Verfahren zur Herstellung einer Keramikschicht und Siebdruckpaste
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Keramikschicht, insbesondere ein Verfahren zur Herstellung kompakter, dichter, rissfreier keramischer Dickschichten und Dickschichtstrukturen mit einem Siebdruckverfahren sowie eine hierfür geeignet modifizierte Siebdruckpaste.
Das Siebdruckverfahren ist gängig zur Fertigung keramischer Dickschichten und kerarni- scher Strukturen auf beliebigen Substraten. Zum Siebdruck eignen sich praktisch alle Keramiken in Pulverform, nachdem sie zunächst in einen - üblicherweise organischen - Siebdruckträger eingebracht und anschließend zu einer hochviskosen Siebdruckpaste verarbeitet worden sind. Die keramischen Strukturen entstehen schließlich durch Pyrolysieren des Binders und anschließendes Sintern bei Temperaturen um und oberhalb von 1000 °C.
Die Siebdrucktechnik wird angewandt z.B. bei der Einbettung passiver Bauelemente (Widerstände oder Kondensatoren) in Multilayer-Schaltkreise, bei der Fertigung von chemischen Gassensoren, von piezoelektrischen Aktoren oder Druckaufhehmern, von leitfähigen keramischen Elektroden, von optischen Wellenleitern auf Si-Substraten und nicht zu- letzt bei der Herstellung pyroelektrischer Detektoren (Infrarot-Sensoren). Der Vorteil der Siebdrucktechnik ist ihre überaus breite Anwendbarkeit hinsichtlich Materialwahl und Strukturierungsvorgaben.
Ihr Nachteil liegt hingegen in der schwierigen Beherrschbarkeit des Sinterprozesses. Da sich praktisch keine völlig gleichmäßige Verteilung der Pulverpartikel erzielen lässt, verziehen sich die gedruckten Strukturen und Schichten bekommen Risse. Auch die Schrumpfung der Sinterteile muss genauestens beachtet werden. Jede Nachbearbeitung der gehärteten und spröden Keramik nach dem Sintern (z.B. Schleifen) ist kostenträchtig und kann bis zur Hälfte der gesamten Herstellungskosten verursachen.
Zur Vermeidung von Veränderungen durch den Sinterprozess ist man insbesondere bestrebt, die maximale Sintertemperatur möglichst niedrig zu halten. Dies ist zugleich von Vorteil auf der Kostenseite und gestattet ggf. obendrein die Verarbeitung von Materialien, die keine zu hohen Temperaturen vertragen.
Dem Herabsetzen der maximalen Sintertemperatur ist es dienlich, den Feinkornanteil des Keramikpul vers wesentlich zu erhöhen. Die DE 199 60 091 AI beschreibt etwa ein keramisches Dispergat für den Siebdruck, bei dem keramische Primärteilchen mit einer mittleren Teilchengröße zwischen 5 und 50 nm benutzt werden. Kommerziell erhältliche Pulver besitzen für gewöhnlich Partikelgrößen von mehreren 100 bis einige 1000 nm, nicht zuletzt, weil die zu fertigenden Dickschichten gewöhnlich etliche 10 μm Dicke oder mehr aufweisen sollen. Diese Pulver müssen hiernach also noch eigens zerkleinert werden, was den Aufwand erhöht.
Ist man an Keramikschichten mit wenigen Mikrometern Dicke interessiert, wird man anstelle des Siebdrucks oft auch ein Sol-Gel- Verfahren verwenden, bei dem die Keramiken z.B. aus Metallsalzlösungen oder Metallalkoholaten gemischt (-» Sol) und schließlich durch Spincoating, Tauchen oder Sprayen auf das Substrat gebracht werden. Die DE 102 25 972 AI stellt beispielsweise ein Verfahren vor, gleichmäßig dicke, rissfreie Schichten von bis zu 3 μm Dicke in einem einzigen Beschichtungsvorgang aufzutragen. Dazu wird dem Sol u. a. Keramikpulver der für die Schicht beabsichtigten Zusammensetzung beigemengt. Die zunächst erzeugte poröse Keramikschicht wird schließlich noch durch hochtouriges Aufschleudern mit dem Sol ohne Pulver infiltriert, so daß dichte und rissfreie Schichten entstehen.
Verbesserte Sintereigenschaften einer Siebdruckpaste lassen sich auch durch die Zugabe eines Sols oder einer sol-artigen Lösung erzielen, wie die US 2002 0,171,182 AI lehrt. Insbesondere wird dort eine PZT-Paste (PZT=Bleizirkonattitanat Pb(ZrxTi1-x)O3) beschrieben, die durch direktes Mischen von PZT-Pulver (300 nm mittlere Partikelgröße), PZT-Sol und einem Siebdruckträger entsteht. Die Paste wird hiemach gedruckt, der organische Binder thermisch ausgetrieben und ggf. noch mit dem Sol infiltriert, wobei überschüssiges Sol abschließend durch Abschleudern entfernt wird.
Das Verfahren aus der US 2002 0,171,182 AI weist aber folgende Nachteile auf:
Mischt man wie dort beschrieben PZT-Pulver und PZT-Sol direkt mit dem Siebdruckträger, so können die unterschiedlichen Lösungsmittel zur Zerstörung des Binders im Siebdruckträger und zur DeStabilisierung des Sols führen, so dass es zu Ausfällungen kommt. Und selbst ohne diese chemischen Effekte wird die Viskosität der Paste durch die Zugabe des Sols bereits wesentlich herabgesetzt. Dadurch besitzt sie nicht mehr die für Siebdruck optimalen Fließeigenschaften.
Die in der US 2002 0,171,182 AI skizzierte Art der Infiltration der Keramikschicht mit Sol führt sicherlich auf dichte Schichten. Wird der Überstand aber wie beschrieben abge- schleudert, so wirkt sich dies nachteilig auf die Präzision der gedruckten Strukturen aus. Insbesondere sehr feine Strukturen lassen sich so kaum reproduzierbar herstellen.
Es ist daher Aufgabe der Erfindung, eine Variante des Siebdruckverfahrens zur Herstellung einer Keramikschicht und eine dafür modifizierte Siebdruckpaste anzugeben, die mit hoher Reproduzierbarkeit feinste keramische Strukturen und kompakte, rissfreie Keramikschichten herstellen kann.
Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren nach Anspruch 1 und eine Siebdruckpaste nach den Ansprüchen 6 und 7. Die Unteransprüche geben vorteilhafte Ausführungsformen wieder.
Die Erfindung wird anhand nachfolgender Figuren erläutert. Dabei zeigt:
Fig. 1 ein Schema zur Herstellung einer modifizierten Siebdruckpaste, und
Fig. 2 die gemessene Pyrospannung an einem IR-Detektorelement, welches mit dem erfϊndungsgemäßen Siebdruckverfahren hergestellt wurde.
Die Erfindung ist auf praktisch alle keramischen Filme und Strukturen anwendbar, die mit dem Siebdruckverfahren herstellbar sind. Im Folgenden wird die Erfindung exemplarisch für eine PZT-Schicht beschrieben, was jedoch in keiner Weise als Einschränkung verstanden werden soll.
Fig. 1 stellt die Herstellung der PZT-Siebdruckpaste schematisch dar. Erfindungsgemäß wird zuerst ein Gemisch aus PZT-Pulver und PZT-Sol bereitgestellt. Dabei erweisen sich
insbesondere Massenverhältnisse Pulver/Sol von 1 :1,5 bis 1 :2 als vorteilhaft. Man erhält einen konzentrierten Sol-Schlicker, der nun aber vorteilhafterweise nicht sofort mit dem Siebdruckträger vermengt werden sollte, wenn man die oben genannten Nachteile vermeiden will. Vielmehr wird der Schlicker jetzt bei 500 °C für 30 Minuten kalziniert, so dass sich zunächst ein modifiziertes PZT-Pulver mit wesentlich erhöhtem Feinkornanteil (Steigerung um ca. 30 -40 % Massenanteil) ergibt. Dieses modifizierte Pulver kann schließlich in an sich bekannter Weise mit dem Siebdruckträger vermengt und zur Siebdruckpaste vermählen werden.
Ein Sol für PZT-Schichten lässt sich beispielsweise wie folgt erzeugen: Zur Beschichtung im Labormaßstab wird 4,55 g Blei(II)-acetat Trihydrat bei Raumtemperatur in 2 g Essigsäure gelöst. Parallel werden 2,43 g Zirkonium(IV)-propoxid-Lösung und 1,36 g Ti- tan(IV)-isopropoxid mit 1 ,05 g Diethanolamin gemischt. Nach Lösen des Bleisalzes (ca. 1 h) wird dieses dem Metallalkoholatgemisch langsam zugetropft.
Die Herstellung des Siebdruckträgers kann wie folgt geschehen: Zu 42,0 g α-Terpineol (Roth) wird 6,5 g Diethylenglycol-monoethylether-acetat zugemischt. Dieser Lösung wird danach 2,1 g Ethylcellulose zugegeben. Der Binder (Ethylcellulose) wird für 24 h bei 80 °C unter Rückfluss gelöst.
Nach dem Druck ruhen die Schichten 30 Minuten bei Raumtemperatur. Danach erfolgt die erste Wärmebehandlung im Trockenschrank. Sie werden hier bei 120 °C für 30 Minuten gelagert. Als bevorzugte weitere Wärmebehandlung erweist sich das relativ langsame Ausheizen und Sintern im Rohrofen bei einer moderaten Aufheizrate von 5 °C/min. Im vorgestellten Beispiel beträgt die Höchsttemperatur 900 °C und wird eine Stunde gehalten. Zum Ausbrennen der Organik wird das Aufheizen bei 500 °C für 30 Minuten unterbrochen.
Die Verwendung der modifizierten Siebdruckpaste hat wegen des erhöhten Feinkornan- teils also den Vorteil, dass Sintertemperaturen unter 1000 °C bereits gute Keramikschichten liefern.
Zu Verbesserung der Schichtqualität empfiehlt sich auch hier die Infiltration der Schicht mit dem Sol. Um dabei keine Verluste bei der Strukturierung in Kauf nehmen zu müssen, wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, das PZT-Sol zunächst tief zu kühlen (z.B. im Gefrierfach eines Kühlschranks bei -18 °C) und anschließend in einem zügigen Arbeitsgang
wie eine Siebdruckpaste auf die zu infiltrierenden Schichten aufzutragen. Dazu sollte ein geringer Siebabstand gewählt werden; vorzugsweise liegt das Sieb auf. Durch die Tiefkühlung wird das Sol extrem zähflüssig und damit druckbar. Das Entfernen eines Überstandes erübrigt sich bei diesem Verfahren, und die durch das Sieb definierte Strukturie- rung wird präzise eingehalten.
Nach dem „Infiltrations-Drucken" wird das Werkstück auf der Heizplatte (500 °C, 30 Minuten) und im Ofen (700 °C, 15 Minuten) erneut ausgeheizt.
Die mit dem beschriebenen Verfahren erzeugten PZT-Schichten zeigen u. a. hervorragende pyroelektrische Eigenschaften, wie Fig. 2 verdeutlicht. Dargestellt ist die gemessene Pyrospannung bei gechoppter Laserbestrahlung (680 nm, 24 mW) gegenüber der Chop- per-Frequenz für gepolte und ungepolte Schicht. Ein erheblicher Anstieg der Pyrospannung über den gesamten Frequenzbereich ist dabei insbesondere auf die Infiltration mit tiefgekühltem Sol zurückzuführen.
Das erfindungsgemäße Verfahren kombiniert die Einfachheit der Siebdrucktechnik mit den besonderen Vorteilen der Sol-Gel-Technik. So lassen sich nicht nur - wie zuvor beschrieben - hochwertige Dickschichten gängiger Keramiken in wenigen Schritten herstel- len. Vielmehr entstehen sogar völlig neue Möglichkeiten, Funktionskeramiken mit weit variierenden Eigenschaften zu erschaffen. Das Sol, welches mit dem Keramikpulver zunächst zum Sol-Schlicker vermengt und kalziniert wird, kann eine durchaus andere Zusammensetzung als das Pulver haben. „Kalzinieren" bedeutet dabei das Entfernen der organischen Bestandteile durch Wärmeeinwirkung und Überführen des organisch- anorganischen Ausgangsstoffes in einen rein anorganischen Stoff. Beispielsweise lässt sich in einfacher Weise ein Bleiüberschuss einrichten, der die bekannten Bleidampf- Verluste beim Sintern von PZT-Schichten kompensiert. Grundsätzlich sind auch Kombinationen von ferroelektrischen mit paraelektrischen oder ferromagnetischen Materialien möglich, die sich etwa als abstimmbare Antennen in der Hochfrequenztechnik eignen könnten. Auch beim Infiltrieren muss nicht unbedingt dasselbe Sol wie bei der Pastenherstellung verwendet werden.
Insgesamt bietet das erfindungsgemäße Siebdruckverfahren zum einen eine systematische Qualitätssteigerung bei gängigen Keramikschichten und zum anderen neue Freiheitsgrade bei der Herstellung und Erprobung neuartiger Komposite, wo konventionelle Sol-Gel- Technik zu aufwendig oder generell unangebracht ist.