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Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Amidoximen
zur Verhütung unerwünschter radikalischer Polymerisation von
ethylenisch ungesättigten Verbindungen. Sie betrifft ferner ein
Stoffgemisch, das wenigstens eine ethylenisch ungesättigte
Verbindung und eine wirksame Menge wenigstens eines Amidoxims
enthält.
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Chemische Verbindungen, die eine oder mehrere ethylenisch
ungesättigte Gruppen aufweisen, haben eine ausgeprägte Neigung zur
radikalischen Polymerisation. Solche Verbindungen werden als
Monomere zur gezielten Herstellung von Polymerisaten, z. B. durch
radikalische Polymerisation, verwendet. Gleichzeitig ist die
ausgeprägte Neigung zur radikalischen Polymerisation aber insofern
von Nachteil, als es sowohl bei der Lagerung als auch bei der
chemischen und/oder physikalischen Bearbeitung, z. B. durch
Destillation oder Rektifikation, der ethylenisch ungesättigten
Verbindungen, insbesondere unter der Einwirkung von Wärme und/oder
Licht, zur unerwünschten, spontanen radikalischen Polymerisation
kommen kann. Derartige unkontrollierte radikalische
Polymerisationen bergen ein erhebliches Gefahrenpotential und verlaufen
häufig explosionsartig. Bei der Destillation von ethylenisch
ungesättigte Verbindungen enthaltenden Gemischen kann sich
beispielsweise unkontrolliert gebildetes Polymerisat auf der
Oberfläche des Verdampfers niederschlagen - dort ist die Neigung zur
Polymerisatbildung infolge der hohen Temperaturen erhöht - und
dadurch den Wärmeübergang in unerwünschter Weise mindern.
Gebildetes Polymerisat kann aber auch die Einbauten in
Rektifikationskolonnen verstopfen, was unerwünschte Druckverluste verursacht.
Letztlich muss der Rektifikationsprozess unterbrochen werden, um
das gebildete Polymerisat zu entfernen.
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Es ist daher üblich, ethylenisch ungesättigten Verbindungen
beziehungsweise Gemischen, die solche Verbindungen enthalten,
sowohl bei der Lagerung als auch bei der chemischen und/oder
physikalischen Bearbeitung Substanzen zuzusetzen, die eine spontane
Polymerisation unterbinden beziehungsweise verlangsamen. Sie
werden im Allgemeinen als Inhibitoren beziehungsweise Retarder
bezeichnet und unter dem Oberbegriff "Stabilisatoren"
zusammengefasst.
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Es besteht ein Bedarf nach neuen, insbesondere in geringen Mengen
wirksamen und/oder preiswerten Stabilisatoren, die zur
Stabilisierung ethylenisch ungesättigter Verbindungen gegen unerwünschte
radikalische Polymerisation geeignet sind.
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Es wurde nun gefunden, dass Amidoxime in der Lage sind, die
radikalische Polymerisation von ethylenisch ungesättigten
Verbindungen zu inhibieren bzw. zu verzögern.
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Demzufolge betrifft die Erfindung ein Stoffgemisch, das
wenigstens eine ethylenisch ungesättigte Verbindung und eine zur
Verhütung unerwünschter Polymerisation wirksame Menge wenigstens
eines Amidoxims enthält.
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Die Erfindung betrifft außerdem ein Verfahren zur Stabilisierung
von Materialien, die wenigstens eine ethylenisch ungesättigte
Verbindung umfassen, gegen unerwünschte radikalische
Polymerisation, indem man zu den zu stabilisierenden Materialien eine
wirksame Menge wenigstens eines Amidoxims gibt. Die zu
stabilisierenden Materialien können ausschließlich aus einer oder mehreren
ethylenisch ungesättigten Verbindungen bestehen oder diese in
einer Konzentration enthalten, bei der unter spontaner Initiierung
eine radikalische Polymerisation ablaufen kann.
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Die Erfindung betrifft außerdem die Verwendung von Amidoximen zur
Verhütung unerwünschter radikalischer Polymerisationen von
ethylenisch ungesättigten Verbindungen, z. B. während der
Herstellung, Lagerung, dem Transport oder der chemischen und/oder
physikalischen Bearbeitung.
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Die Erfindung betrifft außerdem eine Stabilisatorzusammensetzung,
die zur Stabilisierung ethylenisch ungesättigter Verbindungen
gegen unerwünschte radikalische Polymerisation geeignet ist und
wenigstens ein Amidoxim sowie wenigstens eine Phenolverbindung
und/oder wenigstens eine Phenothiazinverbindung enthält.
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Sämtliche Ausführungen in der vorliegenden Beschreibung, die sich
auf das erfindungsgemäße Stoffgemisch beziehen, gelten
entsprechend für das erfindungsgemäße Verfahren, die erfindungsgemäße
Stabilisatorzusammensetzung und die erfindungsgemäße Verwendung
und umgekehrt.
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Unter Amidoximen werden Verbindungen verstanden, die die
tautomere Atomgruppierung
enthalten. Sie können aus Nitrilen durch Addition von
Hydroxylamin hergestellt werden (vgl. Houben-Weyl, Methoden der
organischen Chemie, Bd. VIII, S. 692ff und Bd. 10/4, S. 209ff).
Erfindungsgemäß verwendbare Amidoxime können eine oder mehrere
Amidoxim-Gruppen pro Molekül enthalten.
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Geeignete Amidoxime weisen z. B. die allgemeine Formel auf:
worin Q für einen m-wertigen organischen Rest und m für eine
ganze Zahl von 1 bis 5, vorzugsweise 1 bis 3, z. B. 2 oder 3,
steht. Vorzugsweise steht Q für einen m-wertigen, über
Kohlenstoff gebundenen Rest mit einem Molekulargewicht von 14 bis 400.
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Q steht vorzugsweise für Wasserstoff; C1-C20-Alkyl, bevorzugt
C1-C8-Alkyl; C3-C8-Cycloalkyl, bevorzugt C5-C6-Cycloalkyl;
C1-C8-Alkyloxycarbonyl; Mono- oder Di-(C1-C8-alkyl)aminocarbonyl;
oder einen Rest der Formel
worin
X für eine chemische Bindung oder C1-C20-Alkylen, bevorzugt
C2-C8-Alkylen, steht, das durch ein, zwei oder drei unter O, S
oder NR' ausgewählte Gruppen unterbrochen sein kann, wobei R' für
Wasserstoff, C1-C8-Alkyl, C3-C8-Cycloalkyl, Phenyl oder
-(CH2)k-C(NOH)NH2 steht;
R für C1-C8-Alkyl, Hydroxyl, C1-C8-Alkyloxy, Amino, Mono- oder
Di-(C1-C8-alkyl)-amino, Fluor oder Chlor steht,
p für eine ganze Zahl von 0 bis 3;
k für eine ganze Zahl von 1 bis 3, bevorzugt 1 oder 2 steht;
wobei die Alkyl- und Alkylengruppen, die geradkettig oder
verzweigt sein können, durch ein, zwei oder drei unter Phenyl,
Hydroxyl, C1-C8-Alkoxy, Phenoxy, Amino, Mono- oder Di(C1-C8
-alkyl)-amino, Fluor oder Chlor ausgewählte Substituenten
substituiert sein können.
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Geeignete Amidoxime sind z. B.
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Hiervon sind Nitrilotris(acetamidoxim) und
Nitrilotris(propionamidoxim) besonders bevorzugt.
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Die zur Verhütung unerwünschter radikalischer Polymerisation
erforderliche Menge an Amidoxim kann der Fachmann anhand
orientierender Versuche leicht ermitteln. Sie hängt von verschiedenen
Faktoren, unter anderem von der Reaktionsfähigkeit der zu
stabilisierenden ethylenisch ungesättigten Verbindung, der Temperatur,
der An- oder Abwesenheit von Verunreinigungen, die als
Radikalinitiator wirken können, und der An- oder Abwesenheit von
Costabilisatoren ab. In der Regel setzt man dem zu stabilisierenden
Material 1 bis 2 000 Gew.-ppm, häufig 50 bis 500 Gew.-ppm (bezogen
auf die enthaltene Menge an ethylenisch ungesättigten
Verbindungen) Amidoxim zu.
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Es wurde weiter gefunden, dass die stabilisierende Wirkung der
Amidoxime durch Mitverwendung von Costabilisatoren stark
gesteigert werden kann. Besonders bevorzugte Costabilisatoren sind
Phenolverbindungen. Als Phenolverbindung kommen ein- oder
mehrwertige Phenole sowie Phenole, die am aromatischen Kern weitere
Heteroatome wie N und S tragen, in Betracht. Bevorzugte
Phenolverbindungen weisen eine der folgenden allgemeinen Strukturformeln
auf
worin R unabhängig für Wasserstoff, Halogen, insbesondere Chlor,
Brom oder Iod; CN, NO, NO2, C1-C4-Alkyl, (C1-C4-Alkyl)carbonyl,
C2-C4-Alkenyl oder C7-C10-Aralkyl; und
Y für OR1, NR2R3 oder SR4 steht, wobei R1, R2, R3 und R4 unabhängig
voneinander für Wasserstoff, C1-C8-Alkyl, C2-C4-Alkenyl,
C7-C10-Aralkyl, (C1-C4-Alkyl)carbonyl oder Phenylcarbonyl stehen.
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Geeignete Phenolverbindungen sind z. B. 2-Methylphenol,
4-Methylphenol, 2-tert-Butylphenol, 4-tert-Butylphenol,
2-tert-Butyl-4-methylphenol, 2,4-Dimethylphenol, 2,6-Dimethylphenol,
2,4-Di-tert-butylphenol, 2,6-Di-tert-butylphenol,
2,6-Di-tert-butyl-4-methylphenol, 2-Benzylphenol, 2-Allylphenol,
2,6-Dinitro-4-methylphenol, 2-Nitro-4-methylphenol, 2,4,6-Trinitrophenol,
2,4-Dinitro-6-methylphenol, 2,4-Dinitrophenol,
2,4-Dinitro-6-secbutylphenol, 4-Cyano-2-nitrophenol, 3-Iod-4-cyano-5-nitrophenol,
Hydrochinonmonomethylether, 4-tert-Butylbrenzcatechin,
Hydrochinon, 4-Methoxyphenol, 4-Ethoxyphenol, 4-Propoxyphenol,
4-Butoxyphenol, 4-Heptoxyphenol, Hydrochinonmonobenzylether,
Brenzcatechin, 2-Methoxyphenol, 2,4-Dichlorhydrochinon,
2,5-Di-tert-butylhydrochinon, 2-Acetylhydrochinon, Hydrochinonmonobenzoat,
2,3,5-Trimethylhydrochinon, 4-Aminophenol, 2-Aminophenol,
2-N,N-dimethylaminophenol, 2-Mercaptophenol, 4-Mercaptophenol,
Brenzcatechinmonobutylether, 4-Ethylaminophenol,
2,3-Dihydroxyacetophenon und 2-Methylthiophenol.
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Weitere geeignete Phenolverbindungen sind n-Octadecyl-β-(3,5-di-
tert-butyl-4-hydroxyphenyl)-propionat,
1,1,3-Tris-(2-methyl-4-hydroxy-5-tert-butylphenyl)-butan,
1,3,5-Trimethyl-2,4,6-tris-(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxybenzyl)-benzol,
1,3,5-Tris-(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxybenzyl)-isocyanurat,
1,3,
5-Tris-[β-(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxyphenol)-propionyloxyethyl-isocyanurat],
1,3,5-Tris-(2,6-dimethyl-3-hydroxy-4-tert-butylbenzyl)-isocyanurat,
Pentaerythrit-tetrakis-[β-(2,5-di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)-propionat].
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Bevorzugte Phenolverbindungen sind 4-Methoxyphenol,
2-Methoxyphenol 2,4-Di-tert-butylphenol, 2,6-Di-tert-butyl-4-methylphenol und
2-tert-Butylphenol.
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Die Phenolverbindung wird im Allgemeinen in einer Menge von 5 bis
200, vorzugsweise 25 bis 100 Gew.-%, bezogen auf das Amidoxim,
eingesetzt.
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Weitere bevorzugte Costabilisatoren sind
Phenothiazinverbindungen. Geeignete Phenothiazinverbindungen sind Phenothiazin, Bis(α-
methylbenzyl)phenothiazin, 3,7-Dioctylphenothiazin,
Bis(α-dimethylbenzyl)phenothiazin, N-Hydroxyphenothiazin,
2-Methoxyphenothiazin, Phenothiazin-5-oxid, 2-(Trifluormethyl)phenothiazin,
2-Acetylphenothiazin, 2-Ethylthiophenothiazin. Phenothiazin ist
bevorzugt.
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Die Phenothiazinverbindung wird im Allgemeinen in einer Menge von
5 bis 50, vorzugsweise 10 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das
Amidoxim, eingesetzt.
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Die Kombination wenigstens eines Amidoxims und wenigstens einer
Phenolverbindung, die Kombination wenigstens eines Amidoxims und
wenigstens einer Phenothiazinverbindung sowie die Kombination
wenigstens eines Amidoxims, wenigstens einer Phenolverbindung und
wenigstens einer Phenothiazinverbindung zeigen eine
synergistische Wirkung bei der Stabilisierung ethylenisch ungesättigter
Verbindungen gegen unerwünschte radikalische Polymerisation.
Daher stellen Stoffgemische, die
- - wenigstens eine ethylenisch ungesättigte Verbindung,
wenigstens ein Amidoxim und wenigstens eine Phenolverbindung; oder
- - wenigstens eine ethylenisch ungesättigte Verbindung,
wenigstens ein Amidoxim und wenigstens eine
Phenothiazinverbindung; oder
- - wenigstens eine ethylenisch ungesättigte Verbindung,
wenigstens ein Amidoxim, wenigstens eine Phenolverbindung und
wenigstens eine Phenothiazinverbindung enthalten,
besonders bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung dar.
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Das erfindungsgemäße Stoffgemisch kann noch weitere, eine
radikalische Polymerisation inhibierende Bestandteile umfassen.
Beispiele für solche sonstigen Polymerisationsinhibitoren sind
organische Nitro- oder Nitrosoverbindungen, wie 1,3-Dinitrobenzol,
1,4-Dinitrobenzol, 2,4-Dinitrochlorbenzol, N-Nitrosoarylamine,
oder Nitrosobenzol. Weitere Polymerisationsinhibitoren sind
p-Phenylendiamine.
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Als ethylenisch ungesättigte Verbindungen, die erfindungsgemäß
stabilisiert werden können, kommen u. a. Verbindungen in
Betracht, wie die Olefine, z. B. Isobuten, Ethylen, Propylen,
vinylaromatische Monomere, wie Styrol, α-Methylstyrol,
o-Chlorstyrol oder Vinyltoluole, C4-C8-konjugierte Diene, wie
Butadien oder Isopren, Ester aus Vinylalkohol und 1 bis 18 C-Atome
aufweisenden Monocarbonsäuren, wie Vinylacetat, Vinylpropionat,
Vinyl-n-butyrat, Vinyllaurat und Vinylstearat.
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Insbesondere ist die erfindungsgemäße Stabilisierung aber im Fall
von 3 bis 6 C-Atome aufweisenden α,β-monoethylenisch ungesättigten
Mono- und Dicarbonsäuren, wie insbesondere Acrylsäure,
Methacrylsäure, Maleinsäure, Fumarsäure und Itaconsäure, die Ester aus den
vorgenannten Carbonsäuren und 1 bis 12, vielfach 1 bis 8 und
häufig 1 bis 4 C-Atome aufweisenden Alkanolen, wie insbesondere
Acrylsäure- und Methacrylsäuremethyl-, -ethyl-, -n-butyl-,
-isobutyl-, -tert-butyl- und -2-ethylhexylester,
Maleinsäuredimethylester oder Maleinsäure-di-n-butylester, geeignet. Erfindungsgemäß
können auch die Vorläuferaldehyde, Nitrile und Amide der
vorgenannten 3 bis 6 C-Atome aufweisenden α,β-monoethylenisch
ungesättigten Mono- und Dicarbonsäuren, wie z. B. Acrolein,
Methacrolein, Acrylnitril, Methacrylnitril, Acrylamid und
Methacrylamid, stabilisiert werden. Die erfindungsgemäße
Stabilisierung ist auch anwendbar auf Monomere wie
Vinylsulfonsäure und N-Vinylpyrrolidon.
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Amidoxime sind, gegebenenfalls in Kombination mit
Costabilisatoren, sowohl zur Lagerstabilisierung als auch zur
Prozessstabilisierung bei der Herstellung, Reinigung und chemischen Umsetzung
von ethylenisch ungesättigten Verbindungen geeignet. Die
Reinigung kann z. B. durch Destillation bei Temperaturen von 50 bis
300°C, häufig 50 bis 200°C oder auch 50 bis 150°C, erfolgen.
Die Lagerung ethylenisch ungesättigter Verbindungen erfolgt
typischerweise bei niedrigen bis leicht erhöhten Temperaturen, in der
Regel bei Umgebungstemperatur, z. B. bei 0 bis 40°C.
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Erfindungsgemäß eignen sich Amidoxime, gegebenenfalls in
Kombination mit Costabilisatoren, insbesondere zur Stabilisierung bei
der destillativen (rektifikativen) Behandlung von
(Meth)acrylsäureestern, bei deren destillativer oder rektifikativer Abtrennung
aus Produktgemischen, die bei der säurekatalysierten Veresterung
von (Meth)acrylsäure mit Alkoholen, insbesondere C1-C12-
beziehungsweise C1-C8-Alkanolen, vor und/oder nach Abtrennung des
Säurekatalysators erhalten werden.
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Die Stabilisierung eines einer Destillation (Rektifikation)
unterworfenen (Meth)acrylsäureester enthaltenden Gemisches kann in
einfacher Weise so erfolgen, dass man ein Amidoxim,
gegebenenfalls in Kombination mit Costabilisatoren, bereits vor der
Destillation (Rektifikation) zugibt. Die Zugabe kann auch in den
Zulauf zur Destillations(Rektifikations)kolonne erfolgen. Zur
Stabilisierung kann zusätzlich oder ausschließlich auch eine
Inhibitorzugabe auf den Kopf der Kolonne erfolgen.
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Das Amidoxim und, falls mitverwendet, die Costabilisatoren können
zeitlich nacheinander, simultan oder auch bereits vorgemischt
zugesetzt werden.
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Die Destillations(Rektifikations)kolonnen können bei Anwendung
der erfindungsgemäßen Stabilisierung von molekularem Sauerstoff
oder einem Gemisch desselben mit einem Inertgas, z. B. Luft,
durchströmt werden.
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Die Zugabe des Amidoxims und der Costabilisatoren kann an
unterschiedlichen Zugabeorten erfolgen. So können z. B. Komponenten am
Kopf der Rektifikationskolonne und andere Komponenten in den
Sumpf und/oder den Zulauf der Rektifikationskolonne gegeben
werden. Dies gilt z. B. für Rektifikationen, im Rahmen derer der
(Meth)acrylsäureester über Kopf-, über Sumpf- und/oder über
Seitenabzug abgetrennt wird. Auch kann es zweckmäßig sein, bei einer
kontinuierlichen destillativen (rektifikativen) Abtrennung von
(Meth)acrylsäureestern wenigstens eine Komponente lediglich von
Zeit zu Zeit, d. h. periodisch wiederkehrend, zuzugeben (z. B. am
Kolonnenkopf, im Sumpf und/oder im Zulauf).
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Obige Ausführungen zur erfindungsgemäßen Stabilisierung bei der
destillativen (rektifikativen) Abtrennung von
(Meth)acrylsäureestern aus säurekatalysierten Veresterungsgemischen gelten
analog auch bezüglich einer destillativen (rektifikativen)
Abtrennung von (Meth)acrylsäure beziehungsweise (Meth)acrolein aus
diese enthaltenden Gemischen.
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Unter anderem ist (Meth)acrylsäure durch katalytische
Gasphasenoxidation von Alkanen, Alkanolen, Alkenen oder Alkenalen
erhältlich, die 3 beziehungsweise 4 C-Atome enthalten. Besonders
vorteilhaft ist (Meth)acrylsäure z. B. durch katalytische
Gasphasenoxidation von Propan, Propen, tert-Butanol, iso-Buten,
iso-Butan, iso-Butyraldehyd oder Methacrolein erhältlich. Als
Ausgangsverbindungen sind aber auch solche denkbar, aus welchen sich die
eigentliche C3-/C4-Ausgangsverbindung während der
Gasphasenoxidation erst intermediär bildet. Beispielhaft genannt sei der
Methylether des tert-Butanols.
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Dabei werden diese Ausgangsgase, in der Regel mit Inertgasen, wie
Stickstoff, CO, CO2, gesättigten Kohlenwasserstoffen und/oder
Wasserdampf verdünnt, im Gemisch mit Sauerstoff bei erhöhten
Temperaturen (üblicherweise 200 bis 400°C) sowie gegebenenfalls
erhöhtem Druck über übergangsmetallische (z. B. Mo, V, W und/oder Fe
enthaltende) Mischoxidkatalysatoren geleitet und oxidativ in die
(Meth)acrylsäure umgewandelt.
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Bei der katalytischen Gasphasenoxidation wird in der Regel ein
Reaktionsgasgemisch erhalten, das im Wesentlichen
(Meth)acrylsäure, die inerten Verdünnungsgase und Nebenprodukte enthält, aus
welchem die (Meth)acrylsäure abgetrennt werden muss. Neben
vergleichsweise einfach zu entfernenden Nebenprodukten, wie z. B.
Essigsäure, enthält das Reaktionsgasgemisch häufig auch mit
(Meth)acrylsäure eng verwandte und daher schwer abtrennbare
niedere Aldehyde, wie Formaldehyd, Acetaldehyd, Acrolein,
Methacrolein, Propionaldehyd, n-Butyraldehyd, Benzaldehyd, Furfural und
Crotonaldehyd sowie gegebenenfalls Maleinsäureanhydrid. Bezogen
auf die im Reaktionsgasgemisch enthaltene Menge an
(Meth)acrylsäure, beträgt die Gesamtmenge der Nebenkomponenten in der Regel
≤2 Gew.-%, meist ≥ 0,05 Gew.-%.
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Die Abtrennung der (Meth)acrylsäure aus dem Reaktionsgasgemisch
der katalytischen Gasphasenoxidation kann mit Vorteil durch
Gegenstromabsorption mit einer hochsiedenden inerten Flüssigkeit
und anschließender destillativer Aufarbeitung erfolgen (vgl.
DE-A 21 36 396 und DE-A 43 08 087). Das Amidoxim und
gegebenenfalls die Costabilisatoren können dabei direkt in den Gasstrom
eingespritzt oder in der hochsiedenden Flüssigkeit vorgelegt
werden. Alternativ kann man zunächst mit Wasser/wässriger Acrylsäure
im Gegenstrom absorbieren und anschließend extraktiv oder
azeotrop destillieren (vgl. EP-B 0 009 545, US 5,154,800,
DE-A 34 29 391 und DE-A 21 21 123).
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Als hochsiedende inerte Flüssigkeit kommen dabei u. a. Diphenyl,
Diphenylether oder Dimethylphthalat sowie Gemische davon in
Betracht.
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Das Verfahren kann im Wesentlichen so durchgeführt werden, dass
man das Reaktionsgasgemisch in einer Absorptionskolonne im
Gegenstrom zur absteigenden Absorptionsflüssigkeit führt, danach in
einer Desorptionskolonne aus dem im Wesentlichen aus
(Meth)acrylsäure, dem Absorptionsmittel und Nebenkomponenten
zusammengesetzten Flüssigkeitsablauf der Absorptionskolonne durch Strippen
(Abstreifen) mit Inertgas die leichtflüchtigen Nebenkomponenten
weitgehend entfernt und anschließend den (Meth)acrylsäure und das
Absorptionsmittel als Hauptbestandteile enthaltenden
Flüssigkeitsablauf der Desorptionskolonne zur Abtrennung von
Roh-(Meth)acrylsäure rektifikativ behandelt.
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Alternativ kann man die (Meth)acrylsäure aus den Reaktionsgasen
der katalytischen Gasphasenoxidation zunächst in Wasser aufnehmen
und anschließend unter Zusatz eines organischen azeotropen
Schleppers aus den wässrigen (Meth)acrylsäure enthaltenden
Gemischen das Wasser rektifikativ abtrennen.
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Die Notwendigkeit einer wirksamen Stabilisierung gegen vorzeitige
Polymerisation besteht auch bei der rektifikativen Herstellung
von Reinacrylsäure (Reinheit > 99,7 Gew.-%) aus Roh-Acrylsäure
(Reinheit > 99 Gew.-%).
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Bei allen vorgenannten Rektifikationsaufgaben sind
erfindungsgemäß Amidoxime zur Stabilisierung anwendbar. Die erfindungsgemäße
Stabilisierung empfiehlt sich auch für den Fall einer
kristallisativen Abtrennung von (Meth)acrylsäure oder deren Ester
enthaltenden Gemischen.
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(Meth)acrolein ist in entsprechender Weise durch katalytische
Gasphasenoxidation erhältlich, wobei die Oxidation nur bis zur
ersten Oxidationsstufe geführt wird. Das im Reaktionsgasgemisch
enthaltene (Meth)acrolein wird in der Regel zunächst mittels
Wasser extraktiv aus dem Reaktionsgasgemisch abgetrennt und
anschließend destillativ (rektifikativ) aus der wässrigen Lösung
gewonnen. Für alle genannten Prozessschritte eignet sich
erfindungsgemäß Amidoxime.
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In der Regel werden die Mengen an Amidoximen und gegebenenfalls
mitverwendeter Costabilisatoren so gewählt, dass sie in der zu
stabilisierenden Substanz vollständig löslich sind. Häufig
erfolgt die Zugabe nicht als Reinsubstanz, sondern als Suspension,
Emulsion oder Lösung. Als Lösungs- und/oder Dispergiermedium
kommen insbesondere diejenigen Substanzen in Betracht, die
Bestandteil des zu stabilisierenden Systems sind, z. B. bei chemischen
Umsetzungen, wie Veresterungen, Edukte bzw. Produkte der
Umsetzung; bei Extraktionen insbesondere das Extraktionsmedium oder
eine Komponente davon.
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Die Erfindung wird durch das folgende Beispiel näher
veranschaulicht.
Beispiel
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2 ml Acrylsäure wurden jeweils mit verschiedenen
Polymerisationsinhibitoren versetzt und in einer Glasampulle (20 ml
Innenvolumen) luftgesättigt gasdicht eingeschlossen. Dann wurde die
Glasampulle in ein 125°C heißes Ölbad so eingetaucht, dass der
Flüssigkeitsspiegel der Acrylsäure und der Flüssigkeitsspiegel des
Ölbades sich auf gleicher Höhe befanden. Anschließend wurde die
Zeit bestimmt, bis die Acrylsäure auspolymerisiert war (der
visuell ermittelte Zeitpunkt, zu dem die Acrylsäure verfestigt
war).
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Die nachfolgende Tabelle zeigt die eingesetzten Inhibitoren und
die erhaltenen Ergebnisse (Mengenangaben in Gew.-ppm, bezogen auf
die Acrylsäuremenge).
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Es wurde folgendes Amidoxim 1 getestet:
Tabelle 1