Sprühkompaktierter Stahl, Verfahren zu seiner Herstellung und Verbundwerkstoff
Die Erfindung betrifft einen Stahl mit hoher Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit, welcher durch Sprühkompaktieren hergestellt ist. Darüber hinaus betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Stahls und einen Verbundwerkstoff, welcher unter Verwendung eines erfindungsgemäßen Stahls hergestellt ist.
Beim Sprühkompaktieren von Stahl wird in einem Gaszerstäuber eine Stahlschmelze in einem Schutzgasstrom in kugelförmige Tropfen zerstäubt. Durch das Gas werden die Metalltropfen schnell auf eine Temperatur abgekühlt, die zwischen Liquidus und Solidus liegt, häufig sogar unter Solidus. Die derart abgekühlten, sich mit hoher Geschwindigkeit bewegenden und eine feste oder teigige Konsistenz besitzenden Tropfen kompaktieren aufgrund der ihnen eigenen kinetischen Energie auf einem Substrat zu einem dichten Materialverbund. Über die schnelle Erstarrung aus der flüssigen Phase kann dabei der Aufbau des Gefüges des gesprühten Blocks direkt beeinflußt werden. Im einzelnen ist das Sprühkompaktieren in den Aufsätzen "Near net-shape casting through metal spray deposition - The Ospray process", Otto H. Metelmann et al., Iron and Steel Engineer, November 1988, S. 25 - 29, oder "The Osprey Process: Principles and Applications",
A.G. Leatham et al., The International Journal of Powder Metallurgy, Vol. 29, No. 4, S. 321 - 329, beschrieben.
Das Sprühkompaktieren ermöglicht im Unterschied zum Gießen die Herstellung seigerungs- und porenfreier Produkte, die eine homogene Struktur und eine hohe Dichte aufweisen. Dabei können bei höherer Flexibilität hinsichtlich der Form und weniger Verfahrensschritten ahnliche Produkteigenschaften wie bei der pulvermetallurgischen Herstellung derartiger Produkte erzielt werden.
Für Anwendungen, die eine hohe Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit erfordern, ist eine große Zahl von Stahlen bekannt. So sind in der Stahl-Eisen-Liste für diesen Zweck beispielsweise die Stahle 1.2083 (X40Crl3), 1.2285(X230Crl2-4) , 1.2314 (X47CrMol5) , 1.2316 (X36CrMol7 ) , 1.2361 (X91CrMoV18) und 1.4125 (X105CrMoV18 ) genannt. Diese Stahle werden üblicherweise schmelzmetallurgisch im Elektrolichtbogenofen hergestellt. Bei gesteigerten Anforderungen an die Reinheit und den Seigerungsgrad müssen die Stahle zusatzlich mittels eines geeigneten Verfahrens umgeschmolzen werden.
Die voranstehend erwähnten Stahle gehören aufgrund ihres erhöhten Chromgehalts von wenigstens 12 Gewιchts-% zu der Gruppe der korrosionsbeständigen Stahle. Zusatzlich weisen sie abhangig vom Kohlenstoffgehalt im geharteten und angelassenen Zustand eine mehr oder weniger hohe Verschleißbestandigkeit auf. Um diese
Verschleißbestandigkeit zu erhohen, ist eine Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes erforderlich. Die damit einhergehende verstärkte Carbidbildung fuhrt edoch zu einer Verringerung der Korrosionsbeständigkeit aufgrund von
hochchromhaltigen Carbidausscheidungen, welche eine an Chrom verarmte Legierungsmatrix verursachen. Diesem Nachteil kann grundsätzlich durch eine Steigerung der Anteile von Chrom an der Legierung abgeholfen werden. Dies bringt jedoch den Nachteil mit sich, daß sowohl die Walzbarkeit als auch die Schmiedbarkeit der Stähle mit zunehmenden Legierungs- und Carbidgehalten verschlechtert werden. Hohe Carbidgehalte verursachen zudem bei langsamer Erstarrung der gegossenen Blöcke die Entstehung von Carbiden von inhomogener Größe und Verteilung. Durch diese werden die Werkstoffeigenschaften ebenso verschlechtert .
Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, einen Stahl zu schaffen, der eine weiter verbesserte Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit aufweist. Darüber hinaus soll ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Stahls und ein unter Verwendung dieses Stahls erzeugter Verbundwerkstoff angegeben werden.
Hinsichtlich des Stahls wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß der Stahl durch Sprühkompaktieren hergestellt ist und folgende Zusammensetzung aufweist (in Gew.-%):
C: 0,5 - 2,5 %
Si: < 1,0 %
Mn: < 1,0 %
P: < 0,03 %
S: < 0,03 %
Cr: 12,0 - 20,0 %
Mo: 0,1 - 2,0 %
V: 0,1 - 6,0 %
Nb: 0,1 - 3,0 %
W : 0 , 1 - 2 , 0 %
N : 0 , 01 - 0 , 5 %
02 : < 0 , 005 % gegebenenfalls weitere Legierungsbestandteile und als Rest Eisen und übliche Verunreinigungen.
Ein erfindungsgemäßer Stahl zeichnet sich, anders als schmelzmetallurgisch hergestellte Stähle, durch einen hohen Kohlenstoffgehalt bei gleichzeitig hohem Chromgehalt aus. Dies bewirkt eine hohe Korrosionsbeständigkeit bei gleichzeitig hoher Verschleißbeständigkeit. Dabei liegen die harten Carbidausscheidungen homogen verteilt vor. Dies führt einerseits dazu, daß aus erfindungsgemäßem Stahl hergestellte Werkstücke eine erhöhte Haltbarkeit auch bei abrasiver Belastung aufweisen. Andererseits ist erfindungsgemäßer Stahl aufgrund der Homogenität seines Gefüges trotz der hohen Legierungs- und Carbidgehalte gut warmverformbar . Diese Eigenschaften machen erfindungsgemäßen Stahl insbesondere zur Herstellung von Werkzeugen geeignet, die neben korrosiver V-anspruchung großen Verschleißbeanspruchungen unterworfen sind. Derartige Verhältnisse sind beispielsweise in der kunststoffverarbeitenden Industrie aufgrund der Füllstoffgehalte moderner Kunststoffe gegeben.
Die Wahl der Bereiche, in denen die jeweiligen Elemente in erfindungsgemäß zusammengesetztem, durch Sprühkompaktieren erzeugtem Stahl enthalten sind, ist wie folgt begründet:
Chrom (12 - 20 %)
Erfindungsgemäßer Stahl weist mindestens 12 % Chrom auf, um eine Passivschicht zu erzeugen, welche eine
ausreichende Korrosionsbeständigkeit des Stahles sicherstellt. Die Obergrenze des Chromgehaltes von 20 % wird eingehalten, weil höhere Gehalte zu Einbußen bei der Zähigkeit und zu unerwünscht hohen Anteilen der Ferritphase im Mikrogefüge fuhren. Diese sind aus Gründen der Polierbarkeit und der Korrosionsbeständigkeit zu vermeiden.
Kohlenstoff (0,5 - 2,0 %)
Gehalte von mindestens 0,5 % C sind erforderlich, um die Ausscheidung von Carbiden sicherzustellen, durch welche eine ausreichende Harte und die gewünschte Verschleißfestigkeit erhalten wird. Die Obergrenze von 2,5 % sollte nicht überschritten werden, um den Hartphasengehalt aus Gründen der Warmverformbarkeit zu begrenzen.
Stickstoff (0,01 - 0,5 %)
Bei einem Mindestgehalt von 0,01 % tragt N zur Bildung von Hartphasen bei und erhöht Harte und Verschleißfestigkeit. Zudem hat die Anwesenheit einer ausreichenden Menge an Stickstoff einen positiven Einfluß auf die maximale Hartphasengroße und fordert somit die Zähigkeit. Schließlich tragt Stickstoff entscheidend zur Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit bei. Die Obergrenze von 0,5 % sollte jedoch nicht überschritten werden, um unerwünscht hohe Restaustenitgehalte zu vermeiden, welche ein besonderes, aufwendiges Vorgehen bei der Wärmebehandlung des Stahls, wie beispielsweise Tiefkuhlen und mehrmaliges Anlassen, erforderlich machen wurden.
Molybdän (0,1 - 2,0 %)
Ein Mindestgehalt von 0,1 % wird benötigt, damit Mo einerseits an der Ausscheidung von härte- und verschleißbestandigkeitssteigernden Hartphasen beteiligt ist. Andererseits ist Mo erforderlich, um durch den Einbau in das Eisengitter zu einer Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit, insbesondere der Beständigkeit gegenüber Lochkorrosion, beizutragen. Die Obergrenze von 2,0 % sollte jedoch eingehalten werden, um unerwünscht hohe Ferritgehalte zu vermeiden.
Wolfram (0,1 - 2,0 %)
Der Mindestgehalt an Wolfram wird zur Bildung von harte- und verschleißbestandigkeitssteigernden Hartphasen benotigt. Zu hohe Gehalte an W vermindern jedoch die Zähigkeit (Dehnung, Einschnürung) und beeinträchtigen die Schmiedbarkeit. Daher ist die Obergrenze des W-Gehalts mit 2,0 % angegeben.
Vanadium (0,1 - 6,0 % )
Ein Mindestgehalt von 0,1 % V ist für die Bildung von harte- und verschleißbestandigkeitssteigernden Hartphasen erforderlich. V - Gehalte über 6,0 % fuhren jedoch aufgrund der austenitstabilisierenden Wirkung von V zu hinsichtlich des Ferritgehalts ungünstig zusammengesetzten Mikrogefügen .
Niob (0,1 - 3,0 %)
Ein Mindestgehalt von 0,1 % Nb ist für die Bildung von harte- und verschleißbestandigkeitssteigernden Hartphasen erforderlich. Wird jedoch die Obergrenze von 3,0 % überschritten, so führt dies aufgrund der austenitstabilisierenden Wirkung auch von Nb zu unerwünschten Ferritgehalten im Mikrogefüge. Darüber hinaus bewirken zu hohe Nb - Gehalte eine zu grobe
Ausbildung der Hartphasen, wodurch die Zähigkeit des Stahles vermindert wird.
Bei erfmdungsgemaßen Stahlen mit besonders hervorragenden Eigenschaften betragt neben den übrigen Legierungsbestandteilen der Gehalt an C: 1,5 - 2,0 Gew.- %, der Gehalt an Cr: 16,0 - 18,0 Gew.-%, der Gehalt an Mo: 1,0 - 1,5 Gew.-%, der Gehalt an V: 0,5 - 6,0 Gew.-%, der Gehalt an Nb: 0,5 - 3,0 Gew.-% und der Gehalt an W: 0,1 - 1,0 Gew.-%. Derart zusammengesetzte Stahle weisen besonders hohe Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit auf.
Je nach Anwendungsfall kann es zudem gunstig sein, wenn erfindungsgemaßer Stahl weitere ausscheidungshartende Elemente, wie Bor mit einem Gehalt von bis zu 0,05 Gew.- %, Titan mit einem Gehalt von bis zu 0,5 Gew.-% und Zirkon mit einem Gehalt von bis zu 0,5 Gew.-%, enthalt. Durch diese zusätzlichen Legierungsbestandteile kann die Harte und damit die Verschleißbestandigkeit weiter gesteigert werden.
Ein erfindungsgemaßer Stahl weist eine optimierte Verschleißbestandigkeit auf, wenn ein der Summe seiner gewichteten Gehalte an sondercabidbildenden Elementen Mo, V, Nb, W entsprechender Verschleißfaktor Sv folgende Bedingung erfüllt:
0,79 < Sv < 1,97
mit: Sv = (AMO/15,98) + (Av/4,24) + (ANb/7,74) + (Aw/15, 32)
AMo : Mo-Gehalt in Gew . - % Av : V-Gehalt in Gew . -%
ANb : Nb-Gehalt in Gew.-% A : W-Gehalt in Gew.-%.
Gleichzeitig kann die Korrosionsbeständigkeit eines erfindungsgemäßen Stahls dadurch optimiert werden, daß ein aus der Summe seiner gewichteten Gehalte an Cr, C und N unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Verschleißfaktors Sv gebildeter Korrosionsfaktor Sκ folgende Bedingung erfüllt:
Sκ > 9,9 Gew.-%
mit: Sκ = ACr - 10,09(AC - Sv) + 30AN
Acr Cr-Gehalt in Gew.-^
Ac C-Gehalt in Gew.-% AN N-Gehalt in Gew.-%,
Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung enthält ein erfindungsgemäßer Stahl zusätzliche Hartstoffe, wie beispielsweise Titancarbid
(TiC) , Titannitrid (TiN) , Siliziumcarbid iC), Niobcarbid (NbC) , Chromcarbid (CrC) oder Wolframcarbid
(WC) in seiner Matrix, welche im Zuge des Sprühkompaktierens als feste Partikel in den Sprühstrahl injiziert worden sind. Diese Maßnahme bewirkt eine weitere Erhöhung der Verschleißbeständigkeit.
Hinsichtlich des Verfahrens zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Stahls wird die oben genannte Aufgabe dadurch gelöst, daß der Stahl nach dem Sprühkompaktieren bei Anfangstemperaturen von bis zu 1250 °C warmumgeformt wird, daß der warmumgeformte Stahl abgekühlt wird, daß der abgekühlte Stahl auf eine Austenitisierungstemperatur von 1050°C bis 1175 °C wiedererwärmt wird, daß der
wiedererwarmte Stahl abgeschreckt wird und daß der abgeschreckte Stahl bei Temperaturen von 150 °C - 600 °C angelassen wird. Bei Einhaltung dieser
Verfahrensparameter kann eine Harte bis zu 68 HRC selbst dann erzielt werden, wenn im Zuge der weiteren Verarbeitung weitere Umformschritte erforderlich sind. Die Warmumformung kann dabei durch Schmieden oder Walzen erfolgen. Zudem kann es, in Abhängigkeit vom jeweiligen Anwendungsfall, gunstig sein, den Stahl vor seiner Warmumformung zu glühen, insbesondere ihn einer Blockoder Diffusionsglühung zu unterziehen.
Schließlich kann ein erfindungsgemaßer Stahl besonders gut zur Erzeugung eines Verbundwerkstoffs genutzt werden, der mindestens eine durch einen ersten Stahl erzeugte erste Schicht und mindestens eine zweite, durch einen erfindungsgemäßen sprühkompaktierten Stahl gebildete zweite Schicht aufweist, wobei der Stahl der ersten Schicht eine andere Zusammensetzung aufweist als der spruhkompaktierte Stahl. Bei einem solchen Verbundwerkstoff können die unterschiedlichen Eigenschaften der einzelnen Schichten in optimaler Weise miteinander kombiniert werden. So kann der erfindungsgemaße Stahl beispielsweise auf einer zahfesten ersten Schicht eine korrosions- und verschleißbestandige Deckschicht bilden.
Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausfuhrungsbeispielen naher erläutert.
In Tabelle 1 sind die chemischen Zusammensetzungen von acht Stahlen A - H in Gew.-% angegeben. Zudem sind für
jeden der Stahle Verschleißfaktor Sv und Korrosionsfaktor S in Gew.-% verzeichnet.
Jeder der Stahle A - H ist durch Sprühkompaktieren hergestellt worden. Dabei handelt es sich bei den Stahlen A - E um erfindungsgemaße Stahle, wogegen die Stahle F - H nicht der Erfindung entsprechen und lediglich zum Vergleich angeführt sind.
Tabelle 1
Diag. 1 zeigt den im Stift-Scheibe-Versuch ermittelten abrasiven Verschleiß VΛ in mg für die Stahle A - H, aufgetragen über den Verschleißfaktor Sv. Es ist ersichtlich, daß die nicht erfmdungsgemaßen Stahle F - H einen deutlich höheren Verschleiß aufweisen als die erfmdungsgemaßen Stahle A - E.
In Diag. 2 ist für die Stahle A - H über den Korrosionsfaktor Sκ der m mm/Jahr angegebene Massenverlust Mv dargestellt, welcher im Eintauchversuch in siedender Essigsaurelosung durch gravimetrische Messungen ermittelt wurde. Der auffallend höhere Massenverlust des nicht erfmdungsgemaßen Vergleichsstahls H ist darin begründet, daß bei diesem Stahl der Korrosionsfaktor 6,85 % betragt und damit weit
unter der erfindungsgemäß für diesen Faktor angegebenen Untergrenze liegt. Zu bemerken ist zudem, daß die Vergleichsstähle F und G die Anforderungen an die Korrosionsbeständigkeit erfüllen, gleichzeitig aber eine mangelhafte Verschleißbeständigkeit (Diag. 1) besitzen.