Temperbares, Infrarotstrahlung reflektierendes Schichtsystem und Verfahren zu seiner Herstellung
Die Erfindung betrifft ein temperbares, Infrarotstrahlung reflektierendes Schichtsystem auf einem transparenten Substrat mit einer Infrarotstrahlung reflektierenden Schichtenfolge, die auf dem Substrat aufgebracht ist und ein Verfahren zu seiner Herstellung. Die Schichtenfolge beinhaltet zumindest eine se- lektive Funktionsschicht.
Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Schichtsystems, bei dem auf ein transparentes Substrat eine Infrarotstrahlung reflektierende Schichtenfolge mit einem geeigneten Verfahren aufgebracht wird.
Allgemein besteht ein Infrarotstrahlung reflektierendes Schichtsystem (Low-E-Schichtsysteme) aus der Funktionsschicht, einer die Haftung der Funktionsschicht verbessernden Grundschicht und einer entspiegelnden Deckschicht, wobei sich die einzelnen Schichten innerhalb des Schichtsystems wiederholen können. Die Funktionsschicht, die üblicherweise aus einem Edelmetall, meist Silber, oder einer Legierung davon besteht, weist schon bei geringen Schichtdicken ein gutes selektives Reflexionsvermögen im Infrarotbereich auf. Ist nur eine Funktionsschicht im Schichtsystem angeordnet, wird dieses oft als „Sin- gle-Low-E" bezeichnet.
Die Deckschicht dient neben der Entspiegelung insbesondere auch der Verbesserung der mechanischen und chemischen Beständigkeit. Sie besteht üblicherweise aus einem hoch brechenden, dielektrischen und Silizium enthaltenden Material. Zur Erhöhung der Transmission des Schichtsystems im sichtbaren Bereich werden diese Entspiegelungsschichten oberhalb und/oder unterhalb der selektiven Funktionsschicht angeordnet.
Derartige Infrarotstrahlung reflektierende, transparente Schichtsysteme werden zur Härtung und/oder Verformung des Substrates auch Temperprozessen unterzogen. In diesem Fall weisen sie eine solche Schichtenfolge mit solchen Schichteigenschaften auf, die es erlauben, ein das Schichtsystem tragendes Substrat einer Wärmebehandlung zu unterziehen und dabei auftretende Änderungen der optischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften des Schichtsystems innerhalb definierter Grenzen zu halten. Je nach Anwendung eines beschichteten Substrates ist dessen Schichtsystem im Temperprozess in unterschiedlichen Zeitregimes unterschiedlichen klimatischen Bedingungen ausgesetzt .
Aufgrund verschiedener Temperaturbelastungen bereits aufgebrachter Schichtenfolgen kommt es im Verlauf der Herstellung der darauf folgenden Schichten des Schichtsystems und des Temperprozesses zu verschiedenen, das Reflexionsvermögen der Funktionsschicht und die Transmission des Schichtsystems ändernden Vorgängen, insbesondere zur Diffusion von Komponenten der Ent- spiegelungsschicht in die Funktionsschicht und umgekehrt. Zur Vermeidung solcher Diffusionsvorgänge wird zwischen Entspiege- lungsschicht und Funktionsschicht eine Blockerschicht eingefügt, die als Puffer für die diffundierenden Komponenten dient. Diese Blockerschichten sind entsprechend der auftretenden Temperaturbelastung strukturiert und angeordnet und schützen die empfindliche oft sehr dünne Funktionsschicht oder die Funktionsschichten vor dem Einfluss benachbarter Schichten. Durch das Einfügen einer oder mehrerer Blockerschichten werden insbesondere Farbverschiebungen des Schichtsystems sowie die Zunahme des Flächenwiderstandes des Schichtsystems infolge des Tem- perprozesses vermindert.
Als Blockerschichten temperfähiger Schichtsysteme sind insbesondere NiCr- oder NiCrOx-Schichten bekannt. So schließen in der DE 035 43 178 und der EP 1 174 379 diese Blockerschichten die Silberschicht (en) ein oder schützen sie zumindest einsei- tig. Die Blockerschichten führen jedoch zu einer Verringerung
der Leitfähigkeit der Silberschicht (en) . Wird eine Silberschicht mit einem Flächenwiderstand von ca. 5 Ohm/Sq. abgeschieden und diese in zwei NiCrOx-Schichten eingebettet, so kann diese Einbettung zu einer Erhöhung des Flächenwiderstandes um ca. 1,5 Ohm/Sq. auf 6,5 Ohm/Sq führen.
In der EP 0 999 192 Bl ist ein Schichtsystem beschrieben, das eine Silberschicht als selektive Funktionsschicht enthält, die beidseitig mit einer Blockerschicht aus Nickel oder Nickelchrom versehen ist. Dabei wird durch das Einfügen einer NiCrOx- Schicht in die funktionale Silberschicht bei einem Single-Low-E das Schichtsystem bei der Wärmebehandlung stabilisiert. Der Nachteil besteht darin, dass bei diesem Schichtsystem jede einzelne der beiden Silberteilschichten ca. 7-8 nm dick sein muss, um die Inselbildung der Silberteilschichten zu vermeiden. Dies führt zu einer niedrigen Transmission des Schichtsystems. Weiterhin wird in der EP 0 999 192 Bl der Einsatz einer un- terstöchiometrischen TiOx-Schicht zwischen dem Blocker- und der Silberschicht beschrieben, welche die so genannte HAZE-Bildung, d.h. die Änderung der optischen Eigenschaften der Funktions- schicht aufgrund von Diffusionsprozessen in die Funktionsschicht, reduzieren soll. Diese absorbierende TiOx-Schicht oxidiert jedoch bei der Wärmebehandlung, wobei es zu wesentlichen Veränderungen der Transmission und einer Verschiebung des voreingestellten Farbortes kommt.
In der EP 1 238 950 A2 ist ein temperfähiges Schichtsystem beschrieben, das beiderseits einer Silberschicht als sensitive Schicht NiCrOx-Schichten als Blockerschichten vorsieht. Weiterhin sind in diesem Schichtsystem dielektrische Interfaceschichten vorgesehen, die sich jeweils unter und über den Blocker- schichten befinden. Derartige Schichten üben verschiedene, stabilisierende Wirkungen auf das Schichtsystem aus und wirken während der Temperprozesse ebenfalls als Diffusionssperre.
Weiterhin ist in der EP 1 238 950 die Anwendung von Gradientenschichten bei der Stabilisierung von wärmebehandelbaren
Schichtsystemen beschrieben. Der Nachteil hierbei besteht darin, dass die SiNx-Schicht unterhalb der Blockerschicht liegt, wodurch sich der elektrische Flächenwiderstand und damit die Emissivität des Schichtsystems nicht verringern. Bei dieser Lösung sind auch mehrere Schichtenfolgen aus sensitiven Silberschichten mit Unterschichten und jeweils zwei die jeweilige Silberschicht einschließenden Blockerschichten vorgesehen.
Es ist aus der DE 100 46 810 auch bekannt, metallische Blockerschichten aufzubringen, die mit dem Silber der Funktionsschicht in einem Übergangsbereich zwischen beiden Schichten eine Gradientenschicht bildet. Auch die Entspiegelungsschicht kann aus mehreren Metalloxidschichten mit dazwischen liegender Gradientenschicht aus beiden benachbarten Einzelschichten bestehen.
Da die Verwendung von Metalloxiden für die Entspiegelungs- schicht keine optimale Lösung darstellt, besteht die Entspiegelungsschicht in der DE 101 31 932 aus mehreren Einzelschichten unterschiedlicher Metallnitride, wobei sich der Materialanteil einer Schicht von anfangs 100 % auf 0 % verringert und der Materialanteil der benachbarten Einzelschicht in dem Maße von 0 % auf 100 % erhöht. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass auch dieses Schichtsystem nicht die gewünschte Transmission gewährleistet .
Es hat sich gezeigt, dass diese verschiedenartigen Schichtaufbauten trotz der verschiedenen Maßnahmen immer noch zu sensibel für klimatische Bedingungen und lediglich speziellen Temperprozessen angepasst sind, so dass sie bei anspruchsvollen oder deutlich abweichenden klimatischen Bedingungen nicht mit einer ausreichenden Qualität oder Ausbeute hergestellt werden können.
Auch bei Rohglas mit Undefinierten Ausgangszuständen, d. h. schwankender chemischer Zusammensetzung des Glases, insbesondere hinsichtlich seines Natrium-Anteils, zeigen diese Schichtsysteme Qualitätsprobleme bei der Fertigung. Darüber hinaus verursachen andere Glaseinflüsse, wie Korrosion oder Abdrücke der dem Handling des Glases dienenden Sauger, die durch visuel-
Ie Kontrollen oftmals nicht feststellbar und durch übliche Reinigung nicht zu beseitigen sind, unerwünschte Änderungen der Eigenschaften des Schichtsystems. Besonders nachteilig ist bei solchen Glaseinflüssen, dass deren Auswirkungen auf die Eigen- schaften des Schichtsystems erst nach dem Temperprozess sichtbar werden.
Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein Schichtsystem und ein Verfahren zu seiner Herstellung anzugeben, das bei anspruchsvollen klimatischen Bedingungen einer Wärmebehandlung des Sub- strats und/oder Undefinierten Zuständen bei dem Glassubstrat eine ausreichende Qualität, insbesondere eine einstellbare Transmission von ca. 10 bis 80 % im sichtbaren Bereich sowie eine niedrige Emissivität gewährleistet und gleichzeitig eine weitgehende Stabilität des Farborts des Schichtsystems ermög- licht.
Die Aufgabe wird durch ein Schichtsystem mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 sowie ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 23. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
Das temperbare, Infrarot-reflektierende und im Bereich sichtbaren Lichts gezielt einstellbar absorbierende Schichtsystem zur Beschichtung von dielektrischen Substraten (SO), weist erfindungsgemäß auf dem Substrat (SO) in dieser Reihenfolge mindes- tens eine transparente hochbrechende dielektrische Schicht S2, eine substratseitige Absorber- bzw. Blockerschicht S3, eine funktionelle metallische Reflexionsschicht S4, eine obere Absorber- bzw. Blockerschicht S5 und eine transparente hochbrechende dielektrische Schicht S6.
Das erfindungsgemäße Schichtsystem ermöglicht die Kombination der Eigenschaften eines temperbaren IR-reflektierenden Schichtsystems (Low-E) auf Glassubstraten mit denen eines temperbaren Solarcontrol-Systems bei einstellbarer Transmission von ca.
10 % bis ca. 80 % im sichtbaren Bereich des Lichts.
Vorteilhaft besteht die Schicht S4 aus Silber oder einer Silberlegierung.
Gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass der Brechungsindex mindestens einer der Schichten S2 und S6 bei Licht der Wellenlänge 550 nm zwischen 2.0 und 2.5 beträgt.
Dabei kann die Schicht S2 aus dem Oxid oder Nitrid eines Metalls, Halbleiters oder einer Halbleiterlegierung bestehen. Weiter kann vorgesehen sein, dass die Schicht S6 Silizium ent- hält.
In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass mindestens eine der Schichten S3 und S5 aus einem Metall, Metalloxid, Metallnitrid oder einer Legierung besteht.
Hierzu kann vorgesehen sein, dass mindestens eine der Schichten S3 und S5 Chrom oder eine Chromverbindung enthält. Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass mindestens eine der Schichten S3 und S5 CrNx enthält.
Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Schichten S3 und S5 bei Verwendung des gleichen Materials die gleiche Stöchiometrie und Schichtdicke aufweisen (symmetrisches System) .
Alternativ kann auch vorgesehen seien, dass die Schichten S3 und S5 bei Verwendung des gleichen Materials unterschiedliche Stöchiometrien und/oder Schichtdicken aufweisen (unsymmetri- sches System) .
In einer Ausgestaltung der Erfindung besteht mindestens eine der Schichten S3 und S5 aus SiOxNy mit 1.5<n<2.1, NiCr oder einer NiCr-Verbindung (NiCrNx oder NiCrNx) .
Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist zwischen dem Sub- strat SO und der Schicht S2 eine transparente, mittel- bis
niedrigbrechende dielektrische Barriere- und/oder Haftschicht Sl angeordnet.
Gemäß einer anderen Weiterbildung der Erfindung ist auf der Schicht S6 eine transparente, mittel- bis niedrigbrechende dielektrische Barriere- und/oder Haftschicht S7 angeordnet.
Vorteilhaft kann vorgesehen sein, dass der Brechungsindex der Schicht Sl kleiner ist als der Brechungsindex der Schicht S2.
Weiter vorteilhaft kann vorgesehen sein, dass der Brechungsindex der Schicht S7 kleiner ist als der Brechungsindex der Schicht S6.
Besonders vorteilhaft beträgt der Brechungsindex mindestens einer der Schichten Sl und S7 bei Licht der Wellenlänge 550 nm zwischen 1.60 und 1.75.
Außerdem kann vorgesehen sein, dass das Material mindestens einer der Schichten Sl und S7 so gewählt ist, dass ihr Brechungsindex nahe dem Brechungsindex des Substrats SO ist.
Hierzu kann vorgesehen sein, dass mindestens eine der Schichten Sl und S7 ein Oxynitrid eines Metalls, Halbleiters oder einer Halbleiterlegierung enthält. Vorteilhaft enthält mindestens eine der Schichten Sl und S7 Siliziumoxynitrid.
Besonders vorteilhaft ist die optische Dicke (n*d) von Sl kleiner als LAMBDA/4, wobei LAMBDA die Schwerpunktwellenlänge des transparenten Spektralbereiches ist.
Gemäß einer anderen Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass zwischen den Schichten Sl und S7 mindestens eine weitere metallische Reflexionsschicht angeordnet ist.
Vorteilhaft enthält mindestens eine weitere metallische Reflexionsschicht Silber.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines derartigen Schichtsystems ist dadurch gekennzeichnet, dass mindestens eine
Schicht durch Sputtern, bevorzugt DC- oder MF-Magnetronsputtern aufgebracht wird.
Vorteilhaft wird mindestens ein der Schichten Sl und S7 durch CVD- oder plasmagestützte CVD-Prozesse aufgebracht.
Bevorzugt wird mindestens eine der Schichten Sl und S7 durch reaktives Magnetronsputtern von Silizium bzw. Silizium- Aluminiumlegierungen in Sauerstoff- und/oder stickstoffhaltiger Atmosphäre aufgebracht.
Besonders bevorzugt wird mindestens eine der Schichten Sl und S7 durch reaktives Magnetronsputtern von Silizium bzw. Silizium-Aluminiumlegierungen in Sauerstoff- und oder stickstoffhaltiger Argonatmosphäre aufgebracht.
Außerdem kann erfindungsgemäß vorgesehen sein, dass mindestens eine der Schichten Sl und S7 als Gradientenschichten mit unter- schiedlichen Stöchiometrien durch reaktives Magnetronsputtern von Silizium bzw. Silizium-Aluminiumlegierungen in sauerstoff- und/oder Stickstoff- und/oder argonhaltiger Atmosphäre aufgebracht wird.
Beispiele möglicher erfindungsgemäßer Schichtsysteme sind:
S0/Sl/Si3N4/CrNx/Ag/CrNx/Si3N4/S7
S0/Sl/Si3N4/NiCrNx/Ag/CrNx/Si3N4/S7
S0/Sl/Si3N4/CrNx/Ag/NiCrNx/Si3N4/S7
S0/Sl/Si3N4/SiOxNy/Ag/CrNx/Si3N4/S7
Die Schichten S3 und S5 wirken als absorbierende und reflektie- rende Schichten, über deren Dicke die Transmission des Schichtsystems eingestellt werden kann. Durch die Verwendung von Cr bzw. einer CrNx-Verbindung unterschiedlicher Dicken zum Erreichen der gewünschten Transmission für mindestens eine Absorberschicht kann die Farbshift nach dem Tempern sehr gering gehal- ten werden. Cr bzw. CrNx stellt einen guten Blocker zum Schutz
der Ag-Schicht dar. Wird die Cr bzw. CrNx-Schicht nur auf einer Seite des Silbers appliziert, muss auf die andere Seite eine andere dünne Blockerschicht zum Schutz der Ag-Schicht appliziert werden (z.B. SiOxNy, NiCrNx,...). ein weiterer Vorteil bei der Verwendung von Cr bzw. einer CrNx-Verbindung an Stelle der typischen NiCr oder NiCr-Verbindungen (NiCrOx) ist die geringere Haze-Bildung nach dem Tempern, die sonst unter anderem durch die Diffusion von Nickel in die benachbarten Schichten hervorgerufen wird.
Die optionale Schicht Sl stellt eine Barriereschicht dar, die die Diffusion von Na+ aus dem Glassubstrat in das Schichtsystem und Glaseinflüsse, wie Korrosion oder Saugerabdrücke, auf die Schichteigenschaften verhindern soll. Außerdem wird durch die Abscheidung der Schicht Sl das vom Glassubstrat mit in die Beschichtungsanlage eingeschleppte Wasser vom Substrat entfernt .
Die ebenso optionale Schicht S7 stellt mit ihrem bezüglich der üblichen Deckschicht S6 niedrigeren Brechungsindex eine Ent- spiegelungsschicht dar, die die Transmission des Schichtsystems im Falle einer gewünschten hohen Transmission noch deutlich erhöht .