Kugelgelenk für ein Kraftfahrzeug
Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Kugelgelenk für ein Kraftfahrzeug, mit einem Gelenkgehäuse, einem in diesem drehbar und schwenkbar gelagerten Kugelzapfen, der mit dem Gelenkgehäuse oder mit einer zwischen diesem und dem Kugelzapfen angeordneten Kugelschale in Berührung steht und einer Winkelmessvorrichtung mittels welcher der Winkel des Kugelzapfen relativ zu dem Gelenkgehäuse erfassbar ist. Ferner betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Bestimmen eines den Verschleiß eines Kugelgelenks kennzeichnenden Verschleißindikators.
Durch eine thermische und/oder mechanische Überbelastung eines Kugelgelenks kommt es zu einer Veränderung der „tribologischen Verhältnisse" im Gelenk, wobei die Veränderung z. B. durch eine Verhärtung des Schmierfetts oder durch einen Verschleiß der Kugelschale bedingt sein kann. Diese Überbelastung ist im Kraftfahrzeug oder auf dem Prüfstand nicht online zu messen. Lediglich das Messen der Elastizität der Gelenke auf einem Prüfstand ist möglich. Erst bei einem sehr starken Verschleiß des Kugelgelenks kommt es zu einem freien Spiel im Gelenk und später zu einem „Ausknöpfen" des Gelenks. Im Kraftfahrzeug ist ein frühzeitiger Verschleiß bisher nicht bestimmbar.
Aufgabe der Erfindung ist es, ein Kugelgelenk der eingangs genannten Art derart weiterzubilden, dass ein den Verschleiß des Kugelgelenks kennzeichnender Verschleißindikator bestimmbar ist.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Kugelgelenk nach Anspruch 1 und durch ein Verfahren nach Anspruch 13 gelöst. Bevorzugte Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen gegeben.
Das erfindungsgemäße Kugelgelenk für ein Kraftfahrzeug weist ein Gelenkgehäuse, einen in diesem drehbar und schwenkbar gelagerten Kugelzapfen, der mit dem Gelenkgehäuse oder mit einer zwischen diesem und dem Kugelzapfen angeordneten Kugelschale in Berührung steht, und eine Winkelmessvorrichtung auf, mittels welcher der Winkel des Kugelzapfen relativ zu dem Gelenkgehäuse erfassbar ist, wobei in oder an dem Gelenkgehäuse wenigstens zwei Temperatursensoren im Abstand zueinander angeordnet sind. Der Kugelzapfen weist dabei insbesondere einen Zapfen und eine mit diesem verbundene Gelenkkugel auf, die bevorzugt mit einem in das Gelenkgehäuse eingebrachten Schmierstoff, wie z.B. Fett, geschmiert ist. Ferner kann die Kugelschale ein- oder mehrteilig ausgebildet sein.
Bei einer Bewegung des Kugelzapfens relativ zu dem Gelenkgehäuse wird über Reibung Wärme erzeugt, die zu einem Wärmestrom im Gelenk führt. Dabei hat sich gezeigt, dass der Quotient aus der Differenz von an zwei unterschiedlichen Orten im oder am Gelenk erfassten Temperaturwerten und der Winkelgeschwindigkeit des Kugelzapfens relativ zu dem Gelenkgehäuse ein Maß für den Verschleiß des Gelenks ist. Der Quotient bildet somit einen auch im Kraftfahrzeug bestimmbaren Verscheißindikator, wobei die Winkelgeschwindigkeit durch zeitliche Differentiation der von der Winkelmessvorrichtung ermittelten Winkelwerte bestimmbar ist und die beiden Temperaturwerte von den Temperatursensoren erfasst werden können.
Der Verlauf des durch eine Bewegung des Kugelzapfens relativ zum Gehäuse erzeugten Reibungswärmestroms kann bestimmt oder zumindest abgeschätzt werden, wobei die Temperatursensoren bevorzugt an unterschiedlichen Positionen in diesem Reibungswärmestrom sitzen. Insbesondere weisen die beiden Temperatursensoren aber einen unterschiedlichen Abstand zum Mittelpunkt der Gelenkkugel bzw. einer sphärischen Lagerfläche von Gehäuse oder Kugelschale auf.
Die Temperatursensoren können in oder an der Kugelschale und/oder in oder an der Wandung des Gehäuses angeordnet sein. Bevorzugt sitzen die beiden Temperatursensoren aber auf einer in oder an dem Gelenkgehäuse angeordneten Platte oder Platine und sind insbesondere auf einander gegenüberliegenden Seiten dieser Platte oder Platine vorgesehen.
Das Gehäuse weist eine Öffnung auf, durch welche hindurch sich der Kugelzapfen erstreckt, wobei der dieser Öffnung gegenüberliegende Bereich des Gehäuses bevorzugt einen Boden umfasst, an dem sich z.B. die Kugelschale abstützt. Die Temperatursensoren sind insbesondere im Bereich des Bodens angeordnet, so dass auch die Platte oder Platine bevorzugt im Bereich des Bodens sitzt. Ferner kann der Boden eine von einem Deckel verschlossene Öffnung aufweisen, von dem die Platte oder Platine gehalten oder gebildet ist.
Die Winkelmessvorrichtung ist bevorzugt als magnetische Winkelmessvorrichtung ausgebildet und weist einen Magnet und einen mit diesem zusammenwirkenden magnetfeldempfindlichen Sensor auf. Dabei kann der Magnet als Permanentmagnet und der magnetfeldempfindlichen Sensor als magnetoresistiver Sensor oder als Hall- Effekt-Sensor ausgebildet sein. Insbesondere ist der Magnet am Kugelzapfen und der
magnetfeldempfindliche Sensor am Gehäuse befestigt. Es ist aber auch eine umgekehrte Anordnung möglich.
Ferner ist die Winkelmessvorrichtung insbesondere zumindest mittelbar mit dem Kugelgelenk verbunden und kann außerhalb desselben angeordnet sein. Bevorzugt ist die Winkelmessvorrichtung aber in oder an dem Kugelgelenk bzw. dem Kugelgelenkgehäuse vorgesehen, insbesondere in das Kugelgelenk integriert. Somit kann insgesamt ein sehr kompakter Messaufbau erzielt werden, der durch das Gelenkgehäuse und gegebenenfalls durch den Deckel vor äußeren Einflüssen geschützt ist.
Bei genauerer Betrachtung kann in den Verschleißindikator zusätzlich eine von dem Kugelzapfen auf das Gelenkgehäuse oder auf die Kugelschale ausgeübte Kraft eingehen. Insbesondere hat sich gezeigt, dass der oben genannte Quotient durch Division der Temperaturdifferenz durch das Produkt aus der Winkelgeschwindigkeit und dieser Kraft gebildet werden kann. Bevorzugt ist daher von wenigstens einem Kraftsensor die von dem Kugelzapfen auf das Gelenkgehäuse oder auf die Kugelschale ausgeübte Kraft ermittelbar.
Die Messung des Winkels ist aber wichtiger als die Messung der Kraft. Ist das Kugelgelenk in der Radaufhängung eines Kraftfahrzeugs angeordnet, kann die Kraft auch durch das Fahrzeuggewicht und die Stärke der Einfederung abgeschätzt werden, welche aus dem gemessenen Winkel ermittelbar ist. Somit kann auch die Winkelmessvorrichtung als Kraftsensor dienen. Im einfachsten Fall ist es sogar möglich, die Kraft als Konstante anzunehmen bzw. anzusetzen.
Der Kraftsensor ist insbesondere zumindest mittelbar mit dem Kugelgelenk verbunden und kann außerhalb desselben angeordnet sein. Bevorzugt ist der
Kraftsensor aber in oder an dem Kugelgelenk bzw. dem Kugelgelenkgehäuse vorgesehen, insbesondere in das Kugelgelenk integriert. Ferner kann der Kraftsensor von einem piezoelektrischen Sensor gebildet sein.
Zum Bestimmen des Verschleißindikators sind die beiden Temperatursensoren, die Winkelmessvorrichtung und gegebenenfalls der Kraftsensor bevorzugt mit einer Auswerteeinrichtung verbunden, von welcher der den Verschleiß des Kugelgelenks kennzeichnende Verschleißindikator bestimmt werden kann. Die Auswerteeinrichtung weist insbesondere einen mit der Winkelmessvorrichtung verbundenen Differentiator, einen mit den beiden Temperatursensoren verbundenen Differenzbildner und eine dem Differentiator und dem Differenzbildner nachgeschaltete und gegebenenfalls mit dem Kraftsensor verbundene Berechnungseinheit auf, wobei der Differenzbildner als Differenzverstärker ausbildbar ist. Die Berechnungseinheit kann wenigstens einen (ersten) Dividierer umfassen und weist bevorzugt zusätzlich einen Multiplizierer und/oder einen zweiten Dividierer auf.
Die Auswerteeinrichtung ist mittels analoger oder digitaler Baugruppen ausbildbar. Bevorzugt wird die Auswerteeinrichtung aber von wenigstens einem Digitalrechner gebildet, in dem ein Programm gespeichert ist, mittels welchem die von der Winkelmessvorrichtung, von den Temperatursensoren und gegebenenfalls von dem Kraftsensor gemessenen Signale zum Bestimmen des Verschleißindikators verarbeitbar sind.
Die Erfindung umfasst auch ein Kraftfahrzeug mit einem Fahrzeugaufbau, einem mit dem Fahrzeugaufbau verbundenen Kraftfahrzeugbauteil und wenigstens einem erfindungsgemäßen Kugelgelenk, welches mit dem Kraftfahrzeugbauteil verbunden ist. Dabei kann das Kugelgelenk gemäß allen
zuvor genannten Ausgestaltungen weitergebildet sein. Das Kraftfahrzeugbauteil ist bevorzugt von einem Fahrwerksbauteil wie einer Spurstange oder einem Lenker gebildet, insbesondere von einem oberen oder unteren Querlenker.
Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zum Bestimmen eines den Verschleiß eines ein Gelenkgehäuse und einen in diesem drehbar und schwenkbar gelagerten Kugelzapfen aufweisenden Kugelgelenks kennzeichnenden Verschleißindikators und/oder die Verwendung des erfindungsgemäßen Kugelgelenks zum Bestimmen des Verschleißindikators durch
Bestimmen von Winkeldaten durch aufeinanderfolgendes Messen des
Winkels zwischen dem Kugelzapfen und dem Gelenkgehäuse,
Bestimmen einer (Winkel-)Geschwindigkeit durch Differenzieren der
Winkeldaten nach der Zeit,
Messen von Temperaturen an zumindest zwei unterschiedlichen Orten im oder am Kugelgelenk und
Bestimmen des Verschleißindikators auf Basis der Winkelgeschwindigkeit und der Temperaturwerte.
Dabei kann das Kugelgelenk gemäß allen zuvor genannten Ausgestaltungen weitergebildet sein. Der Begriff „Daten" soll hierbei auf die bevorzugte Verwendung eines Digitalrechners zur Durchführung des Verfahrens hinweisen. Es ist aber möglich, dass der Begriff „Daten" einen oder mehrere Werte bezeichnet, die als analoge oder digitale Signale zur Verfügung stehen, ohne dass ein Computer zur Anwendung kommt.
Bevorzugt wird der Verschleißindikators noch mit einer gelenkspezifischen Konstanten multipliziert und durch den Radius der Gelenkkugel dividiert.
Insbesondere wird eine von dem Kugelzapfen auf das Gelenkgehäuse oder auf eine zwischen diesem und dem Gelenkgehäuse angeordnete Kugelschale ausgeübte Kraft gemessen und der Verschleißindikator zusätzlich auf Basis der gemessenen Kraft bestimmt.
Da die Kugelschale regelmäßig von dem Gelenkgehäuse aufgenommen und gehalten wird, entspricht die von dem Kugelzapfen auf das Gelenkgehäuse ausgeübte Kraft im Wesentlichen der von dem Kugelzapfen auf die Kugelschale ausgeübten Kraft bzw. ist aus dieser ableitbar.
Grundsätzlich ist es möglich, den Winkel, die Winkeldaten, die Winkelgeschwindigkeit, gegebenenfalls die Kraft, die Temperaturwerte, die Differenz und/oder den Verschleißindikator mit geeigneten Faktoren zu modifizieren, wozu zusätzliche Baugruppen vorgesehen sein können. Ist die Auswerteeinrichtung von einem Digitalrechner gebildet, können diese zusätzliche Baugruppen auch mittels des Digitalrechners realisiert werden, wofür lediglich eine Modifikation der Software erforderlich ist.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand einer bevorzugten Ausführungsform unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben. In der Zeichnung zeigen:
Fig. 1: eine Schnittansicht einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Kugelgelenks, Fig. 2: eine schematische Darstellung der Ausführungsform nach Fig. 1 im ausgelenkten Zustand, Fig. 3: eine schematische Darstellung der Ausführungsform nach Fig. 1 in einem unverschlissenen Zustand,
Fig. 4: ein schematisches Blockschaltbild einer Auswerteeinrichtung für die
Ausführungsform nach Fig. 1, Fig. 5: eine schematische Darstellung der Ausführungsform nach Fig. 1 in einem verschlissenen Zustand und Fig. 6: eine schematische Ansicht einer Radaufhängung für ein Kraftfahrzeug mit einem Kugelgelenk gemäß der Ausführungsform nach Fig. 1.
Aus Fig. 1 ist eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Kugelgelenks 1 ersichtlich, welches ein Kugelgelenkgehäuse 2 und einen Zapfen 3 und eine mit diesem verbundene Gelenkkugel 4 umfassenden Kugelzapfen 5 aufweist. In dem Gelenkgehäuse 2 ist eine eine sphärische Lagerfläche 6 (siehe Fig. 3) aufweisende Kugelschale 7 angeordnet, in welcher der Kugelzapfen 5 mit seiner Gelenkkugel 4 drehbar und schwenkbar gelagert ist. Das Kugelgelenkgehäuse 2 weist eine Öffnung 8 auf, durch welche hindurch sich der Kugelzapfen 5 erstreckt. Ferner ist im Bereich der Öffnung 8 ein Dichtungsbalg 9 an dem Gelenkgehäuse 2 befestigt, der sich bis zu dem Kugelzapfen 5 hin erstreckt und an diesem dichtend anliegt.
Auf der der Öffnung 8 gegenüberliegenden Seite weist das Gelenkgehäuse 2 einen mit einer Öffnung 10 versehenen Boden 11 auf, welche von einem Deckel 12 verschlossen ist. Der Deckel 12 umfasst eine an dem Gelenkgehäuse 2 befestigte ringförmige Halterung 13, die eine Platine 14 trägt, auf der zwei Temperatursensoren 15 und 16 sitzen, wobei der Temperatursensor 15 auf einer der Gelenkkugel 4 zugewandten Seite und der Temperatursensor 16 auf einer der Gelenkkugel 4 abgewandten Seite der Platine 14 befestigt ist. Auf der der Gelenkkugel 4 abgewandten Seite der Platine 14 ist die ringförmige Halterung 13 mit einer Vergussmasse 17 verschlossen, aus welcher eine mit den beiden Temperatursensoren 15 und 16 verbundene elektrische Leitung 18 herausgeführt ist,
mittels welcher die beiden Temperatursensoren 15 und 16 an eine Auswerteeinrichtung 19 (siehe Fig. 4) angeschlossen sind.
In der Gelenkkugel 4 ist ein Magnet 20 angeordnet, der mit einem auf der Platine 14 angeordneten magnetfeldempfindlichen Sensor 21 zusammen wirkt, der gemeinsam mit dem Magnet 20 eine Winkelmessvorrichtung bildet, mittels welcher ein Verdreh- und/oder Verschwenkwinkel φ (siehe Fig. 2) des Kugelzapfens 5 relativ zu dem Gelenkgehäuse 2 erfassbar ist. Der magnetfeldempfindlichen Sensor 21 ist dabei über die elektrische Leitung 18 mit der Auswerteeinrichtung 19 verbunden.
Zwischen der Kugelschale 7 und dem Gehäuse 2 bzw. dem Boden 11 ist ein Kraftsensor 29 vorgesehen, von welchem die von dem Kugelzapfen 5 auf das Gehäuse 2 oder die Kugelschale 7 ausgeübte Kraft F (siehe Fig. 3) ermittelbar ist, die bevorzugt in oder parallel zur Richtung der Längsachse 23 (siehe Fig. 2) des Gehäuses 2 gemessen wird. Der Kraftsensor 29 ist dabei über die elektrische Leitung 18 mit der Auswerteeinrichtung 19 verbunden. Alternativ kann der Kraftsensor 29 auch zwischen der Kugelschale 7 und dem Kugelzapfen 5 oder außerhalb des Gelenks 1 angeordnet sein oder bei einer einfacheren Ausführungsform des Kugelgelenks ganz entfallen.
Fig. 2 zeigt schematisch den Winkel φ zwischen der Längsachse 22 des Kugelzapfens 5 und der Längsachse 23 des Gelenkgehäuses 2. Alternativ oder ergänzend ist es möglich, dass der gemessene Winkel φ die Verdrehung des Kugelzapfens 5 gegenüber dem Gelenkgehäuse 2 um seine Längsachse 22 repräsentiert.
Aus Fig. 3 ist eine schematische Ansicht des unverschlissenen Kugelgelenks 1 ersichtlich, wobei im belasteten Zustand des Kugelgelenks 1 in einem Bereich oder
Punkt P größter Belastung die Kraft F von dem Kugelzapfen 5 auf die Kugelschale 7 ausgeübt wird. Die Komponente Fn der Kraft F steht insbesondere senkrecht auf der sphärischen Lagerfläche 6 der Kugelschale 7 und schließt mit der Kraft F einen Winkel a ein. Bevorzugt liegt die als Normalkraft bezeichnete Kraftkomponente Fn dabei auf einer Geraden, welche durch den Mittelpunkt M der einen Radius R aufweisenden sphärischen Lagerfläche 6 verläuft. Insbesondere ist der Mittelpunkt M dabei auch der Mittelpunkt der Gelenkkugel 4 und der Radius R auch deren Radius.
Nachfolgend wird ein Verfahren beschrieben, mittels welchem ein den Verschleiß des Kugelgelenks 1 kennzeichnender Wert bestimmt werden kann. Durch eine Verhärtung eines in das Kugelgelenkgehäuse 2 eingebrachten Schmierfetts und/oder einem Verschleiß der Kugelschale 7 erhöht sich die durch Reibung produzierte Wärmemenge q im Gelenk. Eine erhöhte Wärmemenge q ist dabei ein Indiz für einen erhöhten Verschleiß, wobei die durch Reibung erzeugte Wärmemenge q u. a. über die im Gelenk eingebaute Platine 14 abgeführt wird. Durch Messung der Temperatur T2 oberhalb der Platine 14 mittels des Temperatursensors 16 und der Temperatur Tl unterhalb der Platine 14 mittels des Temperatursensors 15 kann der durch die Platine 14 fließende Wärmestrom q berechnet werden zu:
q = Kh AT, mit AT = (T2 - Tl).
Dabei ist q die Ableitung der Wärmemenge nach der Zeit, AT die Temperaturdifferenz zwischen Ober- und Unterseite der Platine 14 und Kl eine gelenkspezifische Konstante. Andererseits lässt sich die im Gelenk produzierte Reibleistung q zu
. Fr - s ? = —
berechnen, wobei mit Fr die Reibkraft, mit s der Reibweg und mit t die Zeit bezeichnet ist. Die Reibkraft Fr ist dabei gleich dem Produkt aus Normalkraft Fn und Reibwert μ, wobei für die Normalkraft Fn gilt:
F
Fn = , mit Fr = μ - Fn. cos a
Insbesondere kann die Normalkraft Fn, z.B. aufgrund von Kerbwirkungen, größer als die Kraft F sein, wobei a den Winkel zwischen dem Kraftvektor F und der Normalkraft Fn kennzeichnet. Der Quotient aus Weg s und Zeit t entspricht der Dreh- und Kippgeschwindigkeit v des Kugelzapfens 5, welche ferner gleich dem Produkt aus der Winkelgeschwindigkeit φ des Kugelzapfens 5 gegenüber der Kugelschale 7 bzw. dem Gehäuse 2 und dem Reibradius Rr ist, der von dem Produkt aus Kugelzapfenradius R und sina gebildet wird, so dass für die Dreh- und Kippgeschwindigkeit v des Kugelzapfens 5 folgt: v = φ -R -sma.
Mit v = — ergibt sich dann für die Reibleistung:
Fr -s q = = μ -F - φ -R -tana
Daraus folgt:
AT - Kl F -R -φ wobei der Ausdruck μ ■ tan a einen geeigneten Verschleißindikator für das Kugelgelenk 1 bildet.
Da die Größen Kl und R aber gelenkabhängige Konstanten sind, können diese beim Bestimmen des Verschleißindikators auch weggelassen werden, so dass der Wert J, mit
I = ^- F'φ
ebenfalls ein geeigneter Verschleißindikator für das Kugelgelenk 1 ist. Bei einer einfacheren Variante des Kugelgelenks wird die Kraft als Konstante angenommen und kann daher beim Bestimmen des Verschleißindikators weggelassen werden. Dieser vereinfachte Verschleißindikator Iv ergibt sich damit zu:
I -^. φ
Mit der Erfassung der Temperaturdifferenz AT, der Drehgeschwindigkeit φ des Kugelzapfens 5 sowie der äußeren Kraft F lässt sich der Verschleißindikator μ • tan a bzw. I bestimmen. Die äußere Kraft F und/oder die Drehgeschwindigkeit φ des Kugelzapfens 5 können dabei mit außerhalb des Gelenks 1 angeordneten Sensoren gemessen bzw. bestimmt werden. Bevorzugt sind der Kraftsensor 29 und/oder die Winkelmessvorrichtung 20, 21 aber in dem Gelenk 1 angeordnet bzw. in diesem integriert.
Überschreitet der Verschleißindikator μ ■ tan a oder I einen vorgegebenen Schwellenwert, sollte das Kugelgelenk 1 näher untersucht und gegebenenfalls ausgetauscht werden. Wird bei günstigem Kugelgelenkdesign auch noch der Winkel a durch geeignete Sensoren gemessen, lässt sich ferner zwischen Fettverhärtung (Änderung von μ) und Schalenverschleiß (Änderung von a) unterscheiden.
Aus Fig. 4 ist ein schematisches Blockschaltbild der Auswerteeinrichtung 19 ersichtlich, wobei ein Differenzbildner 24 mit den beiden Temperatursensoren 15 und 16 verbunden ist und die Temperaturdifferenz AT als Ausgangssignal liefert. Ein Differentiator 25 ist mit der Winkelmessvorrichtung bzw. mit dem magnetfeldempfindlichen Sensor 21 verbunden und liefert als Ausgangssignal die Winkelgeschwindigkeit φ . Dem Differenzbildner 24 und dem Differentiator 25 ist eine mit dem Kraftsensor 29 verbundene Berechnungseinheit 47 nachgeschaltet, die als Ausgangssignal den Verschleißindikator I liefert. Ergänzend ist es möglich, den
Wert I mit Kl zu multiplizieren und durch R zu dividieren, um den Ausdruck μ ■ tan a zu erhalten.
Gemäß Fig. 4 weist die Berechnungseinheit 47 einen dem Differentiator 25 nachgeschalteten und mit dem Kraftsensor 29 verbundenen Multiplizierer 26 auf, der das Produkt φ- F als Ausgangsgröße abgibt. Die Berechnungseinheit 47 weist ferner einen dem Multiplizierer 26 und dem Differenzbildner 24 nachgeschalteten Dividier er 30 auf, der als Ausgangssignal den Wert J liefert.
Der ermittelte Verschleißindikator J oder μ ■ tan a kann einem, hier von der Auswerteeinrichtung 19 gebildeten Schwellenwertgeber 27 zugeführt werden, von dem ein diesem nachgeschalteter Signalgeber 28 betätigbar ist. Der insbesondere im Fahrgastinnenraum eines Fahrzeugs 37 (siehe Fig. 6) angeordnete Signalgeber 28 kann als akustischer oder optischer Signalgeber ausgebildet sein, um bei Überschreiten des zulässigen Verschleißes bzw. des Schwellenwerts den Fahrer über den Verschleiß des Kugelgelenks 1 zu informieren. Als optischer Signalgeber eignet sich z.B. eine Leuchte. Alternativ ist es möglich, dass der Verschleiß wert J bzw. μ ■ tan a oder das Ausgangssignal des Schwellenwertgebers 27 einer Fahrzeugsteuerung zugeführt wird. Da die Winkelgeschwindigkeit φ je nach Drehoder Schwenkrichtung des Kugelzapfens 5 ein unterschiedliches Vorzeichen aufweisen kann, ist es möglich, einen Absolutwertgeber vorzusehen, der z.B. der Berechnungseinheit 47 nachgeschaltet und gegebenenfalls dem Schwellenwertgeber 27 vorgeschaltet ist. Der Absolutwertgeber gibt als Ausgangssignal den (absoluten) Betrag des ihm zugeführten Signals ab und kann auch zwischen dem Differentiator 25 und der Berechnungseinheit 47 vorgesehen oder in diese integriert sein. Ferner ist es möglich, die Temperaturdifferenz ΔT mit ΔT = ( Tl - T2 ) zu berechnen.
In Fig. 4 ist lediglich ein Beispiel für die Auswerteeinrichtung 19 gegeben, welches nicht einschränkend auszulegen ist. Insbesondere die Kombination von Multiplizierer 26 und Dividierer 30 kann durch eine äquivalente Baugruppe oder Berechnungseinheit ersetzt werden, die z.B. aus zwei aufeinanderfolgenden Dividierern besteht. Obwohl ein Aufbau der Auswerteeinrichtung 19 aus analogen oder digitalen Baugruppen möglich ist, wird gemäß der Ausführungsform die Auswerte einrichtung 19 insbesondere von einem Digitalrechner bzw. von einer in diesem ablaufenden Software gebildet, wobei der Verschleißindikator / oder μ ■ tan a aus den Signalen Tl, T2, φ und F (gegebenenfalls mit den Konstanten Kl und R) numerisch berechnet bzw. bestimmt wird.
Aus Fig. 5 ist eine schematische Ansicht des Kugelgelenks 1 im verschlissenen Zustand ersichtlich, wobei ein Verschleiß mit einer Veränderung des Winkels a einhergeht. Der Bereich oder Punkt P größter Belastung wandert somit mit zunehmendem Verschleiß des Kugelgelenks 1. Praktisch wandert der Bereich oder Punkt P nur geringfügig, so dass die Darstellung gemäß Fig. 5 zur Verdeutlichung dieser Wanderung lediglich schematisch zu verstehen ist.
Kann der Bereich oder Punkt P im unverschlissenen Zustand des Gelenks (siehe Fig. 3) noch in einem Prüffeld bestimmt oder berechnet werden, so sind zur genauen Bestimmung des Bereichs oder Punkts P im verschlissenen Zustand (siehe Fig. 5) zusätzliche Sensoren in dem Kugelgelenk 1 vorsehbar. Z. B. können mehrere Kraftsensoren bzw. ein von diesen gebildetes Kraftsensor-Array 46 im Gelenkgehäuse 2 oder in der Kugelschale 7 angeordnet sein und den Bereich oder Punkt P erfassen. Dies ist aber nur erforderlich, wenn eine höhere Genauigkeit an die Bestimmung des Verschleißwertes J bzw. μ ■ tan a gestellt wird. In diesem Fall kann dann auch zwischen Schalenverschleiß und Fettverhärtung unterschieden werden.
Durch die Messung des „Verschleißindikators" kann ein beginnender Verschleiß und/oder eine beginnende Fettverhärtung frühzeitig erkannt werden. Eine Schädigung des Kugelgelenks 1 wird frühzeitig erfasst, bevor es zu Ausfällen und sicherheitskritischen Situationen kommt. Die Elektronik und die Temperatursensoren lassen sich vollständig gegen schädliche Substanzen schützen und sind mit anderen Sensoren kombinierbar.
Aus Fig. 6 ist eine schematische Ansicht einer Radaufhängung 31 ersichtlich, wobei ein Radträger 32 über einen oberen Querlenker 33, einen unteren Querlenker 34 und einen Führungslenker 35 mit einem Fahrzeugaufbau 36 des teilweise dargestellten Kraftfahrzeugs 37 verbunden ist. Der obere Querlenker 33 ist über das erfindungsgemäße Kugelgelenk 1 mit dem Radträger 32 und über ein Gelenk oder Elastomerlager 38 mit dem Fahrzeugaufbau 36 verbunden. Der untere Querlenker 34 ist über ein Kugelgelenk 39 mit dem Radträger 32 und über ein Elastomerlager 40 mit dem Fahrzeugaufbau 36 verbunden. Ferner ist der Führungslenker 35 über ein Kugelgelenk 41 mit dem Radträger 32 und über ein Elastomerlager 42 mit dem Fahrzeugaufbau 36 verbunden. An dem Radträger 32 ist ein Reifen bzw. Rad 43 drehbar gelagert, welches in einem Radaufstandspunkt 44 in Kontakt mit einer schematisch dargestellten Fahrbahn 45 steht. Ferner ist die Auswerte einrichtung 19 im Fahrzeugaufbau 36 angeordnet.
In der gezeigten Radaufhängung 31 erfolgt eine Verschleißmessung des Kugelgelenks 1. Ergänzend oder alternativ ist es möglich, eine derartige Messung auch für eines oder mehrere der anderen Kugelgelenke der Radaufhängung 31 durchzuführen.
Bezugszeichenliste
Kugelgelenk Gelenkgehäuse Zapfen Gelenkkugel Kugelzapfen sphärische Lagerfläche der Kugelschale Kugelschale Öffnung im Gelenkgehäuse Dichtungsbalg Öffnung im Boden Boden Deckel Halterung Platine Temperatursensor Temperatursensor Vergussmasse Leitung Auswerte einrichtung Magnet magnetfeldempfindlicher Sensor Längsachse des Kugelzapfens Längsachse des Gelenkgehäuses Differenzbildner Differentiator
6 Multiplizierer 7 Schwellenwertgeber 8 Signalgeber
29 Kraftsensor
30 Dividierer
31 Radaufhängung
32 Radträger
33 oberer Querlenker
34 unterer Querlenker
35 Führungslenker
36 Fahrzeugaufbau
37 Kraftfahrzeug
38 Gelenk oder Elastomerlager
39 Kugelgelenk
40 Elastomerlager
41 Kugelgelenk
42 Elastomerlager
43 Rad
44 Radaufstandspunkt
45 Fahrbahn
46 Kraftsensor-Array
47 Berechnungseinheit φ Winkel zwischen Kugelzapfen und Gelenkgehäuse
P Bereich oder Punkt größter Belastung
F Kraft
Fn Normalkraft
M Mittelpunkt der sphärischen Lagerfläche bzw. der Gelenkkugel
R Radius der der sphärischen Lagerfläche bzw. der Gelenkkugel