Keramik-Metall- oder Metall-Keramik-Komposite
Die vorliegende Erfindung betrifft Keramik-Metall- oder Metall-Keramik-Komposite, gemäss dem Oberbegriff nach Anspruch 1, ein Verfahren zu deren Herstellung sowie ein Verfahren zur Erhöhung der Benetzbarkeit einer Keramikmatrix bzw. einzulagernder, keramischer Partikel und Strukturen. Insbesondere betrifft die vorliegende Erfindung Keramik-Metall oder Metall-Keramik-Komposite, bestehend aus einer Keramikmatrix mit eingebetteten metallischen
Komponenten oder aus in einer Metallmatrix eingebetteten Keramikpartikeln oder Strukturen.
Im Maschinen-, Fahrzeug- und Anlagenbau sowie zur Bearbeitung von Werkzeugen werden verschleiss- und korrosionsfeste Werkstoffe benötigt. Aus diesem Grunde werden insbesondere Keramikteile und Keramikschichten, unter anderem in der Verschleissschutztechnik, d.h. z.B. für Lagerkomponenten, Kolben, Bremssysteme, Dichtungsringe, usw., d.h. für stark auf Verschleiss belastete Bauteile, eingesetzt.
Da Keramik grundsätzlich zwar verschleissfest aber auch spröde ist und somit der Einsatz einer monolithischen Keramik infolge von Sprödbruch zu katastrophalem Bauteilversagen führen kann, ist diese allein ungeeignet. Dagegen vereinigen Metall-Keramik-Komposite im Idealfall die Eigenschaften sowohl von Keramik als auch von Metallen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um eine dreidimensionale Metallmatrix mit einer keramischen
Verstärkungskomponente, die als Partikel, Haufwerke von Partikeln, gesinterte oder nicht gesinterte keramische Strukturen, Schäume oder in Form eines Gradientenwerkstoffes in einer metallischen Matrix vorliegt. Potentielle Anwendungen von Metallmatrix- Kompositbauteilen (MMC) sind somit Verschleissteile verschiedenster Art mit Gleitlagern und Laufbuchsen, etwa im Maschinen- und Automatenbau, insbesondere Werkzeuge für die KaltUmformung, sowohl zur Massivumformung als auch zur Umformung von dünnen und dickwandigen Blechen zu Getriebe- und speziellen Metallteilen für Personenwagen, Nutzfahrzeuge und Spezialfahrzeuge, Schneidwerkzeuge für die spanende Bearbeitung von Werkstoffen und Vorrichtungen, Refinerplatten für die Papierindustrie sowie Dichtungsringe in der Pharmaindustrie und Equipment im Food-Bereich, wie z.B. Kalandrier-Walzen für die Herstellung von Kornflakes und Mischerarmen für Kaffeeröstmaschinen, welche stark Verschleiss beansprucht sind und zudem den Anspruch an Nahrungsmittelechtheit erfüllen müssen, d.h. aus unbedenklichen Materialien bestehen müssen, welche durch ihren Abrieb keine Kontamination der Pharmazeutika bzw. der Nahrungsmittel hervorrufen können.
Ein weiterer positiver Aspekt der MMCs ist die Möglichkeit der Fertigung von Near Net Shape-Bauteilen, wie Dichtringe in Schmutzwasserpumpen. Eine naturgemäss aufwendige
Nachbearbeitung des verschleissfesten Werkstoffes entfällt oder wird stark reduziert. Viele Eisenbasis-Legierungen, wie z.B. hochlegierte Chromnickelstähle sind korrosionsfest, zudem leicht erhältlich und darüber hinaus
nahrungsmitteltechnisch unbedenklich. Sie bieten somit beste Voraussetzungen für die Kombination mit Keramiken in MMCs für den Einsatz als verschleiss- und korrosionsfeste Bauteile für eine ganze Palette von Anwendungen.
Mit anderen Worten werden Metall-Keramik-Komposite mit dem Ziel einer Verbesserung des mechanischen Verhaltens von Keramiken, insbesondere im Hinblick auf die geringe Bruchzähigkeit der reinen keramischen Komponente, sowie die Verbesserung der Verschleissfestigkeit der reinen Metallkomponente entwickelt. Nebst einer möglichen
Herstellung über die sogenannte Pulvermetallurgische Route, d.h. Verpressen von Keramik- und Metallpartikeln und nachfolgendem Sinterprozess, sowie der sogenannten Self- Propagating High-Temperature Synthese, wobei oxidkeramische und metallische Pulver beim Sintern miteinander reagieren, ist ein häufig angewendetes Verfahren die sogenannte Infiltration, d.h. das Auffüllen von porösen, keramischen Matrizen oder Körpern wie Haufwerken oder Schäumen mit metallischen Legierungen, welche im MMC-Gefüge z.B. auch intermetallische Phasen ausbilden können. "Dabei wird eine metallische Schmelze in einen keramischen Körper über Aufbringen eines äusseren Druckes oder Druckänderung während des Prozesses, wie z.B. Squeeze Casting, selbstgenerierendes Vakuum, Gasdruckinfiltration, eingebracht. Da aber Keramiken im Allgemeinen nicht oder nur schlecht durch metallische Schmelzen benetzbar sind, erfolgt in der Regel ein Auffüllen der Poren oder Zwischenräume durch das Aufbringen eines äusseren Druckes. Durch das Anbringen eines äusseren Druckes wird die
Benetzungsproblematik umgangen, dafür besteht aber ein vergleichsweise hoher apparativer Aufwand, indem ein geschlossenes System nötig ist, wodurch sich gleichzeitig eine Begrenzung der Bauteilgrösse einstellt. Für Gasdruck sowie selbstgenerierendes Vakuum ist zusätzlich noch die genaue Kenntnis der ablaufenden Reaktionen von Nöten. Diese Verfahren sind aufwendig und im Falle von Squeeze Casting auf Temperaturen bis etwa 800°C beschränkt und eignen sich daher hauptsächlich für niedrigschmelzende Metalle oder Legierungen, wie z.B. Aluminium, Aluminiumlegierungen, Magnesiumlegierungen, Silber, Bronzen, welche einen Schmelzpunkt deutlich unter 1000 °C aufweisen.
Die Anbindung zwischen Keramik und Metall kommt hierbei nur schlecht oder gar nicht zustande bzw. es erfolgt die Ausbildung einer spröden Reaktionsschicht mit schlechten mechanischen Eigenschaften.
Die Herstellung von MMCs mit Eisen, Eisenbasislegierungen, Nickel oder Nickelbasislegierungen als Metallkomponente ist aufgrund der hohen Schmelzpunkte von deutlich über 1000 °C dieser Legierungen auf diese Weise nicht zu verwirklichen.
Eine andere Möglichkeit ist die Änderung der Benetzbarkeit der Keramik, wobei z.B. in der Löttechnik dieser Effekt seit langem zum Fügen von keramischen Komponenten ausgenutzt wird. Im Allgemeinen wird dies durch den Zusatz reaktiver Elemente, wie z.B. Titan und/oder Chrom zur
Metalllegierung durchgeführt. Eine andere Möglichkeit ist die Aufbringung der reaktiven Elemente durch anorganische oder organische Verbindungen und nachfolgende
Temperaturbehandlung unter definierter Atmosphäre als Schicht auf die Keramik. In beiden Fällen wird dadurch der Benetzungswinkel θ an der Grenzfläche Keramik-Metall verkleinert, wodurch Benetzung ermöglicht wird.
In der DE 100 47 384 wird ein Verfahren zur Herstellung eines Verbundwerkstoffes beschrieben, bei welchem ein eine reaktive keramische Komponente enthaltender Vorkörper mit Aluminium oder einer Aluminiumlegierung druckinfiltriert wird. Dabei wird vorgeschlagen, dass der Vorkörper, neben gegebenenfalls festem Aluminium oder Aluminiumlegierung, weiter gegebenenfalls freie Metalle enthält, welche mindestens teilweise an der Bildung der hochschmelzenden, metallischen Phase des fertigen Verbundwerkstoffes beteiligt sind. Dabei besteht die Tendenz, dass diese freien Metalle mit Aluminium reagieren, zudem setzt sich ebenfalls mindestens ein Teil des keramischen Vorkörpers mit dem Aluminium oder der Aluminiumlegierung bei der Infiltration um. Die so gebildete Legierung enthält zwar einen verringerten Anteil an Aluminiden, es kann aber zur Versprödung des Komposits führen.
Im US-Patent 5 902 429 wird vorgeschlagen, einen Vorkörper mittels sogenanntem "tape casting" herzustellen. Bei diesen sogenannten "tape casting"-Prozess wird das als Aktivator vorgeschlagene Metall teilweise oxidiert, so dass vor Infiltration der Vorkörper mittels reduzierender Atmosphäre "deoxidiert" wird. Die Herstellung des „Intermetallic"- Keramik-Metall-Komposits erfolgt dann durch reaktive Schmelzinfiltration, bei der der Aktivator mit dem infiltrierenden Metall mindestens teilweise sogenannte
intermetallische Phasen bildet, was zu einer Undefinierten Metallmatrix führt.
Aus der CH-692 296 ist ein Verfahren der Reaktivinfiltration bekannt, wobei zum Erhöhen der Benetzbarkeit einer Keramikmatrix bzw. keramischer Partikel und Strukturen auf Basis von Siliziumcarbid an den Grenzflächen zwischen metallischen Komponenten und den Keramikpartikeln anorganische oder organische Titan- und/oder Chromverbindungen angeordnet werden. Als Metalle werden niedrigschmelzende Metalle und Legierungen, wie
Silber und Bronzen, angewendet. Da Siliziumcarbid jedoch von Eisenbasislegierungen zersetzt wird, eignet sich das in der CH 692 296 vorgeschlagene Verfahren nicht zur Herstellung z.B. von MMCs auf Stahlbasis.
Des Weiteren sind oxidische Beschichtungen als
Schutzschichten auf nichtoxidischen Keramiken ungenügend. Unterhalb 1000 °C weist eine oxidische Schutzschicht auf Siliziumcarbid bereits Risse und Abplatzungen auf. Bei den erforderlichen Prozesstemperaturen von über 1200 °C im Fall der drucklosen Infiltration mit Eisen,
Eisenbasislegierungen, Nickel oder Nickelbasislegierungen erfolgt somit trotzdem ein Auflösen der zu schützenden Keramik.
Durch die Verwendung von Aluminiumnitrid als keramische Komponente war es möglich, Aluminiumnitrid/Gusseisen MMCs durch Infiltration zu fertigen. Derartige Komposite erwiesen sich allerdings als nicht korrosionsbeständig, wie z.B. für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie von
Nöten, da die keramische Komponente sich im Beisein von wässrigen Medien zersetzt.
Aufgrund der obigen Schilderungen ist es daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung mittels druckloser Infiltration Keramik-Metall-Komposite auf Basis von Eisen,
Eisenbasislegierungen, Nickel oder Nickelbasislegierungen vorzuschlagen, bzw. Metall-Keramik-Komposite, welche mit Prozesstemperaturen deutlich über 1200 °C herstellbar bzw. herleitbar sind.
Die erfindungsgemässe Aufgabe wird mittels Keramik-Metalloder Metall-Keramik-Kompositen gemäss dem Wortlaut von Anspruch 1 bzw. mittels Verfahren zu deren Herstellung nach einem der Ansprüche 11 ff gelöst.
Vorgeschlagen wird, dass im Keramik-Metall- oder Metall- Keramik-Komposit, bestehend aus einer Keramikmatrix mit eingebetteten metallischen Komponenten oder aus in einer Metallmatrix eingebetteten Keramikpartikeln oder -Strukturen das Keramikmaterial weitgehendst vollständig oder wenigstens zu Teilen oxidisch ist bzw. zu Teilen aus einem Oxid und/oder einem Mischoxid besteht. Weiter weist die eingebettete metallische Komponente eingelagertes, metallisches Titan oder Chrom, beispielsweise in Form einer Legierung auf bzw. weist das Kompositmaterial Titan und/oder Chrom und/oder Verbindungen davon auf.
Bevorzugt besteht die Erfindung darin, durch den Einsatz von oxidischen Keramiken, wie z.B. Aluminiumoxid, Zirkoniumdioxid, Siliziumdioxid, Magnesiumoxid, Chromoxid, Yttriumoxid und/oder Titandioxid ohne eine zusätzliche
Schutzschicht oder aktivierende Beschichtung auf der Keramik durch drucklose Infiltration mit Eisen, Legierungen auf Eisenbasis, wie z.B. Chromnickelstähle, Gusseisen, Nickel oder Nickelbasislegierungen einen Metallkeramikverbundstoff bzw. ein Metall-Matrix-Komposit (MMC) zu fertigen, welches als Werkstoff sowohl korrosionsfest wie auch verschleissfest ist, und im Vergleich zu monolithischen Keramiken eine hohe Schadenstoleranz, z.B. gegen Schlagbeanspruchung, aufweist.
Im Gegensatz zur CH 692 296, hat es sich gezeigt, dass durch die Verwendung von oxidischen Keramiken auch hochschmelzende Metalle, wie Eisen, Eisenbasislegierungen, Nickel und/oder Nickelbasislegierungen für die Herstellung von Metall-Keramik-Kompositen verwendet werden können, wobei durch das Einbringen von metallischem Titan und/oder Chrom oder von anorganischen oder organischen Titan- und/oder Chromverbindungen wiederum die Benetzbarkeit wesentlich erhöht wird, wodurch die Komposite mittels druckloser Infiltrationsverfahren hergestellt werden können.
Weitere bevorzugte Komposite sind in den abhängigen Ansprüchen charakterisiert.
Die Aktivierung des Grünkörpers kann hierbei z.B. durch die Einbringung der aktiven Elemente, beispielsweise mit einem Mengentanteil von max. ca. 25 Gew.% bezogen auf die keramische Komponente, vorzugsweise ca. 10 Gew.% in Form elementaren Pulvers in den Grünkörper erfolgen. Vorzugsweise ist der Grünkörper wenigstens nahezu frei von metallischem Aluminium oder von einer Aluminium-Legierung.
Nach Vermischen und Homogenisieren mit dem Binder erfolgt ein vorzugsweise uniaxiales oder isostatisches Verpressen im Grünkörper in gewünschter Höhe. Der Grünkörper kann z.B. als Zylinder oder als Ring oder Platte oder als irgendeine andere gewünschte Form vorliegen. Der so erhaltene keramische Grünkörper ist dicht bis porös und wird vorzugsweise im Trockenschrank getrocknet. Das Entfernen des Bindemittels bzw. das Entbindern kann in einem Extraschritt erfolgen, oder im nachfolgenden Prozess der Infiltration eingebunden sein. Entbindert wird in der Regel im Argon-Strom oder unter Vakuum.
Die nachfolgende Infiltration wird im Vakuum oder Hochvakuum durchgeführt. Das zu infiltrierende Metall wird hierbei auf, neben und/oder unter den aktivierten Grünkörper oder aktivierten, entbinderten Grünkörper gelegt, wodurch die drucklose Infiltration hauptsächlich über Gravitations- und/oder Kapillarkräfte erfolgen kann. Die sogenannte Preform kann sich hierbei in einem Tiegel oder einer anderen geeigneten Form oder allenfalls auf einer ebenen Unterlage befinden. Wichtig ist das Vorliegen eines deutlichen Metallüberschusses, der jedoch zum einen von der Porosität der zu infiltrierenden keramischen Preform abhängt, zum anderen davon, ob ein Gradientenwerkstoff gewünscht wird. Die gesamte Probe, bestehend aus aktivierter keramischer Preform sowie zu infiltrierendem Metall wird bis über den Schmelzpunkt des Metalls erhitzt und dort eine gewisse Zeit gehalten, bis der Ofen abgekühlt wird. Je nach gewähltem Metall kann die
Temperatur 1000°C, 1200°C, 1400°C, 1600°C oder mehr betragen, wobei 1600°C bevorzugt ist.
Das Gefüge der gebildeten MMCs zeigt in der Regel einen Gradienten. Je nach Prozessführung und allfälliger thermischer Nachbehandlung, wie etwa Abschrecken nach dem Prozess oder einer zusätzlichen Wärmebehandlung der MMCs, wie Auslagern oder Glühen ist es möglich, über Zeit, Metall, Keramikanteil sowie Menge an Aktivierung diesen Gradienten zu beeinflussen und z.B. zusätzliche verschleisshemmende Ausscheidungen, in Form von Carbiden, Oxycarbiden im Matrixmetall zu erzeugen oder zu unterdrücken. Bei derartigen Ausscheidungen kann es sich beispielsweise um Titancarbid handeln, wobei der Kohlenstoff beispielsweise von sich zersetzenden Bindemitteln geliefert wird.
An der Grenzfläche Keramik-Metall zeigen sich demgegenüber keine Ausscheidungen oder Reaktionsschichten, es kann aber auch zur Bildung intermetallischer Phasen am Interface Keramik-Metall kommen. Die Dimensionen der beobachteten Grenzschichten liegen im Nanometerbereich.
Des Weiteren sind Infiltrationszeiten von einigen Minuten über Stunden bis zu Tagen möglich. Die keramische Komponente ist grundsätzlich stabil, setzt sich aber während längerer Prozesszyklen langsam mit der Legierung um, wodurch eine ausgezeichnete Anbindung zwischen Metall und Keramik erfolgt, die im Hinblick auf die geforderte Verschleissfestigkeit von grösster Bedeutung ist.
Es ist möglich, MMCs bzw. Gradientenwerkstoffe mit Infiltrationstiefen bzw. Schichtdicken von Verschleissschichten von wenigen Millimetern bis mehreren Zentimetern herzustellen.
Neben dem drucklosen Infiltrationsverfahren ist selbstverständlich eine Infiltration auch mit Druck denkbar, wobei durch die Aktivierung eine Druckreduktion erreicht wird. Drucklose Schmelzinfiltrationsverfahren stellen ein "Near Net Shape"-Verfahren dar, und haben gegenüber Druckinfiltrationsverfahren den Vorteil, die Infiltration dickwandiger und komplexer Bauteile in einfachen Anlagen preisgünstiger zu ermöglichen.
Für die Herstellung einer sogenannten Preform werden Pulvermischungen, wie z.B. Aluminiumoxid, elementares Metallpulver, wie z.B. Titan mit einem Mengenanteil von max. ca. 25 Gew.%, vorzugsweise ca. 10 Gew.% sowie diverse Binder und Wasser über uniaxiales oder isostatisches Pressen zu einem Grünkörper verdichtet. Es ergibt sich je nach Partikelgrösse, Korngrössenverteilung und Pressdruck eine mehr oder weniger dichte Pulverpackung. Bei den erwähnten Bindern handelt es sich um allgemein übliche bekannte Bindemittel, wie sie bei der Herstellung von Keramik-Metall-Verbundwerkstoffen verwendet werden. Beispiele sind, Methylzellulose, oder Bindemittel auf Basis von Sacchariden, etc.
Die so hergestellten, aktivierten Preforms können anschliessend im Vakuum oder Hochvakuum bei Temperaturen über 1200 °C mit Eisen, Eisenbasislegierungen, Nickel oder
Nickelbasislegierungen drucklos infiltriert werden. Die Infiltrationstemperatur liegt hierbei vorzugsweise bis zu 100 °C oder mehr über dem Schmelzpunkt der jeweiligen Metalllegierung. Durch Reaktionen der im keramischen Vorkörper befindlichen reaktiven Elemente mit der
Metalllegierung und/oder der keramischen Komponente kann Benetzung und somit Infiltration erfolgen.
Ausführungsbeispiele :
1. Infiltration einer mit 20 Gew.% Ti, bezogen auf den Keramikanteil, aktivierten A1203 Preform aus verpressten Partikeln mit Fe-Basislegierungen (X46Crl3) :
a) Titanaktivierung des Grünkörpers:
Aus polykristallinem A1203 mit einer mittleren Korngrösse von 153μm, Titanpulver (bis -325 mesh, 99,23% Reinheit) sowie 2 Gew.% organischem Binder und Zusatz von 10 Gew.% Wasser wurde auf dem Rollenmischer eine homogene Pulvermischung hergestellt. Anschliessend wurden Preforms durch uniaxiales Pressen gefertigt. Die Bestimmung der Porosität nach dem Trocknen bei 60 °C ergab 40 Vol%.
b) Infiltration:
Als Legierung wurde eine Eisenbasislegierung mit der Bezeichnung X46Crl3 eingesetzt, welche in Form von Blöcken auf die aktivierte Preform aufgebracht wird. Im Verhältnis zum Grünkörpergewicht wird der 3 - 4- fache Metallüberschuss
eingesetzt. Die Prozesstemperatur beträgt 1600 °C mit einer Haltezeit von 30 Minuten.
c) Ergebnisse:
Im Gegensatz zu einer nichtaktivierten Preform findet bei der oben genannten Aktivierung Infiltration der kompletten Preform statt. Das Gefüge enthält im Bereich der Metallmatrix unter anderem zusätzliche Ausscheidungen an TiC, welche die Verschleissfestigkeit des Verbundwerkstoffes zusätzlich verbessern. Es ist lichtmikroskopisch oder mittels Rasterelektronenmikroskop keine Ausscheidung einer Phase am Übergang Metall-Keramik nachweisbar.
2. Infiltration eines über Titan-Pulver (Partikelgrösse <20μm) , vorzugsweise Titan-Nanopulver (100-200nm) , aktivierten gebrannten A1203 Schaumes mit einer linearen
Porengrösse von etwa 320 μ (entspricht 80 ppi Pores/Inch) mit Ni-Basislegierung (z.B. Hastelloy C4) :
a) Titanaktivierung des keramischen Schaumes: Es wird aus Alkohol, wie z.B. Ethanol oder deionisiertem Wasser und PVB-Binder (Polyvinylbutyral) eine Mischung hergestellt, welche 1,5 Gew.% Binder enthält. In dieser Binderlösung werden 20 Vol.% Ti-Pulver oder Ti-Nanopulver (Korngrösse von < 200nm) dispergiert.
Ueber eine Saugflasche wird das Ti-Nanopulver/PVB-Alkohol- oder Wassergemisch mittels Vakuum durch den keramischen Schaum gezogen und somit in die keramische Struktur eingebracht. Dabei ist zu beachten, dass die Mengen des
benötigten Gemisches abhängig sind von der Porengrösse und der Struktur. Im Allgemeinen ist die Umsetzung eines grossen Volumens notwendig, um eine gleichmässige Verteilung der Partikel oder Nanopartikel zu gewährleisten. Nach dem Trocknen bei 60 °C im Trockenschrank lässt sich durch Wiegen die Gewichtszunahme des Schaumes und so die eingebrachte Aktivator-Menge ermitteln.
b) Entbinderung des aktivierten Schaumes:
Das Entbindern erfolgt bei 600 °C (Heizrate 2°C/min; Haltezeit 600°C während einer Stunde; Abkühlrate 2°C/min), unter Argonatmosphäre, um eine Oxidation des Titans zu verhindern.
c) Infiltration:
Als Legierung wurde eine Ni-Basislegierung mit der
Bezeichnung Hastelloy C4 eingesetzt, welche in Form von Blöcken auf den entbinderten aktivierten Schaum aufgebracht wird. Im Verhältnis zum Schaumporenvolumen (Porosität) wird ein 3- bis 4-facher Metallüberschuss eingesetzt. Die Prozesstemperatur beträgt 1500 °C mit einer Haltezeit von einer Stunde.
d) Wärmebehandlung:
Zur Homogenisierung des Gefüges wird nach der Infiltration der erhaltene MMC von aussen anhaftendem Metallüberschuss befreit und einer Wärmebehandlung unterzogen. Typisches Temperaturprogramm:
1140 °C während 1 h und anschliessendes Abschrecken in Wasser.
e) Ergebnisse:
Es findet Infiltration des gesamten aktivierten Schaumes statt. Die Metallmatrix ist einem lösungsgeglühten Gefüge vergleichbar. Am Interface zur Keramik befindet sich keine mittels Lichtmikroskop oder Rasterelektronenmikroskop nachweisbare Reaktionsschicht.
Die Temperaturführung bei der Infiltration und der Nachbehandlung ist abhängig von der Dimensionierung des Bauteiles und ist auch abhängig von dem oder den verwendeten Metallen bzw. Legierungen. Die im beschriebenen Beispiel erwähnte Wärmebehandlung ist insbesondere geeignet um die Homogenisierung im Gefüge zu verbesssern. Die Wärmebehandlung kann aber auch dazu dienen, um einerseits die Bildung gewünschter Phasen zu fördern, wie z.B. einer Titancarbid-Phase, oder diese möglichst homogen zu verteilen, oder aber auch um unerwünschte Phasen zu unterdrücken. So sind z.B. intermetallische Verbindungen nicht erwünscht, falls diese im Gefüge nicht gut verteilt sind. Sie können dann zu Versprödung der Komposite führen.
Anhand der beiden beigefügten Figuren soll der grosse Vorteil der vorliegenden Erfindung visuell dargestellt werden. Dabei zeigen:
Fig. 1 ein MMC-Gefüge mit unzureichender Homogenität,
Fig. 2 ein MMC-Gefüge, hergestellt gemäss der vorliegenden Erfindung,
Fig. 3 einen vollständig infiltrierten Stahl-/Al203-MMC- Ring, und
Fig. 4 eine noch unbearbeitete MMC-Platte.
Figur 1 zeigt ein Beispiel eines Keramik-Metall-Komposits, aufweisend in einer Metallmatrix 1 aufweisende Keramikpartikel 2. Aufgrund unzureichend abgestimmter Prozessparameter weist dieses Gefüge zum einen Poren 3 und/oder poröse Bereiche auf, und zum anderen
Ausscheidungen 5 von zum Beispiel Titancarbid. Solche lokalen Ausscheidungen in der Metallmatrix sind unerwünscht. Allerdings können derartige Ausscheidungen eventuell verschleisshemmend wirken, allerdings ist dann aber eine gleichmässige, flächige Verteilung feinster
Ausscheidungen dieser Phase in der Metallmatrix notwendig, d.h. der in Beispiel 2 beschriebene Homogenisierungsschritt ist durchzuführen.
Demgegenüber zeigt Figur 2 ein MMC-Gefüge, hergestellt gemäss der vorliegenden Erfindung, wie beispielsweise beschrieben in Beispiel 1. Die Metallmatrix 1 liegt homogen vor, und weist keinerlei Ausscheidungen einer Zweitphase auf. Figur 2 zeigt somit ein Beispiel für einen erwünschten bzw. angestrebten Zustand.
Die oben angeführten Ausführungen sowie die
Verfahrensbeispiele sollen lediglich dazu dienen, den Grundgedanken der vorliegenden Erfindung beispielsweise
näher zu erläutern und stellen keine Einschränkung des Grundgedankens dar. Grundsätzlich geht es ja darum, die Benetzbarkeit poröser Matrizes zu verbessern bzw. die Infiltration mittels metallischer Komponente oder Metalllegierungen, welche einen erhöhten Schmelzpunkt von über 1000°C aufweisen, zu ermöglichen. Bekanntlich ist eine drucklose Infiltration poröser Matrizes durch Metalle oder Legierungen ohne eine Aktivierung mit Titan- oder Chromverbindungen nicht möglich. Weiter hat es sich aus dem Stand der Technik gezeigt, dass die Infiltration von keramischen Materialien auf Basis Siliziumcarbid bei Temperaturen über 1000 °C, insbesondere bei der Verwendung von Eisen, Eisenbasislegierungen, Nickel oder Nickelbasislegierungen zur Zersetzung des keramischen Materials führt. Drucklose Infiltration, wie erfindungsgemäss beschrieben, bietet den Vorteil, komplexe Bauteile die auch stark unterschiedliche Wandstärken aufweisen, in einfachen und preiswerten Anlagen produzieren zu können. Druckinfiltrationsverfahren sind grundsätzlich auch ohne Aktivierung möglich. Der Vorteil der Aktivierung liegt hier allgemein in der Verbesserung des Benetzungsverhaltens zwischen Metall und Keramik. Dies führt zu einer verbesserten Benetzung und Anbindung und somit zu einer verringerten Rissbildung an den Metall- Keramik-Grenzflächen und damit zu Werkstoffen mit verbessertem Eigenschaftsprofil.
Als Fazit ergibt sich somit, dass es erfindungswesentlich ist, dass im Keramik-Metall-Komposit die Keramikkomponente wenigstens zu einem grossen Teil aus einem oxidischen
Material besteht, wie einem reinen Oxid, Mischoxiden und gegebenenfalls Zusätzen von weiteren nichtoxidischen Keramiken, wie Siliziumcarbid, Bornitrid, etc. Weiter weist das erfindungsgemässe Komposit neben dem eingelagerten Metall bzw. der Metalllegierung, metallisches Titan und/oder Chrom und/oder Verbindungen davon auf, welche beispielsweise im Metall bzw. der Legierung eingelagert sein können.
Durch Reaktivinfiltration können MMCs aus Al203 und Eisenbasislegierungen hergestellt werden.
Infiltrationszeiten von wenigen Minuten bis zu Tagen sind möglich, da die keramische Komponente gegenüber der Legierung eine gute chemische Stabilität aufweist. Dies führt zu guter Anbindung zwischen Metall und Keramik, was besonders im Hinblick auf Verschleissfestigkeit wichtig ist. Es ist möglich, MMCs mit Infiltrationstiefen von wenigen mm bis zu einigen cm zu fertigen. Gemäss dem erfindungsgemässen Verfahren wurden Demobauteile gefertigt, welche in den Figuren 3 und 4 dargestellt sind. Dabei zeigt Figur 3 einen vollständig infiltrierten Stahl/Al203-MMC- Ring 11 mit einem Aussendurchmesser von 75 mm, einen Innendurchmesser von 55 mm und einer Höhe von 16 mm direkt nach Infiltration mit anhaftendem Überschussmetall 12 sowie Tiegelrest. Figur 4 zeigt nach Entformen für mechanische Tests vorgesehene, noch unbearbeitete MMC-Platten 11 der Grosse 100x50x9 mm.
Eine Gefügeanalyse bestätigt die rissfreie Anbindung zwischen Keramik und Metall. Eine Reaktionsschicht am Interface-Keramik-Metall konnte nicht nachgewiesen werden,
im Gefüge der MMCs finden sich in Abhängigkeit von der Haltezeit und Aktivierung der Preforms verschiedene Ti- reiche Phasen, die gegebenenfalls als Ti-Silizid oder in Form von TiO bzw. Ti02 vorkommen können, und welche möglicherweise verschiedene Stufen des zeitlichen Ablaufs der Reaktivinfiltration darstellen.