Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein neues Antibiotikum aus der Strukturklasse
der Anthracyclinone zur Verfügung zu stellen und in effektiver Weise zu gewinnen. Es
wurde überraschenderweise gefunden, daß ein Streptomycesstamm mit der Bezeichnung
Streptomyces spec. HKI0247 (DSM 14527) ein neues chloriertes
Anthracyclinon-Antibiotikum unter üblichen Fermentationsbedingungen bildet, das aus der Kulturbrühe durch
Anwendung chromatographischer Methoden in reiner Form gewonnen werden kann. Das
neue Antibiotikum ist aufgrund seiner antibakteriellen Wirksamkeit als antiinfektives
Mittel für die Behandlung bakterieller Infektionen beim Säugerorganismus und in
Pflanzen geeignet.
Die Erfindung betrifft somit
- - eine neue antibiotisch wirksame Verbindung der Formel I
ein Verfahren zur Herstellung der neuen Verbindung I, dadurch gekennzeichnet, daß
Streptomyces spec. DSM 14527 oder dessen Mutanten kultiviert werden, bis sich das
Antibiotikum I im Myzel und Kulturfiltrat, vorzugsweise im Myzel, anhäuft und die
Verbindung I isoliert wird sowie
- - die Verwendung der Verbindung I als Arznei- und Pflanzenschutzmittel.
Die Erfindung wird im folgenden detailliert beschrieben, insbesondere in ihren
bevorzugten Ausführungsformen. Ferner wird sie durch den Inhalt der Patentansprüche
bestimmt.
Der Mikroorganismus Streptomyces spec. HKI0247 (DSM 14527) wurde als Endophyt
einer afrikanischen Pflanze der Gattung Putterlickia (Fam. Celestraceae) isoliert und
aufgrund morphologischer und physiologischer Merkmale des Nachweises von L-L-DAP im
Peptidoglycan und der charakteristischen Menachinone MK-9 (H4) und 9 (H6) als
Angehöriger der Gattung Streptomyces identifiziert. Ein Isolat wurde am 21.9.2001 in der
Stammsammlung der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen (DSM Braunschweig,
Mascheroder Weg 13, 38124 Braunschweig) unter der Nummer DSM 14527 gemäß den
Bedingungen des Budapester Vertrages hinterlegt. Als Produzent des Antibiotikums der
Formel I können auch durch übliche Selektionsmethoden erhältliche Mutanten dieses
Stammes eingesetzt werden.
Erfindungsgemäß wird die Aufgabe dadurch gelöst, daß unter aeroben und sterilen
Kulturbedingungen in einem flüssigen Nährmedium mit entsprechenden Kohlenstoff und
Stickstoffquellen und Mineralsalzen der Mikroorganismus Streptomyces sp. DSM 14527
oder seine Mutanten und Varianten gezüchtet werden.
Als Mutanten von Streptomyces sp. DSM 14527 im Sinne der vorliegenden Erfindung
gelten solche nach dem Stand der Technik hergestellte und herstellbare Mutanten, die in
der Lage sind, das Antibiotikum der Formel I zu synthetisieren. Die Kultivierung des
Stammes Streptomyces sp. DSM 14527 sowie seiner Mutanten erfolgt unter aeroben
Bedingungen. In 2,5 bis 7,5%iger, vorzugsweise 5%iger Glucose-Gelatinelösung lyophil
getrocknete Myzelfragmente oder Impfstücke von Schrägagarkulturen werden in
geeignete Nährmedien eingeimpft und in an sich bekannter Weise bei Temperaturen zwischen
23°C und 30°C, über einen Zeitraum von 48 h und 144 h bei einer Acidität zwischen pH
5,0 und pH 9,5, insbesondere pH 6,5 bis pH 7,5, kultiviert, bis sich das erfindungsgemäße
Antibiotikum in der Kulturbrühe gebildet hat. Die Bildung des Antibiotikums kann
entsprechend den dem Fachmann bekannten Methoden, wie z. B. durch Messung der
biologischen Aktivität oder durch chromatographische Auftrennung (HPLC usw.), verfolgt
werden. Die Fermentation des Stammes Streptomyces sp. DSM 14527 erfolgt submers unter
Schütteln oder Rühren in Erlenmeyerkolben, Steilbrustflaschen oder Fermentoren
Glasfermentoren sowie V2A-Stahltanks unter Einleiten von Luft oder Sauerstoff.
Die Herstellung des erfindungsgemäßen Antibiotikums erfolgt durch Separation der
Biomasse von der Kulturbrühe am Ende der Fermentation, durch Extraktion der Biomasse
und des Kulturfiltrates mit organischen Lösungsmitteln, wie Ethylacetat,
Konzentrieren des Extraktes und chromatographische Abtrennung von Nebenprodukten der
Fermentation aus dem Rückstand des eingeengten Dichlormethanextraktes unter Einsatz
üblicher chromatographischer Adsorbentien und Trägermaterialien, wie z. B. Kieselgele oder
Dextrangele. Durch sequentielle Anwendung der Säulenchromatographie an Kieselgel
und der Gelchromatographie an Dextrangelen sowie der
Hochleistungsflüssigkeitschromatographie an Reversphasen-Kieselgelen wird schließlich das reine Antibiotikum
erhalten, das durch die in den Tabellen 1 und 2 gezeigten Ergebnisse der chemischen und
massenspektrometrischen Analyse sowie durch die 13C-NMR-Daten als neues
Anthracyclinon-Antibiotika charakterisiert wird. Es unterscheidet sich von den bekannten
Vertretern dieser Strukturklasse durch die Substituenten am aromatischen System, insbesondere
durch die Anwesenheit von Chlor. Die die Struktur des neuen Antibiotikums belegenden
Angaben (Tabellen 1 und 2) wurden durch hochauflösende Massenspektrometrie sowie
hochauflösende 500 MHz- 1H- und 120 MHz 13C-NMR-Spektroskopie erhalten.
Das neue erfindungsgemäße Antibiotikum ist gegen Bakterien stark wirksam. Gegen
Bacillus subtilis wurde ein MHK-Wert von 1,5 µg/ml, gegen Mycobacterium sp. 10670 ein
MHK-Wert von 3,1 µg/ml gefunden.
Die erfindungsgemäße Verbindung I eignet sich aufgrund ihrer wertvollen Eigenschaften
sehr gut zur Anwendung als therapeutisches Mittel, speziell zur Bekämpfung von
Bakterieninfektionen bei Säugern, wie Mensch und Tier, und Pflanzen. Das erfindungsgemäße
Antibiotikum kann als solches in Substanz oder in Mischung mit geeigneten, dem
Fachmann bekannten Hilfsstoffen und Trägermaterialen, verabreicht werden. Die
solchermaßen hergestellten Arzneimittel, enthaltend I, werden im allgemeinen oral oder parenteral
appliziert, aber auch eine rektale Anwendung ist möglich. Geeignete feste oder flüssige
galenische Zubereitungen sind beispielsweise Granulate, Pulver, Tabletten und Dragees.
Die Erfindung wird durch die folgenden Anwendungsbeispiele erläutert, ohne daß sie
dadurch begrenzt wird.
Beispiel 1
Hafermehlschrägagar (g/l: Hafermehl 20, Agar 20, pH 6,8-7,0) - Kulturen des Stammes
Streptomyces sp. DSM 14527 dienen zur Beimpfung eines Vorzuchtmediums folgender
Zusammensetzung (g/l): Glucose 15, Sojamehl 15, CaCO3 l, KH2P04 3, NaCl 5; pH 6,5.
Die Kultivierung erfolgt 72 h bei 28°C und 180 U/min in 500 ml Erlenmeyerkolben mit
100 ml Inhalt. 5 ml dieser Vorkultur werden steril in 500er Erlenmeyer und 100 ml
Produktionsmedium folgender Zusammensetzung überführt (g/l): Glucose 10, Maltose, 20,
Soytone 2, Hefeextrakt 1, KH2PO4 1, MgSO4 × 7 H2O 0,5; pH 5,5. Die Kultivierung
erfolgt 96 h bei 28°C und 180 U/min.
Beispiel 2
Für die Maßstabsvergrößerung auf 50 l und 150 l Fermentoren wird eine 2. Vorkultur im
obigen Vorzuchtmedium in 5 l Steilbrustflaschen mit 400 ml Inhalt durchgeführt (48 h,
28°C, 110 U/min). Diese 2. Vorkultur dient zur Beimpfung der Fermentoren mit dem
obigen Produktionsmedium. Es werden jeweils 5% Vorkultur steril überführt und unter
Luftzufuhr und Rühren 96 h in den Fermentoren kultiviert. Anschließend wird in Beispiel
1 und Beispiel 2 das Mycel abgetrennt und mit dem 3fachen Anteil des
Mycelfeuchtgewichtes mit Methanol 6 h unter Rühren bei Raumtemperatur extrahiert. Dieser
Methanolextrakt wird bis zur wäßrigen Phase aufkonzentriert und das Produkt mit Ethylacetat
reextrahiert. Das Kulturfiltrat wird im Verhältnis 1 : 1 mit Ethylacetat 4 × extrahiert.
Beispiel 3
Das reine Antibiotikum I wird aus den eingeengten Ethylacetatextrakten von 30 l
Fermentationsbrühe durch die nachfolgenden chromatographischen Aufarbeitungsschritte
erhalten. Die vereinigten Ethylacetatextrakte werden getrocknet und eingeengt. Der
Rückstand wird in CHCl3 aufgenommen und auf eine Säule (1 m × 10 cm), gefüllt mit
Sephadex-LH20 in Methanol aufgetragen, die mit MeOH eluiert wird. Dabei werden gelbe
Fraktionen des Antibiotikums I und von Nebenkomponenten (z. B. Homologe) erhalten.
Die Feinreinigung von I erfolgt durch Säulenchromatographie an Kieselgel 60 (063-01mm)
durch Elution mit Chloroform und CHCl3/MeOH (9 : 1), wobei die antibakterielle
Aktivität der Fraktionen gegenüber Bacillus subtilis ATCC 6633 als Testkeim festgestellt
wird. Gelbe, stark antibakteriell wirksame Fraktionen werden vereinigt und eingeengt.
Dabei hinterbleibt I als gelbe wachsartige Masse. Ausbeute: 30 mg.
Tabelle 1
Physikochemische und antibakterielle Eigenschaften der neuen
Verbindung der Formel I
Tabelle 2
Zuordnung der Signale im 1H und 13C NMR-Spektrum (Bruker Avance
DPX 500; chemische Verschiebung in ppm, Kopplungskonstanten (J) in
Hz; s: singulett, d: dublett)