Titel: Verfahren und eine Vorrichtung zum Navigieren und Positionieren eines Gegenstands relativ zu einem Patienten
Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Navigieren und Positionieren eines Gegenstands relativ zu einem Patienten während einer medizinischen Operation im Operationssaal. Beispielsweise kann es sich bei dem Prozess des Navigierens und Positionierens um die Anordnung einer Hüftprothese in einer exakt vorausberechneten Position relativ zum Oberschenkelknochen des Patienten handeln. Bislang wurde eine korrekte Positionierung durch Verwendung von Kameras im Operationssaal optisch überprüft. Hierbei waren auf dem zu navigierenden Gegenstand oder dem zu navigierenden Gerät optisch erkennbare Marken aufgebracht. Auch bei dem Patienten waren solche Marken vorgesehen. Ein derartiges System arbeitet zwar mit der erforderlichen Genauigkeit, es weist jedoch zahlreiche Nachteile auf. Ein hierfür erforderliches System mit mehreren Kameras und einer Bedieneinheit ist mit sehr hohen Kosten im Bereich mehrerer 10.000,-- € verbunden. Ein solches System arbeitet referenzbasiert, d. h. es ist prinzipiell nur stationär einsetzbar. Wenn das System an einem anderen Ort verwendet werden soll, so müssen die hierfür erforderlichen Kameras erneut an exakt vorherbestimmten Orten wieder aufgebaut werden. Des Weiteren erweist es sich als nachteilig, dass nur ein beschränkter Arbeitsbereich in der Größenordnung einer Abmessung von etwa 1 m zur Verfügung steht. Als besonders nachteilig erweist sich das Problem der Abschattung. Das System ist nur dann arbeitsfähig, wenn die hierfür verwandten Marken gleichzeitig von allen erforderlichen Kameras erfasst werden können. Wenn sich OP-Personal zwischen einer solchen
Marke und einer Kamera aufhält oder sonstiges OP-Gerät dort positioniert wird, so ist das System nicht arbeitsfähig.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung der eingangs beschriebenen Art dahingehend zu verbessern, dass die vorgenannten Nachteile nicht auftreten oder weitestgehend überwunden werden.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren und eine Vorrichtung mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 gelöst.
Durch Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens und der erfindungsgemäßen Vorrichtung lässt sich der Gegenstand, etwa ein Prothesenteil oder ein chirurgisches Gerät, in einer zuvor bestimmten Position am Patienten positionieren, oder anders ausgedrückt vermag das OP-Personal den betreffenden Gegenstand so bezüglich seiner Lage und Orientierung zu verändern, bis er die erwünschte vorbestimmte Position relativ zum Patienten oder relativ zu einem Bereich des Patienten erreicht hat. Die beanspruchte Vorrichtung ist mit weitaus geringeren Kosten verbunden als die Anwendung der eingangs beschriebenen Technik der optischen Erfassung. Das erfindungsgemäße System ist weitestgehend transportabel; es erfordert mit Ausnahme der an dem Gegenstand und dem Patienten befestigbaren Sensoreinrichtungen keine größeren Gerätschaften, die aufwendig an exakt vorbestimmten Positionen stationär montiert werden müssten. Die eine dreidimensionale Inertialsensorik aufweisenden Sensoreinrichtungen sind auch weitgehend miniaturisierbar, sie lassen sich in Volumina von wenigen Millimetern Abmessung realisieren. Diese Sensoreinrichtungen sind an einer vorbestimmten Stelle und in einer vorgegebenen Orientierung an dem besagten Gegenstand einerseits und an einer ebenso vorbestimmten Position am Patienten andererseits befestigbar und wieder lösbar. Die Sensoreinrichtungen weisen hierfür vorteilhafterweise eine vorzugsweise visuell erkennbare
Orientierungshilfe auf, die eine korrekte Festlegung an dem Gegenstand bzw. an dem Patienten gestattet.
Es erweist sich auch als vorteilhaft, wenn die Sensoreinrichtungen Befestigungsmittel aufweisen zum lösbaren Festlegen der Sensoreinrichtung an dem Gegenstand und an dem Patienten. Hierbei kann es sich beispielsweise um klemmende oder klipsartig ausgebildete Befestigungsmittel handeln.
Um im Zuge der Durchführung des Verfahrens Positionsdaten aus den Messwerten der ersten Sensoreinrichtung und der zweiten Sensoreinrichtung miteinander vergleichen zu können, ist es lediglich erforderlich, dass zu Beginn der Positionierung eine Referenzierung der Sensoreinrichtungen durchgeführt wird, indem beide Sensoreinrichtungen an einem gemeinsamen Ort oder an zwei in vorbestimmter bekannter Orientierung zueinander liegenden Orten zur Ruhe gebracht werden. Hiervon ausgehend wird dann durch Verwendung der dreidimensionalen Sensorik eine Verlagerung der Sensoreinrichtungen ermittelt und weiterer Datenverarbeitung zugeführt.
Die erste und insbesondere auch die zweite Sensoreinrichtung weisen bevorzugtermaßen drei Beschleunigungssensoren auf, deren Signale zur Berechnung einer translatorischen Bewegung verwendbar sind, und zusätzlich drei Drehratensensoren, deren Messwerte zum Bestimmen der Orientierung im Raum verwendbar sind.
Zusätzlich zu den Drehratensensoren können in vorteilhafter Weise Magnetfeldsensoren zur Ermittlung der Orientierung des Gegenstands im Raum vorgesehen sein. Die Magnetfeldsensoren erfassen dabei Komponenten des Erdmagnetfelds und vermögen ihrerseits Informationen über die Orientierung der Sensoreinrichtung im Raum zu geben.
Solchenfalls erweist es sich als vorteilhaft, wenn Mittel zum Vergleichen der aus Messwerten der Magnetfeldsensoren ermittelten Orientierung im Raum mit der aus Messwerten der Drehratensensoren ermittelten Orientierung im Raum vorgesehen sind. Zusätzlich kann ein Beschleunigungssensor für die Messung der Erdbeschleunigung vorgesehen sein, welcher ebenfalls zur Ermittlung der Orientierung der betrachteten Sensoreinrichtung im Raum verwendet werden kann.
Es erweist sich des Weiteren als besonders vorteilhaft, wenn die Rechenmittel der erfindungsgemäßen Vorrichtung Mittel zur Ausführung eines an sich aus DE 103 12 154 Al bekannten Quaternionen-Algorithmus aufweisen.
Des Weiteren erweist es sich als vorteilhaft, wenn die Rechenmittel Mittel zur Anwendung einer vor Beginn der Positionierung ermittelten und gespeicherten Ausgleichsmatrix aufweisen, welche Ausgleichsmatrix einer Abweichung der Orientierung der Achsen der drei Drehratensensoren von einer angenommenen Orientierung der Achsen zueinander Rechnung trägt und durch ihre Anwendung einen bei der Berechnung der Drehwinkel resultierenden Fehler kompensiert.
Ferner erweist es sich als vorteilhaft, wenn die Rechenmittel Mittel zur Ausführung eines Kaiman-Filter-Algorithmus aufweisen.
Da Inertialsensoren auf Beschleunigungsvorgänge zurückgehende Messwerte liefern, werden diese Messwerte zur Bestimmung von Positionsdaten im Falle von Beschleunigungssensoren zweifach integriert und im Falle von Drehratensensoren einfach integriert. Im Zuge dieser Integrationsvorgänge werden Fehler nach und nach durch Integration aufaddiert. Insofern erweist es sich als vorteilhaft, dass das Verfahren und die hierfür verwandte Vorrichtung so ausgebildet ist, dass vor Beginn einer Datennahme und dann immer wieder, sobald ein Ruhen der
Vorrichtung für eine bestimmte Zeitdauer festgestellt wird, ein Offset-Wert des AusgangsSignals der Drehratensensoren ermittelt wird und nachfolgend bis zur nächstfolgenden Ermittlung dieser Offset-Wert für die jeweiligen Drehratensensoren in Abzug gebracht wird, so dass er nicht in die Integration eingeht. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass immer wieder ein neuer aktueller Offset-Wert ermittelt wird, so dass größtmögliche Genauigkeit erreicht wird.
Es' wurde auch festgestellt, dass die konstruktionsbedingt nicht zu vermeidende Abweichung der Orientierung der Achsen der drei Drehratensensoren von einer angenommenen Orientierung sehr rasch bei der Berechnung der Drehwinkel zu Ungenauigkeiten führt. Dadurch, dass dieser Fehler durch Anwendung der für die betreffende Sensoreinrichtung zu bestimmenden Ausgleichsmatrix kompensiert wird, lässt sich eine den Anforderungen genügende Steigerung der Genauigkeit erreichen. Zur Ermittlung der Ausgleichsmatrix wird vor Beginn der Objektverfolgung eine hierfür verwandte Sensoreinrichtung in eine rotierende Bewegung um eine jeweilige Achse gebracht, und zwar unter Stillsetzung der beiden anderen Achsen. Anhand der hierbei erhaltenen Drehratensensorsignale wird die Ausgleichsmatrix errechnet und in einem Speicher der beanspruchten Vorrichtung hinterlegt. Für den rotatorischen Antrieb der Sensorvorrichtung kann ein Industrieroboter verwendet werden. Auf diese Weise kann die 3x3-Nichtorthogonalitätsmatrix durch Drehung um die einzelnen Raumachsen nacheinander aufgenommen werden.
Die Nebendiagonalelemente der Nichtorthogonalitätsmatrix in Gleichung wären bei einem idealen System 0. Die Ungenauigkeiten beruhen auf Fertigungsungenauigkeiten, die dazu führen, dass die Achsen der Drehratensensoren weder in einer vorbestimmten Orientierung zu einem Gehäuse der Sensoreinrichtung noch exakt orthogonal zueinander angeordnet sind.
Wenn vorausgehend davon die Rede war, dass ein Offset-Wert bestimmt wird, wenn ein Ruhen der Vorrichtung für eine bestimmte Zeitdauer festgestellt wird, so wird hierunter die Bestimmung eines Driftvektors verstanden, und zwar für drei vorzugsweise orthogonal zueinander orientierte Drehratensensoren und für drei vorzugsweise orthogonal zueinander orientierte Beschleunigungssensoren. Auf diese Weise kann eine Matrix D ermittelt werden, deren Zeilen die Offsets der einzelnen Sensoren sind. Sie werden vorzugsweise zu Beginn einer ObjektVerfolgung und dann immer wieder bei einer detektierten Ruhelage neu ermittelt und für die weitere Datenverarbeitung zugrunde gelegt.
Die Genauigkeit der'Bestimmung der Orientierung wird nach einer Ausführungsform der Erfindung auch dadurch erhöht, dass bei jeder Messdatennahme und Ermittlung der drei Drehwinkel ein Quaternionen-Algorithmus der nachfolgend definierten Art auf die drei Drehwinkel angewandt wird, um hieraus die aktuelle Orientierung des Objekts im Raum zu errechnen. Die
hierdurch erzielte weitere Verbesserung beruht auf folgendem Umstand: Wenn man die durch einfache Integration bei jedem infinitesimalen Schritt der Abtastung, d. h. der Messdatennahme erhaltbaren infinitesimalen Drehwinkel um eine jeweilige Achse zur Bestimmung der Orientierungsänderung des Objekts so heranziehen würde, dass die Drehungen nacheinander um die jeweilige Achse durchgeführt würden, so würde hieraus ein Fehler resultieren. Dieser Fehler liegt darin begründet, dass die Messdaten der drei Sensoren zum gleichen Zeitpunkt genommen werden, weil eine Drehung in der Regel gleichzeitig um drei Achsen stattfindet und ermittelt wird. Wenn dann zur Ermittlung der Positionsveränderung die drei bestimmten Drehwinkel aber nacheinander als Drehungen um die jeweiligen Achsen berücksichtigt würden, so würde bei der Drehung um die zweite und die dritte Achse ein Fehler resultieren, da diese Achsen bereits im Zuge der ersten Drehung fehlerbehaftet in eine andere Orientierung gebracht wurden. Dem wird durch Anwendung des Quaternionen-Algorithmus auf die drei Drehwinkel begegnet. Auf diese Weise werden die drei Drehungen durch eine einzige Transformation ersetzt. Der Quaternionen-Algorithmus ist folgendermaßen definiert:
Die Quaternion ist in Gl.1. definiert:
(3) q-=qQ+qi-i+q2-j+qyk
mit den Bedingungen Gl.4. bis Gl.8.
i-J=-j-i=k
(6)
(7: j-k=-k-j=i
(8) k-i=-i-k=j
Durch Zusammenfassen der komplexen Anteile zu einem Vektor v und mit qo=w gelangt man zu der Schreibweise in Gl.9.
(9) £e(wv)τ
mit den Bedingungen Gl.10. und Gl.11.
(11) v≡tf
Für die Benutzung der Quaternionen gelten die Definitionen Gl. 12 bis Gl.17.
Konjugierte Quaternion f w s
(12) £ = _v
Inversion q-l
Darstellung eines Vektors O (16) ^v =
Darstellung eines Skalars
Besondere Bedeutung für die inertiale Objektverfolgung erhält die Multiplikation. Diese stellt eine Rotation einer Quaternion dar. Dafür wird eine Rotationsquaternion Gl.18. eingeführt.
Der Vektor φ besteht aus den einzelnen Drehungen um die Koordinatenachsen.
Eine Drehung eines Punkts oder Vektors kann nun wie folgt errechnet werden. Zunächst müssen die Koordinaten des Punkts
oder der Vektor mittels Gleichung Gl.16 in eine Quaternion . umgewandelt und anschließend die Multiplikation mit der Rotationsquaternion durchgeführt werden (Gl.18). Die Ergebnisquaternion enthält den rotierten Vektor in der gleichen Schreibweise. Unter der Voraussetzung, dass der Betrag einer Quaternion gleich eins ist, kann die invertierte Quaternion durch die konjugierte ersetzt werden (Gl.19).
q qvv '' Y Y - - - - < q±±?rroott
■ 33 q q--vv wegen Gl.20.
(20) =1
Wie kann man diese Operation verdeutlichen? Der Vektor φ ist der Normalenvektor zu der Ebene, in der eine Drehung um den Winkel x/4φ ausgeführt wird. Der Winkel entspricht dem Betrag des Vektors φ. Siehe Fig.l.
Aus Fig.l ist ersichtlich, dass eine Rotation in jeder beliebigen Ebene und unter Angabe nur eines Winkels durchgeführt werden kann. Darin zeigen sich auch die besonderen Vorteile für dieses Verfahren. Weitere Vorteile sind die geringe Anzahl an notwendigen Parametern und trigonometrischer Funktionen, welche durch Näherungen für kleine Winkel völlig ersetzt werden könnten. Für die Rotation mit dem Vektor ω gilt die Differenzialgleichung 21:
Die konkrete Umsetzung des Quaternionen Algorithmus ist in Figur 2 dargestellt und erfolgt folgendermaßen: Insgesamt er-
folgt die gesamte Berechnung mit Hilfe von Einheitsvektoren. Ausgehend von der Startorientierung werden die Starteinheitsvektoren Ex, Ey und Ez ermittelt.
Aus den Einheitsvektoren wird mit Hilfe von Gleichung Gl. 22 die Rotationsmatrix berechnet.
(22)
2-{q
rq
2-q
0-q
3) 2-(
qι-q
3-q
0-q
2)
R= 2 - (<7r 42 - 4o - <73) (^o)2 - fe)2 + (^)2 - fe)2 2 - {q2 - <i3 - <io - <ii) 2 - (#r q3 - q0 - q2) 2 - {q2 - q3 - q0 - qx) {qof - {qd1 ~ {q2)2 + {q3f
Ausgehend von einer Startorientierung des mit dem Objekt verbundenen Koordinatensystems, insbesondere ausgehend von sogenannten Einheitsstartvektoren, wird gemäß Gleichung 22 die Rotationsmatrix R, bei der es sich um eine 3x3-Matrix handelt, errechnet. Aus einer Umkehrung dieser Gleichung 22 lässt sich ein Rotationsquaternion qrot(k) erhalten. Mit Hilfe des Nullquaternions, welches sich aus den
Nulleinheitsvektoren ergibt, wird durch eine Multiplikation mit dem Rotationsquaternion das Startquarternion berechnet. Bei der nächstfolgenden Abtastung, also bei der nächsten Messdatennahme und Integration zu aktuellen infinitesimalen Drehwinkeln A, B, C errechnet sich dann ein für diesen Schritt zu benutzendes Rotationsquaternion qrot(k) . Das im vorherigen Schritt gebildete Quaternion qakt(k-l) wird dann mit diesem Rotationsquaternion qrot(k) gemäß Gleichung 13 multipliziert, um das aktuelle Quaternion des vorliegenden k- ten Schritts, nämlich qakt(k) zu erhalten. Aus diesem aktuellen Quaternion kann dann für den gerade durchgeführten Abtastschritt die aktuelle Orientierung des Objekts in beliebiger Darstellung angegeben werden.
Es wurde vorausgehend schon darauf hingewiesen, dass ein Kaiman-Filteralgorithmus angewandt werden kann, um die Genauigkeit bei der Ermittlung oder Errechnung von
Positionsdaten zu erhöhen. Das Konzept einer Kaiman- Filterung, insbesondere einer indirekten Kaiman-Filterung, geht von der Existenz einer Stützinformation aus. Die Differenz von Informationen, die aus Messwerten von Sensoren gewonnen werden, und dieser Stützinformation dient dann als Eingangssignal des Kaiman-Filters. Da das erfindungsgemäße Verfahren und die Vorrichtung aber keine kontinuierliche Information von einem Referenzsystem erhalten, steht eine Stützinformation für die' Positionsbestimmung jedenfalls grundsätzlich nicht zur Verfügung. Um dennoch die Anwendung indirekter Kaiman-Filterung zu ermöglichen, wird vorgeschlagen, einen zweiten, parallel angeordneten Beschleunigungssensor zu verwenden. Die Differenz der Sensorsignale der parallelen Beschleunigungssensoren dient dann als Eingangssignal für das Kaiman-Filter. Figuren 3,4 und 5 zeigen schematisch das erfindungsgemäße Konzept eines redundanten Parallelsystems für die Kaiman-Filterung, wobei zwei Sensoren so angeordnet sind, dass sich ihre sensitiven Sensorachsen parallel zueinander erstrecken (Figur 4) .
In vorteilhafter Weise werden beide Integrationsschritte in die Modellierung aufgenommen. Man erhält also einen Schätzfehler für den durch zweifache Integration zwangsläufig sich ergebenden Positionsfehler. Figur 5 verdeutlicht dies schematisch in einer Feed-Forward-Konfiguration als konkrete Realisierung eines allgemeinen indirekten Kaiman-Filters.
In diesem Konzept erzeugt ein Gauss-Markov-Prozess 1. Ordnung den Beschleunigungsfehler mit Hilfe von weißem Rauschen. Das Modell beruht darauf, dass aus dem Beschleunigungsfehler durch zweifache Integration der Positionsfehler ermittelt wird. Es ergeben sich die Gleichungen 23 und 25.
es(t)=ev(t) (23)
ev(t)=ea(t) (24)
ea(t) = -ß - ea(t) - wa(t) (25)
In Anlehnung an die allgemeine stochastische Zustandsraumbeschreibung eines zeitkontinuierlichen Systemmodells mit Zustandsvektor x(t) , Zustandsübergangsmatrix Jj(T) , stochastischer Streumatrix g und Messrauschen w(t) ergibt sich die Systemgleichung 26 bzw. 27.
Für das Messrauschen w(t) gelten die Gleichungen 28 und 29.
E{w(t)}=0 (28)
Die allgemeine stochastische Zustandsraumbeschreibung für das äquivalente zeitdiskrete Systemmodell ergibt sich nach Gleichung 30 bzw. 31.
x(k + l \ k) = φ{τ)- x(k \ k) + wd (k \ k) (30)
Für die erforderliche zeitdiskrete Messgleichung gelten die Gleichungen 32 und 33.
y(k)=C-x(k)+v(k) (32)
In Gleichung 33 ist v(k) ein vektorieller weißer Rauschprozess . Als Eingang für das Kaiman-Filter gilt die Differenz der beiden Sensorsignale. Damit ergeben sich für die Messgleichung die Gleichungen 34 bis 36.
y(k) = Ae0 (k) = [a2 (k) + ea2 (k)]- [α, (*) + eal (k)] (34)
y(k) = ea2(k) -eal (k) (35)
In diesem Modell sollte sowohl e_ai(k) als auch e_a2(k) als Gauss-Markov-Prozess erster Ordnung modelliert werden. Dazu dient der Ansatz nach Gleichung 37.
Der äquivalente zeitdiskrete Ansatz dazu folgt nach Gleichung 38.
Betrachtet man ea2(k) als weiteren Zustand ergibt sich das erweiterte Systemmodell nach Gleichung 39 und 40.
Dabei gelten die Gleichungen 41 bis 43
VV 0I W (42)
™de = yza2{k)
Für das erweiterte Messmodell gelten die Gleichungen 44 bis 47.
y(k)=[a2(k)+ea2(k)]-[aι(k)+eal(k)] (44)
y(k)=ea2(k)-eal(k) (45)
y(k)=C-x(k)+v(k) (46)
Bei dieser Messgleichung handelt es sich um eine perfekte und damit fehlerfreie Messung, d.h. es tritt kein Messrauschen v(k) auf. Damit bedarf es einer Modellierung nach Gleichung 48.
R(k)=r(Jfc)=0 (48)
Die Kovarianzmatrix R des Messrauschens ist damit singulär, d.h. R"1 existiert nicht. Die Existenz von R"1 ist hinreichende aber nicht notwendige Bedingung für die Stabilität bzw. für die stochastische Beobachtbarkeit des Kaiman-Filters. Es gibt nun zwei Möglichkeiten auf den Umstand der Singularität zu reagieren:
1. Verwendung von R=O. Das Filter kann stabil sein. Da hier ohnehin nur der Bedarf für kurzzeitige Stabilität besteht, kann auf Langzeitstabilität verzichtet werden.
2. 'Verwendung eines reduzierten Beobachters.
In diesem Konzept wird die Varianz R=O verwendet. Damit arbeiten die verwendeten Filter hinreichend stabil.
Die Kaiman-Filter-Gleichungen für das eindimensionale System in diskreter Form ergeben sich zu Gleichungen 49 bis 50.
Bestimmung der Kaimanverstärkung nach Gleichung 49.
K(k+l\)=Z(k+l\k)-CT(k)\c(k)-g(k+l\k)-CT(k)+R(k)Y (49)
Aktualisierung der Zustandsvorhersage nach Gleichung 50.
x(k+l\k+l)=x(k+l\k)+g(k+l)-y(k+l) (50)
Wobei Gleichung 51 gilt.
y(k)=y(k)-y(k)=y(k)-C(k)■x(k) (51)
Aktualisierung der Kovarianzmatrix des Schätzfehlers nach Gleichung 52 bzw. 53.
g(k+l\k+I)=(L-K(k+1)•Qτ(k))■g(k+l\k)■(L-g(k+1)•Cτ(k))τ
+g(k+l)-R(k)-£τ(k+l) (52) g(k+l\k+I)=(L-g(k+Ϊ)-CT(k))■P(k+l\k) (53}
Ermittlung des Prädiktionswertes des Systemzustandes nach Gleichung 54.
x(k+2\k+ϊ)=φ(T)-x(k+l\k+ϊ) (54)
Ermittlung des Prädiktionswertes der Kovarianzmatrix des Schätzfehlers nach Gleichung 55.
l(k+2\k+l)=φ(T)-l(k+l\k+l)-φτ(T)+Q(k) (55)
Damit ist der Filterzyklus komplett durchlaufen und beginnt für den nächsten Messwert erneut. Das Filter arbeitet rekursiv, wobei die Schritte der Vorhersage und der Korrektur bei jeder Messung durchlaufen werden.
Das verwendete System beschreibt eine dreidimensionale Translation in drei orthogonalen Raumachsen. Diese Translationen werden durch den Weg s, die Geschwindigkeit v und die Beschleunigung a beschrieben. Für ein indirektes Kaiman-Filter liefert jeweils ein zusätzlicher Beschleunigungssensor für jede Raumrichtung ebenfalls eine Beschleunigungsinformation.
Der grundsätzliche Algorithmus des Aufbaus wird in Bild 5 dargestellt. Das eigentliche Messsignal kommt für jede Raumachse von einem Beschleunigungssensor in Form der Beschleunigung a. Mit Hilfe der Zusatzinformation in Form des Sensorsignals des zweiten Beschleunigungssensors für jede Raumachse liefert der Kalman-Filter-Algorithmus einen Schätzwert für die Abweichung des Beschleunigungssignals ea für die drei Raumrichtungen x, y und z.
Weitere Merkmale, Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Patentansprüchen und aus der zeichnerischen Darstellung und nachfolgenden Beschreibung der Erfindung. In der Zeichnung zeigt:
Figur 1 die Darstellung der Rotation eines Vektors mittels Quaternionen,-
Figur 2 ein Flussdiagramm, welches die Anwendung des Quaternionen-Algorithmus verdeutlicht;
Figur 3 ein Flussdiagramm, welches die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens verdeutlicht;
Figur 4 die schematische Darstellung eines
Beschleunigungssensors und eines parallel hierzu angeordneten redundanten Beschleunigungssensors;
Figur 5 die schematische Andeutung eines Kaiman-Filters mit
INS-Fehlermodellierung in Feed-Forward-Konfiguration;
Figur 6 eine schematische Darstellung des Ergebnisses der Anwendung einer Kaiman-Filterung.
Die Figuren 1, 2 und 4 bis 6 wurden bereits vorausgehend erläutert.
Wie bereits erwähnt, wird zu Beginn der Objektverfolgung der zu positionierende Gegenstand an vorbestimmter Stelle mit der ersten Sensoreinrichtung versehen. Der Gegenstand wird dann im Raum zur Ruhe gebracht und derart mit einem ortsfesten Koordinatensystem, beispielsweise der OP-Tisch, referenziert, dass die aus den Signalen der Drehratensensoren und Beschleunigungssensoren ermittelten Winkel und Beschleunigungen zunächst zu 0 gesetzt werden. Es wird dann während einer absoluten Ruhephase des Gegenstands ein Offset- Wert ermittelt, der bei jeder Abtastung, d. h. bei jeder Datennahme, berücksichtigt wird. Es handelt sich hierbei um einen Driftvektor, dessen Komponenten die ermittelten Offset- Werte der Sensoren umfassen.
Als ganz besonders vorteilhaft erweist es sich, dass jedes Mal, wenn ein Ruhen der Sensoreinrichtung detektiert und zu Grunde gelegt wird, die Offset-Werte der Sensoren von neuem ermittelt und der weiteren Berechnung der Position und Orientierung zugrundegelegt werden.
Ferner wird die zuvor erwähnte Ausgleichsmatrix ermittelt, die einer Abweichung der Achsen der Drehratensensoren von
einer angenommenen Orientierung zueinander und zu einem Gehäuse der Sensoreinrichtung entspricht bzw. diese Abweichung genau ausgleichen soll.
Die vorstehenden Ausführungen gelten für die zweite Sensoreinrichtung, die am Patienten festgelegt werden soll, entsprechend.
Bei der Durchführung des Positionierens und Orientierens werden zu aufeinander folgenden Zeitpunkten, etwa mit einer Abtastrate von 10 bis 30 Hz, insbesondere von ca. 20 Hz, die Sensorsignale erfasst und durch einfache oder zweifache Integration in infinitesimale Drehwinkel bzw. in Positionsdaten umgerechnet. Dabei wird aber die Ausgleichsmatrix für die Nichtorthogonalität der Drehratensensoren berücksichtigt, um zu einer erhöhten Genauigkeit bei der Ermittlung der Orientierung zu gelangen.
Anhand der infinitesimal kleinen Winkelanderungen, die jeweils aus den Messsignalen der drei Drehratensensoren ermittelt wurden, könnte nun nach dem Eulerschen Verfahren durch Angabe von drei Winkeln die Orientierung des verdrehten Koordinatensystems des Objekts zum Referenzkoordinatensystem ermittelt werden. Stattdessen erweist es sich als vorteilhaft, wenn zur Ermittlung der Orientierung ein Quaternionen-Algorithmus der eingangs beschriebenen Art durchgeführt wird. Hierdurch kann anstelle von drei nacheinander auszuführenden Drehungen eine einzige Transformation angenommen werden, was die Genauigkeit der hieraus gewonnenen Orientierung des Objektsystems weiter erhöht.
Im Ergebnis der Durchführung des Quaternionen-Algorithmus ist die Orientierung des Objekts im Raum gegeben.
Wie in Figur 3 angedeutet, ist es jedoch möglich, durch weitere Sensoren, etwa eine dreidimensionale Magnetfeldsensorik, zu beliebigen Zeitpunkten das auf das Objekt einwirkende Magnetfeld zu bestimmen, wobei es sich hierbei um das an einem Ort bekannte Erdmagnetfeld handelt. Des weiteren ist es denkbar, zusätzlich eine dreidimensionale Beschleunigungssensorik zur Messung der Erdbeschleunigung vorzusehen. Die Messsignale der Magnetfeldsensoren und der BeschleunigungsSensoren lassen sich zu einem elektronischen dreidimensionalen Kompass kombinieren, der mit hoher Genauigkeit die Orientierung des Objekts im Raum angeben kann, wenn keine Störeffekte vorhanden sind, vorzugsweise wenn die Messwerte während eines Ruhens des Objekts genommen wurden. Die hieraus gewonnene Orientierung des Objekts im Raum lässt sich als Stützinformation für diejenige Orientierung, die nur durch die Signale der drei Drehratensensoren gewonnen wurde, verwenden. Zunächst werden die Messsignale der Magnetfeldsensoren und der BeschleunigungsSensoren daraufhin untersucht, ob sie von Störungen beeinflusst sind oder nicht. Wenn dies nicht der Fall ist, so werden sie als bei der Ausführung des Verfahrens zu berücksichtigende Stützinformation mit der Orientierungsinformation, die aus den drei Drehratensensoren gewonnen wurde, verglichen. Hierfür wird in vorteilhafter Weise ein Kaiman-Filter-Algorithmus verwendet. Hierbei handelt es sich um einen Schätzalgorithmus, bei dem die aus dem vorausgehend erwähnten dreidimensionalen Kompass ermittelten Informationen über die Orientierung des Objekts als korrekte Stützinformation zugrundegelegt werden, wenn sie mit denjenigen Informationen über die Orientierung verglichen werden, die aus den Drehratensensoren gewonnen wurden.
Wie vorausgehend im Einzelnen beschrieben wurde, können auch die Messwerte der Beschleunigungssensoren durch Anwendung einer Kaiman-Filterung verbessert werden, indem nämlich als Ersatz für eine anderweitig zugängliche Stützinformation
vorzugsweise für jeden Beschleunigungssensor ein parallel hierzu angeordneter redundanter Beschleunigungssensor vorgesehen wird. Mit Hilfe dieser Zusatzinformation in Form des Messwertsignals des zweiten Beschleunigungssensors für jede Raumachse kann ein Schätzwert für die fehlerbedingte Abweichung des Beschleunigungsmesswertsignals für die jeweilige Raumrichtung ermittelt werden.