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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Schätzen von unbekannten oder ungenau bekannten Variablen in einem Papierherstellungsprozess.
Das US-Patent 5 812 404 A offenbart ein Verfahren zur kontinuierlichen Gesamtregelung eines Stoffauflaufs einer Papiermaschine. Ein physikalisches Fluidflussmodell für einen aus dem zu regelnden Stoffauflauf abfliessenden Stoffsuspensionsfluss wird gebildet und aufgelöst, um einen simulierten Flusszustand zu erzielen, der zum Beispiel auf Informationen über die Geometrie des Stoffauflaufs und auf den Stoffauflauf bezogene Anfangs- und Grenzbedingungen basiert. Ein auf die Qualitätsforderungen des aus dem Stoffsuspensionsfluss erhaltenen Papiers, die Operations- kosten und die Laufbarkeit der Maschine basierender Zielflusszustand wird erreicht, und ein Unter- schied zwischen dem simulierten, als Auflösung des Flussmodells erhaltenen Flusszustand und dem Zielflusszustand wird bestimmt.
Dieser Unterschied konstituiert eine Kostenfunktion, die optimiert wird, um optimale Steuerwerte und Einstellwerte für den Stoffsuspensionsfluss beeinflus- sende Instrumentierungsgeräte und Stellantriebe des Stoffauflaufs zu bestimmen.
In einem in US 5812404 A offenbarten Verfahren ist die Bereitstellung von exakten Anfangs- und Grenzbedingungen vorteilhaft, aber die Lösung von US 5821404 A stützt sich ausschliesslich auf Messungen, um die besagten Verhältnisse zu schaffen. Messungen allein können nicht allen erforderlichen Anfangswerten ausreichende Genauigkeit schenken. Die Variablenwerte sind auch zu ungenau oder unbekannt an vielen anderen Stellen des Papierherstellungsprozesses, und damit wäre es notwendig, eine genauere Schätzung der Variablenwerte zu erreichen.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Erhalten einer genaueren Schätzung von unbekannten oder ungenau bekannten Variablen eines Papierherstel- lungsprozesses zustande zu bringen.
Das Verfahren der Erfindung wird gekennzeichnet durch Schritte, wobei ein mathematisches Modell eines Prozesses gebildet wird, welches Modell zumindest eine Ziel- variable aufweist, die unbekannt oder ungenau bekannt ist, eine Vielzahl von Prozessvariablen und zumindest eine Eigenschaft einer hergestellten Papier- bahn gemessen werden, die Messungen als Anfangs- und Grenzwerte des Modells benutzt werden, zumindest eine der besagten gemessenen Prozessvariablen oder gemessenen Bahneigen- schaften als Referenzvariable gewählt wird, ein Anfangswert für die Zielvariable gewählt wird, das mathematische Modell aufgelöst wird, ein Wert der Referenzvariable mittels des Modells simuliert wird, ein Unterschied zwischen der simulierten Referenzvariable und der gemessenen Referenzvari- able bestimmt wird, welcher Unterschied eine Kostenfunktion konstituiert,
und die Kostenfunktion optimiert wird, um den unbekannten oder ungenau bekannten Wert der Zielvariable zu schätzen.
Die wesentliche Idee der Erfindung ist, dass ein mathematisches Modell eines Prozesses gebildet wird, welches Modell zumindest eine Zielvariable aufweist, die unbekannt oder ungenau bekannt ist. Mehrere Prozessvariablen werden gemessen und zumindest eine Eigenschaft der hergestellten Papierbahn wird gemessen. Zumindest eine der besagten gemessenen Prozessvari- ablen oder gemessenen Bahneigenschaften wird als Referenzvariable gewählt. Grenzverhältnisse für das mathematische Modell werden aus den übriggebliebenen gemessenen Prozessvariablen und gemessenen Bahneigenschaften erhalten. Um das mathematische Modell aufzulösen, wird ein Anfangswert für die Zielvariable gewählt, die Referenzvariable wird dabei simuliert und ein Unter- schied zwischen der simulierten Referenzvariable und der gemessenen Referenzvariable wird bestimmt.
Dieser Unterschied konstituiert eine Kostenfunktion, die optimiert wird, um den unbe- kannten oder ungenau bekannten Wert der Zielvariable zu schätzen. Die Idee einer bevorzugten Ausführungsform ist, dass der Prozess ein Fliessprozess in einem Stoffauflauf ist und dass die Zielvariable eine Variable des Stoffauflaufs ist.
Ein Vorteil der Erfindung ist, dass Variablen des Papierherstellungsprozesses auf genauere und diversere Weise als zuvor geschätzt werden können, was die Steuerung des Papierherstel- lungsprozesses verbessert. Das Verfahren eignet sich insbesondere für das Schätzen von unbe- kannten oder ungenau bekannten Variablen, die multivariate Quantitäten oder Vektorquantitäten sind, wie zum Beispiel das Querprofil einer Prozessvariable oder Bahneigenschaft oder die statisti-
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sche Verteilung einer Variable, deren Wert sich mit der Position und Zeit verändert.
In dieser Offenbarung bezieht sich der Begriff "Papier' auch auf Karton und Tissuepapier.
Die Erfindung wird ausführlicher in den beigefügten Zeichnungen erläutert, wobei
Figur 1 eine schematische Seitenansicht eines Papierherstellungsprozesses zeigt,
Figur 2 ein vereinfachtes Blockdiagramm eines erfindungsgemässen Verfahrens zeigt und
Figur 3 ein vereinfachtes Flussdiagramm für ein optimierendes Steuergerät zeigt, bei dem das
Verfahren der Erfindung angewandt werden kann.
Figur 1 zeigt schematisch eine Papiermaschine. Die Papiermaschine weist einen Stoffauflauf 1 auf, aus dem Stoff in einen Former 2 zugeführt wird, wo eine Faserbahn 3 aus dem Stoff gebildet wird. Die Bahn 3 wird zu einer Presse 4 und weiter zu einer Entfeuchtungseinheit 5 befördert. Von der Entfeuchtungseinheit 5 wird die Bahn 3 zu einem Aufroller 6 befördert. Eine Papiermaschine kann auch zum Beispiel eine Leimpresse, Beschichtungsmaschinen oder einen Kalander aufwei- sen, die klarheitshalber nicht in Figur 1 gezeigt werden. Weiterhin ist die Funktion der Papierma- schine für Fachmänner an sich bekannt, und deshalb wird sie in diesem Zusammenhang nicht genauer beschrieben.
Die Papiermaschine weist auch zumindest ein Messgerät 7 zum Messen von Eigenschaften der Papierbahn 3 auf. Das Messgerät 7 wird zum Beispiel zum Messen des Flächengewichts BW,
Trockengewichtsprofils DWP und Faserorientierungswinkelprofils FO der Papierbahn 3 verwendet.
Die Papiermaschine weist auch andere Messgeräte zum Messen von Werten und Eigenschaften an verschiedenen Teilen der Papiermaschine auf. Der Stoffauflaufdruck P, die Stoffauflaufkonsis- tenz Cs, das Profil von Verdünnungsventilstellungen DVP und das Profil der oberen Lippe des
Stoffauflaufs ULP werden als Beispiele für solche Messungen in Figur 1 angegeben. Zusätzliche
Eigenschaften der Papierbahn oder der Prozessflüsse können unter Verwendung von anderswo befindlichen Instrumenten aus Proben gemessen werden, die aus dem hergestellten Papier oder aus den Prozessflüssen entnommen werden sind.
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Schätzen von unbeobachteten Variablen oder ungenau gemessenen Prozessvariablen in einer Papiermaschine, während sie in Betrieb ist, und insbesondere zum Schätzen einer unbekannten oder ungenau gemessenen Prozessvariable im Stoffauflauf 1 einer Papiermaschine oder in der Bahn, die von dem Abfluss des Stoffauflaufs gebildet wird. Ein mathematisches Modell des Prozesses wird so gebildet, dass es sich zum
Beispiel auf die Geometrie des Stoffauflaufs 1 und physikalische Modelle der darin vorkommenden Flussphänomene gründet und dass es zumindest eine Zielvariable aufweist, die unbekannt oder ungenau bekannt ist.
Mehrere Prozessvariablen werden unter Verwendung von zum Beispiel Instrumenten in dem oder um den Stoffauflauf 1 herum und den verschiedenen in den oder aus dem Stoffauflauf führenden Prozessflüssen gemessen, und zumindest eine Eigenschaft der herge- stellten Papierbahn 3 wird unter Verwendung von anderswo auf der Maschine oder in einem Labor befindlichen Instrumenten gemessen. Zumindest eine der besagten gemessenen Prozessvariablen oder gemessenen Bahneigenschaften wird als Referenzvariable gewählt. Grenzverhältnisse für das mathematische Modell werden aus den übriggebliebenen gemessenen Prozessvariablen und gemessenen Bahneigenschaften erhalten.
Um das mathematische Modell aufzulösen, wird ein Anfangswert für die Zielvariable gewählt, die Referenzvariable wird dabei simuliert und ein Unter- schied zwischen der simulierten Referenzvariable und der gemessenen Referenzvariable wird bestimmt. Dieser Unterschied konstituiert eine Kostenfunktion, die optimiert wird, um den unbe- kannten oder ungenau bekannten Wert der Zielvariable zu schätzen. Der gewählte Anfangswert kann zum Beispiel eine ungenaue Messung der Zielvariable sein, so dass die Optimierung eine Schätzung produziert, die von höherer Genauigkeit als die Messung ist.
Ein vereinfachtes Flussdiagramm des Schätzungsprozesses wird in Figur 2 dargestellt. Die physikalischen und geometrischen Parameter sind an sich bekannt. Die Messungen von bekann- ten Zuständen werden durch Messinstrumente oder Operatoreingabe durchgeführt. Die Anfangs- schätzung der unbekannten Variable oder des unbekannten Zustandes kann aufgrund einer unge- fähren Messung erhalten werden oder durch andere Schätzungsmittel oder durch einen Operator bereitgestellt werden.
Zum Beispiel im Stoffauflauf 1 ist das Auslauföffnungsprofil einigermassen bekannt. Das Profil der oberen Lippe ULP wird an vielen Stellen quer durch die Öffnung gemessen, aber die Form der unteren Lippe ist allgemein unbekannt. Verschiedene vom Auslauföffnungsprofil abhängige Profile
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wie das Flächengewichtsprofil BW oder das Trockengewichtsprofil DWP und das Faserorientie- rungswinkelprofil FO werden jedenfalls gemessen.
In der Optimierung wird die gemessene Form der Stoffauflauflippe als Anfangsschätzung des Auslauföffnungsprofils benutzt. Eine oder mehrere geeignete Messungen wie das Faserorientie- rungswinkelprofil FO oder das Trockengewichtsprofil DWP oder das Flächengewichtsprofil BW werden als Referenzvariablen benutzt. Andere Messungen wie der Stoffauflaufdruck P, die Konsis- tenz Cs, Temperaturen, Flüsse, das Profil von Verdünnungsventilstellungen DVP usw. werden als Eingaben für ein mathematisches Modell des Fliessprozesses im Stoffauflauf 1 und im Auslauf benutzt. Indem das mathematische Modell des Stoffauflaufs 1 aufgelöst wird, wird eine Simulation des Faserorientierungswinkelprofils erzielt. Eine zu optimierende Kostenfunktion wird aufgrund des Unterschieds zwischen dem gemessenen Faserorientierungswinkelprofil und dem simulierten Faserorientierungswinkelprofil gerechnet.
Diese Kostenfunktion wird durch Einstellung der Schät- zung des Auslauföffnungsprofils optimiert, und das Optimum wird erreicht, wenn das simulierte Faserorientierungswinkelprofil dem gemessenen Faserorientierungswinkelprofil am meisten ent- spricht.
Diese Erfindung löst ein mathematisches Modell des Stoffauflaufs auf, um unbekannte oder ungenau bekannte gegenwärtige Betriebsparameter zu schätzen, die den gemessenen Eigen- schaften des gegenwärtigen Produkts entsprechen.
Die vorliegende Erfindung eignet sich besonders gut zum Schätzen der Anfangsverhältnisse für ein Verfahren zum Optimieren von Steuerung, wie sie zum Beispiel in der US 5812404 A offen- bart wurde, worauf hier Bezug genommen wird. In der vorliegenden Erfindung wird inverse Model- lierung angewandt, um ein Steuergerät mit besseren Schätzungen von ihren Anfangs- und Grenz- verhältnissen zustande zu bringen. Die vorliegende Erfindung kann ähnliche mathematische und physikalische Modelle wie ein solches Steuergerät benutzen, oder sie kann verschiedenartige Modelle benutzen.
Ein vereinfachtes Flussdiagramm für ein optimierendes Steuergerät wird in Figur 3 dargestellt.
Eine oder mehrere der "Messungen von bekannten Variablen/Zuständen" in dieser Figur können durch den Schätzungsprozess dieser Erfindung produziert werden.
Die Zeichnungen und die dazugehörige Beschreibung dienen lediglich zur Veranschaulichung der Idee der Erfindung. Die Einzelheiten der Erfindung können im Rahmen der Patentansprüche variieren. Demnach kann das Verfahren der Erfindung im Prinzip an einem beliebigen Punkt des Papierherstellungsprozesses angewandt werden.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zum Schätzen von unbekannten oder ungenau bekannten Variablen in einem
Papierherstellungsprozess, dadurch gekennzeichnet, dass ein mathematisches Modell eines Prozesses gebildet wird, welches Modell zumindest eine
Zielvariable aufweist, die unbekannt oder ungenau bekannt ist, eine Vielzahl von Prozessvariablen und zumindest eine Eigenschaft einer hergestellten
Papierbahn gemessen werden, die Messungen als Anfangs- und Grenzwerte des Modells benutzt werden, zumindest eine der besagten gemessenen Prozessvariablen oder gemessenen Bahnei- genschaften als Referenzvariable gewählt wird, ein Anfangswert für die Zielvariable gewählt wird, das mathematische Modell aufgelöst wird, ein Wert der Referenzvariable mittels des Modells simuliert wird,
ein Unterschied zwischen der simulierten Referenzvariable und der gemessenen Refe- renzvariable bestimmt wird, welcher Unterschied eine Kostenfunktion konstituiert, und die Kostenfunktion optimiert wird, um den unbekannten oder ungenau bekannten Wert der Zielvariable zu schätzen.