Beschreibung
Weichmagnetischer Pulververbundwerkstoff mit hoher mechanischer Festigkeit
Weichmagnetwerkstoffe werden in allen elektrischen Maschinen, wie Motoren und Generatoren, aber auch in Transformatoren, Drosseln, Übertragern, Relais, elektroakustischen Wandlern sowie in vielen Sensoren und Aktoren zur Führung des magnetischen Flusses benötigt. Sie bestimmen deren Gestalt, Bauteilgröße, Leistungsfähigkeit und Wirkungsgrad. Bisher kommen, wegen der benötigten hohen magnetischen Flussdichten, dabei nahezu ausschließlich massives Eisen und Eisenlegierungen sowie - zur Reduzierung der Wirbelstromverluste - Pakete aus elektrisch gegeneinander isolierten Blechen aus diesen Materialien zum Einsatz . Der Einsatz von Blechpaketen bedeutet aber einen nicht unerheblichen Aufwand, da die Bleche lackiert, gestanzt, kompaktiert und fixiert werden müssen. Er stößt an seine Grenzen bei der Realisierung komplexer dreidimensionaler Gebilde .
Deshalb wird zunehmend versucht die magnetische Flussführung durch hochgefüllte weichmagnetische Pulververbundwerkstoffe mit möglichst vielen Freiheitsgraden in der Formgebung zu realisieren und damit die Blechpakete teilweise zu ersetzen. Pulververbundwerkstoffe mit Volumenfüllgraden von größer 80 Prozent sind hierfür notwendig. Kommerziell erhältliche Matrixsysteme auf Duroplastbasis zeigen im Eisen/Kunststoff- Verbundwerkstoff bei derart hohen Füllgraden
Biegefestigkeitswerte von maximal 110 MPa bei Raumtemperatur (Tabelle 2) . Dieses Festigkeitsniveau ist für viele Fertigungsprozesse nicht ausreichend. Für Anwendungen mit komplexen Strukturen bei hoher mechanischer Belastung sind diese Matrixsysteme nicht einsetzbar.
Es ist bekannt Komponenten zur magnetischen Flussführung in elektrischen Maschinen, wie zum Beispiel Ständer und Läufer von Elektromotoren, aus einem weichmagnetischen Eisen/Kunststoff-Compound herzustellen. In DE 2 038 351 werden Eisenpulver/GießharzSysteme zur drucklosen
Spaltfüllung im Kingkern bei Hysterese-Scheibenläufermotoren verwendet. In DD 45 170 wird als Bindemittel beispielsweise Polyesterharz in flüssigem Zustand verwendet. Der nicht klebfreie und nicht lagerstabile Compound wird anschließend in einem kontinuierlichen Prozess (z.B. Strangpressverfahren) weiterverarbeitet. In DD 142 409 wird ein druckverdüstes Reineisenpulver mit einem kalthärtenden, bei Raumtemperatur flüssigen Epoxidharz/Hartergemiseh zu einem fließfähigen Compound gemischt, abgeformt, bei Raumtemperatur 24 Stunden gehärtet und 2 Stunden bei 80° C nachgehärtet. Zu den erreichten Füllgraden und den nach dem Härten erzielten mechanischen Festigkeiten werden keine Angaben gemacht. Stellt man jedoch das beschriebene Ausführungsbeispiel nach, so ßrreicht man maximale Füllgrade von 80 Gewichts-%. In DE 2 147 663 wird ein ähnlicher Prozess mit heißhärtenden Epoxidharzen der Wärmeklasse F beschrieben. Die dafür eingesetzte Epoxidharzmischung, die bei Raumtemperatur offensichtlich fest ist, wird hier über eine Lösung auf das Eisenpulver aufgebracht. Die Härtung erfolgt bei 160° C. In dem dazu angegebenen Ausführungsbeispiel wird bei einem Füllgrad von 83 Gewichts-% eine vergleichsweise geringe mechanische Festigkeit von 85 MPa beschrieben. In SU 1080220 A werden Phenol/Formaldehyd-Harze als Binder für die Eisenpulver beschrieben. Bei den angegebenen Prüfkörpern mit Dichten zwischen 6.8 g/cm^ und 7.0 cm^ werden Festigkeitswerte von maximal 75 MPa erreicht.
In US 5,321,060 werden zur Herstellung weichmagnetischer Verbundwerkstoffe Eisenpartikel mit Thermoplastmaterialien, wie Polyphenylether, Polyethersulfon, Polyetherimid oder
Polycarbonat, trocken vermischt. Anschließend werden diesen Eisenpulver/Polymer-Trockenmischungen geringe Mengen
Lösungsmittel zugegeben, die nach intensivem Mischen wieder entfernt werden. Aus derartigen Compounds werden bei hohen Temperaturen Probekörper abgeformt und nachgehärtet. Eigene Versuche zu thermoplastgebundenen Eisenpulvern zeigen allerdings, dass das mechanische Eigenschaftsniveau der dabei enthaltenen Verbundwerkstoffe sehr gering ist.
In WO 99/03622 Al werden weichgeglühte spratzige Eisenpulver in Kombination mit einem Gleitmittel (Wachs oder Polymer) verwendet. In WO 95/29490 Al werden Phenol-Formaldehyd-Harze zum Binden der spratzigen Eisenpulverpartikel beschrieben. In WO 99/09565 Al werden die spratzigen Metallpartikel mit unterschiedlichen Haftvermittlern beziehungsweise Thermoplasten gecoatet. Derartig hergestellte Compounds haben den wesentlichen Nachteil, dass sie selbst unter hohen Drücken von 800 MPa nicht fließfähig sind und sich nur verpressen lassen. Die Abformung geometrisch komplexer Strukturen ist somit nicht möglich. Diese müssen nach dem Verpressen aus den Pressungen durch aufwendige spanende Verfahren mechanisch herausgearbeitet werden. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass nach dem Verpressen ein aufwendiger Sinterprozess bei 5000C durchgeführt werden muss, bei dem der Kunststoff-Binder entfernt wird. In einigen Fällen werden sogar Temperaturen von 700 bis 8000C angegeben. Die dabei erhaltenen Verbundwerkstoffe sind als sehr spröde und zerbrechlich bekannt.
Aus allen zitierten Schriften geht hervor, dass trotz des Einsatzes verschiedener Reaktionsharze und Thermoplastmaterialien und trotz aufwendiger
Verarbeitungsverfahren die mechanischen Eigenschaften der erhaltenen Verbundwerkstoffe unbefriedigend sind.
Davon ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, einen weichmagnetischen Pulververbundwerkstoff mit hoher mechanischer Festigkeit zur Verfügung zu stellen.
Diese Aufgabe wird durch die in den unabhängigen Ansprüchen angegebenen Erfindungen gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
Gegenstand der Erfindung sind weichmagnetische Eisenpulver- Verbundwerkstoffe, hergestellt durch Mischen eines überwiegend sphärischen Eisenpulvers in einer multimodalen Verteilung mit einem oxazolidinonmodifizierten Epoxidharz. Derartige Compounds sind rieselfähig und somit sehr einfach zu dosieren. Sie weisen nach dem Aufschmelzen der
Reaktionsharzkomponente trotz sehr hoher Füllgrade von bis zu 98 Gew.-% Eisenpulver bei der Verarbeitung eine sehr gute Fließfähigkeit auf und ergeben nach der Härtung Verbundwerkstoffe mit einer sehr hohen magnetischen Permeabilität und einer sehr hohen mechanischen Festigkeit.
Werden zur Herstellung von Eisen/Kunststoff- Verbundwerkstoffen kommerziell erhältliche, bei Raumtemperatur feste Epoxidharze auf Basis kettenverlängerter Bis-phenol-A (oder F) -Diglycidylether eingesetzt, so erhält man für die Biegefestigkeit bei Raumtemperatur unzureichende Werte (Tabelle 2). Überraschenderweise wurde nun gefunden, dass Verbundwerkstoffe mit oxazolidinonmodifizierten Epoxidharzen ein wesentlich höheres Niveau der Biegefestigkeit aufweisen, als mit kommerziell erhältlichen Epoxidharzen erzielt werden kann. Dies ist deswegen überraschend, da allgemein davon ausgegangen wird, dass ein hoher Gehalt ans sekundären aliphatischen OH-Gruppen, wie er in den kettenverlängerter Bis-phenol-A (oder F) - Diglycidylether vorliegt, die Haftung zu Füllstoffen und Einlagerungskomponenten erhöht. Da in den oxazolidinonmodifizierten Epoxidharzen keine sekundären OH- Gruppen vorhanden sind und trotzdem wesentlich bessere mechanische Eigenschaftswerte erhalten werden, wird vermutet, dass sich bei der Aushärtung des oxazolidinonmodifizierten Epoxidharzes zwischen den Oxazolidinon-Strukturen und der Oberfläche des Eisenpulvers Verbindungsstrukturen mit hoher
Bindungsenergie ausbilden, die die hohe mechanische Festigkeit des Verbundwerkstoffes bewirken.
Zur Herstellung der erfindungsgemäßen weichmagnetischen Pulververbundwerkstoffe werden Compounds hergestellt, die folgende Komponenten enthalten:
1. Eine oder mehrere oxazolidinonmodifizierte Strukturen aufweisende präpolymere Epoxidharzverbindungen, erhalten durch chemische Umsetzung handelsüblicher Epoxidharze mit Polyisocyanaten .
2. Eine oder mehrere di- bzw. polyfunktionelle Epoxidharzkomponenten.
3. Überwiegend sphärische Eisenpulver in multimodaler Verteilung.
4. Polymerisationsinitiatoren oder aminische bzw. phenolische Härter.
5. Reaktionsbeschleuniger
6. Übliche Zusatzstoffe wie Fließhilfen, Benetzungsmittel, Haftvermittler usw.
Die erfindungsgemäß einsetzbaren Compounds können nach Zugabe der Polymerisationsinitiatoren anionisch oder kationisch gehärtet werden. Bei Zugabe von aminischen oder phenolischen Härtern erfolgt die Härtung durch eine Polyadditionsreaktion.
Zur Herstellung der erfindungsgemäß einsetzbaren Eisen/Kunststoff-Compounds wird das Eisenpulver und die entsprechende Menge oxazolidinonmodifiziertes Epoxidharz miteinander vermischt. Dies kann bei erhöhter Temperatur, das heißt nach Aufschmelzen des bei Raumtemperatur festen Epoxidharzes, ohne Zugabe von Lösungsmitteln geschehen.
Besonders vorteilhaft wird der Compound allerdings hergestellt, wenn das oxazolidinonmodifizierte Epoxidharz in einem seh-r niedrig siedenden Lösungsmittel, zum Beispiel Dichlormethan, gelöst und aus dieser Lösung auf das Eisenpulver aufgebracht wird. Arbeitet man mit einer Lösung, so wird das Lösungsmittel nach einem intensiven Mischvorgang wieder entfernt. Dies kann beispielsweise in einem belüfteten Rührkessel, einem Fluidmischer oder mit Hilfe eines beheizten Walzwerkes durchgeführt werden. Der dabei erhaltenen pulverförmige Eisen/Kunststoff-Compound wird danach in einem Formgebungsprozess weiter verarbeitet. Dies geschieht zum Beispiel in einem durckbeaufschlagbaren Werkzeug, besonders vorteilhaft in einer Presse, bei erhöhter Temperatur. Bei den während des Pressvorgangs angewandten Temperaturen durchläuft das oxazolidinonmodifizierte Epoxidharz eine Schmelzphase mit niedriger Viskosität, die unterstützt durch die sphärische Partikelform des Eisenpulvers, dem Compound ein für hochgefüllte Mischungen überraschend gutes Fließvermögen verleiht. In diesem Zustand gelingt es, beim Äbformungsprozess auch Hinterschneidungen in der Pressform perfekt mit Formmasse auszufüllen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung komplexer Bauteilgeometrien. Außerdem wird durch die niedrige Schmelzviskosität während der Formgebung vor dem Aushärten eine sehr gute und vollständige Benetzung der Eisenoberfläche mit dem Reaktionsharz ermöglicht .
Besonders vorteilhaft ist der Einsatz von oxazolidinonmodifizierten Epoxidharzen, wie sie in EP 0 828 774 Bl beschrieben sind. Diese bilden mit den Eisenpulvern lagerstabile Einkomponenten-Compounds, die thermisch durch Polymerisation sehr schnell zu den erfindungsgemäßen Pulververbundwerkstoffen gehärtet werden können.
Nach der Verarbeitung der Eisen/Kunststoff-Compounds im Formgebungsprozess werden Pulververbundwerkstoffe mit
hervorragenden mechanischen Eigenschaftsniveau und sehr guten ■weichmagnetischen Eigenschaften erhalten.
Beispiele
Beispiel 1: Herstellung des härtbaren Eisen/Kunststoff- Compounds
3,98g des epoxidfunktionellen Reaktionsharzes werden zusammen mit 0,02g l-Cyanoethyl-2-phenylimidazol als Katalysator in ca. 20 g Dichlormethan gelöst. Im Falle des oxazolidinonnαodifizierten Reaktionsharzes II werden 4g bzw. 3g Reaktionsharz gelöst. Da dieses Harz den Reaktionsbeschleuniger bereits enthält, wird kein weiterer Katalysator mehr benötigt. Der Lösung werden 96 bzw. 97g der multimodalen Eisenpulvermischung mit überwiegend sphärischer Partikelform zugegeben und sehr intensiv gemischt. Ist das Lösungsmittel soweit verdampft, dass eine pastöse Mischung vorliegt, wird diese, zur innigen Vermischung und zur möglichst vollständigen Benetzung der Eisenoberfläche mit Reaktionsharz sowie zum Entfernen des Lösungsmittels, auf einem Walzenstuhl ca. 5 Minuten kalandriert (Walzentemperatur maximal 120° C) . Anschließend wird das gewonnene sogenannte "Fell" zerkleinert und zur vollständigen Entfernung des Lösungsmittels in einen Vakuumschrank mindestens 16 h bei Raumtemperatur und reduziertem Druck von maximal 100 mbar gelagert .
Tabelle 1 : Zusammensetzung von Eisen-Kunststoff- Verbundwerkstoffen mit verschiedenen Duroplast-Matrix- Systemen
!) Oxazol . -modif . Epoxidharz I nach EP 0 113 575 Al 2) Oxazol. -modif . Epoxidharz II nach EP 0 828 774 Bl, ausreichend Reaktionsbeschleuniger ist im Epoxidharz bereits enthalten
Beispiel 2 : Herstellung und Prüfung der Probekörper
Zur Verarbeitung des Compounds wird das getrocknete Pulver in eine Form zur Herstellung eines plattenförmigen Probekörpers gegeben, die dann in einer Presse zunächst drucklos aufgeheizt wird. Bei 100° C wird über den Stempel des Werkzeugs ein Druck von ca. 130 MPa aufgebaut, die Form auf eine Temperatur von 170 bis 190° C gebracht und dieser Zustand über 60 Minuten aufrechterhalten. Anschließend wird der Probekörper entformt und kann gegebenenfalls bei Temperaturen ≥ 150° C nachgehärtet werden. Nachfolgend werden aus dem Probekörper Stäbe für den Dreipunkt-Biegeversuch herausgesägt .
Tabelle 2 : Mechanische Eigenschaftswerte von Eisen/Kunststoff-Verbundwerkstoffen mit verschiedenen Duroplast-Matrix-Systemen und Fließverhalten der entsprechenden Compounds
Zur Ermittlung der magnetischen Eigenschaften (Tabelle 3) werden 80g Eisen/Kunststoff-Compound, bestehend aus den in Tabelle 3 angegebenen Mengen oxazolidinonmodifizierten Epoxidharz II und Eisenpulver in einer Ringform bei einem Druck von 40 - 50 kN/cm2 und einer Temperatur von 100° C - 170° C warm verpresst.
Tabelle 3: Magnetische Eigenschaftswerte von Eisen/Kunststoff-Verbundwerkstoffen
Zur Ermittlung der Fließlänge werden 46g des im Beispiel 1 beschriebenen Eisen/Kunststoff-Compounds in das Vorratsvolumen einer Spiral-Fließform gegeben und mit einem
Stempel bei 100° C / 400 MPa in den halbrunden, 5 mm breiten und tiefen, spiralförmigen Fließkanal gedrückt. Nach dem Öffnen der Fließform kann die Fließlänge abgemessen werden.