Hoch- und warmfeste, zähe Al-Gusslegierungen
Die Erfindung betrifft neue hoch- und warmfeste, zähe Al- Gusslegierungen, enthaltend Zr und/oder Hf, und deren Verwen- düng zur Herstellung von Werkstücken oder Teile davon.
Zur Reduzierung von Emissionen und Kraftstoffverbrauch sowie Steigerung der Motorleistung sind in den letzten Jahren die Verbrennungsdrücke und Verbrennungstemperaturen der Brenn- stoffmotoren bzw. Verbrennungskraftmaschinen, vor allem im
Dieselmotor, gestiegen. Dies führte zu erhöhten Anforderungen an die thermomechanischen Belastungen für Werkstücke.
Im Stand der Technik sind insbesondere im Motorenbau Alumini- um (AI) -Gusslegierungen bekannt. Al-Gussbauteile aus Guss Al-Gusslegierungen finden aufgrund ihres geringen spezifischen Gewichts, der einfachen Formgebung und leichten Verarbeitbar vielseitig Verwendung. Ebenfalls über verschiedene Gießverfahren lassen sich komplizierte Werkstücke oder Teile davon, wie z.B. Kolben für Verbrennungskraftmaschinen, Zylinderköpfe, Kurbelgehäuse oder Motorblöcke herstellen. Solche Werkstücke, insbesondere bestimmte Bereiche dieser Bauteile, unterliegen bei Betriebsbeanspruchung hohen thermomechanischen Belastungen.
Die bekannte hochfeste und duktile Al-Gusslegierung : AI Si 7 Mg 0,3 wa stößt bei den besagten Anforderungen an ihre Leistungsgrenze. Die bekannte Zylinderkopflegierung GK-Al Si 7 Mg 0,3 Cu 0,5 wa ist aufgrund des Cu-Gehaltes spröde bzw. kerb-
empfindlich. Zudem ist von Nachteil, dass eine solche Zylinderkopflegierung in motorischen Zylinderkopf-Erprobungen sich als rißanfällig in der Brennraumplatte (Brennsteg, Ventil- sitz/-kanäle, Glühstiftbohrung) und im Wasserraum erweisen. Solche Cu-haltigen Al-Gusslegierungen bilden zudem nachteilig Korrosionsschlamm, infolge einer Reaktion mit dem im Zylinderkopf eingesetzten Kühlmittel. Bei allen oben genannten Al- Gusslegierungen bilden sich zwar über eine Wärmebehandlung festigkeitssteigernde Mg2Si und Al2Cu-Ausscheidungen, jedoch sind diese oberhalb 150°C nicht stabil und daher den thermo- mechanischen Belastungen moderner Motoren nicht gewachsen. Bei thermischer Langzeitbeanspruchung oberhalb 150°C treten daher Festigkeitsverluste von mindestens 30 % auf. Zudem geht das Ausscheiden weiterer MgSi- und Al2Cu-Phasen mit einer irreversiblen Wärmeausdehnung der thermisch hoch belasteten Bauteilzonen einher, die die Temperaturwechselbeständigkeit der beanspruchten Legierung im Motorbetrieb herabsetzt.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, eine hoch- und warmfeste, zugleich zähe Al-Gusslegierung bereitzustellen, die bei Temperaturen oberhalb oder gleich 150 °C ihre Festigkeitswerte beibehält und bei Temperaturen bis zu 240 °C eine geringere Wärmeausdehnung durch reduzierte Phasenbildung und daher eine erhöhte thermomechanische Stabilität aufweist.
Die Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruches 1 gelöst. Zudem können die Nachteile im Stand der Technik überwunden werden.
Bei Al-Gusslegierungen erfolgt meistens ein Kornfeinen mittels Titan (Ti), das in der Schmelze Al3Ti-Keime bildet. Da infolge höherer Temperaturbelastung das Gussgefüge heutiger Legierungen für Werkstücke, insbesondere bei Zylinderköpfe
kriechanfällig ist, sind zudem die Korngrenzen des Gefüges mit temperaturbeständigen Ausscheidungen zu stabilisieren.
Neben Ti kommen daher solche chemische Elemente in Frage, die zum einen die Kornfeinung verbessern und zum anderen das feine Gefüge bis zu 250-300 °C über eine hochte peraturstabile Korngrenzenausscheidung sowie Mischkristallhärtung thermisch stabilisieren. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass das feine Gefüge bei Temperaturen über 250° C durch hochtempera- turstabile Korngrenzenausscheidungen und/oder Mischkristallhärtung stabilisiert wird. Dies verbessert die Kriechbeständigkeit und verhindert Korngrenzengleiten und Kornwachstum. Zudem ist über eine Mischkristall- und Ausscheidungshärtung die gewünschte höhere Warmfestigkeit zu erzielen, ohne dass die Legierung versprödet. Für eine hohe Bruchdehnung sowie Warmbeständigkeit ist ein hoher Anteil an Mischkristallhärtung vorteilhaft.
Um diese gewünschten Anforderungen zu erfüllen, sind erfin- dungsgemäß intermetallische Hochtemperaturphasen zu identifizieren, die sich insbesondere beim Gießen nicht nadelig ausbilden und daher zur Werkstoffversprödung beitragen.
Ausgehend von der hochfesten und duktilen AI- Gusslegierung AI Si 7 Mg wa wird diese Legierung erfindungsgemäß durch die
Elemente Zr und/oder Hf modifiziert. In überraschender Weise erfüllen Zr und/oder Hf die oben genannten Anforderungen, bzw. führen in Verbindung mit AI zu hoch temperaturstabilen intermetallischen Al3Zr- und Al3Hf- als auch Zr- und Hf-hal- tigen Alu iniumsiliziden wie AlxZrySiz-, AlxHfySiz bzw. zu
Alx(Zr, Hf) ySiz-Hochtemperaturphasen, die eine Schmelzentemperatur von 1582°C (bei Al3Zr)und 1590°C (bei Al3Hf) aufweisen. Wegen ihrer hohen Temperaturstabilität und sehr geringen Löslichkeit in AI sind Zr und/oder Hf in Form von Al3Zr- bzw.
Al3Hf-haltigen AI-Vorlegierungen als Kornfeinungsmittel hoch wirksam und tragen entscheidend zur thermomechanischen Stabilität der erfindungsgemäßen Al-Gusslegierung bei. Bei der späteren Wärmebehandlung werden zusätzlich hochtemperaturfes- te Zr- oder Hf- haltige Aluminiumsilizide gebildet, die das Gefüge thermisch stabilisieren bzw. zu einer geringeren irreversiblen Wärmeausdehnung bei 240°C führen. Um nadelige bzw. spröde wirkende Ausscheidungen zu vermeiden, ist Zr oder Hf in Form von feinen Al3Zr- und Al3Hf-Phasen über Al-Vorlegie- rungen mit maximal 10 Gew. % Zr und/oder Hf in Form von Pulver bzw. Draht in die Al-Schmelze einzubringen. Für eine Kornfeinung sind geringste Mengen bzw. nur ein Mindestgehalt von 0,03 Gew. % an Zr und/oder Hf erforderlich.
Im Vergleich zur bekannten Ti-Kornfeinung sind besonders die erfindungsgemäßen Zr- und/oder Hf-Kornfeinung bevorzugt, da Al3Zr und/oder Al3Hf-Phasen temperaturstabiler sind als Al3Ti und Zr oder Hf zudem eine deutliche geringere Löslichkeit in AI aufweist.
Anhand GK-Al Si 7 Mg wa Zylinderköpfen ist der Kornfeinung- seffekt nachgewiesen worden. Unter Verwendung herkömmlicher Ti-haltiger Kornfeinungsmittel wie AI Ti 10, AI Ti 5 oder AI Ti 3 B 1 ist in der Brennraumplatte ein Gefüge mit einem Al- Dendritenarmabstand von 20 bis 70 μm erzielt worden. Durch einen Zr- oder Hf-Zusatzes von 0,10 bis 0,20 Gew. % in Form Al3Zr- bzw. Al3Hf-haltiger Al-Vorlegierungen wie z. B. AI Zr 5, AI Zr 10, AI Hf 5 oder AI Hf 10 in GK-Al Si 7 Mg konnte der Al-Dendritenarmabstand auf 10 bis 50 μm günstig reduziert werden. Eine zusätzliche Ti-Kornfeinung führte zu ähnlich feinen Dendritenarmabständen. Beim erfindungsgemäßen Legieren mit Zr oder Hf oberhalb 690 °C wird nur ein Teil der Al3Zr- bzw. Al3Hf-Phasen aus der Zr- bzw. Hf-haltigen Al-Vorlegie- rung gelöst, so daß genügend Al3Zr- bzw. Al3Hf-Keime für eine
Al-Kornfeinung erhalten bleiben. Aufgelöstes Zr und Hf bleibt dagegen je nach Erstarrungsgeschwindigkeit beim Druck- bzw. Kokillengießen im Aluminium gelöst.
Beim späteren Wärmebehandeln, bestehend aus einem Lösungsglü- hen zwischen 470 °C und 560 °C, Wasserabschrecken und Wärmaushärten oberhalb 160 °C, wird erfindungsgemäß neben dem Legierungsgehalt zudem das Verhältnis an Mischkristallhärtung zur Ausscheidungshärtung festgelegt. Langes Lösungsglühen bei hohen Temperaturen mit anschließendem Wasserabschrecken führt zu einem hohen Anteil an Mischkristallhärtung, während langes Warmaushärten bei 200 °C - 250 °C zu einer hohen Ausscheidungshärtung führt unter Bildung von Zr- oder Hf-haltiger A- luminiumsiliziden wie AlxZrySiz, AlxHfySiz bzw. Alx(Zr, Hf)ySiz und Verringerung der Mischkristallhärtung. Beim Lösungsglühen zwischen 470 °C und 560 °C lassen sich maximal 0,15 Zr Gew. % bzw. 1,00 Gew. % Hf in Lösung bringen. Bezüglich einer Festigkeitssteigerung , ohne die Legierung zu verspröden, ist daher Hf gegenüber Zr bevorzugt. Bei Motortemperaturen (Arbeitstemperatur) zwischen 150 und 250 °C bleibt die Misch- kristallhärtung weitgehend erhalten. Dagegen verringert sich bei thermischer Beanspruchung die Ausscheidungshärtung durch Al3Zr und/oder Al3Hf. Die Festigkeitsreduzierung ist jedoch infolge der Hochtemperaturstabilität von Al3Zr oder Al3Hf aus nicht aufgelöstem Al-Kornfeinungsmittel und von später gebil- deten Zr- oder Hf-haltigen Aluminiumsiliziden wie AlxZrySiz-, AlxHfySiz bzw. Alx(Zr, Hf)ySiz. nur gering bzw. geringer als bei der Mg2Si-Aussscheidungshärtung. Bei zusätzlicher Ti- Kornfeinung bilden sich neben Al3Zr / Al3HfDispersoiden Al3(Zr, Ti)- oder Al3 (Hf, Ti) Mischdispersoide oder in Reak- tion mit dem Silizium Zr-, Hf- oder Ti-haltige Aluminiumsilizide wie AlxZrySiz-, AlxHfySiz bzw. Alx(Zr, Hf, Ti)ySiz. Diese Ausscheidungen sind sehr temperaturstabil, so daß erfindungsgemäß in Zr- bzw. Hf-haltigem AI Si 7 Mg wa eine geringere irreversible Wärmeausdehnung resultiert. So beträgt z. B.
nach 100 h bei 240 °C die irreversible Wärmeausdehnung T 7- wärmebehandelter Zylinderköpfe aus Zr/Hf-freiem GK-Al Si 7 Mg 0,05 bis 0,06 %. Ein Zusatz von nur 0,10 Gew.-% Zr verringert die irreversible Wärmeausdehnung auf ca. 0,04 % und bei einem Zr-Zusatz von 0,20 Gew.-% sogar auf ca. 0,025 %. Erfindungsgemäß konnte durch einen verringerten Si-Gehalt von 4,5 bis 6,5 Gew.-%, der außerhalb des Bereiches von AI Si 7 Mg liegt (AI Si 7 Mg: 6,5 bis 7,5 Gew.-% Si) , die irreversible Wärmeausdehnung T 7-wärmebehandelter Zylinderköpfe aus GK-Al Si 6 Mg 0,26 Zr/Hf um weitere 10 % reduziert werden. Zudem wurde in Vergleich zu AI Si 7 Mg gleichzeitig die Bruchdehnung des Zylinderkopfes um ca. 1 % erhöht, so dass insgesamt eine höhere Temperaturwechselbeständigkeit erzielt wurde. Bevorzugt liegt der Si-Gehalt im Bereich von 5,5 bis 7,5 Gew. %, beson- ders bevorzugt von 6,5 bis 7,5 Gew. %.
Um eine gewünschte hohe Duktilität bzw. Kerbunempfindlichkeit der erfindungsgemäßen Legierung zu gewährleisten, ist zudem erfindungsgemäß der Anteil an Fe und Mg in der Legierung AI Si 7 Mg einzuschränken. Erfindungsgemäß wird daher folgende chemische Zusammensetzung vorgeschlagen.
Chemische Zusammensetzung der erfindungsgemäßen Al- Gusslegierungen (kurz: AI Si 7 Mg 0,25 Zr wa oder AI Si 7 Mg 0,25 Hf wa oder AI Si 6 Mg 0,25 Zr wa oder AI Si 6 Mg 0,25 Hf wa) :
Si: 4,5 bis 7,5 Gew. %, insbesondere 6,5 bis 7,5 Gew.-%
Mg: 0,20 bis 0,32 Gew. % Zr: 0,03 bis 0,50 Gew. % und/oder Hf: 0,03 bis 1,50 Gew. %
Ti: 0 bis 0,20 Gew. %
Fe: < 0,20 Gew. %
Mn: < 0,50 Gew. %
Cu: < 0,05 Gew. %
Zn: < 0,07 Gew. % und jeweils zu 100 Gew. % mit AI ergänzt.
Gegebenenfalls sind herstellungsbedingte Verunreinigungen (Nb, V, B, Ni, Co) enthalten, wie sie dem Fachmann einschlägig bekannt sind.
Des weiteren können Zr, Ti und Hf in den genannten Bereichen auch in Mischung vorliegen (z.B. Zr mit Hf „verunreinigt").
Anhand GK-Al Si 7 Mg 0,25 Zr wa-Zylinderköpfen wurde beispielhaft nachgewiesen, dass durch einen Zr-Zusatz von 0,10 bis 0,20 Gew. % die Zugfestigkeit sowie die Dehngrenze um mindestens 10 Gew. % angehoben werden konnte, ohne die Legie- rung zu verspröden. D.h. die Bruchdehnung blieb unverändert infolge des Zr-Kornfeinungseffektes . Die irreversible Wärmeausdehnung bei 240°C konnte um ca. 50 % reduziert werden.
Die aufgabengemäße hohen Festigkeitswerte bei gleichzeitig hoher Zähigkeit sind darüber hinaus durch ein feines Gussge- füge zu erzielen. Beim Gießen sind daher hohe Erstarrungsgeschwindigkeiten anzustreben. Zudem ist das Gefüge bei gleicher Gussdicke im Kokillen- und Druckguss feiner als im Sandguss .
Die Erfindung betrifft ebenfalls die Verwendung der obigen erfindungsgemäßen Al-Gusslegierung zur Herstellung eines Werkstücks oder eines Teil davon. Wobei „Teil davon" ein inhärentes Teil des Werkstückes darstellt, wie Bestandteil, Um- mantelung, Beschichtung und Ähnliches.
Werkstücke können insbesondere sein, nicht abschließend, solche wie Kolben für Verbrennungskraftmaschinen, Zylinderköpfe, Kurbelgehäuse oder Motorblöcke.
Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Al-Gusslegierungen sowie der Werkstücke können vom Fachmann die üblichen Verfahren, soweit hier nicht anders bestimmt, verwendet werden.