Verfahren zum Herstellen eines Erzeugnisses aus gewalztem Bandmaterial
Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses aus gewalztem Bandmaterial sowie ein aus gewalztem Bandmaterial hergestelltes Erzeugnis, insbesondere als Strukturbauteil für ein Kraftfahrzeug.
Aus der DE 10 2004 037 206 A1 ist eine Karosserie für ein Kraftfahrzeug bekannt, die aus Einzelelementen gefügt ist. Hierfür werden Einzelelemente aus flexibel gewalztem Blech mit längs einer Richtung variabler Blechdicke eingesetzt, bei denen die Verteilungsbreite der spezifischen Belastung über dem Einzelelement durch die Wahl der Blechdickenverteilung reduziert ist. Derartige Blechelemente mit variabler Blechdicke werden auch als Tailor Rolled Blanks (TRB) bezeichnet.
Der in der Kraftfahrzeugindustrie vorliegende Trend in Richtung Leichtbau und In- sassenschutz führt zu einem vermehrten Einsatz von hoch- und höchstfesten Karosseriestählen. Im Zuge dieser Entwicklung werden insbesondere Mehrphasenstähle und Martensitphasenstähle eingesetzt. Letztere Stähle werden im Allgemeinen über ein indirektes oder direktes Warmumformverfahren zu Strukturbauteilen verarbeitet. Üblicherweise werden Strukturbauteile für Kraftfahrzeuge mit einer Beschichtung versehen, welche das Stahlblech vor Korrosion schützen soll. Dabei gestaltet sich die Realisierung eines zuverlässigen Korrosionsschutzes gerade bei warmumgeformten Stahlwerkstoffen als schwierig. Es sind diverse Beschichtungen und Be- schichtungsverfahren bekannt, die sich unter anderen dadurch unterscheiden, ob die Beschichtung vor oder nach dem Warmumformen aufgebracht wird.
Aus der EP 2 327 805 A1 ist ein Verfahren und eine Fertigungsanlage zum Herstellen eines Blechformteils mit einer Korrosionsschutzbeschichtung bekannt. Das Verfahren umfasst die Schritte: Umformen eines Ausgangsmaterials zu einem Blechformteil, elektrolytisches Beschichten des Blechformteils zur Ausbildung der Korrosi- onsschutzbeschichtung und nachfolgendes Wärmebehandeln des beschichteten Blechformteils.
Aus der EP 2 412 848 A1 ist ein ähnliches Verfahren bekannt, bei dem eine Zink- Nickel-Beschichtung als Korrosionsschutzbeschichtung auf das Blechformteil aufge- bracht wird. Dabei wird zu Beginn des Beschichtungsvorgangs zunächst eine dünne Nickelschicht abgeschieden, die im Weiteren eine Wasserstoffversprödung des Stahlblechmaterials verhindern soll.
Ein Verfahren zur Beschichtung von Stahlbauteilen ist beispielsweise das galvani- sehe (elektrolytische) Verzinken. Beim galvanischen Verzinken werden die Werkstücke in einen Zinkelektrolyten eingetaucht. Elektroden aus Zink wirken aufgrund ihres gegenüber dem Werkstück unedleren Metalls als„Opferanoden". Das zu verzinkende Werkstück wirkt als Kathode, weswegen die Beschichtung auch als kathodischer Korrosionsschutz bezeichnet wird.
Zu den weiteren bekannten Beschichtungsverfahren zählen das Feuerverzinken, das Spritzverzinken durch thermisches Spritzen, Flammspritzen, Hochgeschwindigkeits- flammspritzen, Lichtbogenspritzen oder Plasmaspritzen, das Sherardisieren, das galvanische Verzinken, das elektrostatische Abscheiden von Metallpulver auf der Bauteiloberfläche oder weitere Abscheidungsverfahren aus der Gasphase (CVD).
Problematisch bei den großserientechnisch umgesetzten Beschichtungsverfahren für höchstfeste Strukturbauteile ist, dass der Korrosionsschutz von vor dem Warmformen aufgebrachten Beschichtungen durch die vor und beim Warmformen auf das Beschichtungssystem einwirkende Temperatur die Eigenschaften des Bauteils und der Beschichtung nachteilig verändern. Es kann zu Lotrissigkeit und Mikrorissen im Bauteil kommen, was einen negativen Einfluss auf die Materialeigenschaften des Werkstücks zur Folge hat. Beschichtungssysteme und Verfahren wie Flammspritzen
und Sheradisieren die nach dem Warmformen aufgebracht werden, weisen den großen Nachteil auf, dass die Schichtdicke große Schwankungen aufweist und die Verfahren insgesamt sehr aufwändig sind. Beim vollflächigen Stückverzinken von Bauteilen aus der Flüssigphase (Feuerverzin- kung) reduziert die Verzinkungstemperatur von über 420 °C die Festigkeit des Bauteils. Beim elektrolytischen Stückverzinken besteht die Gefahr, dass durch den vorgeschalteten Reinigungsprozess und den galvanischen Beschichtungsprozess Wasserstoff in das Bauteil eingebracht wird. Der induzierte Wasserstoff kann bei den ho- hen Festigkeiten der Bauteile zu einem Werkstoffversagen führen.
Hiervon ausgehend liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen eines Erzeugnisses aus gewalztem Bandmaterial vorzuschlagen, das einen besonders guten Korrosionsschutz bietet.
Eine Lösung besteht in einem Verfahren zum Herstellen eines Erzeugnisses aus gewalztem Bandmaterial mit den Schritten: Walzen eines Bandmaterials aus Stahlblech; Herausarbeiten einer Platine aus dem gewalzten Bandmaterial; Umformen der Platine zu einem Formteil; Reinigen des Formteils derart, dass durch das Reinigen eine Menge von maximal 0,7 ppm diffusiblem Wasserstoff in das Formteil eingebracht wird; und Beschichten des Formteils mit einem metallischen Beschichtungs- material zur Erzeugung einer Korrosionsschutzbeschichtung.
Ein Vorteil besteht darin, dass beim Reinigungsprozess kein diffusibler Wasserstoff in das Material eingebracht wird, oder allenfalls nur in äußerst geringen Mengen. Auf diese Weise können ungewünschte Wasserstoffversprödungen des Stahlwerkstoffs vermieden oder zumindest reduziert werden. Ein Vorteil der Stückbeschichtung, das heißt der Beschichtung der bereits ausgeschnittenen Platinen beziehungsweise der hieraus hergestellten Formteile ist, dass die Beschichtung durch die dem Beschich- tungsprozess nachgeschalteten Weiterverarbeitungsschritte nicht nachteilig beein- flusst wird. Dies wirkt sich wiederum günstig auf die Qualität der Beschichtung und damit auf die Korrosionsbeständigkeit des erzeugten Formteils aus.
Das Reinigen wird vorzugsweise so durchgeführt, dass der Anteil an diffusiblem Wasserstoff, gemessen unmittelbar vor und nach dem Reinigungen, weniger als 0,7 ppm (Parts Per Million), insbesondere weniger als 0,3 ppm, vorzugsweise weniger als 0,1 ppm, oder auch weniger als 0,05 ppm beträgt. Mit unmittelbar vor und nach dem Reinigen kann ein Zeitfenster von jeweils bis zu 10 min vorher beziehungsweise nachher umfasst sein, innerhalb dem der Gehalt an diffusiblem Wasserstoff im Material gemessen wird.
Zur Herstellung des Erzeugnisses wird vorzugsweise ein härtbarer, insbesondere manganhaltiger Stahlwerkstoff verwendet. Dieser kann weitere Mikrolegierungsele- mente beinhalten, wie beispielsweise Niob und/oder Titan, wobei der Masseanteil dieser Mikrolegierungselemente an der Gesamtmasse vorzugsweise maximal 1000 ppm beträgt. Es können weitere Mikrolegierungselemente in geringen Masseanteilen hinzukommen, wie Bor und/oder Vanadium. Beispiele für einen verwendbaren Stahlwerkstoff sind 17MnB5, 22MnB5, 26MnB5 oder 34MnB5. Das Ausgangsmaterial (Bandmaterial) hat vorzugsweise eine Zugfestigkeit von mindestens 450 MPa und/oder von höchstens 850 MPa. Das fertig hergestellte Formteil kann eine Endzugfestigkeit von mindestens 1 100 MPa, vorzugsweise mindestens 1300 MPa, besonders bevorzugt sogar von 1500 MPa zumindest in Teilbereichen aufweisen.
Das Walzen wird nach einer möglichen Konkretisierung als Flexibles Walzen durchgeführt, wobei eine variable Dicke über der Länge des Bandmaterials erzeugt wird. Unter Flexiblem Walzen wird ein Walzprozess verstanden, bei dem Stahlband mit einheitlicher Dicke über der Länge zu Bandmaterial mit variabler Dicke über der Län- ge gewalzt wird. Die Ausgangsdicke vor dem Flexiblen Walzen kann bis zu 8 mm betragen. Als Bandmaterial für das Flexible Walzen kann Warmband oder Kaltband verwendet werden, wobei diese Begriffe im Sinne der Fachsprache zu verstehen sind. Unter Warmband wird ein Walzstahlfertigerzeugnis (Stahlband) verstanden, das durch Walzen nach vorherigem Erwärmen erzeugt wird. Mit Kaltband ist ein kaltge- walztes Stahlband (Flachstahl) gemeint, bei dem die letzte Dickenabnahme durch Walzen ohne vorhergehendes Erwärmen erfolgt. Nach dem Flexiblen Walzen kann das Bandmaterial beispielsweise eine Dicke von maximal 6,0 mm an der dicksten Stelle haben.
Vorzugsweise wird das Flexible Walzen derart durchgeführt, dass zumindest zwei Abschnitte mit unterschiedlicher Dicke erzeugt werden, wobei das Verhältnis einer ersten Dicke eines dünneren ersten Abschnitts zu einer zweiten Dicke eines zweiten Abschnitts kleiner 0,8, insbesondere kleiner 0,7, bevorzugt kleiner 0,6 ist. Es versteht sich jedoch, dass je nach Anforderungen an das fertige Erzeugnis prinzipiell beliebig viele Abschnitte unterschiedlicher Dicke erzeugt werden können. Dabei wird die Dicke über der Länge insbesondere so eingestellt, dass die Belastungen des Bauteils zumindest im Wesentlichen einheitlich sind, beziehungsweise Belastungsspitzen vermieden oder zumindest reduziert werden.
Mit Herausarbeiten ist begrifflich jede Form zur Erzeugung von Platinen oder Formschnitten aus dem Bandmaterial gemeint. Dies kann durch mechanischen Zuschnitt, wie Ausstanzen oder Ausschneiden, oder mittels Laserschneiden erfolgen. Unter Platinen werden insbesondere rechteckige Blechtafeln verstanden, die aus dem Bandmaterial herausgetrennt worden sind. Als Formschnitte werden aus dem Bandmaterial herausgearbeitete Blechelemente verstanden, deren Außenkontur an die Form des Endprodukts bereits angepasst ist. Bei der Erzeugung von Formschnitten oder Platinen kann am Bandmaterial ein Rand verbleiben, welcher nicht weiterverwendet wird, wobei auch ein einfaches Ablängen des Bandmaterials in Teilstücke vorgenommen werden kann, bei dem kein Rand übrig bliebe. Vorliegend wird die Bezeichnung Platine einheitlich sowohl für Formschnitte als auch für Rechteckplatinen verwendet.
Es versteht sich, dass zusätzlich zu den oben genannten Verfahrensschritten noch weitere Schritte vor-, zwischen- oder nachgeschaltet sein können. Beispielsweise kann vor dem Flexiblen Walzen eine Wärmebehandlung des Bandmaterials erfolgen. Nach dem Flexiblen Walzen kann ein Bandrichten vorgesehen sein. Ferner kann vor dem Beschichten eine Vorbehandlung, wie Spülen und/oder Dekapieren (Oberflächenaktivierung), der Werkstücke vorgesehen sein. Nach dem Beschichten kann ei- ne weitere Wärmebehandlung vorgenommen werden.
Nach einer möglichen Verfahrensführung ist vorgesehen, dass das Reinigen des Formteils mechanisch erfolgt. Hiermit ist jede Behandlung gemeint, bei der nach dem
Umformen vorhandene ungewünschte Verunreinigungen von der Oberfläche mechanisch abgetragen werden. Vorteil des mechanischen Reinigens ist, dass kein ungewünschter Wasserstoff in das Werkstück eingebracht wird. Vorzugsweise wird das Formteil gestrahlt oder gebürstet. Als Verfahren zum Strahlen kommen insbesondere Kugelstrahlen, Strahlen mit Korund oder mit Trockeneis (CO2) in Frage. Für das Kugelstrahlen können Stahlkugeln mit einem bevorzugten Kugeldurchmesser von 0,7 bis 0,9 mm verwendet werden. Durch das Strahlverfahren wird eine rauere Oberfläche als im ungestrahlten Zustand erzeugt, was sich günstig auf die Hafteigenschaften einer später aufzutragenden Beschichtung auswirkt. Es ist jedoch prinzipiell auch denkbar, dass das Reinigen des Formteils auf andere Weise erfolgt, so dass durch den Reinigungsprozess eine Menge von maximal 0,7 ppm, vorzugsweise 0,1 ppm, insbesondere von maximal 0,05 ppm zur Diffusion fähiger Wasserstoff (H) in das Formteil eingebracht wird. Beispielsweise kann das Reinigen nach einer alternativen Verfahrensführung auch mittels Beizen durchgeführt werden. Eine erste Verfahrens- Variante stellt das anodische Beizen dar, bei dem die Formteile in ein Tauchbad eingetaucht werden, wobei der Abtrag von Zunder und anderen Verunreinigungen unter Einwirkung von Gleichstrom erfolgt. Nach einer alternativen Verfahrensvariante kann der Abtrag von Zunder und anderen Verunreinigungen auch rein chemisch erfolgen, beispielsweise mittels einer inhibierten Beize.
Nach einer ersten Verfahrensführung umfasst das Umformen des Werkstücks ein Warmumformen. Unter Warmumformung werden Umformvorgänge verstanden, bei denen die Werkstücke vor dem Umformen auf eine Temperatur oberhalb der Auste- nitisierungstemperatur erwärmt werden und bei denen zumindest Teilbereiche wäh- rend des Umformvorgangs gehärtet werden. Das Erwärmen wird in einer geeigneten Wärmeeinrichtung, beispielsweise einem Ofen vorgenommen. Das Warmumformen kann nach einer ersten Möglichkeit als indirekter Prozess durchgeführt werden, der die Teilschritte Kaltvorformen der Platine zu einem vorgeformten Bauteil, anschließendes Erwärmen zumindest von Teilbereichen des kalt vorgeformten Bauteils auf Austenitisierungstemperatur sowie anschließendes Warmumformen zur Erzeugung der Endkontur des Erzeugnisses umfasst. Unter Austenitisierungstemperatur ist dabei ein Temperaturbereich zu verstehen, bei dem zumindest eine Teilaustenitisierung (Gefügestruktur im Zweiphasengebiet Ferrit und Austenit) vorliegt. Darüber hinaus ist
es auch möglich, nur Teilbereiche der Platine zu austenitisieren, um beispielsweise ein partielles Härten zu ermöglichen. Das Warmumformen kann nach einer zweiten Möglichkeit auch als direkter Prozess durchgeführt werden, der dadurch gekennzeichnet ist, dass zumindest Teilbereiche der Platine direkt auf Austenitisierungs- temperatur erwärmt und anschließend zur gewünschten Endkontur in einem Schritt warmumgeformt und gehärtet werden. Ein vorhergehendes (kaltes) Vorformen findet hier nicht statt. Auch beim direkten Prozess kann durch Austenitisieren von Teilbereichen ein partielles Härten erreicht werden. Für beide Prozesse gilt, dass ein Härten von Teilbereichen der Bauteile auch durch unterschiedlich temperierte Werkzeu- ge möglich ist, beziehungsweise durch Verwendung mehrerer Werkzeugwerkstoffe, die unterschiedliche Abkühlgeschwindigkeiten ermöglichen. In letzterem Fall kann die ganze Platine beziehungsweise das ganze Bauteil komplett austenitisiert werden.
Nach einer alternativen Verfahrensführung, können die Blechplatinen auch kaltumge- formt werden. Unter Kaltumformung werden Umformvorgänge verstanden, bei denen die Platinen vor dem Umformen nicht gezielt erwärmt werden. Die Umformung findet somit bei Raumtemperatur statt; die Platinen erwärmen sich durch Dissipation der zugeführten Energie. Kaltumformen wird insbesondere als Prozess zum Umformen weicher Karosseriestähle verwendet. Nach dem Kaltumformen können die Formteile optional gehärtet werden.
Während oder nach der Umformung kann als integrierter oder separater Verfahrensschritt eine Wärmebehandlung vorgesehen werden, mit der im Werkstück Bereiche unterschiedlicher Duktilität erzeugt werden. Unter Duktilität wird die Verformungsfä- higkeit des Stahlwerkstoffs ohne Schädigung beziehungsweise Rissbildung verstanden. Die Duktilität kann beispielsweise anhand der Bruchdehnung beziehungsweise Brucheinschnürung im Zugversuch beurteilt werden. Eine erhöhte Duktilität in Teilbereichen führt dort in vorteilhafter Weise zu einer verminderten Kantenrissanfälligkeit und einer verbesserten Schweißfähigkeit des Materials.
Die Duktilität kann insbesondere derart gestaltet sein, dass ein oder mehrere erste Bereiche des Formteils eine größere Dehngrenze von mindestens 800 MPa und/oder dass ein oder mehrere zweite Bereiche eine geringere Dehngrenze von maximal 800
MPa aufweisen. Die Festigkeit kann in dem ersten Bereich maximal 1 100 MPa und/oder in dem zweiten Bereich minimal 1 100 MPa betragen.
Zur Erzeugung von Bereichen unterschiedlicher Duktilität sind verschiedene Verfah- rensführungen denkbar. Nach einer ersten Möglichkeit kann im Rahmen der vor dem Umformen stattfindenden Wärmebehandlung ein Temperaturgradient im Werkstück erzeugt werden. Nach der Wärmebehandlung, welche beispielsweise in einem Ofen erfolgen kann, liegen dann Bereiche mit höherer und mit niedrigerer Temperatur vor. Das nachfolgende Umformen führt dann in den Bereichen mit höherer Temperatur zu einer größeren Duktilität beziehungsweise geringeren Festigkeit, während in den Bereichen geringerer Temperatur eine geringere Duktilität beziehungsweise höhere Festigkeit erzeugt wird. Alternativ kann ein Temperaturgradient im Werkstück auch während des Transferprozesses zwischen der Wärmebehandlung und dem Umformen erzeugt werden, beispielsweise dadurch, dass Teilbereiche des vorher komplett wärmebehandelten Werkstücks vor dem Einlegen in das Umformwerkzeug abgekühlt werden. Nach einer weiteren Möglichkeit kann die Duktilität auch während des Umformvorgangs eingestellt werden, beispielsweise durch unterschiedliches Temperieren von Teilbereichen des Werkzeugs. Hierfür kann das Umformwerkzeug entsprechende Mittel aufweisen, wie Kanäle, durch welche ein Kühlmedium strömt. In den kühleren Bereichen des Werkzeugs wird eine höhere Festigkeit und geringere Duktilität im Formteil erzeugt; entsprechend bewirken die wärmeren Bereiche des Um- formwerkzeugs die Ausbildung niedrigerer Festigkeiten und höherer Duktilität. Nach einer weiteren Möglichkeit können die Bereiche hoher Duktilität im Rahmen des Beschichtens erzeugt werden, insbesondere durch Feuerverzinken. Dabei führt die ho- he Temperatur des flüssigen Beschichtungsmaterials in den beschichteten Bereichen zu einer Entfestigung, das heißt einer höheren Duktilität.
Vor, während oder nach der Umformung kann als integrierter oder separater Verfahrensschritt eine Wärmebehandlung durchgeführt werden, mit der im Werkstück Randbereiche mit geringerer Härte als im Kernbereich erzeugt werden. Dies kann durch gezielte Randentkohlung erfolgen, bei der im Ausgangsmaterial über der Dicke eine Abreicherung von Legierungsbestandteilen erfolgt, das heißt der Anteil an Legierungsbestandteilen wie Kohlenstoff oder Mangan ist in einem Kernbereich des
Bandmaterials größer als im Randbereich. Bevorzugt hat der abgereicherte Bereich eine um zumindest 50 HVo.i reduzierte Härte gegenüber dem Kernbereich. Die Ab- reicherung der Legierungselemente kann durch eine Wärmebehandlung beispielsweise im Rahmen einer Galvannealing-Behandlung oder durch Erwärmung oberhalb der AC1 -Temperatur erreicht werden. Die Ausprägung der Randentkohlung wird durch die Prozessparameter im Ofen bestimmt. Dazu zählt insbesondere die Atmosphäre im Ofen, das heißt das Gasgemisch im Ofen, oder auch die Temperatur.
Das Beschichten wird insbesondere mit einem Beschichtungsmaterial durchgeführt, das einen Anteil von mindestens 50 Masseprozent Zink hat, vorzugsweise mindestens 90 Masseprozent Zink, wobei der Zinkanteil auch 100 Prozent betragen kann (Reinzinkbeschichtung).
Nach einer ersten Verfahrensführung kann die Beschichtung galvanisch (elektroly- tisch) aufgebracht werden. Hierfür werden Anoden aus dem Beschichtungsmaterial, das heißt aus reinem Zink oder aus Zink und anderen Legierungselementen verwendet, die bei Bestromung Metallionen an den Elektrolyten abgeben. Alternativ können auch formstabile Anoden zum Einsatz kommen; in diesem Fall ist das Beschichtungsmaterial bereits im Elektrolyt gelöst. Die Zinkionen und gegebenenfalls Ionen der weiteren Legierungselemente werden auf dem Formteil, das als Kathode geschaltet ist, als Atome abgeschieden und bilden die Beschichtung. Das Beschichten erfolgt durch Eintauchen des Werkstücks in ein Tauchbad mit einer Elektrolytlösung, vorzugsweise im kontinuierlichen Verfahren, wobei zwischen dem Formteil und der Elektrolytlösung eine Strömung erzeugt wird. Durch die beim Beschichten zwischen Formteil und Elektrolytlösung anliegende Strömung wird eine Elektrolytverarmung verhindert und damit ein ungewünschter Wasserstoff ei ntrag in das Formteil vermieden. Die Strömung kann generell durch Bewegen des Formteils gegenüber dem Elektrolyten und/oder durch Bewegen der Elektrolytlösung gegenüber dem Formteil erfolgen. Durch Verwendung eines kontinuierlichen Verfahrens, das heißt unter fort- laufender Bewegung des Werkstücks, wird eine gute Reproduzierbarkeit des Be- schichtungsprozesses erreicht sowie eine gleichmäßige Beschichtung über der Oberfläche des Werkstücks. Hiermit sollen jedoch auch zeitliche Pausen, in denen der Vorschub kurzfristig gestoppt ist, in gewissem Umfang wie sie beispielsweise bei
einem Kettenfördersystem vorkommen, mit umfasst sein. Die Strömung kann dadurch erzeugt werden, dass die Formteile mit Hilfe einer Vorrichtung durch ein Tauchbecken hindurchbewegt werden, das heißt die Formteile bewegen sich relativ zum Tauchbecken und zur Elektrolytlösung. Alternativ oder in Ergänzung kann eine Strömung der Elektrolytlösung durch entsprechende Ausgestaltung der Beschich- tungsanlage erzeugt werden. Hierzu kann die Beschichtungsanlage mit Pumpen ausgerüstet werden, welche die Elektrolytlösung in eine Strömungsbewegung relativ zum Werkstück versetzen. Vorzugsweise wird die Elektrolytlösung mittels Düsen auf die Formteile gestrahlt, was unter einem Strahlwinkel von 90° bis zu ± 45° in Bezug auf die Werkstückoberfläche erfolgen kann. Grundsätzlich kann in Elektrolytlösungen eine inhomogene Verteilung der Stromdichte vorliegen. Daher wird die Strömung der Elektrolytlösung relativ zu den Werkstücken so eingestellt, dass eine homogene Verteilung der Stromdichte erzeugt wird. Nach einer möglichen Verfahrensführung kann das Beschichten derart durchgeführt werden, dass das zu beschichtende Formteil in zumindest einem Schritt mit gepulstem Strom beaufschlagt wird. Alternativ oder ergänzend kann das Formteil auch mit ungepulstem Strom beaufschlagt werden. In Konkretisierung kann das Beschichten mittels Elektrolytlösung folgende Teilschritte umfassen: in einer ersten Station wird die Elektrolytlösung zum Beschichten des Formteils mit gepulstem Strom beaufschlagt; in einer anschließenden zweiten Station wird die Elektrolytlösung zum Beschichten des Formteils mit ungepulstem Strom beaufschlagt. Es versteht sich, dass auch eine umgekehrte Reihenfolge für die Behandlung mit gepulstem und ungepulstem Strom denkbar ist. Durch eine gepulste Bestromung eines Anodenpaares im ers- ten Teilschritt wird ein nanokristalliner Schichtaufbau erreicht, der beispielsweise eine Schichtdicke von ein bis zwei Mikrometern haben kann. Die Beschichtung hat also werkstücknah eine besonders feine Körnung, so dass die Bildung von Rost vermieden wird. Nach einer alternativen Verfahrensführung kann das Beschichten auch ein Feuerverzinken umfassen, wobei das Formteil in ein Tauchbad aus geschmolzenem Be- schichtungsmaterial mit einer Temperatur von mindestens 350 °C, vorzugsweise mindestens 420 °C, und/oder höchstens der AC1 -Temperatur des Stahlwerkstoffs,
vorzugsweise höchstens 600 °C eingetaucht wird. Auf diese Weise werden die beschichteten Bereiche aufgrund der eingebrachten Wärme entfestigt, so dass das Material hier eine höhere Duktilität erhält als in den unbeschichteten Bereichen. Das Beschichtungsmaterial ist vorzugsweise wie oben ausgeführt, das heißt es hat einen Anteil von mindestens 50 Masseprozent Zink gegebenenfalls mit zusätzlichen Legierungselementen. Weitere denkbare Beschichtungsmethoden sind Flammspritzen oder chemische Gasphasenabscheidung (Chemical Vapour Deposition, CVD).
In Ergänzung kann als weiterer Verfahrensschritt vor oder nach dem Beschichten ein Wärmebehandeln des beschichteten Formteils bei einer Temperatur von mehr als 210°C, insbesondere mehr als 220 °C, vorzugsweise von mehr als 230 °C durchgeführt werden. Die Höchsttemperatur für die Wärmebehandlung beträgt vorzugsweise höchstens der AC1 -Temperatur des Stahlwerkstoffs, insbesondere höchstens 400 °C. Mit der Wärmebehandlung, welche auch als Effusionsglühe bezeichnet werden kann, werden Eigenspannungen im Werkstück beziehungsweise Spannungsspitzen im gehärteten Bauteil reduziert beziehungsweise die Bruchdehnung erhöht. Gleichzeitig wird durch die gewählte Temperatur die Wasserstoffeffusion beschleunigt, so dass insgesamt eine geringere Wasserstoffversprödung am fertigen Erzeugnis erreicht wird. Die Wärmebehandlung kann in einem zeitlichen Rahmen von wenigen Sekun- den bis zu 3 Stunden durchgeführt werden. Ferner kann die Wärmebehandlung entweder nach dem Beschichtungsprozess oder zwischen einzelnen Beschichtungsstu- fen stattfinden. Eine Wärmebehandlung im Anschluss an das Beschichten beschleunigt in vorteilhafter Weise die Trocknung der Formteile und bei Verwendung hochfester Stähle werden durch Anlassen die Materialeigenschaften hinsichtlich Duktilität und Bruchdehnung verbessert.
Die Lösung der oben genannten Aufgabe besteht weiter in einem Erzeugnis, das aus flexibel gewalztem Stahlblech nach dem oben genannten Verfahren hergestellt ist. Hiermit ergeben sich die genannten Vorteile einer konstanten Schichtdicke der Kor- rosionsschutzbeschichtung über der beschichteten Oberfläche des Formteils sowie ein geringes Risiko der Wasserstoffversprödung. Das Formteil kann nach einem oder mehreren der oben genannten Verfahrensschritte erzeugt werden, so dass bezüglich der Schritte und der damit verbundenen Vorteile auf die obige Beschreibung Bezug
genommen wird.
Insgesamt wird erfindungsgemäß ein Formteil geschaffen, das durch seine Blechdicken und das aufgebrachte Korrosionsschutzsystem ideal an die Anforderungen hin- sichtlich Leichtbau, Crasheigenschaften und Lebensdauer (Korrosionsschutz) ange- passt ist. Das Formteil kann ein beliebiges Karosseriebauteil eines Kraftfahrzeugs sein, beispielsweise ein Strukturbauteil wie eine A-, B- oder C-Säule.
Ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel wird nachstehend anhand der Zeichnungsfigu- ren erläutert. Hierin zeigt:
Figur 1 ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses aus flexibel gewalztem Bandmaterial schematisch als Ablaufdiagramm; und Figur 2 den Verfahrensschritt des Beschichtens schematisch als Detail
A) in Seitenansicht,
B) im Querschnitt gemäß Schnittlinie A-A aus Figur 2A.
Die Figuren 1 und 2 werden im Folgenden gemeinsam beschrieben. Im Verfahrens- schritt V1 wird das Bandmaterial, das im Ausgangszustand auf einem Coil aufgewickelt ist, walzend bearbeitet, und zwar insbesondere mittels flexiblem Walzen. Hierfür wird das Bandmaterial, das vor dem flexiblen Walzen eine weitestgehend konstante Blechdicke über der Länge aufweist, mittels Walzen derart gewalzt, das es längs der Walzrichtung eine variable Blechdicke erhält. Während des Walzens wird der Pro- zess überwacht und gesteuert, wobei die von einer Blechdickenmessung ermittelten Daten als Eingangssignal zur Steuerung der Walzen verwendet werden. Nach dem flexiblen Walzen hat das Bandmaterial in Walzrichtung unterschiedliche Dicken. Das Bandmaterial wird nach dem flexiblen Walzen wieder zum Coil aufgewickelt, so dass es dem nächsten Verfahrensschritt zugeführt werden kann.
Als Werkstoff für das Bandmaterial wird ein härtbarer Stahlwerkstoff verwendet, wie beispielsweise 17MnB5, 22MnB5, 26MnB5 oder 34MnB5. Das Ausgangsmaterial hat vorzugsweise eine Zugfestigkeit von mindestens 450 MPa und höchstens 850 MPa.
Es kann für bestimmte Bauteile vorgesehen sein, dass das Ausgangsmaterial über der Dicke eine Abreicherung von Legierungsbestandteilen aufweist, das heißt der Anteil an Legierungsbestandteilen wie Kohlenstoff oder Mangan ist in einem Kernbereich des Bandmaterials größer als im Randbereich. Bevorzugt hat der abgereicherte Bereich eine um zumindest 50 HVo.i reduzierte Härte gegenüber dem Kernbereich. Die Abreicherung der Legierungselemente kann durch eine Wärmebehandlung beispielsweise im Rahmen einer Galvannealing-Behandlung oder durch Erwärmung oberhalb der AC1 -Temperatur erreicht werden. Nach dem Flexiblen Walzen kann das Bandmaterial in einer Bandrichtvorrichtung geglättet werden. Der Verfahrensschritt des Glättens ist optional und kann auch weggelassen werden.
Nach dem Flexiblen Walzen (V1 ) beziehungsweise Glätten werden im nächsten Ver- fahrensschritt V2 aus dem Bandmaterial einzelne Blechplatinen herausgearbeitet. Das Herausarbeiten der Blechplatinen aus dem Bandmaterial erfolgt vorzugsweise mittels Stanzen oder Schneiden. Je nach Form der zu fertigenden Blechplatinen kann diese aus dem Bandmaterial als Formschnitt ausgestanzt werden, wobei ein Rand am Bandmaterial stehen bleibt, der nicht weiterverwendet wird, oder das Bandmaterial kann einfach in Teilstücke abgelängt werden.
Nach dem Erzeugen von Platinen aus dem Bandmaterial erfolgt anschließend ein Umformen der Platine zum gewünschten Endprodukt. Nach einer ersten Möglichkeit werden die Platinen warmumgeformt oder, nach einer zweiten Möglichkeit, kaltumge- formt.
Das Warmumformen kann als direkter oder indirekter Prozess durchgeführt werden. Beim direkten Prozess werden die Platinen vor dem Umformen auf Austenitisie- rungstemperatur erwärmt (Verfahrensschritt V3), was beispielsweise durch Induktion oder in einem Ofen erfolgen kann. Unter Austenitisierungstemperatur ist dabei ein Temperaturbereich zu verstehen, bei dem zumindest eine Teilaustenitisierung (Gefügestruktur im Zweiphasengebiet Ferrit und Austenit) vorliegt. Es können aber auch nur Teilbereiche der Platine austenitisiert werden, um beispielsweise ein partielles
Härten zu ermöglichen.
Nach dem Erhitzen auf Austenitisierungstemperatur wird die erhitzte Platine in einem formgebenden Werkzeug umgeformt und gleichzeitig mit hoher Abkühlgeschwindig- keit abgekühlt, wobei das Bauteil seine Endkontur erhält und gleichzeitig gehärtet wird. Dieser Prozess, welcher als Warmumformen bezeichnet wird, ist als Verfahrensschritt V4 dargestellt. Eine besondere Form des Warmumformens ist das Presshärten, das bei hohen Drücken durchgeführt wird. Beim indirekten Warmumformen wird die Platine vor dem Austenitisieren noch einem Vorformen unterzogen. Das Vorformen erfolgt in kaltem Zustand der Platine, das heißt ohne vorherige Erwärmung. Beim Vorformen erhält das Bauteil ein Profil, das noch nicht der Endform entspricht, aber an diese angenähert ist. Nach dem Vorformen findet dann, wie beim direkten Prozess, ein Austenitisieren und Warmformen statt, wobei das Bauteil seine Endkontur erhält und gehärtet wird.
Im Rahmen des Umformens können im Werkstück Bereiche mit unterschiedlicher Duktilität und/oder Bereiche mit unterschiedlicher Festigkeit erzeugt werden. Der Stahlwerkstoff sollte, sofern ein Warmumformen (direkt oder indirekt) vorgesehen ist, einen Anteil an Kohlenstoff von mindestens 0,1 Masseprozent bis 0,35 Masseprozent aufweisen. Unabhängig von der Art des Warmumformens kann das vollständige Werkstück oder nur Teilbereiche gehärtet werden. Beim Durchführen des Warmumformens derart, dass nur Teilbereiche gehärtet werden, weist das Formteil Bereiche mit reduzierter Festigkeit bei gleichzeitig erhöhter Bruchdehnung auf. Durch Aufbringen einer Beschichtung in einem späteren Verfahrensschritt ausschließlich in diesen Weichzonen wird die Gefahr der Wasserstoffversprödung hier vermindert.
Alternativ zum Warmumformen als formgebenden Prozess lassen sich die Platinen auch Kaltumformen. Das Kaltumformen eignet sich insbesondere für weiche Karosseriestähle beziehungsweise Bauteile, die im Wesentlichen Festigkeiten von weniger als 1200 MPa aufweisen. Beim Kaltumformen werden die Platinen bei Raumtemperatur umgeformt.
Nach dem Umformen (Verfahrensschritt V4) werden die Formteile im Verfahrensschritt V5 einem Reinigungsprozess unterzogen. Das Reinigen der Formteile erfolgt derart, dass eine Menge von maximal 0,7 ppm, insbesondere von maximal 0,3 ppm, vorzugsweise von maximal 0,1 ppm, oder gegebenenfalls auch von maximal 0,05 ppm diffusiblem Wasserstoff (H) in das Formteil eingebracht wird. Hierfür ist vorzugsweise ein mechanischer Reinigungsprozess oder ein Beizprozess vorgesehen, bei dem ungewünschte Verunreinigungen von der Oberfläche des Formteils mechanisch, beziehungsweise beim Beizen elektrochemisch, abgetragen werden. Insbe- sondere kommen beim mechanischen Reinigen Kugelstrahlen oder Bürsten zur Reinigung der Formteile in Frage, wobei das Kugelstrahlen vorzugsweise mit Stahlkugeln mit einer Teilchengröße von etwa 0,7 mm bis 0,9 mm durchgeführt wird. Durch das Kugelstrahlen erhält die Oberfläche des Formteils eine aufgeraute Oberfläche, wodurch sich eine gute Haftung einer später aufzubringenden Beschichtung ergibt. Alternativ bietet sich ein Beizprozess an.
Nach dem Reinigen kann im nächsten Verfahrensschritt (V6) ein Beschneiden des Formteils auf Endkontur, beispielsweise mittels Laser, oder ein Beölen des Formteils als Korrosionsschutz während einer anschließenden Zwischenlagerung erfolgen. Wenn das Werkstück jedoch direkt weiterverarbeitet werden kann, wird ein Beölen sinnvoller Weise nicht durchgeführt.
Nach dem Zwischenschritt (V6) werden die Formteile mit einem Korrosionsschutz versehen. Hierfür durchlaufen die Formteile eine elektrolytische Beschichtungsanla- ge, welche mehrere Stationen umfasst.
In einem Verfahrensschritt (V7) werden die Formteile zunächst gespült. Nach dem Spülen werden die Formteile im Verfahrensschritt (V8) dekapiert. Hierfür werden die Formteile durch Eintauchen in eine verdünnte Säure von ungewünschten Oxiden befreit.
Nach dem Dekapieren werden die Formteile im Verfahrensschritt V9 mit einer Korrosionsschutzschicht versehen. Zum Beschichten wird vorzugsweise ein Beschich-
tungsmaterial mit einem Anteil von mindestens 50 Masseprozent Zink, insbesondere mindestens 90 Masseprozent Zink, verwendet, wobei auch eine Reinzinkbeschich- tung denkbar ist. Das Beschichtungsmaterial kann noch weitere Legierungselemente beinhalten.
Das Beschichten kann galvanisch mittels einer Elektrolytlösung durchgeführt werden, in welche die Formteile eingetaucht werden. Vorzugsweise erfolgt das Beschichten in einem Tauchbad mit einer Elektrolytlösung, wobei zwischen dem Formteil und der Elektrolytlösung eine Strömung erzeugt wird. Eine entsprechende Beschichtungsvor- richtung ist in den Figuren 2A und 2B schematisch gezeigt. Es sind Formteile 12 erkennbar, die in Vorschubrichtung R relativ zu formstabilen Anoden 13 und Düsenstöcken 14 mit jeweils mehreren Düsen 15 bewegt werden. Die Formteile 12 können beispielsweise Strukturbauteile der Karosserie eines Kraftfahrzeugs sein, wie A-, B- oder C-Säulen oder andere Karosserieteile. Die Anoden 13 sind in Form von Gittern ausgestaltet, damit sie von der aus den Düsenvorrichtungen 14 austretenden Elektrolytlösung durchströmt werden können. Es sind Düsenvorrichtungen 14 auf beiden Seiten des Tauchbeckens angeordnet, zwischen denen die Formteile 12, 12' entlangbewegt werden. Die Elektrolytströmung ist schematisch als 16 eingezeichnet. Sie ist auf die Formteile 12, 12' gerichtet und sorgt für eine gleichmäßige Verteilung der Stromdichte in der Elektrolytlösung und damit einen gleichmäßigen Schichtaufbau auf der Oberfläche der Formteile 12, 12'.
Günstig ist es für eine gute Reproduzierbarkeit des Verfahrens, wenn das Beschichten kontinuierlich erfolgt, wobei zwischen den Formteilen 12, 12' und der Elektrolytlö- sung eine Strömung erzeugt wird. Die Strömung wird vorliegend durch Bewegen der Formteile 12, 12' durch ein Tauchbecken erzeugt, wobei die Elektrolytlösung alternativ oder ergänzend durch Pumpen in eine Strömungsbewegung relativ zu den Formteilen versetzt werden kann. Zum elektrolytischen Beschichten werden Anoden 13 aus dem Beschichtungsmaterial, das heißt aus reinem Zink oder aus Zink und ande- ren Legierungselementen verwendet, die bei Bestromung Metallionen an den Elektrolyten abgeben, oder es werden formstabile Anoden verwendet, die aus gezielt beschichteten leitfähigen Materialien bestehen (Lösestation 9). Die Zinkionen und gegebenenfalls Ionen der weiteren Legierungselemente werden auf dem Formteil 12,
12', das als Kathode geschaltet ist, als Atome abgeschieden und bilden die Korrosi- onsschutzbeschichtung.
Besonders günstig ist es, wenn die Elektrolytlösung zum Aufbau der Beschichtung in zumindest einem Teilschritt mit gepulstem Strom beaufschlagt wird. Beispielsweise kann in einem ersten Teilschritt (V91 ) zum Beschichten ein gepulster Strom verwendet wird. Hierdurch bildet sich unmittelbar auf der Oberfläche der Werkstücke eine besonders feinkörnige Schicht mit einer Dicke von beispielsweise 1 bis 2 Mikrometern aus. Anschließend wird in einem zweiten Teilschritt (V92) die Elektrolytlösung beziehungsweise die Anoden zum Beschichten des Formteils mit ungepulstem Strom beaufschlagt, bis die Korrosionsschutzschicht die vollständige Dicke von beispielsweise 7 bis 8 Mikrometern erreicht. Die Beschichtungsanlage kann in der Praxis so gestaltet sein, dass ein längliches Tauchbecken vorgesehen ist, durch welches die einzelnen Formteile 12, 12' kontinuierlich in Längsrichtung R bewegt werden. Dabei kann in einem ersten Abschnitt des Tauchbeckens eine erste Anordnung von Anoden 13 vorgesehen sein, die mit gepulstem Strom beaufschlagt werden, während die Werkstücke daran vorbeigeführt werden. In einem an den ersten Abschnitt in Förderrichtung R der Werkstücke nachfolgenden zweiten Abschnitt werden die dort vorgesehenen Anoden 13 mit ungepulstem Strom beaufschlagt, während die Werkstücke 12, 12' diese passieren.
Vorliegend ist das galvanische Beschichten der Formteile mittels Elektrolytlösung beschrieben. Es versteht sich jedoch, dass der Verfahrensschritt V9 des Beschichtens auch alternativ durch Feuerverzinken, Flammspritzen oder chemische Gaspha- senabscheidung (englisch: Chemical Vapour Deposition, CVD) erfolgen kann.
Unabhängig von der Art des Beschichtungsverfahrens können die Formteile vollständig oder auch nur teilweise beschichtet werden. Wenn nur Teilabschnitte der Formteile beschichtet werden, lässt sich der Aufwand und damit die Kosten reduzie- ren, sowie ein gegebenenfalls nachfolgender Schwei ßprozess zum Verbinden des Formteils mit anderen Bauteilen vereinfachen. Ferner kann Wasserstoff in den unbeschichteten Bereichen leicht effundieren, so dass das Risiko einer Wasserstoffver- sprödung abnimmt. Besonders günstig ist es dabei, wenn die Formteile nur in den
korrosionsgefährdeten Bereichen lokal mit dem Korrosionsschutzüberzug versehen werden. Dies sind beispielsweise Bereiche, die bei Kraftfahrzeugen vermehrt Nässe ausgesetzt sind und daher auch als Nassbereich bezeichnet werden. Nach dem Beschichten werden die Formteile im Verfahrensschritt V10 optional einem Spülen unterzogen.
Nach dem Spülen (V10) können die Formteile im Verfahrensschritt V1 1 wärmebehandelt werden. Die Wärmebehandlung kann prinzipiell auf jede technisch geeignete Weise erfolgen, beispielsweise in einer Haubenglühe oder auch durch induktive Erwärmung, um nur zwei Verfahren beispielhaft zu nennen. Die Wärmebehandlung kann bei einer Temperatur von mehr als 210°C, vorzugsweise mehr als 220 °C, gegebenenfalls auch bei mehr als 230 °C durchgeführt werden. Die Höchsttemperatur für die Wärmebehandlung ist vorzugsweise geringer als die AC1 -Temperatur des Stahlwerkstoffs, insbesondere höchstens 400 °C.
Mit der Wärmebehandlung, welche auch als Effusionsglühe bezeichnet werden kann, werden Eigenspannungen im Werkstück beziehungsweise Spannungsspitzen im gehärteten Bauteil reduziert beziehungsweise die Bruchdehnung erhöht. Gleichzeitig wird durch die gewählte Temperatur die Wasserstoffeffusion beschleunigt, so dass insgesamt eine geringere Wasserstoffversprödung erreicht wird. Die Dauer der Wärmebehandlung kann in einem zeitlichen Rahmen von einigen Sekunden bis zu 3 Stunden durchgeführt werden, gegebenenfalls auch mehr als 3 Stunden, insbesondere 6 bis 8 Stunden. Die Durchführung der Wärmebehandlung im Anschluss an das Beschichten beschleunigt die Trocknung der Bauteile und bei Verwendung hochfester Stähle werden durch Anlassen die Materialeigenschaften hinsichtlich Duktilität und Bruchdehnung verbessert.
Eine Besonderheit des erfindungsgemäßen Verfahrens ist, dass das elektrolytische Beschichten (V9) nach dem insbesondere Flexiblen Walzen (V1 ), nach dem Ausschneiden der Platinen (V2) und nach dem Umformen (V4) erfolgt. Die auf die Formteile aufgebrachte Beschichtung hat eine gleichmäßige Dicke, und zwar unabhängig von der jeweiligen Dicke des Werkstücks. Auch die stärker ausgewalzten Bereiche
haben eine ausreichend dicke Beschichtung, die zuverlässig vor Korrosion schützt. Eine weitere Besonderheit liegt in dem Schritt des vorzugsweise mechanischen Reinigens (V5) beziehungsweise des Reinigens mittels anodischer oder inhibierter Beize, wodurch der Eintrag von ungewünschtem Wasserstoff in das Werkstück und da- mit die Wasserstoffversprödung vermieden wird. Durch die vor- oder nachgeschaltete Wärmbehandlung in einem Temperaturbereich zwischen vorzugsweise 230 °C und 400 °C werden Eigenspannungen im Werkstück reduziert und die Wasserstoffef- fusion beschleunigt, was ebenfalls zu einer geringeren Wasserstoffversprödung des Materials führt.
Es versteht sich, dass die erfindungsgemäße Verfahrensführung auch abgewandelt werden kann. Beispielsweise können zwischen den genannten Schritten auch hier nicht gesondert gezeigte Zwischenschritte vorgesehen sein. Beispielsweise können die Formteile vor dem elektrolytischen Beschichten mit einer Zwischenschicht verse- hen werden, insbesondere mit einer Nickel-, Aluminium- oder Manganschicht. Diese Zwischenschicht bildet einen zusätzlichen Schutz der Oberfläche und verbessert die Haftungsfähigkeit der anschließend aufgebrachten Zink enthaltenden Beschichtung.
2Q
Bezugszeichenliste
VI Walzen
V2 Herausarbeiten von Platinen
V3 Wärmebehandeln
V4 Umformen
V5 Reinigen
V6 Zwischenschritt
V7 Spülen
V8 Dekapieren
V9 Beschichten
V91 erstes Teilbeschichten
V92 zweites Teilbeschichten
V10 Spülen
VI I Wärmebehandeln
12 Formteil
13 Anode
14 Düsenvorrichtung
15 Düse
16 Elektrolytströmung