Verwendung von carboxylfunktionellen Polyvinylacetaten zur Herstellung von BMC-Formteilen
Die Erfindung betrifft die Verwendung von carboxylfunktionel- len Polyvinylacetat-Festharzen zur Herstellung von BMC- Formteilen .
Bei der Herstellung von flächigen Kunststoffteilen werden häufig ungesättigte Polyesterharz-Zusammensetzungen (UP-Harze) eingesetzt. Diese Polyesterharze sind Reaktionsprodukte einer Dicarbonsäure oder eines Dicarbonsäureanhydrids mit einem Po- lyol. Derartige Polyesterharz-Zusammmensetzungen enthalten auch ein Monomeres mit ethylenisch ungesättigten Gruppen, im allgemeinen Styrol. Styrol wird der Polyesterharz-Zusammen- setzung zugegeben um den Polyester zu lösen und sicherzustellen, dass die Polyesterzusammensetzung eine fließbare Masse ist. Zur Verstärkung der mit der Polyesterharz-Zusammensetzung erhaltenen Kunststoffteile enthalten die Polyesterharz-Zusammensetzungen noch Fasermaterialien wie Glasfaser, Carbonfaser oder entsprechende Fasermatten.
Problematisch bei der Verarbeitung solcher Polyesterharz- Zusammensetzungen (Fiber Reinforced Plastic composites = FPR composites) ist der Volumenschwund während der Wärmehärtung des Polyesterharzes. Zur Reduzierung des Schrumpfs bei der
Aushärtung des Polyesterharzes werden diesem daher sogenannte Low-Profile-Additive zugegeben. Das Low-Profile-Additiv reduziert das Schrumpfen beim Aushärten, baut Eigenspannungen ab, verringert Mikrorissbildung, und erleichtert die Einhaltung von Fertigungstoleranzen. Bei den Low-Profile-Additiven handelt es sich um Thermoplaste wie Polystyrol, Polymethylmethac- rylat und insbesondere Polyvinylacetat . Es werden auch Polyvi- nylacetate mit bis zu 1 Gew.-% carboxylfunktionellen Comonome- reinheiten, eingesetzt. Bei höherem Gehalt an carboxylfunktio- nellen Comonomereinheiten ist die Schrumpfreduzierung nicht zufriedenstellend.
Zwei Verfahren zur Herstellung von duroplastischen Formkörpern aus FRP-Composites sind die BMC-Technik (BuIk Molding Compound) und die SMC-Technik (Sheet Molding Compound) . Bei dem SMC-Verfahren wird eine pastöse Masse aus styrolischer Polyes- terharz-Lösung, Low Profile Additiv, Vernetzungskatalysator, Füllstoff, Formtrennmittel sowie gegebenenfalls weiteren Zusatzstoffen hergestellt, welche auf einen Polyamidfilm aufgetragen wird. Anschließend wird Glasfaser auf diese Schicht aufgestreut, und schließlich eine weitere Schicht der pastösen Masse aufgetragen. Dieses flächige Sandwich wird dann von der Folie abgezogen, in Stücke geschnitten und unter Anwendung von Druck und Temperatur zu Formteilen verpresst.
Bei dem BMC-Verfahren werden die Bestandteile des Compounds, die styrolische Polyesterharz-Lösung, das Low Profile Additive, der Vernetzungskatalysator, Füllstoff, Formtrennmittel sowie gegebenenfalls weitere Zusatzstoffe zu einer pastösen Masse vermischt, danach Glasfaser zugemischt, und anschließend unter Anwendung von Druck und Temperatur das Formteil herge- stellt.
Für das BMC-Verfahren werden derzeit nicht funktionalisierte Polyvinylacetat-Festharze als Low-Profile-Additive eingesetzt. Nachteilig ist dabei, dass die Zugabe von Füllstoffen, welche die Rezeptur verbilligen, begrenzt wird durch die relativ hohe Eigenviskosität von styrolischen Polyvinylacetat-Lösungen . Für das SMC-Verfahren ist aus der EP 501176 Al bekannt, dass das Eindicken von härtbaren Polyesterharz-Formmassen durch Zusatz von Säuregruppen enthaltenden thermoplastischen Vinylpolymeren beschleunigt werden kann. Die Verwendung Vinylacetat-
Acrylsäure-Copolymerisaten in Rezepturen mit Eindickmitteln ist auch in der DE-OS 2104575 beschrieben.
Es bestand daher die Aufgabe, einen Weg zu finden, welcher die Einarbeitung größerer Füllstoffmengen in die Rezeptur von Formmassen für das BMC-Verfahren ermöglicht.
Überraschenderweise wurde gefunden, dass mit carboxylfunktio- nellen Polyvinylacetat-Festharzen, bei gleichem Molekulargewicht, styrolische Losungen mit wesentlich geringerer Eigen- viskositat resultieren, was die Einarbeitung höherer FuIl- stoffmengen ermöglicht.
Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung von carboxylfunk- tionellen Polyvinylacetat-Festharzen als Additiv in Formulierungen ohne Eindickmittel für Formmassen zur Herstellung von BMC-Formteilen.
Geeignete Comonomere mit Carboxyl-Gruppen für die Herstellung von carboxylfunktionellen Polyvinylacetat-Festharzen sind einfach ethylenisch ungesättigte Mono- und Dicarbonsauren . Bevor- zugt werden Acrylsaure, Methacrylsaure, Fumarsaure, Crotonsau- re . Besonders bevorzugt ist Crotonsaure. Der Anteil an Comono- mereinheiten mit Carboxyl-Gruppen im Polyvinylacetat-Festharz betragt 0,5 bis 10 Gew.-%, vorzugsweise großer als 1 Gew.-% bis zu 10 Gew.-%, besonders bevorzugt 3 bis 10 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht des Polyvinylacetat-Festharzes .
Die Herstellung der carboxylfunktionellen Polyvinylacetat- Festharze erfolgt in bekannter Weise nach dem Masse-, Suspen- sions-, oder vorzugsweise Losungspolymerisations-Verfahren . Geeignete Losungsmittel sind beispielsweise einwertige, ali- phatische Alkohole mit 1 bis 6 C-Atomen, vorzugsweise Methanol, Ethanol, Propanol, Isopropanol. Besonders bevorzugt werden Ethanol und Isopropanol. Die Reaktion wird im allgemeinen unter Ruckflußbedingungen, im allgemeinen bei einer Polymeri- sationstemperatur von 400C bis 1400C, durchgeführt, um die
Siedekuhlung zur Abfuhrung der Reaktionswarme zu nutzen. Dies kann bei Normaldruck als auch unter leichtem Überdruck erfolgen .
Als Inititatoren werden organische Peroxide oder Azoverbindun- gen verwendet. Geeignet sind beispielsweise Diacylperoxide wie Dilauroylperoxid, Peroxoester wie t-Butylperoxopivalat oder t- Butylperoxo-2-ethylhexanoat, oder Peroxodicarbonate wie Di-
ethylperoxodicarbonat . Die Initiatormenge beträgt im allgemeinen von 0,01 bis 5,0 Gew.-%, bezogen auf die Monomeren. Die Initiatoren können sowohl vorgelegt als auch dosiert werden. Dabei hat es sich bewährt, einen Teil der benötigten Initia- tormenge vorzulegen und den Rest kontinuierlich während der Reaktion zu dosieren.
Die Einstellung des Molekulargewichts kann in dem Fachmann bekannter Weise durch Polymerisation in Gegenwart von Molekular- gewichtsreglern erfolgen. Geeignete Regler sind beispielsweise Alkohole wie Ethanol oder Isopropanol, Aldehyde wie Acetalde- hyd oder Propionaldehyd, silanhaltige Regler wie Mercaptosila- ne, beispielsweise 3-Mercaptopropyltrimethoxysilan .
Zur Herstellung der Polymerisate kann nach einem Batchverfah- ren gearbeitet werden, wobei alle Komponenten des Polymerisationsansatzes im Reaktor vorgelegt werden, oder nach einem Se- mi-Batchverfahren, wobei einzelne oder mehrere Komponenten vorgelegt werden und der Rest zudosiert wird, oder eine konti- nuierliche Polymerisation durchgeführt werden, wobei die Komponenten während der Polymerisation zudosiert werden. Die Dosierungen können gegebenenfalls separat (räumlich und zeitlich) durchgeführt werden.
Die Formulierungen von FRP-Composites für die BMC-Technik
(BuIk Molding Compound) sind dem Fachmann bekannt. Eine typische Formulierung für ungesättigte Polyesterharz-Zusammensetzungen für Formmassen für die BMC-Technik enthält 60 bis 70 Gew. -Teile ungesättigtes Polyesterharz (als 50 bis 75 %-ige Lösung in Styrol), 30 bis 40 Gew. -Teile Low-Profile-Additive (als 30 bis 50 %-ige Lösung in Styrol) wie Polyvinylacetat o- der Polymethylmethacrylat, 0,5 bis 2 Gew. -Teile Initiator wie t-Butylperbenzoat, 150 bis 200 Gew. -Teile Füllstoff wie Calciumcarbonat, 25 bis 30 Gew. -Teile Glasfaser, 0,5 bis 3 Gew. Teile Formtrennmittel wie Zinkstearat, sowie gegebenenfalls weitere Zusatzstoffe, beispielsweise Pigmente, flammhemmende Zusätze. Die Formulierungen enthalten keine Eindickmit-
tel wie basische Metallverbindungen, beispielsweise Oxide oder Hydroxide von Metallen der 1. bis 3. Hauptgruppe des PSE.
Bei der erfindungsgemäßen Verwendung wird das Low-Profile-
Additiv, bevorzugt auf der Basis von Polyvinylacetat oder Po- lymethylmethacrylat, ganz oder teilweise mit carboxylfunktio- nellem Polyvinylacetat ersetzt. Im allgemeinen wird das carbo- xylierte Polyvinylacetat-Festharz in einer Menge von 10 bis 100 Gew.-%, vorzugsweise 50 bis 80 Gew.-%, jeweils bezogen auf die Gewichtsmenge an Low-Profile-Additiv in der Rezeptur, eingesetzt. Es ist dabei zweckmäßig dieses Additiv in styroli- scher Lösung einzusetzen.
Die nachfolgenden Beispiele dienen zur weiteren Erläuterung der Erfindung:
Es wurden die Viskositäten von Festharzlösungen in Styrol mit und ohne Füllstoff für verschiedene Festharze ermittelt:
Copol :
Polyvinylacetat-Festharz mit 5 Gew.-% Crotonsäure-Einheiten und einem gewichtsmittleren Molekulargewicht Mw = 67500. Homol : Polyvinylacetat-Festharz mit gewichtsmittlerem Molekulargewicht Mw = 69000. Homo2 :
Polyvinylacetat-Festharz mit gewichtsmittlerem Molekulargewicht Mw = 116600. Copo2:
Polyvinylacetat-Festharz mit 5 Gew.-% Crotonsäure-Einheiten und einem gewichtsmittleren Molekulargewicht Mw = 116750. Copo3 : Polyvinylacetat-Festharz mit 5 Gew.-% Crotonsäure-Einheiten und einem gewichtsmittleren Molekulargewicht Mw = 137000.
Es wurden jeweils eine 40 Gew.-%-ige Lösung der aufgelisteten Polymere in Styrol hergestellt, und die Viskosität der Lösun-
gen jeweils bei 23°C mit einem Brookfield-Messgerät ermittelt. Die Messergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle und in dem nachfolgenden Graphen als V in ST (Viskosität in Styrol) in mPas angegeben.
Anschließend wurden jeweils 200 Gew. -Teile der styrolischen Polymerlösungen mit 300 Gew. -Teilen Calciumcarbonat (Omyacarb 5GU) vermischt und und die Viskosität der Dispersionen jeweils bei 23°C mit einem Brookfield-Messgerät ermittelt. Die Messergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle und in dem nachfolgenden Graphen als V in ST+F (Viskosität in Styrol mit Füllstoff) in mPas angegeben.
Die Tabelle bzw. der Graph zeigt, dass bei Zumischung von Füllstoff zu den Homopolymerisaten ein extremer Viskositätsanstieg erfolgt, während bei den Copolymerisaten vergleichbaren Molekulargewichts der Viskositätsanstieg bei Füllstoffzugäbe sehr moderat ausfällt.
Copol Homol Homo2 Copo2 Copo3
V in ST [mPas] 1030 1230 2310 3090 3700
V in ST+F [mPas] 9850 67400 71200 19000 32200