Die Erfindung betrifft eine Verwendung von Arginin.
Arginin (L- (+) -[alpha]-Amino-[delta]-guanidinovaleriansäure) stimuliert die endogene Wachstumshormon (WH) -Ausschüttung, hauptsächlich auf hypothalamischer Ebene durch eine Verminderung des Somatostatintonus (Masuda et al., 1990).
Dieser Effekt ist die Grundlage eines der gebräuchlichsten Testverfahren in der Diagnose des WH-Mangels (Arginintoleranztest) , wobei es nach Infusion von 0,5 g/kg Körpergewicht beim Gesunden zu einem signifikanten Anstieg der WH-Konzentration kommt (Rahim et al., 1996).
Neben dieser diagnostischen Fragestellung der Effekt von Arginin als Bestandteil von Aminosäuresupplementen in Hinblick auf die WH-Ausschüttung kontroversiell beurteilt.
In früheren Studien wurde der Effekt von Arginin auf die Wachstumshormonausschüttung, sowie auf die durch GHRH mediierte WHAusschüttung in unterschiedlichen Altersgruppen, in sehr unterschiedlichen Dosen, sowohl nach oraler Verabreichung als auch nach Infusion untersucht: Ghigo et al .
(1994) fanden bei gesunden älteren Probanden eine signifikante Zunahme der WH-Konzentrationen im GHRH-Test nach i .v. -Applikation von 10 g und 30 g Arginin, während es nach 5 g Arginin zu keiner erhöhten WH-Ausschüttung kam.
Ebenfalls keine Steigerung der WH-Konzentrationen nach oraler Verabreichung von Arginin in niedrigeren Dosierungen, wie in der Dosis von 1,2 g (Isodori 1981), 2 g (Fogelholm et al., 1993), 2,4 g (Lambert et al . , 1993) und 5 g (Marcell et al . , 1999), konnte in der Folge nachgewiesen werden.
In diesen Untersuchungen galt als Parameter der WH-Ausschüttung die Fläche unter der Kurve (AUC) mit WH-Bestimmungen alle 30 min; der maximale WHWert während der Beobachtungsdauer, oder aber ein einziger WHWert.
Die Behandlung von WH-Ausschüttungsstörungen oder die Substitution von WH mit Arginin konnte sich daher nicht durchsetzen, da orale Verabreichungsmengen von 20 bis 30 g oder mehr auf Grund des Eigengeschmackes von Arginin nicht zumutbar sind und nicht einmal durch Zusätze von Hilfsverbindungen, wie Geschmacksstof fen oder anderen Formulierungshilfen, maskiert werden können. Daher hat sich generell die Gabe von WH (somatotropes Hormon, Somatropin; englisch: Human Growth Hormone (HGH) ) selbst durchgesetzt, insbesondere, seit dieses Protein in rekombinanter Form zur Verfügung gestellt werden kann.
Die Wirkung von WH umfasst vor allem Steigerung der DNA-Synthese über Somatomedin, die Anregung der Proteinbiosynthese und Hemmung der Lipidsynthese, Ausschüttung von Glucagon, Erhöhung des Blutzuckerspiegels durch Insulin-antagonistische Wirkung und Steigerung der Gluconeogenese in der Leber.
WH-Mangel führt zur Nanosomie (Minderwuchs) ; pathologisch erhöhte WH-Serumkonzentrationen zur Akromegalie. Die WH-Substitutionstherapie durch gentechnisch hergestelltes WH stellte zwar einen grossen Fortschritt gegenüber WH-Präparaten aus natürlichen Quellen (Gehirn) dar, jedoch ist diese WH-Substitution wahrscheinlich verantwortlich für ein erhöhtes Malignomrisiko (z.B. akute lymphoblastische Leukämie) und erfordert daher sorgfältige Indikationsstellung und Dosierung (s. Pschyrembel, 257. Auflage, Stichwort "STH").
Auch zahlreiche nicht-therapeutische Verwendungen von WH sind verbreitet, z.B. zum Gewichtsverlust/Muskelzunahme bzw. "Anti-Aging" vor allem bei Sportlern.
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht daher darin, einen Alternativweg zur Stimulierung der Wachstumshormonsekretion bzw. zur Wachstumshomorgabe zur Verfügung zu stellen.
Demgemäss betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung von Arginin zur Herstellung eines Lebensmittels, insbesondere in Form eines Getränks, in einer Zufuhrmenge von 6 bis 20 g Arginin, insbesondere zur Stimulierung der Wachstumshormonsekretion.
Die vorliegende Erfindung betrifft auch die Verwendung von Arginin zur Herstellung eines Medikaments in einer oralen Zufuhrmenge, enthaltend etwa 6 bis 20 g Arginin, zur Stimulierung der Wachstumshormonsekretion.
Überraschenderweise konnte mit der vorliegenden Erfindung gezeigt werden,
dass tatsächlich mit einer oralen Verabreichung, mit der etwa 6 g oder mehr zugeführt werden, bereits eine über die GHRH (Growth Hormon Releasing Hormon) mediierte WH-Ausschüttung erzielt werden konnte. Die erfindungsgemässe Dosierung liegt dabei in einem Bereich, in dem eine derartige Arginingabe auch oral applizierbar ist, insbesondere hinsichtlich der Geschmackseigenschaften.
Es zeigte sich erfindungsgemäss, dass bereits mit einer Dosis von 6 g, vorzugsweise 6 bis 12 g, noch bevorzugter 6 bis 10 g, insbesondere 6 bis 8 g, eine effektive WH-Ausschüttung erzielt werden kann.
Jedoch zeigte sich, dass bei Dosierungen von 5 g oder 4 g eine effiziente WH-Ausschüttung nicht mehr initiiert werden konnte .
Erfindungsgemäss kann Arginin in der obigen Dosierung sogar ohne weitere Zugabe von Geschmacksstoffen verabreicht werden, jedoch können selbstverständlich bei Bedarf auch wirkungsneutrale Zusatzstoffe (also solche Stoffe, die die Wirkung von Arginin für die Wachstumshormonsekretion nicht maskieren) - neben eventuellen pharmazeutisch akezptablen Trägern - vorgesehen werden.
Es ist klar, dass unter "Arginin" in der vorliegenden Erfindung sämtliche verabreichbare Formen von Arginin verstanden werden, mit denen Arginin auf orale Weise wirksam verabreicht werden kann, also insbesondere die freie L-Arginin-Base oder deren Salze, aber auch Di- oder Oligopeptide mit Argininresten in Peptidbindung (z.B.
CTligo- oder Polyarginin wie R2-8oder R60)
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung hat sich eine orale Verabreichungsmenge von 6,0 +- 0,5 g bzw. 8,0 +- 0,5 g Arginin als besonders geeignet dargestellt. Diese Ausführungsform ist daher als die besonders Bevorzugte anzusehen.
Die erfindungsgemässen Lebensmittel oder Medikamente, enthaltend etwa 6 bis 20 g Arginin, werden vorzugsweise zur Behandlung von WachstumsStörungen, die im Zusammenhang mit einer verminderten WH-Sekretion stehen, verwendet, besonders bevorzugt zur Behandlung von Minderwuchs, also einer krankhaften Verminderung des Längenwachstums, insbesondere zur Behandlung von Kleinwuchs (Körperlänge unterschreitet die 10. Perzentile der Wachstumskurve für das entsprechende Alter) , oder Minderwuchs im engeren Sinne (mit Unterschreitung der 3. Perzentile) .
Dabei können sowohl familiärer Minderwuchs und konstitutionelle Entwicklungsverzögerung, intrauteriner (primordialer) Minderwuchs (SilverRussell-Syndrom) , Minderwuchs bei Chromosomopathien (z.B. bei Turner-Syndrom, Down-Syndrom) , durch Umweltfaktoren bedingter Minderwuchs (Mangelernährung, psychosozialer Minderwuchs) , Minderwuchs infolge nicht-endokrin bedingter Stoffwechselstörungen (z.B.
Rachitis, Phosphatdiabetes, chronische Glomerulonephritis, Malabsorption, zystische Fibröse, Zöliakie, Megakolon, chronische Hepatitis, Glykogenspeicherkrankheiten, angeborener Herzfehler mit Zyanose, chronische Anämien, Bronchiektasien, Gaucher-Krankheit, Niemann-Pick-Krankheit, Hand-SchüllerChristian-Krankheit, Dysostosis multiplex, ....), Minderwuchs bei Skeletterkrankungen (Chondrodystrophie, chondroektodermale Dysplasie, Osteogenesis imperfecta) und insbesondere endokriner Minderwuchs, (hypophysärer Minderwuchs, isolierter Wachstumshormonmangel, Hypophysenvorderläppen-Insuffizienz, Prader-LabhartWilli-Syndrom, Hypothyreose, adrenogenitales Syndrom, CushingSyndrom, Leydig-Zelltumoren, Pubertas praecox, Diabetes ellitus) behandelt werden.
Generell kann aber die vorliegende Erfindung für alle Indikationen verwendet werden,
bei welchen eine Beeinflussung der WH-Konzentration im Blut (Hinaufregulierung) gewünscht ist, vor allem natürlich, um unterdurchschnittliche Wachstumshormonkonzentrationen im Blut zu normalisieren.
Gemäss einem besonders bevorzugten Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung ein Lebensmittel, insbesondere ein Getränk, enthaltend etwa 6 bis 20 g Arginin (pro Konsumeinheit; z.B. pro Ge tränkedose) . Neben Arginin kann das erfindungsgemässe Lebensmittel (Getränk) ein oder mehrere weitere übliche lebensmitteltechnologisch verwendbare Komponenten beinhalten, wie z.B. Geschmacksstoffe, Aromen, Süssungsmittel, Ballaststoffe, Cerealien, Fruchtsäfte, Konservierungsstoffe, Mittel zur Isotonisierung (z.B. physiologische Salze), Säuerungsmittel (inkl.
Kohlensäure), Kohlenhydrate, Proteine, etc.
Bevorzugter Weise wird das erfindungsgemässe Lebensmittel (Getränk) für die beim WH-Einsatz vorgesehenen Anwendungen verwen det, z.B. zur Gewichtsreduktion, für die Umwandlung von Fett in Muskelmasse und zum Aufbau von Muskelmasse und -tonus, insbesondere bei Sportlern, um altersbedingten Prozessen entgegenzusteuern ( "Anti-Aging" ) , zur Erhöhung der Libido und zur Verlängerung der Penis-Erektion, zur Verbesserung der Knochenstruktur, zur Verbesserung der Gedächtnisleistung, zur Verbesserung des Hautzustandes, zur Anregung des Haarwachstums und zur Entgegenwirkung der Faltenbildung.
Die Erfindung wird an Hand der nachfolgenden Beispiele und der Zeichnungsfiguren näher erläutert, auf die sie selbstverständlich nicht eingeschränkt sein soll.
Fig.
1 zeigt die WH (uU/ml) -Profile bei 12 Probanden (-60 bis 240 min nach Placebo und Arginin 8 g oral,
Fig. 2 zeigt die Wachstumshormonausschüttung (median AUC) nach Placebo/Arginin 8 g oral, und
Fig. 3 zeigt die Wachstumshormonausschüttung (median AUC) nach Placebo/Arginin 6 g oral/Arginin 8 g oral.
B e i s p i e l e :
Ziel der Untersuchung ist die Beurteilung des Einflusses von oral verabreichtem Arginin gegen Placebo auf die Wachstumshormonausschüttung bei gesunden jungen Männern. Als Parameter gilt die Fläche unter der Kurve (AUC) der WH-Serumkonzentrationen (in 15 min-Intervallen) 4 Stunden nach Placebo gegen 6 und 8 g oral verabreichtem Arginin.
Probanden:
Wegen der Zyklusabhängigkeit der spontanen WH-Sekretion bei Frauen und der möglichen Beeinflussung durch Kontrazeptiva wurden nur gesunde männliche Probanden (Alter 20-30 Jahre) untersucht.
Ausschlusskriterien waren Anämie, Hormonstörungen, chronische Medikation, Unter- und Übergewicht, psychische Erkrankungen und Essstörungen. Folgende Daten wurden erfasst: Körperlänge, Gewicht, Body Massindex.
Ablauf der Untersuchung:
Letzte Mahlzeit um 22 Uhr des Vortages. Wegen des zu erwartenden "Stichstresses" nach Venenpunktion (Anstieg der WH-Spiegel) Testbeginn (Verabreichung der Testsubstanz) 60 min nach Venenpunktion.
Blutabnahmen alle 15 Minuten: 30 min vor bis 240 min nach. Testsubstanz (Arginin oder Placebo) zur Bestimmung der WH-Konzentration im Serum.
TestSubstanz A: 6 bzw. 8 g Arginin, gelöst in 5 ml Saccharose, Testsubstanz B: 5 ml Saccharose, plus jeweils 250-500 ml Wasser bzw. ungesüsster Tee.
Design:
Blind, cross-over, placebo controlled.
Bei 12 Probanden erfolgten 2 Untersuchungen in randomisierter Reihenfolge (Placebo, 6 bzw. 8 g Arginin) , wobei jeweils 6 Probanden den Placebodurchgang vor dem Arginindurchgang absolvierten, und 6 Probanden Arginin vor dem Placebodurchgang.
Labor:
Die Bestimmung der WH-Serumkonzentrationen erfolgte mittels kommerziellem IRMA (Seria hGH<(R)>Adaltis, Freiburg) , der Interassayvarianzkoeffizent betrug 3,17 %, der Intraassayvarianzkoeffizient 5,9 %.
Die Serumproben beider WH-Profile (Placebo, Arginin) eines Probanden wurden im selben Assay bestimmt.
Ergebnisse:
Die individuellen WH-Profile sind in Fig. 1 dargestellt.
Der nachweisbare WH-Peak nach der Venenpunktion (Stichstress) trat erwartungsgemäss bei nahezu allen (10/12) Probanden unabhängig von der (nachfolgenden) Placebo-/Argininzufuhr auf und wurde in die statistische Auswertung nicht einbezogen, sodass die Ana lyse in der Zeit +60 min bis +240 min angesetzt wurde, der Zeit, in der das Resorptionsmaximum nach oraler Argininzufuhr zu erwarten ist.
WH-AUC-Mittelwerte (mean) , Standardabw.
(SD) und Medianwerte (median) sind in Tabellen 1 und 2 sowie Figuren 2 und 3 dargestellt.
Tabelle 1
Zeitraum AUC* mittel SD AUC median
0- 60 Placebo 290 549 56
0- 60 Arginin 172 218 70
60-120 Placebo 261 597 42
60-120 Arginin 114 196 47
120-180 Placebo 141 235 47
120-180 Arginin 389 904 88
180-240 Placebo 91 91 63
180-240 Arginin 410 636 179
120-240 Placebo 220 272 106
120-240 Arginin 799 1487 306
<EMI ID=7.1>
AUC (Fläche unter der Kurve) WH*Zeit (uU/ml*min)
Während weder carry-over noch Periodeneffekte im cross-overDesign festgestellt werden konnten, war der Behandlungseffekt in den folgenden Zeiträumen signifikant (Wilcoxon rank sum test) (Fig. 2) .
180-240 min nach Arginin gegen 180-240 min nach Placebo: p=0,045 120-240 min nach Arginin gegen 120-240 min nach Placebo: p=0#020 120-180 min nach Arginin gegen 120-180 min nach Placebo:
p=0,064 Tabelle 2 min median ilcoxon sign. R. (P) [lambda]UC Placebo AUC 8g AUC 6g 8g v[beta] Placebo 6g v[beta] Placebo 8g v[beta] 6g minus 60 75 102 35 0,347 0,099 0,003
0-60 56 70 37 0,722 0,011 0,008
60-120 42 47 34 0,638 0,182 0,347
0-120 113 138 74 0,695 0,023 0,008
120-180 47 88 227 0,091 0,021 0,286
180-240 63 179 254 0,050 0,041 0,937
<EMI ID=8.1>
120-240 106 306 382 0,006 0,012 0,583
Zusammenfassend fand sich eine signifikante Zunahme der WH-Sekretion gemessen an der Fläche unter der Kurve der WH-Konzentrationen im Sekretionsprofil 120-240 min nach 6 bzw. 8 g oral verabreichtem Arginin gegen Placebo.
Die in dieser Studie effektive Dosis oral verabreichten Arginins auf die WH-Ausschüttung deckt sich mit der oral effektiven Dosis in der Studie von Ghigo et al.
(1994), wobei in der zitierten Untersuchung Arginin zusätzlich zu intravenös verabreichtem growth hormone releasing hormone (GHRH) verabreicht worden war.
Literatur:
Fogelholm GM, Naveri HK, Kiilavouri KT, Harkonen MH (1993), Lowdose amino acid supplementation: no effects on seru human growth hormone and insulin in male weightlifters; Int. J. Sport Nutr. 3: 290-7.
Ghigo E, Ceda GP, Valcavi R, et al . (1994), Low doses of either intravenously or orally administered arginine are able to enhance growth hormone response to growth hormone releasing hormone in eiderly subjects; J. Endocrinol . Invest. 17: 113-7.
Isidori A, Monaco L, Cappa M (1981) , A study of growth hormone release in man after oral administration of amino acids., Curr. Med. Res. Opin. 7: 475-81.
Jones B und Kenward MG (1989) , Design and Analysis of cross-[sigma]ver Trials.
Chapman & Hall, London.
Lambert Mi, Hefer JA, Millar RP, MacFarlane PW (1993), Failure of commercial oral amino acid Supplements to increase serum growth hormone concentrations in male body builders. Int. J. Sport Nutr. 3: 298-305.
Marcell TJ, Taaffe DR, Hawkins SA, Tarpenning KM et al. (1999) . Oral arginine does not stimulate basal or augment exercise-induced GH secretion in either young or old adults. J. Gerontol. A. Biol. Sei. Med. Sei. 54: M395-9.
Masuda A, Shibasaki T, Hotta M et al. (1990), Insulin induced hypoglycemia, L-Dopa and arginine stimulate GH secretion through different mechanisms in man. Regul . Pept. 31: 53-64.
Rahim A, Toogood AA, Shalet SM (1996) , The assessment of growth hormone Status in normal young adult males using a variaty of provocative agents. Clin. Endocrinol. 45:557-62.