Beschreibung
Verfahren zur Ermittlung der magnetischen Streuflusskopplung eines Transformators
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung der magnetischen Streuflusskopplung zwischen Wicklungen eines Transformators mit n Wicklungen und mindestens einer Oberspannungswicklung und mindestens einer Unterspannungswicklung.
Für die Berechnung und Dimensionierung von Transformatoren sind nicht nur die Wicklungsverhältnisse der einzelnen Wicklungen zueinander sowie die verwendeten Materialien zu berücksichtigen. Insbesondere die Berechnung der magnetischen Streuflusskopplungen zwischen den einzelnen Wicklungen ist für die Berechnung und Dimensionierung des Transformators in der Konzeptions- und Entwicklungsphase unerlässlich.
Bisher kann die Berechnung der magnetischen Streuflusskopp- lung nur analytisch für einen Drei-Wicklungs-Transformator berechnet werden. Mittels der so genannten Kurzschlussreaktanzen zwischen den einzelnen Wicklungen können bei einem Drei-Wicklungs-Transformator die drei Kurzschlussreaktanzen in drei so genannten Ersatzreaktanzen überführt werden. Be- reits bei einem Vier-Wicklungs-Transformator ist jedoch eine analytische Ermittlung der sechs unbekannten Ersatzreaktanzen aus den sechs Kurzschlussreaktanzen nicht mehr möglich, so dass entsprechende Messungen an dem Transformator vorgenommen werden müssen. Alternativ bietet sich die Möglichkeit einer numerischen Simulation - beispielsweise Finite Element Modellierungen (FEM) Rechnungen - der magnetischen Streuflusskopplung an, wobei hierzu die genauen geometrischen Abmessungen und elektrischen Eigenschaften in Form des inneren Aufbaus des zu simulierenden Transformators bekannt sein müssen. Ohne
eine entsprechende Berechnung der magnetischen Streuflusskopplung in der Konstruktionsphase des Transformators lassen sich die auftretenden Reaktanzen und damit die magnetischen Streuflusskopplungen erst im Nachhinein nach der Fertigstel- lung des Transformators durch Messungen ermitteln.
Es wird vorausgesetzt, dass der Transformator mit n Wicklungen einen sehr kleinen ohmschen Widerstand besitzt und damit vernachlässigbar ist. Unter der Annahme, dass bei einer Stromaufnahme oder Stromabgabe die Spannung an jeder Wicklung bekannt sei, werden die aufgrund der Streuflüsse an den Windungsanschlüssen erzeugten Spannungen ermittelt. Bei ausschließlicher Betrachtung von jeweils drei Wicklungen des n Wicklungstransformators im Rahmen einer Ersatzschaltung, wer- den die Kurzschluss- und Streureaktanzen zur Bildung einer entsprechenden Ersatzreaktanz für einen Drei-Wicklungs- Transformator - gebildet aus jeweils drei Wicklungen des n Wicklungstransformators - zusammengesetzt. Die so ermittelten Reaktanzen werden dann zu einer Gesamtreaktanz aufaddiert und mittels herkömmlicher Lösungsmethoden für mehrdimensionale Variablengleichungen gelöst.
So beschreibt beispielsweise die EP 0 881 647 Bl einen Transformator und ein Verfahren, mit denen die Streuinduktivitäten im Transformator kontrolliert werden können. Gemäß der dorti¬ gen Erfindung werden durch bauliche Maßnahmen an einem schon hergestellten Transformator die entsprechenden Streuindukti¬ vitäten ermittelt.
Die DE 15 16 154 offenbart ein Gerät zur Kurzschlusswindungs- prüfung und zur Windungszahlmessung einer Spule.
Nachteil des vorgenannten Standes der Technik ist, dass die notwendigerweise zu ermittelnden Streuinduktivitäten erst im
Nachhinein und damit erst nach Fertigstellung des Transformators ermittelt werden können. Die magnetischen Streuflusskopplungen eines Transformators mit n Wicklungen sind daher entweder nur mit umfangreichen analytischen Methoden zur Lo- sung von Gleichungssystemen mit bis zu drei Unbekannten oder mittels numerisch aufwendiger Simulationen von bekannten geometrischen und elektrischen Randbedingungen im Rahmen der Entwicklungsarbeit ermittelbar. Die Bestimmung der magnetischen Streuflusskopplungen im Rahmen der Messungen am bereits fertig gestellten Transformator wird teilweise auch durchgeführt, wobei eine mögliche Änderung der Spezifikationen des Transformators im Nachhinein nur mit zum Teil großem konstruktivem Aufwand bzw. überhaupt nicht möglich ist.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren bereitzustellen, das schnell und einfach die magnetischen Streuflusskopplungen eines Transformators mit n Wicklungen ermittelt .
Gelöst wird die Aufgabe durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass für einen Transformator mit n Wicklungen und mindestens einer Oberspannungswicklung und mindestens einer Unterspannungswicklung die messbaren Kurzschlussreaktanzen aufgrund der Messung von Nennstromflüssen durch die Wicklungen ermittelt werden, wobei jeweils drei Wicklungen als ein äußeres Reaktanzdreieck bestehend aus den äußeren Streureaktanzen für die Ermittlung betrachtet werden. Anschließend erfolgt eine Bestimmung der inneren Streureaktanzen mittels der messbaren Kurzschluss- reaktanzen in Form eines inneren Reaktanzsterns, bezogen auf die jeweiligen drei Wicklungen des äußeren Reaktanzdreiecks, wobei eine Oberspannungswicklung und zwei Unterspannungswicklungen jeweils ein äußeres Reaktanzdreieck bilden. Die ermittelten inneren Streureaktanzen dienen dann als Maß für die
Streuflusskopplung zwischen den Unterspannungswicklungen und/oder für die Streuflusskopplung zwischen der Oberspannungswicklung und einer der Unterspannungswicklungen.
Der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahren liegt darin, dass die Berechnung der magnetischen Streuflusskopplung von einer Wicklung mit sämtlichen weiteren (n-1) Wicklungen ohne die Kenntnis weiterer Ersatzschaltbilder und/oder geometrischer Daten mit nur 0,5 * n * (n -1) Kurzschlussmessungen möglich ist. Die Kurzschlussmessungen können dabei aus einem theoretischen Ersatzschaltbild des zu konzipierenden Transformators ermittelt werden. Nur die Matrix der inneren Streureaktanzen j [Xsi_n,m] dient zur Beschreibung des elektrischen Verhaltens aller n Wicklungen des Transformators. Die Matrix enthält da- mit alle wesentlichen und notwendigen Daten, die zur Berechnung der magnetischen Streuflusskopplungen zwischen den n Wicklungen des Transformators notwendig sind.
Aufgrund der Matrixschreibweise ist eine einfache rechneri- sehe Erweiterbarkeit der Berechnungsmethode - unabhängig von der Wicklungsanzahl n - gegeben. Im Gegensatz zu bisher bekannten Methoden mit umfangreichen Gleichungssystemen, wobei die Gleichungssysteme auf der Grundlage eines erst zu ermittelnden Ersatzschaltbildes aufgestellt werden können, wird bei der vorliegenden Erfindung nur noch ein Gleichungssystem verwendet. Mittels der Invertierung der Matrix der inneren Streureaktanzen wird die Aufteilung des Nennstromes auf die betrachteten Wicklungen entsprechend der magnetischen Streuflusskopplungen zwischen den betrachteten Wicklungen ermit- telt . Da diese Berechnungsmethode ausschließlich auf Messungen des äußeren Klemmenverhaltens basiert, erlaubt das erfindungsgemäße Verfahren eine einfache Berechnung der magnetischen Einflüsse aller Wicklungen eines Transformators untereinander, in Abhängigkeit von den Betriebsbedingungen, wie
beispielsweise im Stromrichterbetrieb, ohne weitere Parameter.
Es wird als Vorteil angesehen, dass die Kurzschlussreaktanzen aus den Spannungsdifferenzen der jeweils in den Wicklungen aufgrund des jeweiligen magnetischen Streuflusses erzeugten Spannungsdifferenzen unter Berücksichtigung der jeweiligen Ströme ermittelt werden. Da die Induktionen der Spannungen und damit der Spannungsdifferenzen der jeweiligen Wicklungen durch den Kernfluss und der jeweiligen Teilstreuflüsse erzeugt werden, ist die Betrachtung der Spannungsdifferenzen ein direktes Maß für die jeweilige magnetische Streuflusskopplung der jeweils betrachteten Wicklungen.
In einer vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens werden die inneren Streureaktanzen in einer Matrix mittels algebraischer Operation aus den äußeren Streureaktanzen ermittelt. Die Matrixberechnung erlaubt eine schnelle und einfache Zuordnung und Berechnung der jeweiligen inneren Streureaktanzen mittels der bekannten äußeren Streureaktanzen. Die Hauptdiagonalelemente der Matrix der äußeren Streureaktanzen bilden die Streureaktanzen zwischen einer Oberspannungswicklung und der jeweiligen Unterspannungswicklung in dem so gebildeten äußeren Reaktanzdreieck ab und die Nebendiagonalelemente sind die Streureaktanzen zwischen zwei Unterspannungswicklungen in Verbindung mit der primärseitigen Streureaktanz der gemeinsamen Oberspannungswicklung.
In einer vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens dient der Spannungsabfall über der primärseitigen Streureaktanz einer Oberspannungswicklung bezogen auf zwei Unterspannungswicklungen im Verhältnis zum Gesamtspannungsabfall über der belasteten Oberspannungswicklungen und über der belasteten Unterspannungswicklungen als Maß der magnetischen Streufluss-
kopplung zwischen den beiden Unterspannungswicklungen. Der Stromfluss durch jeweils eine Unterspannungswicklung und eine Oberspannungswicklung wird dabei als innere Streureaktanz des inneren Reaktanzsterns in der Matrix abgebildet. Mittels der Invertierung der Matrix werden aus der invertierten Matrix die magnetischen Streuflusskopplungen aus der Aufteilung der Ströme abgeleitet. Hierfür werden 0,5 * n * (n -1) Kurzschlussmessungen in den n Wicklungen vorgenommen und hieraus die Kurzschlussreaktanzen bestimmt. Die Elemente der Matrix der äußeren 0,5 * n * (n -1) Streureaktanzen für ein Wicklungspaar werden aus den Kurzschlussmessungen berechnet und die inneren, nicht messbaren 0,5 * n * (n -1) Streureaktanzen werden für das gleiche Wicklungspaar berechnet, wobei die magnetische Streuflusskopplung durch das Verhältnis der inne- ren und äußeren Streureaktanz eines Wicklungspaares ermittelt wird.
Vorteilhafterweise werden die Matrixoperationen für die Matrix mit geeigneten softwarebasierten Routinen, insbesondere mit (Basic Linear Algebra Subprograms) -Routine, durchgeführt werden. Hierdurch ist eine schnelle Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens mittels eines Computers möglich.
Die Kurzschlussmessungen sind vorteilhafterweise auf die Spannung und Leistung einer Wicklung des Transformators bezogen. Es wird als Vorteil angesehen, dass eine Wicklung als Primärwicklung definiert wird und alle anderen Wicklungen in einer (n -1) * (n -1) -Matrix darstellbar sind. Mittels der
Zuordnung
werden die Einflüsse mehrerer Wicklungen auf eine Wicklung als Maß der fließenden Ströme über die Matrix der inneren Streureaktanzen ermittelt.
Die aufgeprägte Spannung und/oder der aufgeprägte Strom einer Wicklung kann dabei aufgrund eines Kurzschluss, eines Leerlaufbetriebes oder aufgrund des Vorliegens einer Impedanz erzeugt werden.
Des Weiteren löst ein Computerprogrammprodukt die Aufgabe, wobei das Computerprogrammprodukt in einem computerlesbaren Medium gespeichert ist und computerlesbare Mittel umfasst, mittels derer ein Computer veranlasst wird, das erfindungsge- mäße Verfahren durchzuführen, wenn das Programm in dem Computer abläuft.
Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen finden sich in den Unteransprüchen. Der Gegenstand der Erfindung wird anhand der nachfolgenden Zeichnungen erläutert. Es zeigt:
Fig. 1 ein Ersatzschaltbild mit äußerem Reaktanzdreieck und innerem Reaktanzstern für einen 3-Wicklungstransformator mit zwei Unterspannungswicklungen US;
Fig. 2 eine tabellarische Aufstellung der Ersatzschaltbilder der äußeren Reak- tanzdreicke und inneren Reaktanzsterne für einen 4-Wicklungstransformator mit drei Unterspannungswicklungen.
Die Figur FIG. 1 zeigt ein Ersatzschaltbild mit äußerem Reak- tanzdreieck und innerem Reaktanzstern für einen
3-Wicklungstransformator mit einer Oberspannungswicklung OS zwei Unterspannungswicklungen USl, US2. Aufgrund der ermit¬ telbaren Spannungsdifferenzen zwischen zwei Wicklungen und den sich dazu ergebenden Ersatzreaktanzen jX = ΔU / I_3 kann
eine Ersatzschaltung des Transformators erzeugt werden, die für beliebig viele Wicklungssysteme gültig ist. Im Falle von vier Wicklungen ergeben sich sechs Spannungsdifferenzen, wobei jedoch lediglich drei Reaktanzen notwendig sind, um die Klemmenspannungen eindeutig zu beschreiben.
Die Reaktanzen XSi_usif Xsi_us2 und XSi_os_(usi-us2) werden als Innen¬ reaktanz bezeichnet und unterscheidet sich von der Kurzschlussreaktanz, da sie die vollkommene Streuflussverket- tung enthält und beim Stromfluss die Spannungsdifferenz der nicht belasteten Wicklungen wiedergibt. Die Kurzschlussreaktanz gibt die Spannungsdifferenz zwischen den belasteten Wicklungen an. Innerhalb des Transformators stehen diese äußeren messbaren Streureaktanzen XSa_os-usi, Xsa_os-us2 und Xsa_usi-us2 im Zusammenhang mit den inneren Streureaktanzen XSi usir Xsi_us2 und XSi_os_(usi-us2) als innerer Reaktanzstern. Diese inneren Reaktanzen XSi_usi/ Xsi_us2 und XSi_os_(usi-us2) besitzen ausschlie߬ lich für den betrachteten 3-Wicklungstransformator Gültigkeit. Die inneren Streureaktanzen XSi_usi/ Xsi_us2 und XSi_os_(usi- us2) der beiden Unterspannungswicklungen XSi_usi und XSi_us2 repräsentieren diese ausschließlich selbst, während die innere Streureaktanz der Oberspannungswicklung XSi_os_<usi-us2) von den beiden inneren Streureaktanzen XSi_usif Xsi_us2 der Unterspannungswicklungen mit abhängt. Die primärseitige innere Streu- reaktanz XSi_os_(usi-us2) ist somit ein Maß der gegenseitigen Beeinflussung der beiden Unterspannungswicklungen XSi_usi, Xsi_us2 •
Erfindungsgemäß bietet sich die Möglichkeit an, die gemeinsame primärseitige innere Streureaktanz XSi_os_(usi-us2) als ein Maß der magnetischen Streuflusskopplung beider Sekundärwicklungen zu betrachten. Für die Betrachtung von mehr als drei sekundä¬ ren Wicklungen, z.B. bei einem 4-Wicklungstransformator, ergeben sich die in der Figur FIG. 2 dargestellten drei äußeren Reaktanzdreiecke mit den korrespondierenden drei inneren
Reaktanzsternen. Maßgebend ist hier, dass jeweils die Oberspannungswicklung als Primärwicklung in jedem Ersatzschaltbild mit einer beliebigen Kombination zweier Unterspannungswicklungen vorkommt. Die Größe der primärseitigen inneren Streureaktanz XSi_os_<m - n> besitzt für jeden der drei 3-
Wicklungs-transformatoren einen anderen Wert. Die Anzahl der Ersatzschaltbilder (nESB) zur Beschreibung eines Transformators mit n Unterspannungswicklungen ist bestimmt
nach . Aus den äußeren, messbaren Streureak- tanzen XSa_m,n sind die inneren, nicht messbaren Streureaktanzen XSi m,n bestimmbar, wobei eine symmetrische Matrix entsteht. Die Nebendiagonalelemente der dabei entstehenden Matrix stellen ein Maß für die primärseitigen inneren Streureaktanzen dar, die von den zwei Unterspannungswicklungen des 3- Wicklungstransformators mit abhängen. Sie sind nicht direkt zwischen den Wicklungsklemmen messbar. Die Hauptdiagonalelemente der Matrix sind das weiterhin gültige Maß der von außen messbaren jeweiligen Gesamtstreuung zwischen zwei Wicklungen.