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Verfahren zum Anlassen und Glühen von Walzgut im Durchlaufverfahren auf elektro- induktivem Wege
Die Weiterentwicklung der Qualitätsstahl- Walzwerke strebt dahin, die Erzeugung des Fertigproduktes, also des vergüteten Stahles, im kontinuierlichen Arbeitsfluss im Walzwerk selbst vorzunehmen. Das Härten aus der Walzhitze gestattet bereits die kontinuierliche Durchführung dieses Teiles der Vergütebehandlung. Das Anlassen wird jedoch noch in diskontinuierlicher Form, häufig ausserhalb des Walzwerkes durchgeführt.
Es lag nun nahe, auch das Anlassen im Arbeitsfluss vornehmen zu können, dieses auf elektroinduktivem Wege durchzuführen. Diese Art des Anlassens ist besonders geeignet für die Durchführung des Prozesses mit Durchlaufverfahren, denn man braucht ja nur die Stähle mit bestimmter Geschwindigkeit durch entsprechende Spulen, die von Wechselstrom geeigneter Frequenz und Leistung durchflossen sind, durchzuziehen. So einfach und naheliegend dieser Gedanke ist, so stellen sich seiner praktischen Durchführung doch ganz erhebliche Schwierigkeiten in den Weg.
Einerseits ist es dabei notwendig, um einen ausreichenden Wirkungsgrad zu erhalten, Frequenzen anzuwenden, die zu der Ausbildung eines ausgeprägten Skineffektes führen. Durch diesen Skineffekt entsteht im Werkstück eine ungleichmässige Tempfrtur, die beim Anlassen absolut unbrauchbar ist. Gerade diese Eigenart des elektroinduktiven Erhitzens führte zur Ausbildung der elektroinduktiven Oberflächenhärtung.
Es wurde daher der Weg beschritten, so niedrige
Frequenzen anzuwenden, dass eine gleichmässige
Durchwärmung des Anlassgutes eintreten kann.
Die Anwendung dieser niedrigen Frequenzen bringt jedoch insbesondere bei grösseren Anlagen recht beträchtliche Schwierigkeiten beim elektrischen Teil dieser Einrichtung mit sich. Es wurde daher angestrebt, eine Lösung zu finden, welche die Anwendung der aus elektrotechnischen Gründen gegebenen günstigsten Frequenz gestattet und anderseits doch eine gleichmässige Durch- wärmung des Anlassgutes erreichen lässt.
Es wurden bereits Öfen zur kontinuierlichen
Wärmebehandlung mittels unterteilter Hoch- frequenzspulen vorgeschlagen, durch welche das zu behandelnde Gut in fortlaufender Bewegung hindurchgeführt wird, wobei die einzelnen Teile der Spule für sich regelbar sind und verschiedene Wirkungsart haben können. Ferner wurde vorgeschlagen, zum Erhitzen von ferromagnetischen Werkstoffen bis zu jener Temperatur, bei der sie unmagnetisch werden, Wechselfelder niederer Frequenz (etwa 500 Hertz) und zur Erreichung höherer Temperaturen Wechselfelder höherer Frequenz (etwa 2000 Hertz) zu verwenden.
Weitere Vorschläge sehen zur Erwärmung vor allen von Wärmegut mit ungleichmässigem Querschnitt und erheblicher Länge metallische Muffeln vor, die elektroinduktiv erhitzt werden und ihre Wärme beim Durchwandern des Gutes an dieses abgeben.
In manchen Fällen kann zusätzlich zu dieser Erwärmung auch eine weitere durch direkte Einwirkung der magnetischen Wechselfelder auf das Wärmegut selbst erfolgen.
Aus diesen Vorschlägen und Anordnungen sind jedoch keine Hinweise darüber zu entnehmen, wie auf elektroinduktivem Wege das Anlassen metallurgisch einwandfrei durchgeführt werden soll.
Ausführliche Untersuchungen führten zu der Erkenntnis, dass es möglich ist, in kurzen Zeiten eine gleichmässige Durchwärmung des Anlassgutes unabhängig von der Höhe der Frequenz des angewandten Wechselstromes zu erreichen.
Das Wesen des Verfahrens gemäss der Erfindung besteht nun darin, dass die zugeführte Leistung so gesteuert wird, dass die Oberflache des zu behandelnden Werkstückes in möglichst kurzer
Zeit die angestrebte Temperatur erreicht, sodann aber nur mehr jene Leistung zugeführt wird, die der von der Obertiäche an das Stück- innere abgegebenen Wärmemenge zuzüglich der
Abstrahlungsverluste der Oberfläche entspricht.
Theoretisch wäre es möglich, bei Anwendung besonders hoher Frequenzen und einer im Grenz- fall im ersten Augenblick ausserordentlich hohen
Leistung die Oberflächentemperatur sofort z. B. auf 650 C zu bringen. Die weitere Energie- zufuhr müsste nun so erfolgen, dass der Oberfläche genau so viel Energie zugeführt wird, als sie durch
Wärmeleitung in das Innere des Stückes abgibt und anderseits durch Abstrahlung und andere
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Wärmeverluste verliert. Dieser Grenzfall braucht jedoch bei der praktischen Durchführung des Verfahrens nicht eingehalten werden, da einmal die angewandten Frequenzen nicht so hoch sind, dass die Erwärmung nur an der Oberfläche vor sich geht, sondern zu einem gewissen, wenn auch kleinen Anteil im Innern des Stückes eintritt.
Anderseits wäre es unzweckmässig, die erste Erwärmung der Oberfläche in einem Zeitraum, der einen sehr kleinen Bruchteil der Gesamtzeit beträgt, mit so hoher Leistung vorzunehmen. Man wird daher einen Mittelweg wählen, der die wirtschaftlich günstigste Lösung verspricht.
Bei der praktischen Durchführung des Verfahrens kann man so vorgehen, dass die Steuerung des Stromes in einigen Stufen, innerhalb deren die Leistung gleich bleibt, vorgenommen wird, oder bei Durchführung des Verfahrens im Durchlaufverfahren, dass Spulen mit veränderlicher Windungszahl angewandt werden, wobei die von den Spulen abgegebenen Leistungen den oben angegebenen Bedingungen entsprechen müssen.
Eine weitere Ausführungsform des Verfahrens im Durchlaufverfahren besteht darin, dass zwei oder mehrere Spulen oder Heizleiter von gleicher oder verschiedener Länge hintereinander angeordnet angewandt werden, wobei die Leistungaufnahme der einzelnen Spulen oder Heizleiter in der Durchlaufrichtung abnehmend ist. Der erste Heizleiter dient dazu, die Oberfläche des Werkstückes in möglichst kurzer Zeit nahe an die anzustrebende Anlasstemperatur zu bringen. Die je nach der Abmessung des Werkstückes erforderlichen weiteren Heizleiter werden mit geringerer
Leistung je Längeneinheit betrieben, da sie im wesentlichen nur diejenige Wärme zu liefern haben, die von der Oberfläche in das Innere des
Stückes abgeleitet wird.
Nähere Einzelheiten für die Durchführung des
Verfahrens gemäss der Erfindung sind aus nach- stehendem Beispiel zu entnehmen :
Für eine Abmessung des Werkstückes. von 60 mm Durchmesser und eine Durchlaufgeschwindigkeit von 0. 5 m pro Minute benötigt man eine Spule mit 750 mm Länge und einer Leistungsaufnahme von 120 Kilowatt je Meter Spulenlänge, sowie zwei Spulen von 375 mm Länge und einer Leistungsaufnahme von 60 bzw. 30 Kilowatt je Meter Spulenlänge. Die sich daraus ergebenden Leistungsaufnahmen der einzelnen Spulen betragen 90 Kilowatt für die Heizspule und 22 bzw. 11 Kilowatt für die beiden Ausgleichspulen.
Es ist auch eine Ausführung möglich, bei der die Aufheizspulen kürzer gehalten und die Ausgleichspulen dafür etwas verlängert sind ; dadurch ist es möglich, die Behandlungszeit etwas abzukürzen.
Bei der Anwendung des Verfahrens gemäss der Erfindung ergeben sich bei Frequenzen in dem Bereich von über 500 bis 20.000 Hertz vollkommen gleichmässige Durchwärmungen.
Die kurzen Anlasszeiten bringen in metallurgischer Hinsicht den Vorteil, die bei vielen Stählen auftretende Anlasssprödigkeit mit Sicherheit vermeiden zu können, was insbesonders bei höheren Festigkeitsstufen bei molybdänfreien Stählen zu erheblichen Verbesserungen der Kerbzähigkeit führt.