestaltung sind bandselektive NOESY-Varianten, mit denen konkurrierende indirekte NOE-Transferwege unterdrückt werden können. Diese sog. Spin-Diffusion verteilt übertragbare Spin-Polarisation letztlich über das gesamte Molekül, wodurch die spektrale Komplexität erhöht und die Intensität der gewünschten direkten NOE-Korrelationen (zwischen unmittelbar benachbarten Kernspins) geschwächt wird. Zu den dem Fachmann bekannten NOESY- Varianten, die diese störende Spin-Diffusion unterdrücken, gehören beispielsweise das QUIET-NOESY (Vincent, Zwahlen et al.: Journal of Biomolecular NMR 1996, 7, 169-172), BD-NOESY (Hoogstraten, Westler et al.: Journal of Magnetic Resonance 1993, B 102, 232-235), CBD-NOESY (Hoogstraten, Westler et al.: Journal of the American Chemical Society 1995, 117, 5610-5611) und S-NOESY (Fejzo, Westler et al.: Journal of the American Chemical Society 1992, 114, 1523-1524).
- Es ist weiterhin bevorzugt, das NMR-Korrelationsspektrum in einer oder mehreren der indirekten Dimensionen zu falten. Hierduch läßt sich bei gleicher Meßdauer die Auflösung in der betreffenden Dimension und damit die Erkennbarkeit von bindungsinduzierten Signalverschiebungen erheblich verbessern. Bei der Faltung wird die gemessene spektrale Breite einer Dimension geringer gewählt als der spektrale Bereich, in dem die Signale der gemessenen Verbindungen tatsächlich auftreten. Die Art der Faltung kann durch geeignete Wahl des Phasenzyklus bestimmt werden, wobei die Faltungsmuster nach dem TPPI- und dem STATES-Schema (Ernst, Bodenhausen et al.: International Series of Monographs on Chemistry 1994, 14, 610) zu unterscheiden sind.
- Durch eine weitere bevorzugte Ausführung des Verfahrens wird das Problem möglicher Überlappung zwischen hineingefalteten und ungefalteten Signalen durch bandselektives Filtern in der betreffenden Dimension behoben. Der Einsatz bandselektiver Pulse innerhalb einer Frequenzentwicklungszeit unterdrückt in der zugehörigen Dimension diejenigen Signale, die außerhalb eines bestimmten Spektralbereiches liegen. Er erlaubt so eine entsprechende Beschränkung des gemessenen Spektralfensters und damit eine Erhöhung der spektralen Auflösung bei gleicher Meßzeit ohne Erhöhung der spektralen Komplexität bzw. Gefahr neuer Signalüberlappungen. Es wird an dieser Stelle auf den Unterschied zwischen bandselektivem Filtern und bandselektivem Transfer (s. o.) hingewiesen: erstere Methode eliminiert pauschal sowohl Korrelations- als auch Diagonalsignale außerhalb eines bestimmten Spektralbereiches; letztere Methode konzentriert den Transfer auf die gewünschten Korrelationssignale.
- Das Verfahren der vorliegenden Erfindung kann auch mit höherdimensionalen NMR- Experimenten durchgeführt werden, die mehr als zwei Kernspins magnetisch korrelieren und deren NMR-Frequenzen entsprechend in mehr als zwei verschiedenen Dimensionen getrennt aufgezeichnet werden. Insofern können zweidimensionale Spektren auch als entsprechende Ebenenprojektion von höherdimensionalen Spektren angesehen werden.
- Derartige Experimente lassen sich vom Fachmann einfach aus den zweidimensionalen Korrelationsexperimenten zugrundeliegenden Modulen aufbauen. In dieser Weise gelangt man beispielsweise durch Kombination der hier beschriebenen TOCSY- und NOESY- Experimente zu homonuklearen dreidimensionalen TOCSY-TOCSY-, TOCSY-NOESY-, NOESY-TOCSY- oder NOESY-NOESY-Experimenten. Prinzipiell ist auch die Aufnahme von drei- oder mehrdimensionalen NMR-Spektren möglich, bei denen die Protonen mit einem oder mehreren Heterokernen (typischerweise 13C- oder 15N- Isotopenmarkierte Kerne) korreliert werden, so daß die zwei Protonendimensionen durch eine oder mehrere Dimensionen mit Frequenzen der Heterokerne entzerrt wird. In diesem Fall ist jedoch eine Markierung des drug targets mit den zu vermessenden Isotopen erforderlich. Der Vorteil höherdimensionaler Spektren ist naturgemäß die noch weitergehende spektrale Entzerrung und mögliche Auflösung von Signalüberlagerungen in weiteren Frequenzdimensionen. Jedoch steigt mit jeder weiteren Dimension unweigerlich auch die Meßdauer stark an. Während die beschriebenen zweidimensionalen TOCSY- und NOESY-Experimente innerhalb weniger Minuten aufgenommen werden können, benötigen dreidimensionale Experimente bereits in aller Regel mehrere Stunden und sind damit für effizientes NMR-Screening weitgehend ungeeignet. Somit sind zweidimensionale 1H,1H-NMR Spektren besonders bevorzugt.
- Nach Aufnahme des Referenz-Spektrums wird die Testsubstanz oder ein Gemisch mehrerer Testsubstanzen zu einer vorgelegten Lösung des drug targets hinzugegeben. Um falsch-positive Anzeigen aufgrund anderer Einflüsse als der gesuchten Ligandenbindung zu vermeiden, müssen die Probenbedingungen (insbesondere hinsichtlich Konzentration und pH) bei der Aufnahme der Referenz- und Testspektren möglichst ähnlich sein. Daher erfolgt die Zugabe der Testsubstanzen bevorzugt durch einfaches Hinzupipettieren weniger Mikroliter entsprechend hochkonzentrierter (mindestens 0.5 molarer) Stocklösungen. Aufgrund der überwiegend geringen Wasserlöslichkeit der Testsubstanzen werden diese für derart hohe Konzentrationen bevorzugt in Dimethylsulfoxid (DMSO) gelöst. Da DMSO jedoch in höheren Konzentrationen (ab ca. 5 Volumenprozent) die Struktur und damit die NMR-Spektren von drug target Proteinen deutlich verändern bzw. ebenfalls als bindender Ligand auftreten kann, muß auch aus diesen Gründen zur Vermeidung falsch positiver Anzeige die zugegebene Menge DMSO-haltiger Stocklösung minimal gehalten werden.
- Nach Zugabe der Testsubstanz oder des Gemisches verschiedener Testsubstanzen wird die Messung des homonuklearen Korrelationsspektrums aus Schritt A wiederholt (Schritt B). Dieses Testspektrum sollte mit dem selben Experiment und unter möglichst identischen Bedingungen erhalten werden wie das Referenzspektrum, um Artefakte zu vermeiden, die zu falsch positiver Anzeige führen könnten.
- In einer besonderen Ausgestaltung des beanspruchten Verfahrens erfolgt bei Bedarf eine selektive Unterdrückung störender NMR-Signale der zugegebenen Testsubstanzen gegenüber den gewünschten Signalen des drug targets. Da auch die Testmoleküle in der Regel NMR-beobachtbare Protonen tragen, können diese in den Screening-Spektren zu weiteren Signalen führen. Dies birgt das Risiko der falsch-positiven Anzeige beim einfachen Vergleich von Screening- und Referenzspektrum, dem sowohl auswertungstechnisch (siehe unten) als auch meßtechnisch begegnet werden kann. In letzterem Fall kommen beispielsweise die bereits beschriebenen Diffusionsfilter zum Einsatz, um zumindest den ungebundenen Anteil der Liganden selektiv zu unterdrücken. Die Implementierung eines Diffusionsfilters (Ponstingl and Otting: Journal of Biomolecular NMR 1997, 9, 441-444; Chen and Shapiro: Journal of the American Chemical Society 1998, 120, 10258-10259) in die verwendeten homonuklearen Korrelationsexperimente ist dem NMR-Fachmann wohlbekannt.
- Die Identifizierung bindender Liganden (Schritt C) erfolgt über einen Vergleich der Signale des drug targets im Testspektrum mit den entsprechenden Signalen im Referenzspektrum. Hierbei werden bevorzugt die sogenannten Kreuz- bzw. Korrelationssignale betrachtet. Darunter versteht man diejenigen Signale, die in den verschiedenen Dimensionen unterschiedliche Kernspins korrelieren und daher unterschiedliche Frequenzen aufweisen (im Gegensatz zu den sogenannten Diagonalsignalen mit identischen Frequenzen in allen Dimensionen), denn nur für diese Signale findet gegenüber dem eindimensionalen Spektrum die gewünschte spektrale Entzerrung statt.
- In einer bevorzugten Ausgestaltung des beanspruchten Verfahrens wird als Vergleichskriterium eine Änderung der chemischen Verschiebungen (Signalfrequenzen) der NMR-Signale des drug targets zwischen Testspektrum und Referenzspektrum registriert. Die Veränderung von Signalfrequenzen ist unmittelbar aus den Spektren ablesbar und weitgehend unempfindlich gegenüber vielen Probenbedingungen (z. B. Konzentration, Magnetfeld-Homogenität etc.). Sie ist als direkter Indikator im routinemäßigen NMR-Screening damit besonders geeignet und birgt die geringste Fehleranfälligkeit. Alternativ können weitere NMR-zugängliche Parameter betrachtet werden, wie z. B. die Linienbreite und Intensität der Signale, die sich ebenfalls bei Ligandenbindung verändern können.
- In einer besonderen bevorzugten Ausführung erfolgt die (automatisierbare) Identifizierung bindungsinduzierter Signalverschiebungen wie nachfolgend erläutert durch Verifizierung, ob das Referenzspektrum vollständig und unverändert auch im Testspektrum wiederzufinden ist. Zunächst werden hierzu alle relevanten NMR-Signale des Referenzspektrums ermittelt und als Liste zugehöriger zweidimensionaler (oder mehrdimensionaler) Frequenzpunkte gespeichert. Hierbei ist es durchaus möglich und sinnvoll, die Liste auf einen Teilbereich der Signale zu beschränken. Anschließend wird diese Signalliste den Testspektren zugrundegelegt, d. h. es wird ausschließlich an den bereits im Referenzspektrum enthaltenen Frequenzpunkten nach Signalen gesucht. Falls nun im Testspektrum an einzelnen vorgegebenen Frequenzpunkten keine Signalintensität aufgefunden wird oder diese unter einem vorgegebenen Mindestwert liegt, gilt der gesuchte Nachweis für die Ligandenbindung als erbracht. Mit diesem stark automatisierbaren Auswertungsverfahren ist es auch unerheblich, ob im Testspektrum neben den Signalen des drug targets auch noch Signale der zugegebenen Liganden auftreten, da diese nicht registriert werden. Falschpositive Nachweise aufgrund dieser Artefakte werden also ausgeschlossen. Es ist ebenfalls unerheblich, ob Signale der drug targets bindungsbedingt verschoben oder ausgelöscht wurden.
- Wenn ein bindender Ligand identifiziert wurde, kann anhand eines Vergleichs der in den Schritten (A) und (B) aufgenommenen Spektren unterschieden werden, ob der Ligand spezifisch oder unspezifisch bindet. Im ersten Fall ist zu erwarten, daß sich lediglich ein Teil der Signale verändert, während im zweiten Fall eine Veränderung aller oder zumindest der Mehrzahl aller Signale zu erwarten ist.
- Wenn das drug target ein Protein ist, wird bevorzugt im Spektralbereich der HN-HA- Korrelationen sowie der HA-HB-Korrelationen nach spektralen Veränderungen gesucht. Spektrale Veränderungen sind besonders in denjenigen Bereichen des Spektrums leicht zu entdecken, in denen naturgemäß weniger Korrelationssignale mit großer Dispersion auftreten und damit geringe spektrale Komplexität vorliegt. Hierzu zählen vor allem die erwähnten Bereiche der HN-HA-Protonkorrelationen (bevorzugt betrachtet auf HN in der direkten und HA in der indirekten Spektrendimension) und der Haliphatisch-HA- Protonkorrelationen (bevorzugt betrachtet auf den aliphatischen Seitenketten-Protonen in der direkten und HA in der indirekten Spektrendimension).
- Im Falle des Einsatzes von Ligandengemischen statt einzelner Liganden muß bei positivem Screening-Resultat nachfolgend untersucht werden, welche Komponente des Gemisches für die beobachteten spektralen Veränderungen tatsächlich verantwortlich ist. Dies erfolgt mittels Aufnahme weiterer äquivalenter Testspektren an den entsprechenden Einzelsubstanzen bzw. an ausgewählten Subgemischen derselben Testsubstanzen.
- In einer weiteren Ausführungsform des beanspruchten Verfahrens wird das drug target partiell deuteriert, um Relaxationsverluste zu vermindern und das Verfahren dadurch insbesondere für große drug targets zu optimieren. Durch Deuterierung, einem Spezialfall der Markierung mit stabilen Isotopen, werden magnetisch stark wechselwirkende Isotope - hier Protonen (1H) - gegen schwach wechselwirkende Isotope desselben Elementes - hier Deuteronen (2H) - ausgetauscht. Somit werden mögliche Relaxationswege stark geschwächt bzw. unterbunden, wodurch das Ausmaß der NMR-Signaldämpfung und -verbreiterung durch Relaxation drastisch vermindert, d. h. die Spektrenintensität und -auflösung deutlich verbessert wird. Dies ermöglicht die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens bei drug targets mit größeren Molekülmassen, für die aufgrund rascher Relaxation NMR Experimente an nicht-deuterierter Probe zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. Allerdings müssen Protonen im Molekül verbleiben, auf denen die NMR-Detektion erfolgen kann. Als Kompromiß zwischen Intensitätsverlust aufgrund Protonen-Ausdünnung und Intensitätsgewinn aus Relaxationsminderung ist in der Regel ein statistischer Deuterierungsgrad von 30% bis 70% optimal, wobei das Optimum individuell von Eigenschaften des gewählten drug targets (insbesondere von dessen Molekülmasse) abhängt. Der statistische Einbau von Deuteronen anstelle von Protonen erfolgt einfach und kostengünstig mittels der dem Fachmann bekannten biochemischen Expressionsverfahren (Goto and Kay: Current Opinion in Structural Biology 2000, 10, 55-592), wobei die gentechnisch modifizierten Mikroben bzw. Zellkulturen in einem Gemisch von deuteriertem Wasser (2H2O) und normalem Wasser (1H2O) des gewünschten Mischungsverhältnisses angezüchtet werden. Gegebenenfalls werden auch die anderen Nährmedien-Komponenten mit dem gewünschten Deuterierungsgrad eingesetzt.
- In einer weiteren Ausführungsform des beanspruchten Verfahrens wird das drug target nur regional vollständig mit Stabilisotopen markiert, um die NMR-sichtbare Molekülgröße über eine der nachfolgend beschriebenen beiden Möglichkeiten zu minimieren und das Verfahren somit insbesondere für Großmoleküle zu optimieren.
- In einer möglichen Ausformung dieser Ausführung werden durch regionale vollständige Deuterierung selektierte Molekülbereiche im NMR-Spektrum ausgelöscht, da hierdurch die im homonuklearen Korrelationsspektrum beobachtbaren Protonen eliminiert werden. Die Konsequenz ist eine erhebliche spektrale Vereinfachung bzw. im NMR-Spektrum erkennbare Verkleinerung des drug targets. Insbesondere modular aus Domänen aufgebaute große drug target Proteine können dadurch NMR-spektroskopisch stark vereinfacht werden, indem eine oder mehrere Domänen des Proteins möglichst hochgradig deuteriert werden. Es muß lediglich diejenige Proteindomäne (teilweise) protoniert und damit NMR-erfaßbar bleiben, auf der die zu untersuchende Ligandenbindungsstelle liegt. Zur Herstellung der entsprechend markierten Proteine können bekannte Techniken eingesetzt werden, die auf Protein-Splicing basieren (Otomo, Ito et al.: Biochemistry 1999, 38, 16040-16044; Yu: Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA 1999, 96, 332-334).
- In einer alternativen Ausformung dieser Ausführung werden regional andere NMR- selektierbare Stabilisotopen eingebaut - beispielsweise 15N und/oder 13C - wodurch die betroffenen Molekülbereiche durch NMR-spektroskopische und dem Fachmann geläufige Isotopenfilter-Techniken (Breeze: Progress in Nuclear Magnetic Resonance Spectroscopy 2000, 36, 323-372) selektiv ausgeblendet werden können. Zur Herstellung der entsprechend markierten Proteine können wiederum publizierte Techniken eingesetzt werden (Goto and Kay: Current Opinion in Structural Biology 2000, 10, 55-592).
- Die Erfindung wird nachfolgend anhand ausgewählter Ausführungsbeispiele näher beschrieben.
- Zur exemplarischen Beschreibung der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine ca. 1 mM konzentrierte wäßrige Lösung (mit ca. 10 Vol.-% D2O) eines drug target Proteines vorgelegt. Als Testsubstanzen werden eine niedermolekulare Verbindung A sowie Benzophenon verwendet, von denen jeweils 1M konzentrierte D6-DMSO- Stocklösungen bereitgestellt werden. Die Zugabe von ca. 2.5 µl dieser Stocklösung zu den vorgelegten 250 µl Proteinlösung ergibt dann ein Testsubstanz : Protein-Verhältnis von ca. 10 : 1.
- Sämtliche NMR-Messungen erfolgen bei 600 MHz magnetischer Feldstärke. Alle dargestellten Spektren wurden mit 1024 komplexen Datenpunkten in der direkten (F2, horizontale Achse) und 128 komplexen Datenpunkten in der indirekten (F1, vertikale Achse) Dimension aufgenommen und als Matrix von 1024 × 256 komplexen Punkten prozessiert (einfaches Zero-Filling in F1). Einheitlich wurden die Spektren mit 4 Scans und einer Interscan-Relaxationsdauer von 1 s aufgenommen. Daher sind sämtliche nachfolgend dargestellten Spektren von gleicher Aufnahmedauer (ca. 20 Minuten) und somit direkt vergleichbar.
- Zunächst wird das homonukleare 1H,1H-TOCSY (Fulton, Hrabal et al.: Journal of Biomolecular NMR 1996, 8, 213-218) als eine bevorzugte Ausführung des vorgestellten erfindungsgemäßen Verfahrens zum NMR-Screening eingesetzt. Dieses nachfolgend kurz TOCSY genannte Experiment hat die Standardpulssequenz:
π/2 - t1 - π* - ε - π/2 - (PFG1) - DIPSI2 - (PFG2) - π/2 - (PFG3) - WG - (PFG3) - t2
- Hierbei stehen π/2 für einen 90°-Puls auf Protonen, π* für einen wahlweise unselektiven oder bandselektiven 180°-Refokussionspuls auf Protonen, t1 bzw. t2 für die Entwicklungszeit der Protonenfrequenzen in der ersten (indirekten) bzw. zweiten (direkten) Dimension, ε eine kurze Zeitdauer zur Kompensation der gerätebedingten t1-Totzeit, DIPSI2 für die literaturbekannte DIPSI2-Mischsequenz auf Protonen (Shaka, Lee et al.: Journal of Magnetic Resonance 1988, 77, 274-293) und WG für den literaturbekannten 3-9-19-Kompositpuls auf Protonen zur frequenzselektiven Wasserunterdrückung (Piotto, Saudek et al.: Journal of Biomolecular NMR 1992, 2, 661-666; Sklenar, Piotto et al.: Journal of Magnetic Resonance 1993, A 102, 241-245). Falls nachfolgend nicht anders erwähnt, wurden 29 ms DIPSI2-Mischzeit gewählt. Alle gepulsten magnetischen Feldgradienten PFG1-3 haben Halbsinus-Form und eine Dauer von 600 µs. PFG1 und PFG2 dienen als sog. z-spoils der Artefaktunterdrückung und können prinzipiell beliebige Stärke aufweisen; im vorliegenden Fall werden für PFG1 34 G/cm Amplitude und 1.5 ms Abklingzeit, für PFG2 -30 G/cm Amplitude und 2.0 ms Abklingzeit gewählt. Das Gradientenechopaar PFG3 hat ebenfalls prinzipiell beliebige Stärke; im vorliegenden Fall werden -28 G/cm Amplitude und 0.2 ms Abklingzeit gewählt.
- Fig. 1 zeigt das TOCSY-Spektrum des freien drug target Proteins (ohne zugesetzte Testsubstanz) bei zwei unterschiedlichen Mischzeiten und illustriert damit gleichzeitig die als bevorzugte Ausgestaltung erwähnte Möglichkeit zur spektralen Vereinfachung über kürzere Mischzeiten. In diesen quadratisch aufgenommenen, entlang der Diagonalen spiegelsymmetrischen Spektren sind besondere Spektralbereiche bezeichnet: der HNNHA- Spektralbereich korreliert Amidprotonen (daneben auch aromatische Protonen) in F2 mit den Hα-Protonen (daneben auch einige aliphatische Seitenketten-Protonen) in F1; der HN-Haliphatisch-Spektralbereich korreliert Amidprotonen (und aromatische Protonen) in F2 mit aliphatischen Protonen der Aminosäure-Seitenketten (außer Hα) in F1; der Haliphatisch- HA-Bereich schließlich korreliert Hα-Protonen in F1 mit aliphatischen Protonen der Aminosäure-Seitenketten in F2.
- Fig. 1.a wurde mit 51.6 ms Mischzeit aufgenommen und zeigt viele, z. T. über mehrere Bindungen reichende Korrelationen, beispielsweise zwischen den Amidprotonen und entfernten Methylgruppen der Seitenkette der selben Aminosäure.
- Fig. 1.b wurde mit nur 25.8 ms Mischzeit aufgenommen und zeigt ein deutlich übersichtlicheres Korrelationsspektrum als Fig. 1.a), da hier die meisten weitreichenden Korrelationen fehlen und der Transfer sich weitgehend auf nahe benachbarte Protonen konzentriert.
- Die bevorzugte Ausgestaltung des spektralen Faltens in F1 zur Erhöhung der spektralen Auflösung bei gleicher Meßdauer wird in Fig. 2 illustriert. Fig. 2.a zeigt nochmals das quadratische TOCSY Gesamtspektrum, in dem als horizontale Strichlinien eingetragen ist, wo im gewählten Fall zur Faltung das Spektralfenster in F 1 beschnitten wird. Das entsprechend in F1 gefaltet aufgenommene TOCSY Spektrum ist in Fig. 2.b gezeigt. Die Faltung erfolgt nach dem States-Schema, wodurch die an einem Ende des F1-Fensters abgeschnittenen Signale am gegenüberliegenden Ende wieder in das gemessene F1- Fenster hineingefaltet werden. Dies wird besonders durch den Verlauf der (intensiven) Diagonalen des Spektrums deutlich. Der Gewinn an spektraler Auflösung in F1 durch dieses Falten wird anhand der in Fig. 2.c (ungefaltetes Spektrum) und Fig. 2.d (gefaltetes Spektrum) besonders herausvergrößerten HNHA-Spektralbereiche bzw. des hervorgehobenen Ausschnittes verdeutlicht. Im gewählten Fall der Faltung auf die halbe ursprüngliche F1-Breite wird exakt eine Verdoppelung der gemessenen F1-Auflösung bei gleicher Meßdauer erzielt.
- Dem gewünschten Effekt der Auflösungserhöhung durch spektrales Falten steht der ungewünschte Effekt der möglichen Überlagerung ungefalteter durch hineingefaltete Signale gegenüber. Dies kann durch Einsatz eines bandselektiven Pulses in der entsprechenden Dimension weitgehend umgangen werden, wie in Fig. 3 dargestellt und in einer besonders bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens erwähnt. Fig. 3.a gibt nochmals den HNHA-Spektralbereich des gefalteten TOCSY wieder, wie im Ausschnitt zu Fig. 2.b) dargestellt. In Fig. 3.b wurde jedoch ein bandselektiver 180°-Rephasierungspuls auf Protonen (π* in o. a. Pulssequenz) am Ende der zur F1-Dimension führenden t1- Zeit gesetzt. Dieser Selektivpuls wurde als Q3-Puls (Emsley and Bodenhausen: Journal of Magnetic Resonance 1992, 97, 135-148) mit 2.4 ms Länge implementiert, der in F1 einen Spektralbereich von ca. ±1.500 Hz um die Zentralfrequenz selektiert. Die Unterdrückung außerhalb des gewählten Spektralbereiches liegender Signale wird besonders anhand der nun eliminierten gefalteten Diagonalsignale deutlich.
- Die Eignung des TOCSY-Experimentes zur Identifizierung bindender Liganden im NMR-Screening wird durch Fig. 4 illustriert. Hierfür wird die bevorzugte Ausführung als bandselektiv gefiltertes TOCSY-Experiment mit 29 ms kurzer DIPSI2-Mischzeit gewählt, wie bereits für das in Fig. 3.b) vorgestellte Spektrum eingesetzt. Dieses Spektrum des freien drug target Proteins ist sowohl im HNHA-Spektralbereich (Fig. 4.a) als auch im Haliphatisch-HA Spektralbereich (Fig. 4.b) als Referenz unterlegt (schwarzes Spektrum). Die einführend beschriebene Zugabe einer niedermolekularen Verbindung A im zehnfachen Überschuß führt zu dem übergeblendeten Testspektrum. Der Vergleich mit dem Testspektrum (graues Spektrum) weist in beiden selektierten Spektralbereichen deutliche Veränderungen der Frequenzen mehrerer Korrelationssignale auf, wodurch die Verbindung A als lokal bindender Ligand identifiziert ist. Dieses Ergebnis wird anhand des in WO 97/18469 beschriebenen Verfahrens, durch Messung und Vergleich von 15N,1H-HSQC Spektren des 15N-markierten drug target Proteins mit und ohne Ligand, bestätigt. Die Dissoziationskonstante KD dieses Liganden A kann per NMR nicht näher bestimmt werden, muß aber im nanomolaren Bereich liegen, da keine von der Ligandenkonzentration abhängigen Frequenzverschiebungen beobachtet werden. Der offensichtlich stark bindende Ligand führt stattdessen im substöchiometrischen Bereich zu zwei separaten Spektren des drug target Proteins für den freien und den gebundenen Zustand.
- Fig. 5 zeigt die zu Fig. 4 analogen Referenz- und Testspektren nach Zugabe eines zehnfachen Überschusses an Benzophenon. Im Gegensatz zu Verbindung A (Fig. 4) ist das Testspektrum (graues Spektrum) weitestgehend identisch mit dem Referenzspektrum und weist Benzophenon somit als nicht bindende Substanz aus. Lediglich drei Korrelationssignale zeigen erkennbare Frequenzänderungen, die auf Bindung des in der zugegebenen Stocklösung ebenfalls enthaltenen DMSO beruhen. Dies läßt sich durch die Messung eines Spektrums nach Zugabe von reinem DMSO zeigen. Dieses Beispiel zeigt, daß der Einfluß einer DMSO-Zugabe auf die NMR-Spektren in einer Vorabmessung überprüft werden sollte. Bei dem vorliegenden drug target Protein erfolgt offensichtlich eine spezifische Bindung des DMSO, da sich nur sehr wenige Signale verschieben. In der Tat können die wenigen Signalveränderungen drei Aminosäuren innerhalb der Bindungstasche des Proteins zugeordnet werden. DMSO, das gewählte Lösungsmittel der Substanz-Stocklösungen, ist offensichtlich gleichzeitig ein selektiv schwach bindender Ligand des gewählten drug targets, der mit dem vorgestellten NMR-Screeningverfahren erstmals identifiziert werden konnte.
- Als zweite bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Screening per NMR wird das 1H,1H-NOESY (Piotto, Saudek et al.: Journal of Biomolecular NMR 1992, 2, 661-666) vorgestellt. Dieses nachfolgend kurz NOESY genannte Experiment hat die Standardpulssequenz:
π/2 - t1 - π* - ε - π/2 - τmix - (PFG1) - π/2 - (PFG3) - WG - (PFG3) - t2
- Die verwendeten Symbole wurden bereits für das TOCSY erläutert. τmix steht für die NOE-Entwicklungszeit; sie wird, falls nachfolgend nicht anders erwähnt, zu 100 ms gewählt. Der beliebige z-spoil Gradientenpuls PFG1 hat im gewählten Fall -23.5 G/cm Amplitude und 0.2 ms Abklingzeit. Das ebenfalls beliebig wählbare Gradientenechopaar PFG3 hat hier 34 G/cm Amplitude und 0.2 ms Abklingzeit.
- Fig. 6 zeigt das Fig. 1 entsprechende NOESY-Spektrum des freien drug target Proteins mit 100 ms Mischzeit. Im Vergleich zum TOCSY (Fig. 1) fällt auf, daß naturgemäß wesentlich mehr Korrelationssignale im NOESY beobachtet werden. Die spektrale Komplexität kann hingegen durch Kürzen der Mischzeit nicht wesentlich vereinfacht werden, denn die Korrelationssignale werden im NOESY kaum selektiv, sondern vielmehr global gedämpft.
- Fig. 7 illustriert analog Fig. 2 den möglichen Auflösungsgewinn durch spektrales Falten in F1 auch für das NOESY; die Faltung entspricht hierbei exakt derjenigen in Fig. 2. Aufgrund der wesentlich größeren Anzahl Korrelationssignale besteht die Gefahr zusätzlicher Überlappung gefalteter und ungefalteter Signale für das NOESY viel stärker als für das TOCSY. Jedoch kommt es bei der gewählten Faltung zumindest im bestaufgelösten HNHA-Spektralbereich (Fig. 7.c und d) kaum zu zusätzlichen Überlappungen.
- Erhöhung der Auflösung durch Bandselektion ist aus den genannten Gründen für das NOESY besonders vorteilhaft, wie durch Fig. 8 dargestellt. Die Spektren sind wiederum analog zu Fig. 3. Der HNHA-Spektralbereich mit Faltung ist in Fig. 8.a gezeigt. Fig. 8.b zeigt das entsprechende bandselektive Spektrum, das durch Einsatz eines Q3- Rephasierungspulses von 2.4 ms Dauer am Ende der t1-Zeit erhalten wurde (nähere Erläuterungen hierzu siehe oben).
- Die Eignung des NOESY-Experimentes zur Identifizierung bindender Liganden im NMR-Screening wird durch Fig. 9 illustriert. Hierfür wird die bevorzugte Ausführung als bandselektiv gefiltertes NOESY-Experiment mit 100 ms Mischzeit gewählt. Die Darstellung beschränkt sich auf den bestaufgelösten Spektralbereich der HNHA- Korrelationen. Wie bereits in Fig. 4 für das TOCSY ist auch für das NOESY das entsprechende Referenzspektrum (schwarz) des freien drug target Proteins unterlegt. Nach Zugabe der niedermolekularen Verbindung A im zehnfachen Überschuß wird das deutlich veränderte Testspektrum (grau) erhalten. Damit ist gezeigt, daß auch das NOESY Experiment zur Suche nach und Identifizierung von bindenden Liganden geeignet ist.
- Fig. 10 zeigt das zu Fig. 9 analoge Referenz- und Testspektrum nach Zugabe eines zehnfachen Überschusses an Benzophenon. Wie bereits das TOCSY (Fig. 5) bleibt auch das NOESY weitgehend identisch und weist Benzophenon als nicht bindende Substanz aus. Die sehr sporadischen geringfügigen Abweichungen sind wiederum auf lokalisierte schwache Bindung des zugesetzten DMSO zurückzuführen.
Claims (19)
1. Verfahren zum Auffinden von an ein vorgegebenes drug target bindenden
Liganden, umfassend die folgenden Schritte:
A) Aufnahme eines zwei- oder höherdimensionalen NMR-Korrelationsspektrums
des freien, gelösten drug targets, bei dem mindestens zwei Protonendimensionen
miteinander korreliert sind, als Referenzspektrum;
B) Aufnahme eines zweiten, gleichartigen NMR-Korrelationsspektrums einer das
drug target und einen oder mehrere Testsubstanzen enthaltenden Lösung als
Testspektrum;
C) Identifizierung bindender Liganden anhand von Veränderungen der NMR-
Signale des drug targets zwischen dem Testspektrum und dem
Referenzspektrum.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, worin als NMR-Korrelationsspektrum ein
zweidimensionales Spektrum gemessen wird.
3. Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 2, worin bindende Liganden anhand von
Veränderungen in den Signalfrequenzen von einem oder mehreren der Signale des
drug targets identifiziert werden.
4. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, worin bindende Liganden anhand
von Veränderungen in den Signalintensitäten von einem oder mehreren der Signale
des drug targets identifiziert werden.
5. Verfahren gemäß einem oder mehreren der vorstehenden Ansprüche, worin zur
Messung der NMR-Korrelationsspektren ein NMR Experiment verwendet wird, das
In-Phase Korrelationssignale liefert.
6. Verfahren gemäß Anspruch 5, worin das TOCSY- bzw. homonukleare Hartmann-
Hahn-Experiment verwendet wird.
7. Verfahren gemäß Anspruch 6, worin das Experiment mit einer TOCSY-Mischzeit
von 15 bis 45 ms durchgeführt wird.
8. Verfahren gemäß Anspruch 6 oder 7, worin eine breitbandige Mischsequenz
eingesetzt wird.
9. Verfahren gemäß Anspruch 6 bis 8, worin eine NOE/ROE-kompensierte
Mischsequenz eingesetzt wird.
10. Verfahren gemäß Anspruch 5, worin zur Messung der NMR-Korrelationsspektren
das NOESY Experiment verwendet wird.
11. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 5 bis 10, worin das Experiment in einer oder
mehreren Dimensionen bandselektiv gefiltert durchgeführt wird.
12. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 5 bis 10, worin das Experiment ein
bandselektives Transfermodul zur Korrelation verwendet.
13. Verfahren gemäß Anspruch 12, worin als Experiment das TOCSY-Experiment
gewählt wird und als doppelt bandselektives TACSY-Experiment durchgeführt
wird.
14. Verfahren gemäß Anspruch 13, worin das Experiment insbesondere als HNHA-
korrelierendes TACSY, d. h. unter Selektion der HA- und der HN-Spektralbanden,
ausgeführt wird.
15. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, worin das NMR
Experiment so durchgeführt wird, daß die Signale nicht gebundener
Testsubstanz(en) selektiv unterdrückt werden.
16. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, worin das NMR-
Experiment so durchgeführt wird, daß die gemessene spektrale Breite in einer oder
mehreren der indirekten Dimensionen geringer gewählt wird als die spektrale Breite
der gemessenen Protonensignale.
17. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, worin ein partiell
deuteriertes drug target eingesetzt wird.
18. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, worin zudem der
Bindungsort des Liganden am drug target bestimmt wird durch Identifizierung der
Protonen, deren Signalfrequenzen und/oder Signalintensitäten durch die Bindung
verändert werden, mittels Vergleich der Frequenzen dieser Signale im
Referenzspektrum mit einer bekannten Zuordnung dieser Signale zu den diesen
Signalen zugrunde liegenden Protonen.
19. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, worin in einem ersten
Verfahrensabschnitt die Schritte (B) und (C) aus Anspruch 1 zunächst mit einer
Mischung von Testsubstanzen durchgeführt werden und worin die Schritte (B) und
(C) aus Anspruch 1 in einem zweiten Verfahrensabschnitt mit den in dieser
Mischung enthaltenen einzelnen Testsubstanzen wiederholt werden, sofern eine
Bindung von einem oder mehreren der in der Mischung enthaltenen Testsubstanzen
an das drug target im ersten Verfahrensabschnitt gefunden wurde.
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