Verfahren zur Herstellung von verstärkten bzw. versteiften Kunststoff-Formteilen im Spritzgussverfahren
Das Prinzip der Verstärkung von Kunststoff Formteilen durch Einlagerung von Geweben, Fasermatten und dergleichen ist bekannt. Es war bisher jedoch nicht möglich, derartige Formteile, insbesondere solche von grosser Oberfläche, im Spritzgussverfahren herzustellen. Bei den heute für thermoplastische Kunststoffe üblichen Spritzgussverfahren wird der geschmolzene Kunststoff mit sehr hohen Geschwindigkeiten, das heisst mit sehr hohen Drükken, in eine kalte oder mässig warme Form eingespritzt, um zu verhindern, dass während des Füllvorganges der Form eine Verfestigung des Kunststoffes durch seine vorzeitige Abkühlung eintritt.
Infolge dieser hohen Einspritzgeschwindigkeit ist es nicht möglich, den Kunststoff selbst mit ausreichenden Fasermengen zu füllen oder Gewebe und dergleichen vor dem Füllvorgang in die Form einzulegen.
Das erfindungsgemässe Verfahren gestattet die Herstellung von Kunststoff-Formteilen von einer beliebig grossen Oberfläche im Spritzgussverfahren, die durch Einlagerung von Fasermatten, z. B. von Geweben, Filzen oder dergleichen, verstärkt bzw. versteift sind. Die Steifigkeit des Formkörpers kann noch dadurch verbessert werden, dass man auf diesem gleichzeitig auch ein Waben- oder Rippensystem herstellt.
Das Verfahren gemäss der vorliegenden Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kunststoff in zähflüssigem Zustand unter Druck von einem Punkt, der sich an der Berührungslinie der beiden Formhälften befindet, mit einer so geringen Fliessgeschwindigkeit eingespritzt wird, dass sich die Fasermatten in der Fliessrichtung des Kunststoffes nicht verschieben, dass der Kunststoff während des Füllvorganges der Form seine Temperatur nicht ändert, dass der Kunststoff die Fasermatten während des Füllvorganges gegen eine oder beide Formwandungen drückt, ohne in die Fasermatten einzudringen, und dass nach völliger Füllung der Form ein höherer Druck als während des Füllvorganges auf den noch flüssigen Kunststoff ausge übt wird, und dass schliesslich der Kunststoff durch Temperaturänderung verfestigt wird.
Im einzelnen soll das Verfahren der vorliegenden Erfindung an einem Ausführungsbeispiel in Verbindung mit der beigefügten Zeichnung erläutert werden:
Zwei formbare Glasgewebe 1 und 1' (Fig. 1) werden in einem Rahmen 2 und 2' befestigt. Die Form 3 und 3' befindet sich auf einer Temperatur von etwa 1300 C. Mit Hilfe der Rahmen 2 und 2' werden die Glasgewebe 1 und 1' zwischen die beiden Formhälften 3 und 3'gebracht. Die Form wird so- dann geschlossen (Fig. 2), wobei die Gewebebahnen 1 und 1' durch die Auflageränder der Form eingespannt werden.
Das flüssige Polyesterharz, das seinen Härter und Härtebeschleuniger bereits enthält, und das eine Temperatur von etwa 20-22"C besitzt, wird nach Entfernung der Rahmen 2 und 2' zwischen die formbaren Gewebebahnen 1 und 1' durch die Düse 4 und 4' so langsam eingespritzt, dass sich die Gewebebahnen 1 und 1' in der Fliessrichtung des Kunstharzes nicht verschieben. Infolge des geringen, in der Form auftretenden Druckes und der relativ hohen Viskosität des Kunstharzes dringt dieses während des Füllvorganges nicht in die Gewebebahnen 1 und 1' ein, sondern schiebt sich zwischen diesen hindurch, indem es sie gegen die Formwandungen drückt.
Sobald auf diese Weise eine vollkommene Füllung des Zwischenraumes zwischen den Gewebebahnen erreicht ist, bildet sich in der Form ein Gegendruck aus, so dass der Einspritzdruck innerhalb der Form zur Wirkung kommt. Unter der Wirkung dieses Druckes wird nunmehr das noch immer flüssige Kunstharz in die Gewebebahnen hineingedrückt, die Fasern werden gegenseitig verklebt und das Kunstharz kommt mit der heissen Formwandung in Berührung. Dadurch erwärmt sich das Kunstharz auf die Temperatur der Formwandung, und die Härtung des Formteiles wird eingeleitet (Fig. 3).
Der Kunststoff kann entweder durch Abkühlung, wenn es sich um einen Thermoplasten handelt, oder durch Erwärmen, wenn es sich um ein heiss härtbares Giessharz, z. B. vom Typ der Polyesterharze, handelt, verfestigt werden. Diese Abkühlung oder Erwärmung des Kunststoffes wird im allgemeinen dadurch erreicht, dass man die Temperatur der Form ändert. Bei Formen mit kleiner Oberfläche kann die Temperatur der Form bei der Füllung jedoch auch von der Temperatur des eingespritzten Kunststoffes verschieden sein: Durch die Isolierwirkung der Gewebe, Fasermatten und dergleichen behält der flüssige Kunststoff während des Füllvorganges zunächst seine Temperatur - unabhängig von der Temperatur der Formwandung - bei.
Sobald der Kunststoff nach der Füllung des Zwischenraumes zwischen den Gewebebahnen durch diese hindurchdringt und mit den Formwandungen in direkte Berührung kommt, wird diese Isolierwirkung aufgehoben und der Kunststoff nimmt nun die Temperatur der Formwandung an.
Soll der Formteil gleichzeitig auch durch ein Rippen- oder Wabensystem verstärkt werden, so verwendet man eine Form, die an den Stellen der Rippen entsprechende Rillen besitzt. Diese Rillen erleichtern im übrigen auch eine gleichmässige Verteilung des Kunststoffes über die gesamte Fläche des Formteiles während des Füllvorganges der Form.
Die Verfestigung des Kunststoffes wird in diesem Fall zuerst von der glatten Seite des Formteiles her eingeleitet, durch Abkühlen oder durch Erwärmen der mit dieser in Berührung stehenden Formhälfte.
Wenn sich auf der glatten Seite des Formteiles eine so dicke, feste Kunststoffschicht gebildet hat, dass keine Verformung infolge des Materialschwundes bei der Verfestigung mehr auftreten kann, wird die Verfestigung des Kunststoffes von der Rippenseite des Formteiles her durch Abkühlen oder Erwärmen der zweiten Formhälfte eingeleitet. Es ist zweckmässig, während des Verfestigungsvorganges Kunststoff in die Form nachzudrücken.
Sobald der Formteil eine ausreichende Formstabilität hat, wird ausgeformt und der Härtungsvorgang eventuell im Wärmeschrank zu Ende geführt. Die aus dem Formteil vorstehenden Gewebeteile werden schliesslich abgeschnitten. Fig. 4 stellt einen Teil des Formteiles dar. In seinen Aussenzonen 7 und 7' ist der Kunststoff durch Glasfasergewebe verstärkt; die Mittelzone besteht dagegen aus reinem Kunstharz.
Um wirtschaftlich arbeiten zu können, wird zweckmässig eine Form mit möglichst geringer Wärmekapazität verwendet, die einen sehr schnellen Temperaturwechsel an ihren Formschalen zulässt. Die das Heiz- oder Kühlmittel führenden Kanäle sollen möglichst gleichmässig und in geringem und annähernd konstantem Abstand vom Kunststoff über die gesamte Formoberfläche verteilt sein. Eine Form, die diesen Anforderungen entspricht, ist im Schweizer Patent Nr. 333185 beschrieben.
Das vorliegende Verfahren gestattet die serienmässige Herstellung von dünnwandigen Kunststoff Formteilen, insbesondere von solchen mit grossen Oberflächen, die durch Gewebeeinlagen, Fasermatten und dergleichen und eventuell auch gleichzeitig durch Rippen- und Wabensysteme verstärkt bzw. versteift sind, in einem Niederdruck-Spritzgussverfahren. Derartige Formteile haben ein besonderes Interesse als Bauelement für Autokarosserien, für Flugzeuge, für Dachdeckungen, für den Wohnungsbau, für Möbel usw.