Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Nachweis von differenzieller
Genexpression sowie neue durch dieses Verfahren erhältliche
Nukleinsäuresequenzen.
Die genetische Komplexität der zellulären Transformation auf der Ebene der
mRNA Expression wurde zuerst vor mehr als 10 Jahren beschrieben (siehe
z. B. Groudine und Weintraub, PNAS USA 77 (1980), 5351-5354;
Augenlicht et al., Canc. Res. 47 (1987), 6017-6021). Globale
Sequenzinformationen hinsichtlich der bei der Pathogenese von humanem
Krebs veränderten Genaktivität wurden erst vor Kurzem erhalten, nachdem
neue Methoden zur Ermittlung von Genexpressionsprofilen entwickelt
wurden (Zhang et al., Science 276 (1997), 1268-1271; Chang et al.
Oncogene 16 (1998), 1921-1930; von Stein et al., Nucleic Acids Res. 25
(1997), 2598-2602). Komplexe Genexpressionsprofile, die den zahlreichen
tumorspezifischen Zellfunktionen zugrundeliegen, werden zumindest
teilweise durch Akkumulierung multipler genetischer Veränderungen in
abnormal aktivierten Signaltransduktionswegen und Transkriptionsfaktoren
reguliert (Fearon und Vogelstein, Cell 61 (1990), 759-767; Stanbridge,
Annu. Rev. Genet. 24 (1991), 615-657).
Ein wichtiger Aspekt der mehrstufigen Tumorgenese ist die durch
Mutationen bewirkte Aktivierung von Mitgliedern der Ras-Genfamilie. Ras-
Mutationen stehen im Zusammenhang mit einer ungünstigen
Tumorprognose (Mao et al., Cancer Res. 54 (1994), 1634-1637; Sasaki et
al., Cancer Res. 53 (1993), 1906-1910; Yaginuma et al., Gynecol. Oncol.
46 (1992), 45-50; Ahnen et al., Cancer Res. 58 (1998), 1149-1 158). Ras-
Mutationen sind besonders häufig bei sporadischen Tumorerkrankungen von
Pankreas, Colon, Lunge und des myeloischen Systems (Boss, Canc. Res. 49
(1989), 4682-4689).
Die Ras-Genprodukte sind kleine GTP-Bindeproteine, welche die
Transkription auf globale Weise beinflussen, indem sie als "Hauptschalter"
in Signaltransduktionsprozessen wirken, bei denen extrazelluläre Signale mit
Vorgängen im Zellkern verknüpft werden (Abdellatif et al., J. Biol. Chem.
269 (1994), 15423-15426; Malumbres und Pellicer, Frontiers in Bioscience
3 (1998), 887-912). In normalen Zellen wird die Konzentration an Ras-GTP
in Reaktion auf die Bindung von Wachtumsfaktoren, Cytokinen oder anderen
Liganden von membrangebundenen Tyrosinkinaserezeptoren transient
erhöht. Die Umwandlung in die inaktive, GDP-gebundene Form von Ras
erfolgt durch seine geringe intrinsische GTP-Hydrolyseaktivität und wird
durch zusätzliche Ras-GTPase-Aktivatorproteine (GAP) beschleunigt.
Oncogene, an den Aminosäurekodons 12, 13, 59 oder 61 mutierte Formen
von Ras, sind gegenüber von GAP-Stimulierung insensitiv und werden
folglich in ihrem aktiven Zustand festgehalten (zum Überblick siehe
Malumbres und Pellicer (1998), supra, Marshall, FASEB J. 9 (1995),
1311-1318; Macdonald und McCormick in: Oncogenes und Tumour Suppresors,
Eds Peters G. und Vousden K. H., 121-153, Oxford University Press, Oxford
1997). Die Ras-GTP Mengen sind selbst in Tumoren erhöht, die keine
Aktivatormutationen enthalten (Patton et al., Cancer Res. 58 (1998),
2253-2259; Clark und Der, Breast Cancer Res. Treat. 35 (1995), 133-144). Beim
Fehlen von intrinsischen Mutationen kann der Ras-Signaltransduktionsweg
durch inaktivierende Mutationen des Ras-Regulators NF-1 GAP bei der
Neurofibromatose Typ I (DeClue et al., Cell 69 (1992), 265-273), durch
Komplexbildung von stromaufwärts wirkenden Effektorproteinen mit der
Bcr-Abl Proteintyrosinkinase in chronischer myelogener Leukämie (Puil) et al.,
EMBO J. 13 (1994), 764-773) und durch direkte Assoziierung von Ras mit
dem STP-C488 Protein des DNA Tumorvirus Herpes saimiri (Jung und
Desrosiers, Mol. Gell. Biol. 15 (19951, 6506-6512) stimuliert werden.
Auf der zellulären Ebene werden zwei hauptsächliche Veränderungen als
Ergebnis der Ras-Aktivierung beobachtet: Mitogenese und Reorganisation
des Cytoskeletts. Eine permanente Aktivierung von Ras bewirkt eine
Verstärkung der normalen zellulären Reaktion. Essentielle Signale für die
zelluläre Transformation, Invasivität, Angiogenese und Metastasierung
werden mittels verzweigter Signalwege stromabwärts von Ras transduziert.
Diese Signalwege umfassen die Raf/Mek/Erk Kaskade von cytoplas
matischen Kinasen, den die kleinen GTP-Bindeproteine Rac/Rho
beinhaltenden Signalweg, den Pl3 Kinase Signalweg u. a. Über diese
Signalwege werden verschiedene Transkriptionsfaktoren wie etwa Elk1,
SRF, Jun, ATF2 und NFkB stimuliert (zur Übersicht siehe z. B. Khosravi et
al., Adv. Cancer Res. 72 (1998), 57-107).
Angesichts der Komplexität der nichtlinearen Ras-Signalgebung und der
überaus großen Anzahl potentieller Targets besteht ein großes Bedürfnis, ein
Verfahren bereitzustellen, das eine Bestimmung der mit einer Ras-
Transformation assoziierten transkriptionellen Veränderungen erlaubt.
Weiterhin sollte dieses Verfahren auch für die Analyse transkriptioneller
Veränderungen verursacht durch andere Prozesse einsetzbar sein.
Zur Lösung dieses Problems wurden die Konzentrationen bzw. Mengen
einzelner Transkripte in phänotypisch normalen 208 F Rattenfibroblasten
(Quade, Virology 98 (1979), 461-465) mit denjenigen in der aus 208 F-
Zellen abgeleiteten H-Ras transformierten Zellinie FE-8 (Griegel et al., Int. J.
Canc. 38 (1986), 697-705) mittels einer auf PCR-basierenden cDNA
Subtraktionsmethode, der subtraktiven Suppressionshybridisierung
(Diatchenko et al., PNAS USA 93 (1996), 6025-6030) bestimmt. Dieses
Verfahren erlaubte überraschenderweise eine effiziente Isolierung bekannter
Genen - und von besonderer Bedeutung - die Isolierung von neuen
Sequenzen. Die beiden verwendeten Zellinien sind nahe verwandte,
quasidiploide Zellinien, um transkriptionelle Veränderungen aufgrund
struktureller und numerischer chromosomaler Aberrationen, die nicht direkt
mit der Ras induzierten Transformation im Zusammenhang stehen,
möglichst gering zu halten. Die auf diese Weise nach Vorwärts- und
Rückwärts-Subtraktion erhaltenen cDNA Fragmente (n = 1257) wurden
sequenziert und in einem Array angeordnet. Nach reverser oder
konventioneller Northern Analyse wurde ein H-Ras spezifisches
Expressionsprofil umfassend neue Sequenzen (n = 45), exprimierte Sequence
Tags (n = 104) und bekannte Gene (n = 244) etabliert. Anschließend wurde
dieses Genprofil zum Vergleich der mRNA Expression zwischen H-Ras
transformierten 208 F-Zellen und mit Zellen verwendet, die durch zwei
andere tumorassoziierte Ras-Isoformen K-ras und N-Ras, transformiert
waren. Darüber hinaus wurden Targetgene (n = 61) identifiziert, deren
transkriptionelle Veränderungen durch den Ras/Raf/Mek-Signalweg reguliert
sind.
Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung von
transkriptionellen Veränderungen in einer Zelle, insbesondere in einer
Säugerzelle wie etwa einer Nagetierzelle oder einer menschlichen Zelle,
assoziiert mit einer physiologischen Veränderung, z. B. einer Transformation,
vorzugsweise einer Ras-vermittelten Transformation, gegenüber einer
anderen Zelle, die diese bestimmte physiologische Veränderung nicht
aufweist. Das erfindungsgemäße Verfahren zur differenziellen
Transkriptionsanalyse ist dadurch gekennzeichnet, daß man mRNA aus einer
ersten Zelle und einer zweiten Zelle gewinnt, eine subtraktive
Suppressionshybridisierung mit der gewonnen mRNA durchführt und eine
Population von in beiden Zellen differenziell exprimierten Genen identifiziert,
wobei sich die erste und die zweite Zelle bezüglich einer zu untersuchenden
physiologischen Veränderung unterscheiden. Vorzugsweise umfaßt das
Verfahren weiterhin eine Verifizierung der differenziellen Expression,
vorzugsweise durch reverse oder/und konventionelle Northern Blot Analyse.
Als erste Zelle wird vorzugsweise eine transformierte Zelle und als zweite
Zelle eine nichttransformierte Zelle verwendet. Besonders bevorzugt wird als
erste Zelle eine Ras-transformierte Zelle und als zweite eine nichttrans
formierte Zelle verwendet, wobei als Ras-transformierte Zelle eine
insbesondere eine mit einem mutierten Ras-Genprodukttransformierte Zelle,
beispielsweise eine H-Ras-, K-Ras- oder N-Ras-transformierte Zelle
verwendet wird.
Die erste Zelle und die zweite Zelle stammen vorzugsweise von dergleichen
Spezies, insbesondere einem Säuger wie etwa Ratte, Maus, Mensch etc.
Weiterhin stammen die erste Zelle und die zweite Zelle bevorzugt vom
gleichen Zelltyp, beispielsweise Fibroblasten. Darüber hinaus hat es sich als
günstig erwiesen, eine erste Zelle und zweite Zelle zu verwenden, die im
wesentlichen keine chromosomalen Aberrationen aufweisen, die das Muster
der durch die zu untersuchende physiologische Veränderung, z. B. die Ras-
Transformation hervorgerufenen differenziellen Genexpression möglicher
weise verfälschen könnten.
Die subtraktive Suppressionshybridisierung ist eine auf Nukleinsäure-
Amplifikation, z. B. PCR-basierende Technik, die einen Reversen
Transkriptionsschritt umfasst, bei dem die differenziell exprimierten
Transkripte in cDNA Moleküle umgeschrieben werden. Eine weitere
Charakterisierung der differenziell exprimierten Gene kann eine zumindest
partielle Sequenzanalyse der identifizierten cDNA Moleküle und einen
Abgleich mit Sequenzdatenbanken wie Genbank, EMBL oder EST umfassen.
Durch das erfindungsgemäße Verfahren wurden bislang 1257 cDNA
Sequenzen durch Vorwärts-Subtraktion (normale 208 F-Zellen minus
transformierte FE-8 Zellen) und Rückwärts-Subtraktion (transformierte FE-
Zellen minus normale 208 F Zellen) erhalten. Daraus wurden insgesamt 823
individuelle Sequenzen identifiziert, von denen 427 bekannten Genen und
303 exprimierten Sequence Tags entsprechen. 93 Sequenzen sind bislang
unbekannt. Die differenzielle Expression von 393 (47,8%) Genen und
Genfragmenten wurde durch Northern Analyse verifiziert. Darüber hinaus
wurden 236 cDNA Sequenzen entsprechend in nur sehr geringen Konzen
trationen vorkommender Transkripten erhalten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit
weist ein Anteil dieser Sequenzen (< 100) ebenfalls eine differenzielle
Expression auf.
Die durch das erfindungsgemäße Verfahren mittels cDNA Subtraktion
erhältliche Population von vorzugsweise mindestens 100 differenziell
exprimierten Genen kann auf neue Weise, z. B. durch Anordnung auf Arrays,
zur Untersuchung der Beziehung zwischen einem Signalgebungsmolekül und
einem Transkriptionstarget auf der Ebene des Transkriptoms eingesetzt
werden. Auf diese Weise kann die Anzahl von biologisch relevanten Targets
in den untersuchten Zellen auf eine beschränkte Anzahl von Genen
verringert werden, die dann gründlich auf ihre Beteiligung an spezifischen
Aspekten der jeweiligen physiologischen Veränderung, z. B. der
Tumorgenese untersucht werden kann.
Ein Gegenstand der Erfindung ist weiterhin eine Nukleinsäure, dadurch
gekennzeichnet, daß sie eine differenzielle Expression in Tumorzellen und
normalen Zellen zeigt, umfassend
- a) eine der in Fig. 11 gezeigten Nukleinsäuresequenzen,
- b) Teilsequenzen davon mit einer Länge von mindestens 50,
vorzugsweise mindestens 100 und besonders bevorzugt mindestens
200 Nukleotiden
- c) eine mit einer Sequenz aus (a) oder/und (b) unter stringenden
Bedingungen hybridisierende Sequenz, oder/und
- d) eine zu einer Sequenz aus (a), (b) oder/und (c) komplementäre
Sequenz.
Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt die Identifizierung von Genen,
deren Expression in der Ras transformierten Zelle erhöht im Vergleich zur
nichttransformierten Zelle ist. Diese Gene umfassen vorzugsweise die
entsprechenden in Fig. 11 angegebenen Nukleinsäuresequenzen (T-Klone)
oder Teilsequenzen davon mit einer Länge von mindestens 50,
vorzugsweise mindestens 100 und besonders bevorzugt mindestens 200
Nukleotiden.
Weiterhin erlaubt das erfindungsgemäße Verfahren die Identifizierung von
Genen, deren Expression in der Ras transformierten Zelle verringert im
Vergleich zur nichttransformierten Zelle ist. Diese Gene umfassen
vorzugsweise die entsprechenden in Fig. 11 angegebenen
Nukleinsäuresequenzen (N-Klone) oder Teilsequenzen davon mit einer
Länge von mindestens 50, vorzugsweise 100 und besonders bevorzugt
mindestens 200 Nukleotiden.
Neben den in Fig. 11 angegebenen Nukleinsäuresequenzen und
Teilsequenzen davon umfaßt die Erfindung auch Nukleinsäuresequenzen, die
unter stringenten Bedingungen mit einer der in Fig. 11 angegebenen
Nukleinsäuresequenzen oder Teilsequenzen davon (wie zuvor angegeben)
hybridisieren. Der Begriff "Hybridisierung" gemäß vorliegender Erfindung
wird wie bei Sambrook et al., Molecular Cloning. A Laboratory Manual, Cold
Spring Harbor Laboratory Press (19891, 1.101-1.104) verwendet. Gemäß
vorliegender Erfindung spricht man daher von einer Hybridisierung unter
stringenten Bedingungen, wenn nach Waschen für eine Stunde mit 1 × SSC
und 0,1% SDS bei 55°C, vorzugsweise bei 62°C und besonders bevorzugt
bei 68°C, insbesondere für 1 h in 0,2 × SSC und 0,1% SDS bei 55°C,
vorzugsweise bei 62°C und besonders bevorzugt bei 68°C noch ein
positives Hybridisierungssignal beobachtet wird. Eine unter derartigen
Waschbedingungen mit einer unter Fig. 11 gezeigten Nukleotidsequenzen
hybridisierende Nukleotidsequenz wird von der vorliegenden Erfindung
umfaßt.
Insbesondere werden von der vorliegenden Erfindung auch zu den in Fig. 11
gezeigten Nukleinsäuresequenzen homologe Gene, insbesondere homologe
Gene aus anderen Spezies, insbesondere humane Gene, oder allelische
Variationen dieser Gene erfaßt. Derartige Sequenzen hybridisieren
vorzugsweise unter den oben angegebenen Bedingungen mit den in Fig. 11
gezeigten Nukleinsäuresequenzen.
Die durch das erfindungsgemäße Verfahren identifizierten Gene, bzw. deren
Transkripte oder Genprodukte eignen sich als Target für die diagnostische
oder therapeutische Zwecke, insbesondere für die Tumordiagnostik oder die
Tumortherapie. Diagnostische Anwendungen umfassen eine qualitative oder
quantitative Bestimmung des Vorhandenseins, der Menge, der Aktivität oder
der Lokalisierung der Nukleinsäure oder des Genprodukts nach bekannten
Methoden. Therapeutische Anwendungen umfassen beispielsweise eine
Modulation der Expression der Nukleinsäure, z. B. durch gentherapeutische
Verabreichung der Nukleinsäure oder eine Verabreichung von Antisense-
RNA oder Ribozymen. Weiterhin kann auch die Menge, Aktivität oder/und
Lokalisierung des von der Nukleinsäure kodierten Polypeptids z. B. durch
Verabreichung des Polypeptids oder eines Aktivators davon oder durch
Verabreichung eines gegen das Polypeptid gerichteten Antikörpers, z. B. in
Form eines Konjugats mit Radioisotopen oder cytotoxischen Substanzen,
oder eines Inhibitors des Polypeptids moduliert werden.
Außerdem erlaubt das erfindungsgemäße Verfahren die Identifizierung von
Genen, die eine differenzielle Expression in von unterschiedlichen Ras-
Isoformen transformierten Zellen zeigen. So wurde die Genexpression in
unterschiedlichen Zellen untersucht, die jeweils eine der drei prädominanten
mutierten Ras-Isoformen H-Ras, K-Ras und N-Ras exprimieren. Dabei wurde
ein identisches Muster von positiven und negativen Veränderungen für 237
Gene (90%) gefunden. 26 Gene zeigten jedoch ein Isoform-spezifisches
Expressionsmuster.
Außerdem erlaubt das erfindungsgemäße Verfahren die Identifizierung von
Genen, die eine differenzielle Expression in mit einer Wirksubstanz
behandelten Zellen und unbehandelten Zellen, insbesondere Tumorzellen,
zeigen. Als Wirksubstanzen können grundsätzliche beliebige Stoffe,
insbesondere pharmakologisch aktive Stoffe, die einen Einfluß auf die
Transkription in der Zelle zeigen, verwendet werden. Bevorzugte Beispiele
für Wirkstoffe sind Modulatoren, d. h. Aktivatoren oder Inhibitoren der
Tumorgenese. Besonders bevorzugt werden Modulatoren der Ras-Aktivität
verwendet.
In dieser Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens kann der
Einfluß von Wirksubstanzen, die der ersten oder/und zweiten Zelle
zugegeben worden sind, auf die Population der differenziell exprimierten
Gene getestet werden. Bei Zugabe des MAP-Kinaseinhibitors PD98059 zu
einer Ras transformierten Zelle wurde beispielsweise gefunden, daß die
Transkription von 61 Genen im Vergleich zu unbehandelten Zelle deutlich
verringert und zumindest teilweise auf die Höhe vor der Transformation
zurückgeführt werden konnte.
Die Sensitivität der transkriptionellen Modulation dieser Gene hinsichtlich der
Inhibierung einer Signalgebung durch die MAP-Kinase definiert eine
Unterklasse von Ras-sensitiven Targets, welche durch Substrate von
Erk1/Erk2 reguliert werden und voraussichtlich für die transformierenden
Eigenschaften der Zelle direkt verantwortlich sind. Die 116 durch den
Inhibitor nicht beeinflußten Gene werden vermutlich durch MEK
unabhängige Signaltransduktionswege stromabwärts von Ras reguliert.
Überraschenderweise konnten durch das erfindungsgemäße Verfahren eine
unerwartet hohe Anzahl an Genen identifiziert werden, welche einer
malignen Proliferation entgegenwirken können. Bei diesen durch die
differenzielle Expressionsanalyse identifizierten Genen handelt es sich um
Tumorsuppressorgene der Klasse II, da sie kein primäres Ziel von
tumorinitiierenden Mutationen sind. Stattdessen zeichnen sich die Gene der
Klasse II dadurch aus, daß ihre Expression durch Gene der Klasse I reguliert
wird, die für transkriptionelle Regulatoren wie etwa onkogene
Transkriptionsfaktoren oder Repressoren kodieren, und der Gegenstand einer
Mutation sein können. Eine Erhöhung der Expression von
Transformationssuppressorgenen der Klasse II kann den transformierten
Phänotyp von Ras exprimierenden Zellen blockieren (Sers et al., J. Cell. Biol.
136 (1997), 935-944). Somit besteht eine funktionelle Verbindung
zwischen einer permanent aktivierten Ras-Signalgebung und der Repression
der Klasse II Suppressoraktivität.
Bemerkenswerterweise konnten mehr als zehn negative Wachstums
regulatoren in einem unabhängigen Expressionsprofil durch Subtraktion von
208 F cDNA (Driver) von REF-52 cDNA (Tester) gefunden werden. REF-52
Zellen zeichnen sich dadurch aus, daß sie in Reaktion auf H-Ras-Expression
ein vorzeitiges Alterungsprogramm aktivieren (Serrano et al., Cell 88 (1997),
593-602) und hohe mRNA-Konzentrationen der negativen Regulatoren
aufweisen, die in 208 F-Zellen nicht exprimiert werden.
Weiterhin wird die Erfindung durch die nachfolgenden Figuren und Beispiele
erläutert.
Beschreibung der Figuren
Fig. 1 zeigt eine Übersicht der nach Vorwärts- und Rückwärts-
Subtraktion erhaltenen DNA-Bibliotheken. Sequenzanalyse:
Homologieuntersuchungen wurden unter Verwendung des
BLASTN-Programms gegen die NCBI Non-Redundance und
EST-Datenbanken durchgeführt. Übereinstimmungen
gegenüber einer Datenbanksequenz wurden als eine
Sequenzidentität von < 95% über eine Region von 150 bis
1000 bp abhängig von der cDNA-Insertlänge definiert.
Fig. 2 zeigt eine Übersicht von differenziell exprimierten Sequenzen
bestätigt durch Reverse (R) und/oder konventionelle Northern
Blot Analyse (N, T). Sequenzidentität, Spezies und
Zugriffsnummer sind gemäß der besten Übereinstimmung in
der Blast-Analyse aufgelistet. Speziesabkürzungen: H, human;
M, Maus; R, Ratte; C, Huhn; HA, Hamster; X, Xenopous
laevis. Redundanz bedeutet die Anzahl an individuellen cDNA
Klonen, die einem übereinstimmenden Gen in der BLAST-
Analyse entsprechen. Die Nummern N-N70 entsprechen den
durch Ras-Transformation herabregulierten Genen wie durch
Northern Blot in Fig. 7 gezeigt. Die Nummern T1-T74
entsprechen heraufregulierten Genen wie in Fig. 7 gezeigt. Die
Mengen an mRNA wurden densitometrisch analysiert. Die
angegebenen Zahlen entsprechen dem Verhältnis von
densitometrischen Werten (Volumenanalyse) von 208F
gegenüber FE-8 mRNA (Ausmaß der Herabregulierung, linker
Abschnitt) und von FE-8 gegenüber 208F mRNA (Ausmaß der
Heraufregulierung, rechter Abschnitt). Ein Wert von 30 oder
mehr zeigt, daß ein Transkript in einer der untersuchten Zellen
nicht nachweisbar war.
Die folgenden cDNA Fragmente waren bei Reverser oder
konventioneller Northernblot Analyse nicht nachweisbar. 208F
spezifische Klone: p 190-B (Zugriffs-Nr. U170032, SLIT-2
(AF141386), Slugh Zinkfinger (U79550), Semaphorin E
(AB000220), GLE-1 (AF058922), TID1 (AF061749), ARF-
GEP1 (AF023451), DEAD Box RNA Helicase-artiges Protein
(NM-004398); FE-8-spezifische Klone: G21 Protein
(AF131207), p68 RNA Helicase (X65627), LZTR-1 (D38496),
Smcx (Z29651), SHMT (L1 1932) und CRK SH3-Protein/C3G
(D21239).
Fig. 3 zeigt Ras-Targetgene, die auf eine MEK-Inhibierung durch
PD98059 reagieren. Linke Spalte: präferentiell in normalen 208
F-Zellen exprimierte und bei H-ras-Transformation
herabregulierte Gene; rechte Spalte: bei H-ras-Transformation
heraufregulierte Gene. Transkriptmengen: 0, mRNA bei
Northern Blots mit Gesamt RNA nicht nachweisbar; + bis
+ + +, niedrige, mittlere oder hohe mRNA Expression. Die als
a bis e bezeichneten Sequenzen wurden bei den in Fig. 8
gezeigten Northern Blots als Sonden verwendet.
Fig. 4 zeigt transkriptionelle Ras-Isoformen spezifische Änderungen.
Transkriptmengen: 0,mRNA nicht nachweisbar in Northern
Blots mit Gesamt RNA, + bis + + + +, geringe, mittlere, hohe
oder sehr hohe RNA-Expression. Die als f bis i bezeichneten
Sequenzen wurden in den in Fig. 8 gezeigten Northern Blots
als Sonden verwendet.
Fig. 5 zeigt Eigenschaften von Zellen, die für die Identifzierung von
Ras-Transformationstargets verwendet wurden.
- a) Morphologie von normalen 208 F Fibroblasten und H-
Ras transformierten FE-8 Zellen unbehandelt und mit
dem MEK-Inhibitor (PD98059) inkubiert.
Phasenkontrast, 100fache Vergrößerung.
- b) DNA Histogramm von 208F und FE-8 Zellen erhalten
mit Durchflußzytometrie. Abszisse: Fluoreszenz
intensität; Ordinate: gezählte Zellen; die Zahlen
beziehen sich auf den Anteil von Zellen (%) in
verschiedenen Phasen des Zellzyklus. Die 208 F und FE-
8 Rattenzellen zeigten einen pseudodiploiden Karyotyp
ohne größere numerische chromosomale Aberrationen.
- c) ankerunabhängige Proliferation von Zellen in Kulturen
auf Poly-Hema-beschichteten Oberflächen. Ordinate:
Absorption bei 490 nm.
- d) Westerblot-Analyse der 21-Ras Expression und
- e) der Phospho-p44/42 MAPK Expression.
Fig. 6 zeigt eine Reverse Northern Blot Analyse von subtrahierten
cDNA Fragmenten. Repräsentatives Beispiel von 93
angeordneten ESTs, die aus einer 208F - FE-8 subtrahierten
Bibliothek erhalten wurden (N-Klone).
- a) Hybridisierungssonde: 32P-markierte 208 F cDNA,
- b) Hybridisierungssonde: 32P-markierte FE-8 cDNA.
Kontroll-DNAs: Klonierungsvektor PCR2.1 (Filterposition
D22), GAPDH (D23), H-Ras (D24).
Fig. 7 zeigt eine konventionelle Northern Blot Analyse von
präferentiell exprimierten Genen. Obere Hälfte, Klone N1-N70
entsprechend in H-ras-tranformierten FE-8 Zellen
herabregulierten Genen wurden als Hybridisierungssonden
verwendet. Untere Hälfte, Klone T1-T74 entsprechend in FE-8
Zellen heraufregulierten Genen wurden als Hybridisierungs
sonden verwendet. Linke Spalten, einzelne Blots von Gesamt
RNA aus normalen 208 F Zellen, rechte Spalten, aus FE-8
RNA. Schwarze Pfeile zeigen die korrekte Transkriptgröße wie
in der Literatur beschrieben. Weiße Pfeile zeigen aberrante
Transkripte. Kontrollhybridisierungen erfolgten mit einer
GAPDH Sonde (A bis E). Originalgröße der Northern Filter:
3 × 1 cm.
Fig. 8 zeigt repräsentative Beispiele für die Wirkungen des
Ras/Raf/Mek Signaltransduktionswegs und verschiedener Ras-
Isoformen auf die Targetgentranskription.
- 1. a bis e) Northern Blot Analyse der mRNA-Expression in
normalen 208F Fibroblasten, H-ras
transformierten A-Zellen und mit PD98059
behandelten FE-8 Zellen.
- 2. f bis i) Northern Blot Analyse der mRNA Expression in
normalen 208 F Zellen und in mit mutiertem H-
Ras, K-Ras und N-Ras transformierten 208F
Zellen.
- 3. MMP-3, repräsentatives Beispiel für ein Gen ohne
signifikante differenzielle Expression.
Fig. 9 zeigt eine Charakterisierung von mit Isofromen des Ras
Onkogens transformierten Zellen.
- a) Morphologie von normalen 208F Fibroblasten, H-Ras
transformierten FE-8 Zellen, K-Ras und N-Ras
transformierten 208F Zellen. Phasenkontrast, 100fache
Vergrößerung.
- b) Ankerunabhängige Proliferation von Zellen in Kulturen
auf Poly-Hema-beschichteten Oberflächen. Ordinate:
Absorption bei 490 nm.
- c) Westerblot-Analyse der Ras-Expression.
Fig. 10 zeigt repräsentative Beispiele einer differenziellen mRNA
Expression in stabil mit K-Ras transformierten Rattenovarien-
Oberflächenepithelzellen und in konditionell H-Ras
transformierten Fibroblasten. Links: Northernblot Analyse von
Gesamt RNA aus normalen Rattenovarien-Oberflächenepithel
zellen (ROSE199) und 2 K-Ras transformierten Derivaten
(ROSE A2/1 K-Ras und ROSE A2/5 K-Ras). Rechts: RNA aus
208F Zellen, stabil transformierten FE-8 Zellen und konditional
transformierten 208F-iHRas-Zellen vor (- IPTG) und nach 4
Tagen einer Ras-Induzierung (+ IPTG).
Fig. 11 zeigt die Nukleotidsequenzen von cDNAs entsprechend den
identifizierten differenziell exprimierten Transkripten.
Fig. 12 zeigt die Nukleotidsequenzen von homologen menschlichen
eDNAs.
Fig. 13 zeigt eine Zuordnung der Fig. 11 gezeigten
Nukleotidsequenzen (Ratte) zu den homologen menschlichen
Sequenzen gemäß Fig. 12.
Beispiele
1. Methoden
1.1 Zellkultur und DNA-Transfektionen
Zellen wurden in Dullbeco's modifiziertem Eagle's Medium (DMEM)
supplementiert mit 10% fötalem Kälberserum kultiviert. Die Transfektionen
erfolgten durch Calciumphosphat-Präzipitation wie bei Griegel et al. (Int. J.
Canc. 38 (1986), 697-705) beschrieben. Zur Etablierung von N-Ras
Transformanten wurden 208F Zellen mit pcDneo und dem N-Ras (G12D)
Onkogen (Souyri et al., Virology 158 (1987), 69-78) cotransfiziert und in
DMEM mit 400 µg/ml G418 selektioniert. Das K-Ras (C12V) Onkogen
wurde aus der humanen Colonkarzinomzellinie SW480 kloniert und in 208F
Zellen transfiziert. 208F-K-Ras Zellen wurden aus morphologisch
transformiertem Transfektanten isoliert. FE-8 Zellen sind G418-resistente H-
rus (G12V)-transformierte Derivate von 208F (Griegler et al., supra).
Zur Herstellung von subtrahierten Bibliotheken wurden Zellen aus einem
frühen Isolat der FE-8 Zellinie verwendet. 208F-Zellen wurden in Kultur nicht
länger als 30 Tage nach Transfektion gehalten. K-Ras transformierte
Rattenovarien-Oberflächenepithelzellen wurden nach Transfektion von
ROSE199 Zellen Adams und Auersperg, Exp. Cell Biol. 53 (1985),
181-188) mit K-Ras (C12 V) isoliert. Zur Herstellung von 208F-iH-Ras-Zellen, die
eine induzierbare Expression des H-Ras Onkogens zeigen, wurden 208F
Zellen mit den Plasmiden pSVlacOras und pHβlacINLSneo (Liu et al., Canc.
Res. 52 (1992), 983-989) cotransfiziert und in Standardmedium mit
400 µ/ml G418 selektioniert. Für die Ras-Expression wurden die Zellen mit
20 mM Isopropyl-1-thio-β-D-galactosid (IPTG) vier Tage lang inkubiert.
Der MEK Inhibitor PD98059 (Dudley et al. PNAS USA 92 (1995),
7686-7689) wurde in einer Endkonzentration von 50 mM in DMSO gelöst. FE-8-
Zellen wurden 2 Tage lang mit PD98059 in einer Endkonzentration von
50 µM behandelt. Die ankerunabhängige Proliferation wurde semiquantitativ
in Kulturen bestimmt, die auf Mikrotiterplatten beschichtet mit Poly-2-
hydroxyethylmethacrylat (Poly-Hema; Sigma) gewachsen waren. 75 µl einer
Poly-Hema-Stammlösung (5 mg/ml in 95% Ethanol) wurden in die
Vertiefungen gegeben und für 72 h bei 37°C trocknen gelassen.
Zellsuspensionen wurden auf beschichteten Platten (1000 Zellen/Vertiefung)
ausgesät und das Wachstum wurde nach 5 Tagen unter Verwendung eines
XTT Assay (Roche, Mannheim, Deutschland) bestimmt.
1.2. Klonierung von differenziell exprimierten Sequenzen durch subtraktive
Suppressionshybridisierung (SSH)
Gesamt-RNA wurde aus subkonfluenten Kulturen wie von Chomczynski und
Sacchi (Anal. Biochem. 162 (1987), 156-159) beschrieben gewonnen.
mRNA wurde aus 1 mg Gesamt-RNA unter Verwendung des mRNA
Separatorkit (Clontech, Palo Alto, Kalifornien, USA) isoliert. cDNA Synthese
und Subtraktion wurden unter Verwendung des PCR-Select™
Subtraktionskit (Clontech, Palo Alto, Kalifornien, USA) gemäß der Vorschrift
des Herstellers mit folgenden Modifikationen durchgeführt: Ein
Driver/Tester-Volumenverhältnis von 2 : 12 wurde bei der ersten
Hybridisierung verwendet. 26 Zyklen der primären PCR und 10 Zyklen der
sekundären PCR wurden unter der Verwendung des Advantage cDNA
Polymerase Mix (Clontech) durchgeführt. Um die Effizienz der cDNA
Subtraktion zu bestimmen, wurden die Transkriptmengen des konstitutiv
exprimierten Gens GAPDH durch RT-PCR in subtrahierten und
unsubtrahierten Populationen von 208F RNA bzw. FE-8 RNA verglichen. Der
Nachweis von GAPDH Sequenzen für beide Subtraktionen erforderte 28
PCR Zyklen bei Verwendung von subtrahierter cDNA als Matrize, während
zur Amplifizierung von GAPDH aus Kontroll cDNA nur 18 Zyklen benötigt
wurden. Außerdem wurden die Mengen von Genen, für die eine
differenzielle Expression in 208F und FE-8 Zellen bekannt ist, durch RT-PCR
getestet. Wie erwartet war H-ras spezifische cDNA in subtrahierter
gegenüber und unsubtrahierter FE-8 cDNA angereichert. Die Menge an
Lysyloxidase cDNA war höher in subtrahierter als in unsubtrahierter 208F
cDNA und zeigte eine Abnahme von einer geringen Menge in
unsubtrahierter FE-8 cDNA bis zu einer nicht mehr nachweisbaren Menge
in subtrahierter FE-8 cDNA.
Die subtrahierten cDNA Sequenzen wurden unter Verwendung des QIA
Quick PCR Reinigungskit (Qiagen, Valencia, Kalifornien, USA) aufgereinigt.
10 ng cDNA wurden in den Vektor pCR2.1 (Invitrogen, Leeg, Niederlande)
durch T/A-Klonierung inseriert. Individuelle Transformanten mit cDNA
Fragmenten wurden aus weißen Kolonien auf X-Gal/IPTG-Agar-Platten
isoliert. Um die Qualität der Bibliothek hinsichtlich der Redundanz und
Spezifität zu ermitteln, wurden 35 willkürlich gepickte cDNA
Transformanten aus jeder DNA-Bibliothek isoliert und sequenziert. Die
differenzielle Expression der inserierten Sequenzen wurde in Northern Blots
mit 10 µg Gesamt RNA aus 208F und FE-8 Zellen analysiert.
1.3 Sequenzanalyse
Sequenzierungsreaktionen wurden mit dem M13 Universalprimer unter
Verwendung des BigDye-Sequenzierungskit (Perkin Eimer) gemäß der
Vorschrift des Herstellers durchgeführt. Die Sequenzen wurden auf einem
AB1377 Sequenziergerät bestimmt. Die Sequenzierung der cDNA Insertionen
von subtrahierten Bibliotheken wurde beendet, wenn die Anzahl redundanter
Sequenzen diejenige von neuen Klonen signifikant überstieg. Das Clustering
erfolgte unter Verwendung der GAP4 Software (Staden Package).
Sequenzhomologie-Untersuchungen erfolgten gegen die Datenbanken
GenBank (nr) und Expressed Sequence Tag (dbest) unter Verwendung des
BLASTN Programms bei NCBI (http: \ \ www.ncbi.nlm.nih.gov \ BLAST).
1.4 Hybridisierungsanalyse
Nicht redundante Plasmid-DNA Sonden aller identifizierter Fragmente
wurden in 96-Loch-Mikrotiterplatten überführt. Unter Verwendung von PCR-
Select™ adaptorspezifischen Primern wurde eine PCR-Amplifikation mit 30
Zyklen (30 sec 94°C, 30 sec 68°C, 90 sec 72°C) durchgeführt. Die
mittlere Größe der inserierten Fragmente war 800 bp. Die PCR amplifizierten
Insertionen wurden auf jeweils 2 25 × 12 cm Nytran Nylonmembranen
(Schleicher und Schuell, Dassel, Deutschtand) geplottet. Es wurde eine
Reverse Northern Analyse wie bei von Stein et al. (Nucleic Acids Res. 25
(1997), 2598-2602) beschrieben durchgeführt, außer daß die folgenden
Hybridisierungsbedingungen verwendet wurden: Die Vorhybridisierung der
Membranen erfolgte mit 5 × Denhardt's Reagenz, 5 × SSC, 50 mM
Phosphatpuffer, 0,5% SDS, 100 ng/ml tRNA bei 65°C für 3 h. Die
Hybridisierung erfolgte im selben Puffer ohne Denhardt's Reagenz und
50 mM Phosphatpuffer bei 65°C für 16 h.
Für die konventionelle Northern Blot-Analyse wurden 10 µg Gesamt-RNA
elektrophoretisch in 1% Agarosegelen mit Formaldehyd aufgetrennt und in
20 × SSC auf Protran Nitrozellulosemembranen (Schleicher und Schuell,
Dassel, Deutschland) geblottet. Die cDNA Fragmente wurden unter
Verwendung des Ready Prime Systems (Amersham, Braunschweig) mit 32P
dGTP markiert. Die Hybridisierung erfolgte in ExpressHyb
Hybridisierungspuffer (Clontech) bei 68°C über Nacht. Die Membranen
wurden zweimal in 2 × SSC, 0,1% SDS bei 42°C für 20 min und 2 × 0,1
SSC, 0,1% SDS bei 66°C für 30 min gewaschen und autoradiographisch
analysiert.
2. Ergebnisse
2.1 Eigenschaften der zur Identifizierung von Ras-Transformationstargets
verwendeten Zellen
Die präneoplastische Zellinie 208F und deren malignes Ras-transformiertes
Derivat FE-8 (Fig. 5a) zeigen einen nahezu diploiden Karyotyp ohne größere
numerische oder strukturelle chromosomale Aberrationen (Fig. 5b). Während
208F Zellen keine spontane Transformation zeigen, sind FE-8 Zellen
ankerunabhängig (Fig. 5c) und zeigen eine stark maligne Wirkung bei
subkutaner Injektion in athymische Nacktmäuse oder neugeborene Ratten
(Griegel et al. (1986), supra; Sers et al. (J. Cell Biol. 136 (1997), 935-944).
Das 208FIFE-8 Zellsystem eignet sich somit für die Bereitstellung einer
Population an transkriptionell veränderten Genen, die durch eine permanente
Ras-Signalgebung sowie durch Änderungen in der allgemeinen
Genregulation hervorgerufen werden.
2.2 Isolierung von differenziell beim Übergang vom normalen zum
transformierten Zustand exprimierten Sequenzen
cDNA-Klone, die präferentiell in normalen 208F Rattenzellen oder in
transformierten FE-8 Zellen exprimierte mRNAs repräsentieren, wurden aus
zwei subtrahierten cDNA-Bibliotheken gewonnen. Zur Isolierung von beim
Übergang vom normalen zum transformierten Zustand herabregulierten
Sequenzen (N-Klone) wurde Tester cDNA aus normalen 208F Fibroblasten
und Driver cDNA aus transformierten FE-8 Zellen (Vorwärts-Subtraktion)
verwendet. Um bei während der neoplastischen Transformation
heraufregulierte Sequenzen (T-Klone) zu erhalten, wurde FE-8 cDNA als
Tester und 208F cDNA als Driver verwendet (Rückwärts-Subtraktion). Es
wurden die Nukleotidsequenzen von 1357 subtrahierten cDNA Klonen nach
T/A Klonierung und bakterieller Transformation bestimmt. Dabei wurden
823 individuelle Sequenzen identifiziert (Fig. 1, 11). Um die differenzielle
Expression durch unabhängige Methoden zur verifizieren, wurden
subtrahierte cDNA Sequenzen unter Verwendung von Nested Adapter
Primern durch PCR amplifiziert. Die PCR Produkte wurden
gelelektrophoretisch aufgetrennt und auf Hybridisierungsmembranen
überführt. Jeweils zwei Membranen wurden mit radioaktiv markierten
Sonden aus normalen 208F Zellen bzw. transformierten FE-8 Zellen
hybridisiert (Reverse Northern Analyse, Fig. 6). Zusätzlich wurde Gesamt-
RNA aus 208F und FE-8 Zellen mit Standard Northern Blots unter
Verwendung einzelner cDNA Fragmenten als Sonden analysiert. Durch
konventionelle Northern Analyse wurde die differenzielle Expression von 48
aus 50 willkürlich ausgewählten cDNA Fragmenten (96%) auf Reversen
Northern Blots verifiziert. Außerdem wurden 193 bekannte Genfragmente,
die keine eindeutigen oder gar keine Hybridisierungssignale auf Reversen
Northern-Membranen ergaben, auf konventionelle Weise analysiert. Die
Ergebnisse aller Standard-Northern Blot Analysen mit Hinweis auf
differenzielle Expression von Ras-Transformationstargets sind in Fig. 7
gezeigt. Exprimierte Sequence-Tags und neue Sequenzen wurden nicht
weiter analysiert, wenn die Sensitivität des Reversen Northern Blots nicht
ausreichend war, um eine differenzielle Expression eindeutig zu verifizieren.
Die Liste aller differenziellen Gene klassifiziert nach ausgewählten
Eigenschaften ihrer Produkte ist in Fig. 2 gezeigt. Die zum Nachweis von
Expressionsdifferenzen zwischen normalen und transformierten verwendete
Methode erlaubt die Isolierung von stark und gering exprimierten Genen.
Aufgrund des im SSH Verfahren enthaltenen Ausgleichsschritts wurde eine
Identifizierung von stark exprimierten Transkripten (z. B. kodierend für
Proteine des Cytoskeletts) und von mRNAs mit geringer Kopienzahl (z. B.
kodierend für Transkriptionsfaktoren) ermöglicht. Die bei dieser
Untersuchung identifizierten cDNA Fragmente stellen einen signifikanten
Bruchteil der in den zwei Zellinien differenziellen exprimierten Genen dar.
2.3 Transkriptionelle Basis für abnormes Wachstum, invasive und
metastasische Eigenschaften in Ras transformierten Zellen
Aus FE-8 Zellen wurde eine Anzahl von Genen gewonnen, von denen
bereits bekannt war, daß sie in Ras-transformierten Zellen in veränderten
mRNA-Mengen vorliegen. Die potentiellen Ras-Targets, die eine stimulierte
oder de novo Expression aufweisen, umfassen die Gene kodierend das
Metastase-assoziierte Glykoprotein CD44, den Transkriptionsfaktor Fra-1,
das alpha-Chemokin Mob-1, die Metalloproteinasen MMP-1 und MMP-3
sowie die regulatorische leichte Kette von Myosin. Die bekannten
herabregulierten Ras-Targets beinhalten die Gene für α-Actin, Kollagen α-1,
Entaktin/Nidogen, Fibronektin, TGFβ-stimulierte Sequenz TSC36,
Lysyloxidase, Glattmuskel-Myosin-Leichtkette (MLC)-2 und NAD-
Dehydrogenase.
Das Transkriptionsmuster von Ras transformierten Zellen zeigte eine eigene
Korrelation mit agressivem Tumorverhalten. So war beispielsweise die
Expression von Lamininrezeptor, MMP-1 (Collagenase), MMP-3
(Stromelysin-1), MMP-10 (Stromelysin-2) und CD44 Glykoprotein, deren
Bedeutung für die Metastasierung bekannt ist, in FE-8 Zellen stimuliert.
Gleichzeitig war eine große Anzahl von antiproliferativen, antiinvasiven oder
antiangiogenen Genen in FE-8 Zellen reprimiert. Diese Gene kodieren für
Syndecan-2, Gewebeinhibitor von Metalloproteasen (TIMP)-2, Lysyloxidase
(rrg-1), Thrombospondin-1, Proteinkinase A II, das myristoylierte,
alaninreiche C-Kinasesubstrat (MARCKS) und das Wachstumsarrest
spezifische Protein GAS-1.
Es wurde auch eine Verknüpfung zwischen der Ras-Onkogen vermittelten
Signalgebung und der Arzneimittelresistenz gefunden basierend auf der
Heraufregulierung von Genen in FE-8 Zellen, die beim Transport und der
Prozessierung von cytotoxischen Arzneimitteln beteiligt sind, einschließlich
des multispezifischen Anionentransporters MOAT-B, der Exopeptidase
Bleomycinhydrolase und der Aldehydreduktase. Weiterhin wurden diverse
Gene identifiziert, die an Signaltransduktionsprozessen für die Regulierung
der mitogenen Aktivität und des Überlebens der Zelle beteiligt sind, sowie
von Genen, welche die Reorganisierung des Cytoskeletts, die Reaktion auf
Stress, oxidative Phosphorylierung, glykolytische Energieerzeugung und
Fettsäureoxidation beeinflussen (Fig. 2).
3.4 Sensitivität von Ras-vermittelten transkriptionellen Änderungen auf
die Inhibierung des Raf/Mek-Signaltransduktionswegs
Es ist bekannt, daß eine Anzahl von Signaleffektorproteinen mit der Haupt-
Effektordomäne von Ras interagiert. Neben der Raf-Kinase, dem
Haupteffektor von Ras, sind auch Raf-unabhängige Mechanismen an der
Ras-vermittelten Transformation beteiligt (zum Überblick siehe Khosravi et
al., Adv. Cancer. Res. 72 (1998), 57-107). Es wurde nun untersucht, in
welchem Ausmaß die Raf-Signaltransduktionskaskade stromabwärts von
Ras die Gentranskription und den transformierten Phänotyp in FE-8 Zellen
beeinflußt.
Bei Behandlung mit dem spezifischen Mek-Inhibitor PD98059 zeigten FE-8
Zellen eine normalere Morphologie ähnlich wie 208 F-Zellen (Fig. 5a) und
eine signifikant verringerte Fähigkeit zur ankerunabhängigen Proliferation
(Fig. 5c) trotz gleichbleibender Mengen an p21 Ras (Fig. 5d). Die Raf/Mek-
Signalkaskade war blockiert, wie sich durch verringerte Mengen an
Phospho-p44/42-MAPK Mengen zeigte, die von denjenigen
nichtransformierten 208 F-Zellen nicht unterscheidbar waren (Fig. 5e).
cDNA Arrays umfassend alle differenziell exprimierten Sequenzen, die durch
Reverse Northern Analyse (Fig. 2) nachweisbar waren, wurden mit
radioaktiv markierten Sonden aus RNA von unbehandelten und Inhibitor
behandelten FE-8 Zellen hybridisiert. Weiterhin wurden insgesamt 77
präferentiell exprimierte bekannte Gene, die entweder auf DNA Arrays
positiv oder auf Arrays nicht nachweisbar waren, durch konventionelle
Northern Blot Analyse untersucht (Fig. 8a bis e). Dabei wurden 61 bekannte
Transkripte identifiziert, die gegenüber einer MAP-Kinase Hemmung sensitiv
waren (Fig. 3, Fig. 8a-e). Die H-Rras vermittelte Herabregulierung wurde für
36 Ttranskriptionstargets revertiert, während die Heraufregulierung von 25
Targets blockiert wurde. Die mRNA Mengen von 116 Genen oder
exprimierten Sequenzen war in mit Inhibitor behandelten FE-8 Zellen nicht
beeinflußt.
3.5 Ras Isoform-spezifische Genexpressionsprofile
Die Onkogene H-Ras, K-Ras und N-Ras und ihre Produkte ähneln sich in
Struktur und Funktion. Die Ras-Proteine unterscheiden sich jedoch erheblich
in der Aminosäurezusammensetzung des C-Terminus, dem
Expressionsmuster und ihrer posttranslationalen Modifikation (zum Überblick
siehe Malumbres und Pellicer, Frontiers in Biosciences 3 (1998), 887-912).
Weiterhin sind einzelne Isoformen in unterschiedlichen Krebsarten bevorzugt
mutiert (Bos, Canc. Res. 49 (1998), 4682-4689).
Um herauszufinden, auf welche Weise die beiden anderen Ras Isoformen die
Transkription von H-Ras Targetgenen beeinflußt, wurden 208F Ratten
zellinien hergestellt, welche das aktivierte K-Ras bzw. N-Ras Gen
exprimieren. Diese Zellinien zeigten ähnliche Eigenschaften in der
neoplastischen Transformation wie FE-8 Zellen (Fig. 9). Radioaktiv markierte
cDNA Sonden aus 208F Zellen transformiert durch mutiertes K-Ras bzw. N-
Ras wurden mit den die H-Ras transformationssensitiven Sequenzen
(n = 233) enthaltenden cDNA Arrays hybridisiert. Die Ergebnisse einer
Reversen Northern Analyse wurden durch konventionellen Northern Blot
verifiziert. Weiterhin wurden 30 Gene mit geringer Expression auf Northern
Blots analysiert (Fig. 8f bis i). Etwa 90% aller gegenüber einer H-Ras
Transformation sensitiven Sequenzen zeigen ein sehr ähnliches
Expressionsmuster in Zellen, die durch die beiden mutierten Ras Isoformen
transformiert worden waren. Die Mengen von 26 cDNA Fragmenten zeigten
jedoch deutliche Unterschiede (Fig. 4, Fig. 8f-e). Es wurden mehr
spezifische H-Ras Targets als K-Ras oder N-Ras Targets gefunden.
Der hohe Grad an Ähnlichkeit der Targetgene in drei unabhängigen
transfizierten Zellinien, welche verschiedene Ras-Isoformen exprimieren,
zeigt, daß die transkriptionellen Änderungen in hohem Maße reproduzierbar
sind und nicht auf willkürlichen Unterschieden zwischen den Zellinien
beruhen. Um Zellen eines unterschiedlichen Gewebetyps zu untersuchen,
wurde eine willkürlich ausgewählte Subklasse von Targetgenen von mit s
transformierten Rattenovarien-Oberflächenepithelzellen analysiert (Fig. 10,
links). Die transkriptionellen Änderungen in FE-8 und K-Ras transformierten
ROSE-Zellen waren sehr ähnlich. Außerdem waren die meisten der für FE-8
Zellen spezifischen transkriptionellen Änderungen in 208F-Zellen
reproduzierbar, die mit einem IPTG induzierbaren H-Ras Gen transformiert
worden waren (Fig. 10, rechts).