Verfahren und Vorrichtung zum Detektieren von Müdigkeit bei dem Fahrer eines Fahrzeugs
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Detektieren von Müdigkeit bei dem Fahrer eines Fahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs. Darüber hinaus betrifft die Erfindung eine Vorrichtung und ein Computerprogramm zum Durchführen dieses Verfahrens .
Eine derartige Vorrichtung und ein derartiges Verfahren sind aus dem Stand der Technik zum Beispiel aus der japanischen Druckschrift JP 09091569 A bekannt. Genauer gesagt wird dort offenbart, dass die Vorrichtung eine Sensoreinrichtung um- fasst zum Erfassen des zeitlichen Verlaufs des Lenkradwinkels während eines vorgegebenen Entscheidungszeitintervalls. Von dem ermittelten zeitlichen Verlauf des Lenkradwinkels wird dann die Standardabweichung berechnet und aufgrund dieser Standardabweichung ein Nachlassen der Aufmerksamkeit beziehungsweise Wachheit detektiert. Im Falle einer festgestellten Müdigkeit wird eine Alarmeinrichtung, welche insbesondere verschiedene akustische Signale abgeben kann, aktiviert.
Ausgehend von diesem Stand der Technik besteht die objektive Aufgabe der Erfindung darin, ein alternatives und verbessertes Verfahren sowie eine alternative und verbesserte Vorrichtung und Computerprogramm zum Durchführen dieses Verfahrens bereitzustellen.
Diese Aufgabe wird durch das in Patentanspruch 1 beanspruchte Verfahren gelöst. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass die Auswertung des Verlaufs des Lenkradwinkels im Hinblick auf Zeitintervalle einer Lenkaktivität erfolgt und im Hinblick auf Lenkpausen, in denen keine Lenkaktivität erfolgt, und dass der Ruckschluss auf das Vorliegen von Müdigkeit bei dem Fahrer nach Maßgabe durch die Größe der Zeitdauern der Lenkpausen erfolgt .
Das beanspruchte Verfahren bietet den Vorteil, dass aufgrund der Unterscheidung zwischen Zeitintervallen der Lenkaktivität und Lenkpausen ein sehr präziser Ruckschluss auf das Vorliegen von Müdigkeit bei dem Fahrer möglich ist.
Die Auflösung, mit welcher der Lenkradwinkel erfasst wird, sollte einerseits nicht zu groß sein, damit Lenkradbewegun- geh, welche zum Beispiel zum Ausgleich von Lenkeingriffen aufgrund von Straßenunebenheiten oder Spurrillen erfolgen, nicht erfasst werden. Andererseits sollte die Auflösung auch nicht zu klein sein, weil dann die Gefahr besteht, dass die Zeitdauer einer Lenkpause keinen eindeutigen Ruckschluss mehr auf eine eventuelle Müdigkeit des Fahrers zulässt, weil auch größere Lenkradbewegungen dann nicht mehr als Lenkaktivität erfasst werden.
Gemäß einem ersten, besonders einfach zu realisierenden Ausführungsbeispiel erfolgt der Ruckschluss auf das Vorliegen der Müdigkeit bei dem Fahrer des Fahrzeugs dann, wenn die Zeitdauer von zumindest einer erfassten Lenkpause größer als ein vorgegebener unterer Lenkpausen-Schwellenwert ist.
Gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel erfolgt der Ruckschluss auf das Vorliegen der Müdigkeit bei dem Fahrer dann, wenn zuvor bestimmte zeitliche Lenkpausen-Mittelwerte vorzugsweise während eines zweiten vorgegebenen Beobachtungs-
zeitintervalls tendenziell ansteigen. Die Berechnung dieser Mittelwerte ist zwar gegenüber der Auswertung einer einzelnen Lenkpause komplizierter und aufwändiger durchzuführen; sie ermöglicht dafür jedoch eine wesentlich zuverlässigere Aussage über das Vorliegen von Müdigkeit; dies gilt insbesondere deswegen, weil die Entscheidung über das Vorliegen der Müdigkeit dann nicht lediglich auf ein einzelnes Ereignis, insbesondere einer Lenkpause, sondern auf eine Vielzahl von Ereignissen über einen längeren Zeitraum gestützt wird.
Vorzugsweise wird insbesondere der untere Lenkpausen-Schwellenwert zu Beginn jeder Fahrt des Fahrzeugs während einer Vorlaufzeit automatisch neu ermittelt und ist danach, zumindest in vorgegebenen Grenzen, beispielsweise durch den Fahrer des Fahrzeugs individuell einstellbar. Diese Adaption des unteren Lenkpausen-Schwellenwertes ermöglicht eine individuelle Einstellung der Empfindlichkeit der Entscheidung über das Vorliegen von Müdigkeit im Hinblick auf das spezifische Fahrverhalten des jeweiligen Fahrers des Fahrzeugs.
Vorteilhafterweise wird eine Feststellung über das Vorliegen von Müdigkeit bei dem Fahrer dazu verwendet, um beispielsweise eine Warnung an den Fahrer auszugeben oder mit Hilfe eines Assistenzsystems in das Lenk- oder Bremsverhalten des Fahrzeugs direkt einzugreifen.
Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens sind Gegenstand der Unteransprüche .
Die oben genannte Aufgabe der Erfindung wird weiterhin durch ein Computerprogramm und eine Vorrichtung zum Durchführen des erfindungsgemäßen Verfahrens gelöst. Die Vorteile dieser Lösungen entsprechen den oben mit Bezug auf das beanspruchte Verfahren genannten Vorteilen.
Der Beschreibung sind insgesamt vier Figuren beigefügt.
Dabei zeigen:
Fig. 1 den Aufbau einer erfindungsgemäßen Vorrichtung;
Fig. 2 ein erstes Ausführungsbeispiel für das erfindungsgemäße Verfahren;
Fig. 3 die Auswertung des Verlaufs des Lenkradwinkels; und
Fig. 4 ein zweites Ausführungsbeispiel für das erfindungsgemäße Verfahren.
Figur 1 zeigt den Aufbau einer erfindungsgemäßen Vorrichtung 100 zum Detektieren von Müdigkeit bei dem Fahrer eines Fahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs. Die Vorrichtung 100 u fasst eine Sensoreinrichtung 110 zum Erfassen des zeitlichen Verlaufs des Lenkradwinkels an dem Lenkrad des Fahrzeugs (hier nicht gezeigt) . Der Sensoreinrichtung 110 nachgeschaltet ist eine Auswerteeinrichtung 120. Sie empfängt den von der Sensoreinrichtung 110 erfassten Lenkradwinkel und wertet diesen aus, um daraus auf das Vorliegen von Müdigkeit bei dem Fahrer des Fahrzeugs rückzuschließen. In den Fällen, in denen auf das Vorliegen von Müdigkeit bei dem Fahrer entschieden wurde, wird typischerweise eine Warn- oder Assistenzfunktionsvorrichtung 200 aktiviert. Im Rahmen ihrer Warnfunktion gibt die Einrichtung 200 akustische, optische oder haptische Warnhinweise aus; im Rahmen ihrer Assistenzfunktion greift sie direkt in die Lenkbewegung oder das Bremsverhalten des Fahrzeugs ein.
In Figur 2 ist ein erstes Ausführungsbeispiel zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens veranschaulicht. Nach einem Startschritt SI ' sieht dieses erste Ausführungsbeispiel vor, dass zunächst der zeitliche Verlauf des Lenkradwinkels an dem Lenkrad des Fahrzeugs mit Hilfe der Sensoreinrichtung 110 erfasst wird. Die Erfassung erfolgt dabei vorzugsweise
mit einer Auflösung im Bereich von ca. 0,5° bis ca. 2° Lenkradwinkel . Sowohl eine Unterschreitung wie auch eine Überschreitung dieses Auflösungsbereichs hat jeweils Nachteile, wie sie oben im allgemeinen Teil der Beschreibung beschrieben wurden.
Vor einer Weiterverarbeitung werden die erfassten Lenkradwinkel zunächst noch innerhalb des Verfahrensschrittes S2 ' weiterverarbeitet, um Zeitintervalle mit einer Lenkaktivität von Lenkpausen unterscheiden zu können. Zu diesem Zweck wird der erfasste Verlauf dieses Lenkradwinkels zunächst einmal differenziert, wobei diese Differenzierung dann die Änderung des zeitlichen Verlaufs des Lenkradwinkels repräsentiert. Die Zeitintervalle mit Lenkaktivität sind dann jene, während derer die zeitliche Änderung des Verlaufs des Lenkradwinkels einen vorgegebenen Änderungsschwellenwert überschreitet, während die Lenkpausen durch jene Zeitintervalle repräsentiert werden, während derer die zeitliche Änderung des Lenkradwinkels unterhalb des besagten Änderungsschwellenwertes liegt.
Insgesamt ergibt sich dann eine zeitliche Abfolge von abwechselnd auftretenden Zeitintervallen mit Lenkaktivität LAi und Lenkpausen LPi mit i = 1, 2, 3, wie in Figur 3 dargestellt.
Gemäß dem ersten Ausführungsbeispiel wird dann in Verfahrensschritt S3 ' die Zeitdauer von zumindest einer Lenkpause LPi daraufhin ausgewertet, ob sie größer als ein vorgegebener unterer Lenkpausenschwellenwert Gu ist. Bei diesem Schwellenwert handelt es sich um eine vorgegebene Zeitdauer, die jeweils zu Beginn einer jeden Lenkpause zu laufen beginnt. Bei dem in Figur 3 gezeigten Beispiel beträgt dieser untere Lenkpausen-Schwellenwert Gu 125 ms. Die erste Lenkpause LPI dauert lediglich 100 ms und ist deshalb kürzer als der besagte Schwellenwert. Demgegenüber dauert die zweite Lenkpause LP2
in Figur 2 200 ms und die dritte Lenkpause LP3 175 ms. Die Zeitdauern dieser beiden letztgenannten Lenkpausen liegen dementsprechend beide oberhalb des unteren Lenkpausen-Schwellenwertes von 125 ms.
Eine Auswertung von alleine der ersten Lenkpause LPI in dem nachfolgenden Verfahrensschritt S4 ' würde zu der Entscheidung führen, dass der Fahrer aktuell nicht müde ist, weil die Zeitdauer dieser Lenkpause mit 100 ms kleiner ist als der vorgegebene untere Lenkpausen-Schwellenwert von 125 ms. Umgekehrt würde eine separate Auswertung von jeder der zweiten oder der dritten Lenkpause LP2 , LP3 zu der Entscheidung führen, dass der Fahrer müde ist, weil sie länger dauern als der Schwellenwert Gu zulässt.
Für den Fall einer festgestellten Müdigkeit verzweigt das Verfahren dann nach Verfahrensschritt S5 ' , um die besagte Warn- oder Assistenzfunktionsvorrichtung 200 zu aktivieren. Danach wäre das Verfahren gemäß Verfahrensschritt S6 ' beendet .
Figur 4 zeigt ein zweites Ausführungsbeispiel für das erfindungsgemäße Verfahren. Dabei entsprechen die Verfahrens- schritte SI ' ' und S2 ' ' den oben für das erste Ausführungsbeispiel erläuterten Verfahrensschritten SI1 und S2 ' . Am Ende des Verfahrensschrittes S2 ' ' sind dann die Zeitintervalle mit Lenkaktivität in abwechselnder Reihenfolge mit Lenkpausen bekannt, wie in Figur 3 dargestellt.
Das zweite Verfahren sieht nachfolgend gemäß Verfahrens- schritt S3'' vor, dass vorzugsweise eine Vielzahl von möglichst gleich langen Zeitfenstern T definiert wird, um während dieser einzelnen Zei fenster jeweils diejenigen Lenkpausen zu selektieren, deren Zeitdauern größer als der vorgege-
bene Lenkpausenschwellenwert sind. Diese Zeitintervalle LP2 , LP3 werden nachfolgend als sogenannte relevante Lenkpausen bezeichnet. Diese relevanten Lenkpausen werden in Verfahrensschritt S4 ' ' selektiert und in dem nachfolgenden Verfahrens- schritt S5 ' ' zur Bildung eines zeitlichen Lenkpausen-Mittelwertes M pro Zeitfenster ausschließlich herangezogen. Für die Bildung dieses Mittelwertes werden zunächst die Zeitdauern von nur den relevanten Lenkpausen pro Fenster aufsummiert und anschließend durch die Anzahl der relevanten Lenkpausen während desselben Fensters T jeweils dividiert.
Bei dem in Figur 3 gezeigten Beispiel wären lediglich die Lenkpausen LP2 und LP3 für die Berechnung des Mittelwertes relevant, weil nur ihre Zeitdauern größer als der Schwellenwert sind. Der Mittelwert M berechnet sich dann wie folgt:
200ms + 175ms M = = 187,5ms
Alternativ zu den oben als relevant definierten Lenkpausen können auch solche Lenkpausen als relevant definiert und für die Mittelwertbildung herangezogen werden, deren Zeitdauern nicht nur größer sind als der vorgegebene untere Lenkpausen- Schwellenwert Gu, sondern deren Zeitdauern gleichzeitig auch kleiner sind als ein vorgegebener oberer Lenkpausenschwellenwert Go, wobei der obere Schwellenwert Go größer als der untere Schwellenwert Gu ist. Zusätzlich sollten diese alternativ als relevant erachteten Lenkpausen auch während eines ersten vorgegebenen Beobachtungszeitintervalls lediglich mit einer Häufigkeit auftreten, welche unterhalb eines vorgegebenen Häufigkeits-Schwellenwertes liegt. Diejenigen Lenkpausen, die auch die beiden zuletzt genannten zusätzlichen Kriterien erfüllen, zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Zeitdauern im Vergleich zu den übrigen in zeitlicher Nachbarschaft auftretenden Lenkpausen nicht weit überdurchschnittlich lang sind,
selbst wenn sie durch eine Müdigkeit des Fahrers bedingt sind. Durch den Ausschluss derartiger weit überdurchschnittlich lang andauernder Lenkpausen aus der Mittelwertberechnung wird gewährleistet, dass die Berechnung nicht verfälscht und damit die Entscheidung über das Vorliegen von Müdigkeit bei dem Fahrer zuverlässiger getroffen werden kann. Ein Beispiel für ein solches weit überdurchschnittlich lang andauerndes Zeitintervall, wie es zum Beispiel aus einer Unaufmerksamkeit des Fahrers resultieren kann, ist in Figur 5 dargestellt. In Figur 5 sind die Dauern einer Vielzahl von erfassten und ausgewerteten Lenkpausen, jeweils symbolisiert durch einen vertikalen Strich, aufgezeigt.
In einem nachfolgenden Verfahrensschritt S5 ' ' sieht das zweite Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens dann vor, die für die Vielzahl von Zeitintervallen jeweils ermittelten Lenkpausen-Mittelwerte M zeitsequentiell, vorzugsweise über die gesamte Fahrzeit aufzutragen. Es ergibt sich dann beispielsweise das in Figur 6 gezeigte Diagramm, bei dem ca. 90 Lenkpausen-Mittelwerte in vertikaler Richtung aufgetragen sind. Das zweite Ausführungsbeispiel der Erfindung sieht dann vor, dass in einem nachfolgenden Verfahrensschritt S6 ' ' der Trend der zeitlichen Veränderung der Mittelwerte M vorzugsweise während eines vorgegebenen zweiten Beobachtungszeitintervalls B2 ermittelt wird. In dem nachfolgenden Verfahrensschritt S7 ' ' wird dann entschieden, dass der Fahrer offensichtlich müde ist, wenn ein ansteigender Trend festgestellt wird, wie er in Figur 6 durch den eingezeichneten Pfeil symbolisiert ist. Für den Fall einer festgestellten Müdigkeit verzweigt das Verfahren dann nach Verfahrensschritt S8 ' ' , welcher analog zu Verf hrensschritt S5 ' in dem ersten Ausführungsbeispiel vorsieht, dass dann die Warn- beziehungsweise Assistenzfunktionsvorrichtung 200 aktiviert wird. Andernfalls, wenn keine Müdigkeit des Fahrers detektiert wird,
sieht das zweite Ausführungsbeispiel vor, dass von Verfahrensschritt S7 ' ' aus wieder zurück auf den Beginn des Verfah- rensschrittes S2 ' ' verzweigt wird, um erneut den Lenkradwinkel zu erfassen und auszuwerten.
In beiden Ausführungsbeispielen des erfindungsgemäßen Verfahrens kann der Lenkwinkel auch zeitlich parallel während einer Aktivierung der Warn- und Assistenzfunktionsvorrichtung 200 erfasst und ausgewertet werden.
In beiden Ausführungsbeispielen ist es vorteilhaft, wenn der untere Lenkpausen-Schwellenwert Gu und/oder der Änderungs- schwellenwert zu Beginn einer Fahrt des Fahrzeugs während einer Vorlaufzeit V (siehe Figur 5) von der Vorrichtung 100 automatisch neu ermittelt werden und danach, zumindest innerhalb vorgegebener Grenzen, beispielsweise durch den Fahrer individuell einstellbar sind. Weiterhin ist es vorteilhaft, dass sowohl bei dem ersten wie auch bei dem zweiten Ausführungsbeispiel das Rückschließen auf das Vorhandensein von Müdigkeit bei dem Fahrer erst nach Ablauf dieser Vorlaufzeit V erfolgt, weil erst danach die beiden erwähnten Schwellenwerte sinnvoll eingestellt sind.
Das Verfahren gemäß dem ersten und/oder zweiten Ausführungs- beispiel wird typischerweise in Form eines Computerprogramms für die Vorrichtung 100 realisiert. Das Computerprogramm kann erforderlichenfalls zusammen mit weiteren Computerprogrammen auf einem Computerlesbaren Datenträger abgespeichert sein. Bei dem Datenträger kann es sich um eine Diskette, eine Com- pact Disc, einen sogenannten Flash-Memory oder dergleichen handeln. Das auf dem Datenträger abgespeicherte Computerprogramm kann dann als Produkt an einen Kunden übertragen und verkauft werden. Alternativ zu einer Übertragung per Datenträger kann das Computerprogramm auch ohne die Zuhilfenahme
des Datenträgers über ein elektronisches Kommunikationsnetzwerk, insbesondere das Internet, an den Kunden übertragen werden .