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Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Botulinumtoxin zur Herstellung eines
Arzneimittels zur Prophylaxe und/oder Therapie depressiver und verwandter affektiver
Störungen.
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Depressive und verwandte affektive Störungen (im folgenden meist kurz Depression genannt)
gehören den großen Volkskrankheiten. Derzeit sind schätzungsweise 5% der Bevölkerung in
Deutschland an einer behandlungsbedürftigen Depression erkrankt. Depressionen führen
zunehmend zu Arbeitsunfähigkeit und Arbeitsausfällen. Allein im Jahr 1993 wurden
beispielsweise in Deutschland 11 Millionen Ausfalltage durch depressive Erkrankungen
registriert. 1995 wurde 18.629 Frühberentungen aufgrund depressiver Erkrankungen bewilligt.
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Depressionen gehen mit hohem Leidensdruck einher. Nicht nur vom subjektiven Erleben her,
sondern auch objektiv gesehen ist die Depression eine schwere, oft lebensbedrohliche
Erkrankung. Hier ist die Gefahr der Suizidversuche und der Suizide zu nennen. In Deutschland
nehmen sich pro Jahr ca. 12.000 Menschen das Leben, wobei wegen der Dunkelziffer die
tatsächliche Zahl der Suizide sicherlich erheblich höher liegt. Die Zahl der Suizide übersteigt
demnach deutlich die der jährlichen Verkehrstoten. In der Altersgruppe der 15-35jährigen steht
der Suizid nach Unfällen sogar an zweiter Stelle aller Todesursachen. Auch unabhängig von der
Suizidalität kann z. B. bei älteren Menschen die Depression durch Rückzugsneigung ins Bett,
durch Appetitlosigkeit, zu geringe Flüssigkeitsaufnahme sehr rasch zu lebensbedrohlichen
Zuständen führen. Auch ist sehr gut belegt, dass der Verlauf vieler anderer Erkrankungen wie z. B.
Diabetes mellitus oder der Zustand nach Herzinfarkt äußerst negativ beeinflusst wird, wenn
gleichzeitig eine unbehandelte Depression vorliegt.
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Depressive Störungen sind sowohl durch körperliche Veränderungen als auch Veränderungen
des Verhaltens und Erlebens gekennzeichnet. Gefühle der Hoffnungslosigkeit dominieren:
Hilflosigkeit, innere Leere, Schuld und Angst, Verzweiflung und Trauer, aber auch die
Unfähigkeit, überhaupt noch Gefühle empfinden zu können. Negative Denkmuster herrschen
vor. Depressiv Erkrankte entwickeln in vielen Fällen eine pessimistische Einstellung gegenüber
sich selbst, den eigenen Fähigkeiten, dem eigenen Aussehen und der Zukunft, verbunden mit
starker Grübelneigung. Permanente Selbstkritik, Konzentrationsprobleme und Suizidgedanken
sind häufig. Manche Patienten entwickeln auch Wahnvorstellungen, z. B. die Überzeugung
unheilbar erkrankt zu sein, oder sich und die Familie finanziell ruiniert zu haben. Die
Betroffenen sind nur schwer davon zu überzeugen, dass sie eine Krankheitsepisode durchleben.
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Ein sowohl international als auch in Deutschland gebräuchliches Diagnosesystem ist die
sogenannte ICD 10 (International Classification of Disorders) und die Diagnostic Statistical
Manual IV der American Psychiatric Association. Dabei werden systematisch in Abhängigkeit
von Anzahl, Dauer und Schwere des Auftretens der Symptome verschiedene Arten der
depressiven Erkrankungen unterschieden, so zum Beispiel die depressive Episode. Die meisten
Menschen, die an einer Depression erkranken, erleiden in ihrem Leben mehr als eine depressive
Episode. Derartige Episoden dauern unter Umständen Wochen, manchmal auch Monate,
insbesondere dann, wenn die Patienten nicht konsequent behandelt werden. Manche Patienten
leiden an einer meist leichter ausgeprägten, aber dafür chronisch verlaufenden Form der
Depression, genannt Dysthymie. Depressive Episoden im Rahmen unipolarer und bipolarer
affektiver Störungen sowie Dysthymie gehören zu den wichtigsten Depressions-Diagnosen.
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Ist die Depression einmal ausgebrochen, zieht sie den ganzen Körper des Erkrankten in
Mitleidenschaft. Es kommt zu hormonellen Veränderungen, so werden z. B. vermehrt
Stresshormone ausgeschüttet, der Muskeltonus erhöht sich, der Schlaf-Wach-Rhythmus ist
gestört, ebenso der Appetit und die Sexualität. Schlaflosigkeit mit Früherwachen, Appetitstörung
mit Gewichtsverlust, Libidoverlust, schnelle Ermüdung und multiple körperliche Beschwerden
gehören zu den vielfältigen körperlichen Begleiterscheinungen einer depressiven Störung. Das
Verhalten kann sich in unterschiedlichen Maße verändern. Die Patienten vermeiden soziale
Kontakte, stellen Hobbys ein, können ihre Arbeit nicht mehr bewältigen und ziehen sich ins Bett
zurück. Einige Patienten laufen rastlos, verzweifelt und wie getrieben hin und her (agitierte
Depression). Die Mimik und Gestik verändert sich.
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Eine Depression hat selten eine einzige Ursache. Meist führt ein Zusammenspiel verschiedener
Faktoren zur Erkrankung. Die Depression kann sowohl von der körperlichen, biologischen Seite
her als auch von der psychischen und psychosozialen Seite her erklärt und behandelt werden. Die
früher verbreitete Ansicht, dass Depressionen entweder körperlich bedingt seien (endogene
Depressionen) oder eher psychogen bzw. psychoreaktiv (neurotische Depression), hat die
Wissenschaft inzwischen revidiert. Folgende Faktoren spielen für die Entstehung einer
Depression eine Rolle: Veranlagung, Persönlichkeitsfaktoren, psychosoziale Belastungsfaktoren,
körperliche Erkrankungen. Als biologische Ursache werden veränderte Funktionsabläufe im
Gehirn, z. B. bedingt durch veränderte Funktion der Botenstoffe zwischen den Nervenzellen,
diskutiert.
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Die wichtigsten Säulen der Behandlung sind die Pharmakotherapie (Medikamentenbehandlung)
mit Antidepressiva und die Psychotherapie. Aber auch psychotherapeutische Verfahren wie z. B.
die kognitive Verhaltenstherapie haben ihren festen Platz bei der Behandlung der Depression.
Wenn möglich, werden beide Therapieformen kombiniert.
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Bei mittelschweren und schweren Depressionen wird eine Behandlung mit Antidepressiva als
dringend geboten angesehen. Diese Medikamente bewirken bei der Mehrheit der Patienten
innerhalb von zwei bis sechs Wochen ein Abklingen der depressiven Symptome, wie zahlreiche
wissenschaftliche Untersuchungen belegen. Die Antidepressiva beeinflussen den Stoffwechsel
im Gehirn. Sie fördern die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen durch die Botenstoffe
Serotonin und Noradrenalin. Diesen Wirkmechanismus haben die verschiedenen Klassen von
Antidepressiva gemein. Am häufigsten verordnet werden die so genannten trizyklischen
Antidepressiva (TZA) und die selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI).
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Klingen unter der Behandlung mit Antidepressiva die depressiven Symptome ab, sollten die
Medikamente nicht abgesetzt werden, da sonst die Depression sehr wahrscheinlich wiederkehrt.
Es empfiehlt sich, die Behandlung zunächst für vier bis sechs Monate fortzuführen. Nach diesem
Zeitraum wird entschieden, ob eine längerfristige rückfallverhütende Behandlung angebracht ist.
Derartige Maßnahmen können bei vielen Patienten über Jahre hinweg das Wiederauftreten
depressiver Episoden verhindern. Antidepressiva unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von
vielen anderen Medikamenten, z. B. Bluthochdruck- oder Herzmedikamenten, die der Patient
ebenfalls oft jahrelang einnehmen muss.
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Die zur Zeit verwendeten Therapeutika weisen zahlreiche Nebenwirkungen auf, z. B. Herz- und
Kreislaufstörungen; trockene Schleimhäute mit Durstgefühl, Trockenheit von Mund-, Nasen-
und Rachenschleimhaut und gelegentlichen Blutungen; Schweißausbrüche; Sehstörungen vor
allem durch Verschwommensehen (Randunschärfe); Zittern; Magen-Darm-Störungen;
Störungen bei der Blasenentleerung; Appetit- und Gewichtszunahme; Sexuelle Störungen;
Endokrine Störungen, z. B. Milchfluß und Zyklusstörungen bei der Frau sowie Brustbildung
beim Mann, Unterfunktion der Schilddrüse, gelegentlich mit Ausbildung eines Kropfes,
Leberstörungen; Hauterscheinungen in jeglicher Form mit und ohne Juckreiz; Veränderungen
des Blutbildes; Thrombosen (Blutpfropfbildung) und Embolien (Loslösung dieses Blutpfropfes);
Epileptische Anfälle und/oder Verwirrtheit.
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Auch Johanniskrautpräparate, die zur Behandlung von Depression eingesetzt werden, wirken auf
die gleichen Botenstoffe im Gehirn. Johanniskrautpräparate eignen sich jedoch nur zur
Behandlung leichterer Depressionen. Ihre Dosierung gestaltet sich außerdem schwierig, da die
Extrakte von Johanniskraut eine Vielzahl chemischer Substanzen enthalten und nicht genau
bekannt ist, welcher dieser Inhaltsstoffe für den antidepressiven Effekt verantwortlich ist. Nur
wenige der angebotenen Präparate dürften eine ausreichende Dosis an wirksamen Substanzen
enthalten, so dass die große Gefahr besteht, keine ausreichende Wirkung zu erzielen.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht daher in der Bereitstellung eines Arzneimittel zur
Behandlung der Depression.
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Die Aufgabe wird durch den in den Patentansprüchen definierten Gegenstand gelöst.
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Ein Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft die Verwendung von Botulinumtoxin zur
Herstellung eines Arzneimittels zur Prophylaxe oder Therapie depressiver und verwandter
affektiver Störungen.
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Ein weiterer Aspekt betrifft die Verwendung von Botulinumtoxin zu allgemeinen Verbesserung
der emotionalen Verfassung und Verstärkung positiver Grundemotionen wie z. B. das Empfinden
von Freude.
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Botulinumtoxin in allen bislang veröffentlichten Darreichungsformen, Serotypen,
Komplexformen, Verdünnungen sowie Derivaten und Fragmenten hiervon eignet sich als
Behandlung depressiver und verwandter affektiver Störungen, vorzugsweise dann, wenn diese
mit Mimikveränderungen eintreten. Eingeschlossen sind hierbei auch Angstörungen, wie zum
Beispiel die soziale Phobie. Die lokale muskelrelaxierende Wirkung von Botulinumtoxin bedingt
durch eine vorübergehende Denervierung der injizierten Muskulatur, insbesondere der
Stirnanteile der mimischen Muskulatur, aber auch anderer Muskulatur, lindert ein Symptom der
depressiven Störungen, die umschriebene Zunahme im Muskeltonus.
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Ein wesentlicher Aspekt der vorliegenden Erfindung befasst sich mit der Veränderung der
Mimik und ihrer Faltenbildung, die bei depressiven Störungen von besonderer Bedeutung ist.
Schon Darwin wies auf den Zusammenhang zwischen Mimik und Gefühlsregungen hin. Er
beschrieb, dass bei Depression der innere Anteil der Augenbrauen nach oben gezogen wird, die
Augenlider leicht fallen und die Haut in Lidrandnähe und an dem Augenaußenrand Falten
aufweist. In der psychiatrischen Literatur des vorletzten Jahrhunderts wurde der Begriff des
Omega Melancholium als Hinweis für das Vorliegen einer Melancholie (heute Depression)
geprägt, das eine charakteristische Falte in der Form eines Omegas zwischen den Brauen
bezeichnet. Im Volksmund wird von Sorgenfalten gesprochen. In den letzten dreißig Jahren
wurde das Phänomen der Faltenbildung um die Brauen (Korrugator-Muskelregion) bei
depressiven Störungen erneut von der psychiatrisch-psychosomatisch-psychologischen
Forschung aufgegriffen. Es konnte gezeigt werden, dass Korrugator-Falten mit depressiven
Störungen, insbesondere mit Agitiertheit korrelieren. Das Auftreten derartiger Falten wurde mit
einer günstigen Prognose einer Depression in Zusammenhang gebracht.
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Übertragen auf die hier vorliegende Erfindung wird davon ausgegangen, dass die Unterbrechung
eines körperlichen Symptoms depressiver Störungen, in diesem Fall umschriebene Erhöhungen
des Muskeltonus einen positiven Rückkopplungseffekt auf die depressive Symptomatik hat. Die
lokale Applikation von Botulinum-Toxin (BTX) im Bereich der Gesichts-, Kopf und Halsregion
in der Form von subkutanen bzw. intramuskulären Injektionen bei depressiv bedingten
umschriebenen Zunahmen des Muskeltonus kann daher als Antidepressivum beschrieben
werden.
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Die vorliegende Erfindung beschreibt eine neue Methode zur Behandlung depressiver und
verwandter affektiver Störungen. Eingeschlossen sind hierbei auch Angststörungen, wie zum
Beispiel die soziale Phobie. Diese Behandlung soll über eine lokale muskelrelaxierende Wirkung
durch eine vorübergehende Denervierung behandelter Muskulatur, insbesondere der mimischen
Muskulatur, depressive und verwandte affektive Störungen lindern können und im günstigsten
Falle die Symptomatik zu einer rascheren Heilung der depressiven Störung führen. Bevorzugt ist
die Applikation von Botulinumtoxin (BTX) im Bereich der Gesichts-, Kopf und Halsregion als
Antidepressivum. Die vorliegende Erfindung betrifft die alleinige Verabreichung von
Botulinumtoxin, insbesondere bei leichterer depressiver Symptomatik, aber auch die adjuvante
Therapie in Kombination mit anderen Therapeutika für depressive und verwandter affektiver
Störungen sowie die eigenständige bzw. adjuvante, Rezidivprophylaxe depressiver
Symptomatik.
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Botulinumtoxine sind eine Gruppe von hochpotenten Bakteriengiften, die durch Clostridium
botulinum unter Luftabschluss erzeugt werden. Der Subtyp Botulinumtoxin-A ist seit 1989 in
den USA und seit 1991 bzw. 1993 in Deutschland als medikamentöser Wirkstoff für die
Behandlung ausgewählter neuromuskulärer Erkrankungen zugelassen. In Deutschland ist
Botulinumtoxin-A unter dem Handelsnamen Botox® (Vertrieb durch Fa. Merz, Frankfurt;
Herstellung: Allergan, Irvine Ca., USA) und dem Handelsnamen Dysport® (Vertrieb durch Fa.
Ispen-pharma, Ettlingen) erhältlich. Seit 2001 ist ein weiteres Präparat mit dem Namen
NeuroBloc® (Fa. Elan, München) erhältlich, welches den Subtyp Botulinumtoxin-B enthält. Die
Pharmakologie, pharmazeutische Herstellung sowie zahlreiche klinische Anwendungen von
Botulinumtoxin sind in der Fachliteratur ausführlich dargestellt (vgl. Munchau A, Bhatia KP.
Uses of botulinum toxin injection in medicine today. BMJ 2000; 320: 161-5 und Huang W,
Foster JA, Rogachefsky AS. Pharmacology of botulinum toxin. J Am Acad Dermatol 2000;
43: 249-59.. Die klinische Wirkung der Botulinumtoxine beruht auf einer Blockade der
Acetylcholin-Freisetzung. Damit können alle Nervenendigungen die Acetylcholin als
Botenstoffe benutzen blockiert werden.
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Im Rahmen der vorliegenden Erfindung kann Botulinumtoxin in einzelne Muskeln, insbesondere
im Kopf und Halsbereich, aber auch in jeder anderen Körperregion injeziert werden und dort
eine Muskelentspannung bzw. Lähmung (Paralyse) bewirken. Diese ist zeitlich begrenzt und
bildet sich in der Regel innerhalb von etwa 3 bis 9 Monaten wieder zurück. Für eine längerfriste
Behandlung sind daher typischerweise Wiederholungsbehandlungen erforderlich.
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Bei einer kleinen Gruppe von Behandelten (< 10%) ist nach mehrfacher Wiederholung der
Behandlung ein Wirkungsverfall beobachtet worden, das heisst es kam selbst bei hohen
Dosierungen nicht zu der erwarteten Muskellähmung. Dieser Wirkungsverfall wird einer
körperspezifischen Reaktion wie z. B. der Ausbildung von botulinumtoxinspezifischen
Antikörpern zugeschrieben. Insbesondere bei Patienten mit langjähriger Therapiedauer, relativ
hohen Dosierungen, Beimengung von Trägerproteinen und hoher Behandlungshäufigkeit wurde
dieser Wirkungsverfall beobachtet. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert die vorgenannten
Risikofaktoren zu minimieren.
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Botulinumtoxin wurde unter anderem ausserhalb der bislang zugelassenen Indikationen auch zur
Behandlung von Gesichtsfalten eingesetzt Hierbei wurden einzelne Mimik-Muskeln, wie z. B. die
musculi corrugatores mit Botulinumtoxin injeziert, so dass die Stirn nicht mehr gerunzelt werden
konnte und die darüberliegende Haut geglättet wurde. In Kanada wurde kürzlich (2001) für das
Präparat BOTOX® für die Indikation "Stirnfaltenbehandlung" eine Lizenz erteilt.
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Bevorzugt wird Botulinumtoxin mittels intramuskulärer Injektion in die ausgewählten
mimischen Muskeln eingebracht. Dies kann beispielsweise durch Verwendung einer Spritze mit
feinen Injektionsnadeln bzw. Kanülen (z. B. 30 Gauge) erfolgen oder durch ein beliebiges
anderes Injektionsverfahren (z. B. Hochdruck bzw. nadellose Injektion). Die Injektionspunkte
werden individuell an den anatomischen Gegebenheiten (genaue Lage und Verlauf des
betreffenden Muskels) des zu Behandelnden angepasst. Für die Injektion in den M. corrugator
kann sie z. B. oberhalb des Orbitarandes in einer gedachten senkrechten Linie über dem
Augeninnenwinkel erfolgen. Weitere Beispiele sind der M. procerus, M. depressor supercilii, M.
orbicularis oculi, M. depressor anguli oris, Plathysma. Prinzipiell kann jeder Muskel, dessen
Anspannung bei Depression erhöht ist, als Zielmuskel gewählt werden.
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Auch andere Applikationsformen wie das Auftragen von Botulinumtoxin in einer geeigneten
Zubereitung (z. B. Gel, Creme, Salbe, Spray) mit oder ohne Zusätzen von Stoffen, die die
Penetration in die Haut fördern, sind geeignet, sofern eine transkutane Aufnahme des
Wirkstoffes gewährleistet ist.
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Vorzugsweise wird eine gebrauchsfertige Injektionslösung von Botulinumtoxin hergestellt.
Diese kann z. B. durch Auflösen einer Packungseinheit des Präparates Botox® oder des
Präparates Dysport® in steriler physiologischer Kochsalzlösung (z. B. 1-10 ml oder frei zu
bestimmendes Volumen) zubereitet werden. Oder es wird das bereits in gelöster Form
vorliegende Präparat Neurobloc® verwendet und auf die gewünschte Endkonzentration
verdünnt. Oder es werden beliebige Subtypen von Botulinumtoxinen (z. B. A, B, C, D, E, F, G)
bzw. Derivate, Bruchstücke oder in irgendeiner Art veränderte Formen von diesen
Botulinumtoxinen verwendet. Oder es werden Kombinationen mehrerer Botulinumtoxin-
Subtypen oder Kombinationen mit anderen Stoffen bzw. Hilfsstoffen verwendet, die zu einer
der o. g. Applikationsarten geeignet sind. Die Wirkstoffkonzentration der Lösung (bestimmt in
Mauseinheiten pro ml) kann den individuellen Erfordernissen und Erfahrungen entsprechend frei
gewählt werden.
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Im Gesichtsbereich werden zur Faltenkorrektur derzeit üblicherweise Dosen zwischen 15-250
E. Dysport® oder 5-100 E. Botox® verwendet. Zur Behandlung depressiver Zustände oder
negativer emotionaler Empfindungen können ähnliche, aber auch höhere oder niedrigere Dosen
sowie andere Präparate wie z. B. Neurobloc® bwz. MYOBLOC oder noch nicht im Handel
befindliche Wirkstoffe, die Botulinumtoxin in irgendeiner Form oder dessen Derivate enthalten,
verwendet werden. Botulinumtoxin kann fernermit anderen Antidepressiva und/oder anderen
Wirkstoffen mit muskelentspannender Wirkung oder einer Kombinationen dieser Wirkstoffe
kombiniert und verabreicht werden.
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So können beispielsweise bei der Injektion von BOTOX® in die Mm. corrugatores 1-20
Mauseinheiten oder ein beliebige individuell zu bestimmende Dosis appliziert werden. Auch die
Aufteilung der Dosis auf mehrere Injektionspunkte innerhalb eines Muskels ist möglich. Auch
jede Form der unterstützenden Vor- oder Nachbehandlung, z. B. durch Auftragen einer
analgetischen Creme, Kühlung, oder die Verwendung von Hilfsmitteln zur Optimierung der
Behandlungsprozedur (z. B. Elektromyographie) ist möglich.
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Die folgenden Beispiele dienen nur der Erläuterung und beschränken in keiner Weise den
Umfang der Erfindung.
Beispiel 1
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Eine 42 Jährige Frau mit einer Dysthymie (leichter ausgeprägte, chronisch verlaufende Form der
Depression) begab sich in regelmäßige Psychotherapie, zeitweise unter begleitender Einnahme
von Antidepressiva. Die vertikalen Falten zwischen den Brauen wurden mit lokalen Injektionen
von Botulinumtoxin (Dysport 5 × 10 Einheiten) intramuskulär im Bereich der Mm. corrugatores
und des M. procerus im Stirnbereich behandelt. Eine Woche danach wurde die Patientin auf
Ihren entspannten Gesichtsaudruck angesprochen. Eine anhaltende Besserung der depressiven
Symptomatik wurde anschließend ersichtlich. Die Patientin konnte ohne Antidepressiva leben,
im weiteren Verlauf benötigte sie keine Psychotherapie mehr.
Beispiel 2
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Eine 31-jährige Patientin fühlte sich 5 Jahre nach einem Autounfall ängstlich, grüblerisch und
kontaktarm, obwohl sie "früher" immer ein lebensfroher Mensch gewesen sei. Ihre Freunde
sprachen sie gelegentlich darauf an, was sie denn bekümmere, worauf sie keine Antwort
gebenkonnte. Eigentlich fehlte ihr nichts. Sie unterzog sich einer Stirnfaltenbehandlung mit einer
Dosis von 25 Einheiten BOTOX und berichtete bereits zwei Wochen später, dass sich nicht nur
ihre Stirn zufriedenstellend geglättet hätte, sondern sie eine sehr positive Wendung in ihrem
Leben bemerkte. Sie habe wieder ihr früheres heiteres "ich" gefunden, fühlte sich positiv und
endlich wieder wohl in ihrer Haut.