Verfahren zum Sterilisieren von hitzeempfindlichem Verpackungsmaterial
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Sterilisieren von hitzeempfindlichen Verpackungsmaterialien wie z. B. Papier, mit Kunststoff beschichtetes Papier oder Kunststoffolien.
Es sind Verfahren bekannt, die es erlauben, flüssige oder feste Stoffe wie Nahrungsmittel, Getränke, pharmazeutische Produkte oder Hilfsstoffe entweder völlig keimfrei herzustellen oder einer keimfreimachenden Behandlung zu unterziehen. Es ist auch schon bekannt, Milch und andere flüssige Nahrungsmittel zu entkeimen und unter sterilen Bedingungen in Biechdosen oder Glasflaschen einzufüllen und solche Behälter unter sterilen Bedingungen zu verschliessen.
Die verhältnismässig hohen Kosten für Blechdosen und das bei Flaschen besonders ungünstige Gewichtsverhältnis zwischen Ware und Verpackung sowie der kostspielige Rücknahme- und Reinigungsdienst wirken sich jedoch derart verteuernd aus, dass diese Verpackungsarten für Verbrauchsgüter, wie z. B. Milch, in den wenigsten Fällen wirtschaftlich sind.
Anderseits sind wegwerfbare Packungen aus Papier, Kunststoff oder aus anderen mindestens teilweise aus organischen Substanzen bestehende Materialien bekannt. Zum sterilen Verpacken eines sterilen Gutes muss nun mindestens die später die Innenseite solcher Packungen bildende Materialseite bzw. die Innenseite der fertigen Packungen vollständig keimfrei gemacht werden. Hierzu wird in der Regel das Material erhitzt, was sich in vielen Fällen schwierig gestaltet, weil solches mindestens zum Teil aus organischen Substanzen bestehendes Material sehr hitzeempfindlich ist.
Viele Verpackungsverfahren arbeiten ferner so, dass die Packungen nicht vorfabriziert, sondern laufend gebildet und während ihrer Bildung mit dem zu verwendenden Gut gefüllt werden. In solchen Fällen kann das Material zum Beispiel als Streifen oder Schlauch kontinuierlich der Verpackungsmaschine zugeführt werden; hierbei stellt die Einschaltung des Sterilisierprozesses in den Weg des Verpackungsmaterials besondere Probleme, weil bei leistungsfähigen Maschinen mit beträchtlicher Zulaufgeschwindigkeit des Verpackungsmaterials für eine solche nach dem Durchlaufprinzip erfolgende Sterilisierbehandlung ein nur kurzes Zeitintervall und eine nur kurze Wegstrecke zur Verfügung steht.
Bei der Sterilisierung durch Erhitzung stehen die für Abtötung sämtlicher Keime nötige Erhitzungstemperatur und Erhitzungsdauer in einem bestimmten Zusammenhang, und zwar etwa so, dass je höher die Erhitzungstemperatur gewählt werden kann, eine um so kürzere Erhitzungsdauer zur vollständigen Vemich tung der Keime nötig ist.
Die Zeichnung veranschaulicht in Fig. 1 in graphischer Darstellung diesen Zusammenhang zwischen Erhitzungstemperatur und Erhitzungsdauer, die zum Erreichen vollständiger Sterilität des Verpackungsmaterials nötig sind, wobei in Ordinatenrichtung die Temperatur T und in Abszissenrichtung die Erhitzungsdauer t aufgetragen sind.
Die Kurve a (Fig. 1) bildet die sogenannte Letalitätskurve für eine bestimmte hitzeresistente Keimart.
Bei einer Behandlung entsprechend einem oberhalb der Kurve a gelegenen Arbeitspunkt, d. h. mit der diesem Punkt zugeordneten Erhitzungstemperatur und Erhitzungsdauer, werden mit Sicherheit sämtliche Keime vernichtet, was nicht der Fall ist für einen unterhalb der Kurve a befindlichen Arbeitspunkt, wo mindestens ein Teil der Keime der Behandlung widerstehen können. Die Kurve gibt also die für eine bestimmte Erhitzungstemperatur nötige Erhitzungsdauer zum Erreichen vollständiger Sterilität an bzw. umgekehrt.
Hitzeempfindliche Verpackungsmaterialien, wie zum Beispiel solche aus organischen Substanzen, lassen sich wie erwähnt nicht beliebig hoch und beliebig lang erhitzen. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Erhitzungstemperatur und Erhitzungsdauer, die ohne schädliche Veränderung des Materials noch zulässig sind. Dieser Zusammenhang wird durch die Kurve b schematisch veranschaulicht, die zeigt, dass hohe Erhitzungstemperaturen nur kurzzeitig vom Material ausgehalten werden bzw. dass längere Erhitzungszeiten eine entsprechend gesenkte Erhitzungstemperatur verlangen.
Für bestimmte Verpackungsmaterialien bzw. bei der Vernichtung einer bestimmten Keimart kann der gezeichnete Fall eintreten, dass die Kurve h die Kurve a schneidet; dies bedeutet, dass im schraffierten Bereich es überhaupt nicht möglich ist, die betreffende Keimart durch Erhitzen ohne Schädigung des Verpackungsmaterials zu vernichten.
Die Erfindung ermöglicht, die geschilderten Nachteile weitgehend auszuschalten. Das erfindungsgemässe Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass die Erhitzung in Anwesenheit eines bakteriziden Stoffes durchgeführt wird, zu dem Zweck, die für vollständige Vernichtung der Keime nötige Erhitzungstemperatur und/oder Erhitzungsdauer herabzusetzen.
Das erfindungsgemässe Verfahren stützt sich auf die überraschende Tatsache, dass bei Erhitzung des zu sterilisierenden Verpackungsmaterials in Anwesenheit eines bakteriziden Stoffes bei gleicher Zeitdauer der Erhitzungsbehandlung die für vollständige Vernichtung auch der hitzeresistentesten Keime nötige Temperatur wesentlich niedriger gehalten werden kann als bei alleiniger Sterilisierung durch Erhitzen oder auch bei Vorbehandlung des Verpackungsmaterials mit einem bakteriziden Stoff und Entfernen des letzteren aus dem Material vor der Erhitzung. Wird anderseits die Erhitzung mit gleichen Erhitzungstemperaturen durchgeführt, gestattet das erfindungsgemässe Verfahren eine erheblich kürzere Zeitdauer der Erhitzung.
Das Verfahren ermöglicht deshalb, hitzeempfindliches Material weit schonender zu sterilisieren bzw. die Sterilisierung mit einer beträchtlich vergrösserten Geschwindigkeit durchzuführen.
Wird erfindungsgemäss dafür gesorgt, dass die Erhitzung in Anwesenheit eines geeigneten bakteriziden Stoffes erfolgt, verschiebt sich die Letalitätskurve a (Fig. 1) im Sinne einer Verminderung der bei gegebener Erhitzungsdauer nötigen Sterilisationstemperatur. Die neue Lage der Kurve a wird durch die Kurve a' veranschaulicht. Es ergibt sich, dass nicht nur die Kurve b die Kurve a'nicht schneidet, sondern dass Erhitzungstemperatur bzw. Erhitzungsdauer wesentlich herabgesetzt werden konnen.
Die Erfindung wird in der nachfolgenden Beschreibung anhand einiger Ausführungsbeispiele näher erläutert.
Fig. 2 veranschaulicht eine Einrichtung zur Durchführung einer Ausführungsform des Verfahrens in schematischer Darstellung. Das zu behandelnde bahnförmige Verpackungsmaterial 1 wird von der drehbar gelagerten Vorratsrolle 2 abgezogen und wird über Umlenkstäbe 3 durch das im Behälter 4 befindliche Fiüssigkeitsbad 5 gezogen. Dieses besteht aus einer Lösung eines bakteriziden Stoffes, z. B. einer 15 0/obigen Wasserstoffsuperoxydlösung. Das bahnförmige Material 1 besteht aus einem geeigneten Papier, das auf der Oberseite mit einem Polyäthylenbelag versehen ist, der später die Innenseite der fertigen Packung bildet. Nach Passieren des Flüssigkeitsbades 5 wird die Bahn 1 über eine drehbare Trommel 6 geführt und gelangt anschliessend in eine nicht gezeichnete Verpackungs- und Abfülimaschine.
Im Bereich des von der Bahn umschlungenen Umfangteils der Trommel ist eine feststehende Erhitzungsvorrichtung 7 angeordnet. Diese kann wie gezeigt eine elektrisch beheizte Heizwicklung 8 aufweisen, wobei die Erhitzungsvorrichtung die auf der Trommel im Abstand zu ihr vorbeibewegte Bahn 1 vorwiegend durch Strahlung erhitzt. Die Verhältnisse sind etwa so eingerichtet, dass das Zeitintervall vom Eintauchen eines Bahnteilchens in das Flüssigkeitsbad 5 bis zum Auflaufen auf die Trommel etwa 2 Sekunden und die Erhitzung des Bahnteilchens etwa 3 Sekunden dauert. Durch das Eintauchen der Bahn in die Lösung des bakteriziden Stoffes wird die Bahn befeuchtet und führt so den bakteriziden Stoff auf ihrer Oberfläche bzw. im Papier mit. Die anschliessende Erhitzung findet also in Anwesenheit des bakteriziden Stoffes statt.
Die überraschende Wirkung des vorliegenden Verfahrens kann durch folgende Versuchsergebnisse belegt werden. Eine gewisse Bahnlänge wurde mit dem ausserordentlich hitzeresistenten bacillus stearothermophylus 1518 infiziert, und zwar mit einer Keimzahl von etwa 11 200/dm2. Die Kochresistenz dieser Keimart ist derart, dass von der gesamten Sporenzahl nach 14 Stunden Kochzeit im Wasser 900/0 immer noch lebensfähig sind.
Ohne Anwesenheit eines bakteriziden Stoffes war an der Stelle A (Fig. 2) zum Erreichen vollständiger Sterilität der behandelten Bahn eine mittels Thermoelement gemessene Temperatur von 4200 C notwendig. Die Auflagefläche der Trommel für die Papierseite der einseitig mit Polyäthylen beschichteten Bahn wurde hierbei auf 80" C gekühlt.
Bei geschildertem Durchführen der Bahn durch eine 150/obige Wasserstoffsuperoxydlösung war zum Erreichen absoluter Sterilität bei gleicher Trommeltemperatur und gleicher Bahngeschwindigkeit an der Stelle A nur eine Temperatur von 2800 C notwendig.
Ferner sei erwähnt, dass beispielsweise durch alleinige Einwirkung des bakteriziden Stoffes zur Vernichtung der Keime eine sehr lange Behandlungszeit nötig ist. Für eine 156/0 ige HOO2-Lösung beträgt beispielsweise die Inaktivierungszeit für den weit weniger resistenten bacillus subtilis 5 Minuten, was die Einschaltung eines solchen Sterilisierprozesses in ein kontinuierliches Verpackungs- und Abfüllverfahren völlig ausschliesst. Die Kochresistenz der genannten Keime ist derart, dass etwa 70 /o der Sporen 7 Stunden in kochendem Wasser aushalten.
Zweckmässig wird ein unter Hitze einwirkung sich verflüchtigender bakterizider Stoff verwendet und die Erhitzung mindestens bis zum Verflüchtigen schädlicher Teile des bakteriziden Stoffes aus dem Material durchgeführt. Diese Eigenschaften weist das bereits genannte Wasserstoffsuperoxyd auf, das sich unter Hitzeeinwirkung unter Abspaltung von naszierendem Sauerstoff und Wasserdampf vollständig beim Erhitzen verflüchtigt. Damit wird erreicht, dass die sterilisierte Bahn keine Bestandteile des bakteriziden Stoffes aufweist, welcher sich bei Berührung mit dem in der hergestellten Packung abgefüllten Gut schädlich auswirkt, z. B. durch Geschmacksbeeinflussung des Gutes. Besonders geeignet erweist sich ferner als bakterizider Stoff auch Formaldehyd, zweckmässig als Lösung, die unter Hitzeeinwirkung verdunstet.
Der bakterizide Stoff kann vorteilhaft vor der Erhitzung auf die Oberfläche des Verpackungsmaterials aufgebracht werden, z. B. durch das geschilderte Durchführen der Bahn durch ein Flüssigkeitsbad oder durch Aufsprühen oder Aufdampfen des Stoffes. Ferner kann der bakterizide Stoff zweckmässig auch in das zu sterilisierende Verpackungsmaterial eingebracht werden, z. B. durch Einbringen in eine Papiermasse oder durch Bilden einer Zwischenschicht bei mehrschichtigem Verpackungsmaterial. So kann ein mehrschichtiges Verpackungsmaterial zwei Papierschichten mit dazwischenliegender Aluminiumfolie aufweisen und der bakterizide Stoff kann vor dem Zusammenbringen dieser Schichten mindestens einseitig auf die Folie aufgetragen werden.
Auch ist es möglich, den bakteriziden Stoff der zur Bildung eines Kunststoffüberzuges dienenden Masse beizugeben. Beim Einbringen des bakteriziden Stoffes in das fertige Verpackungsmaterial empfiehlt sich ganz allgemein das Tränken mit einer Lösung des Stoffes, welcher zusätzlich ein Netzmittel beigegeben werden kann.
Vorteilhaft kann der bakterizide Stoff auch während der Erhitzung des Verpackungsmaterials auf die Oberfläche desselben aufgebracht werden. Dies kann z. B. durch Aufsprühen einer Lösung des bakteriziden Stoffes erfolgen, oder die Erhitzung kann in einer den bakteriziden Stoff als Gas oder Dampf enthaltenden Atmosphäre durchgeführt werden. Hierzu empfiehlt sich beispielsweise die Verwendung von Natriumhypochlorit, indem eine Lösung desselben erhitzt und die entweichenden Gase und Dämpfe in einen geschlossenen Raum geführt werden, in dem das Verpackungsmaterial erhitzt wird. Bakterizid wirkende Gase und Dämpfe können auch während der Erhitzung auf das zu sterilisierende Verpackungsmaterial aufgeblasen werden.
Die Erhitzung des zu sterilisierenden Verpakkungsmaterials kann auch zweckmässig mit Hilfe eines gas- oder dampfförmigen Wärmeträgers erfolgen, der gleichzeitig den Träger für den bakteriziden Stoff bildet. So kann beispielsweise das Verpackungsmaterial mit erhitztem Wasserdampf in Berührung gebracht werden, der aus einer oder mehreren Düsen auf die Materialoberfläche gerichtet wird. Dem Dampfstrahl kann dann der bakterizide Stoff als Dampf oder in Form von Flüssigkeitströpfchen beigemischt werden.
In der Regel empfiehlt es sich, die Erhitzung des Verpackungsmaterials zeitlich über die Einwirkung des bakteriziden Stoffes hinaus zu führen, um durch Hitzeeinwirkung Rückstände des bakteriziden Stoffes aus dem Material zu entfernen. Sofern jedoch durch das Erhitzen das Verpackungsmaterial noch so viel Wärme enthält, dass nach abgeschlossener Wärmezufuhr noch aufgebrachte oder mit dem Material in Berührung gebrachte bakterizide Stoffe bei erhöhter Temperatur auf das Material einwirken, kann sich die Einwirkung des bakteriziden Stoffes auch über die eigentliche Erhitzungsdauer ausdehnen.
Bilden sich Rückstände des bakteriziden Stoffes auf dem sterilisierten Material, so können solche Rückstände anschliessend an die Sterilisierbehandlung durch Auswaschen mit Hilfe einer sterilen Flüssigkeit - z. B. Wasser - entfernt werden. Selbstverständlich ist in allen geschilderten Ausführungsbeispielen dafür Sorge zu tragen, dass die sterilisierte Bahn bis zum Verschliessen der aus ihr gebildeten Packung mindestens mit ihrer die Innenseite der Packung bildenden Oberfläche nicht mit Keimen in Berührung kommt.
Die Erfindung ist nicht auf die geschilderten Aus fiihrungsbeispiele beschränkt. So kann das Material auch beidseitig, d. h. auch auf der später die Aussenseite der Packung bildenden Materialseite sterilisiert werden, was die Gefahr der Nachinfektion der Innenseite bei noch nicht verschlossener Packung vermindert. Die Art der Erhitzung kann dem jeweiligen Material angepasst werden; neben Erhitzung durch Wärmestrahlen oder mit Hilfe eines gas- oder dampfförmigen Wärmeträgers kann auch eine Erhitzung verbunden mit Ultraviolettbestrahlung oder eine Erhitzung auf elektrischem Wege in einem Hochfrequenzfeld erfolgen. Schliesslich können auch Mischungen verschiedener bakterizider Stoffe verwendet werden.