Sulfamoylsulfonat-Prodrugs
Die Erfindung betrifft Sulfamoylsulfonat-Prodrugs der allgemeinen Formel I1
ein Verfahren zur Herstellung dieser Prodrugs, diese Verbindungen enthaltende pharmazeutische Zusammensetzungen und deren Verwendung zur Herstellung oral verfügbarer Arzneimittel.
Aus der WO 01/91797 sind steroidale Verbindungen bekannt, die über eine Gruppe - SO2NR1R2 an Erythrozyten gebunden werden und sich dort anreichern. Das Konzentrationsverhältnis der Verbindungen zwischen Erythrozyten und Plasma beträgt 10- 1000:1 , bevorzugterweise 30-1000:1, so dass man von einer Depotbildung in den Erythrozyten sprechen kann. Durch die starke Bindung der Verbindungen an die Erythrozyten wird die Metabolisierung während der Leberpassage vermieden. Nachteilhafterweise sind trotz einer verringerten Metabolisierung mit den angegebenen Dosierungen keine therapierelevanten Wirkstoffspiegel gegeben. Gründe dafür sind in einer zu starken Bindung an Erythrozyten, eine durch Enzyme induzierte Spaltung und in geringen Löslichkeiten zu suchen.
Es ist Aufgabe der Erfindung neue Prodrugs bereitzustellen, die oral verfügbar sind und im Vergleich zum Stand der Technik auch bei niedriger Dosierung einen therapierelevanten Wirkstoffspiegel gewährleisten.
Diese Aufgabe wird durch Sulfamoylsulfonat-Prodrugs der allgemeinen Formel (I) gelöst, in denen ein Sulfamoylrest über einen Spacer X mittels einer Sulfonatbindung an das freizusetzende Drug gebunden ist.
Sulfamoylsulfonat-Prodrugs der allgemeinen Formel (I) sind
(I). worin
X eine CM2-Alkandiyl-, eine CpF2p-Gruppe mit p=1-5, eine C3.8-Cycloalkandiyl-, eine Arylen-, eine Heteroalkandiyl-, eine
eine C1.4-Alkandiyl-C3.8-
Cycloalkyl- oder C3.8-Cycloalkandiyl-C1^-Alkylgruppe sind, und
Drug ein pharmazeutischer Wirkstoff, der über eine OH-Gruppe ein Sulfonat bilden kann, wie Steroide, Antimalariamittel, Nucleoside, Isoflavonoide, welche gegebenenfalls substituiert sein können.
Die erfindungsgemäßen Sulfamoylsulfonat-Verbindungen binden an Erythrozyten, sind gut wasserlöslich und werden hydrolytisch ohne Mitwirkung von Enzymen gespalten.
Unter „C^-Alkandiylgruppe" wird im Sinne der vorliegenden Erfindung ein zweifach gebundener, verzweigter oder geradkettiger Alkylenrest mit bis zu 12 Kohlenstoffatomen verstanden, der gegebenenfalls substituiert sein kann, z. B. mit Halogenatomen, Hydroxygruppen, Nitrilgruppen. Als Beispiele seien eine Methan-1 ,1-diyl-, Ethan-1 ,2-diyl, Propan-1 ,3-diyl-, Butan-1 ,4-diyl-, Pentan-1 ,5-diyl-, Hexan-1 ,6-diyl-, Oktan-1 ,8-diyl-, Undecan-1 ,11-diylgruppe genannt.
Unter CpF2p-Gruppe mit p=1-5 wird im Sinne der vorliegenden Erfindung ein verzweigter oder geradkettiger perfluorierter Alkylrest mit bis zu 5 Kohlenstoffatomen verstanden. Als Beispiele seien eine Perfluorpropan-1 ,3-diyl-, Perfluorbutan-1 ,4-diyl-, Perfluorpentan-1 ,5- diylgruppe genannt.
Die vorstehend genannte „C3.8-Cycloalkandiylgruppe" bedeutet erfindungsgemäß eine zweifach gebundene, mono- oder bicyclische, carbocyclische Gruppe mit 3 bis 8 Kohlenstoffatomen, die gegebenenfalls mit Halogenatomen, Hydroxygruppen, Nitrilgruppen
substituiert sein kann, wie beispielsweise mit einer Cyclobutan-1 ,3-diyl-, Cyclopentan-1 ,3- diyl- oder einer Cyclohexan-1 ,4-diylgruppe.
Die vorstehend genannte „Arylengruppe" bedeutet erfindungsgemäß eine zweifach gebundene, aromatische mono- bis tricyclische, carbocyclische Gruppe mit 6 bis 15 Kohlenstoffatomen, die gegebenenfalls mit Halogenatomen, Hydroxygruppen, Nitrilgruppen und Alkylgruppen substituiert sein kann, wie beispielsweise mit einer m-Phenylen-, p- Phenylen-, Phenanthrylen- oder einer Naphthalengruppe.
Der Heteroarylenrest umfasst jeweils 5-16 Ringatome und enthält anstelle des Kohlenstoffs ein- oder mehrere, gleiche oder verschiedene Heteroatome, wie Sauerstoff, Stickstoff oder Schwefel im Ring enthalten. Der Heteroarylrest kann mono-, bi- oder tricyclisch sein.
Beispielsweise seien genannt: Thienyl, Furanyl, Pyrrolyl, Oxazolyl, Thiazolyl, Imidazolyl, Pyrazolyl, Isoxazolyl, Isothiazolyl, Oxadiazolyl, Triazolyl, Thiadiazolyl, Benzofuranyl, Benzothienyl, Benzothiazol, Benzoxazolyl, Benzimidazolyl, Indazolyl, Indolyl, Isoindolyl, Pyridyl, Pyridazinyl, Pyrimidinyl, Pyrazinyl, Triazinyl, Chinolyl, Isochinolyl.
Eine Heteroalkandiylgruppe im Sinne der Erfindung ist ein zweifach gebundener, geradkettiger oder verzweigter, gesättigter oder ungesättigter Heteroalkylrest mit jeweils 1-6 Kohlenstoffatomen und kann anstelle des Kohlenstoffs ein- oder mehrere, gleiche oder verschiedene Heteroatome, wie Sauerstoff, Stickstoff oder Schwefel enthalten, wie beispielsweise ein Bis-ethylenoxy-Rest.
Die „C^-Arylalkandiylgruppe" ist eine Arylgruppe, die über eine C1-C4-Alkandiylgruppe an ein Grundgerüst gebunden ist, wobei die Alkandiylgruppe geradkettig oder verzweigt sein kann. Beispielsweise seien Benzyl oder Phenethylen genannt.
Die „C3.8-Cycloalkyl-C1.4-Alkandiylgruppe" bedeutet beispielsweise Cycloalkyl-(CH2)-, Cycloalkyl-(C2H4)-, Cycloalkyl-(C3H6)-, Cycloalkyl-(C4H8)-, Cycloalkyl-(C5H10)-. Cycloalkyl kann dabei Cyclopropyl, Cyclobutyl, Cyclopentyl, Cyclohexyl, Cycloheptyl oder Cyclooctyl sein.
Unter einer „Ci-4-Alkyl-C3-8-Cycloalkandiylgruppe" sind Methylcycloalkandiyl, Ethyl- cycloalkandiyl, Propylcycloalkandiyl, Butylcycloalkandiyl, Pentylcycloalkandiyl zu verstehen.
Cycloalkandiyl kann dabei Cyclopropan-1 ,3-diyl, Cyclobutan-1 ,4-diyl, Cyclopentan-1,5-diyl, Cyclohexan-1 ,6-diyl, Cycloheptan-1 ,7-diyl oder Cyclooctan-1 ,8-diyl sein.
Unter dem Begriff „Halogenatom" wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung ein Fluor-, Chlor-, Brom- oder lodatom verstanden, bevorzugt sind ein Fluor-, Chlor-, Bromatom.
Ein pharmazeutischer Wirkstoff, der über eine OH-Gruppe ein Sulfonat bilden kann, bedeutet im Sinne der Erfindung Folgendes:
Steroide: Estrogene, beispielsweise Estradiol oder Estriol oder
Androgene, beispielsweise Testosteron, MENT (7α-Methyl-19-
Nortestosteron), eF-MENT (11-Fluor-7α-Methyl-19-Nortestosteron),
Nandrolon, DHT (Dihydrotestosteron) oder
Gestagene, beispielsweise Norethisteron, Dienogest oder Levo- norgestrel
Kortikoide, beispielsweise Cortisol
Antimalariamittel: Chinin, Chinchonidin, Hydroxychloroquin, Primaquin, Mefloquin oder Nucleoside: bestehend aus einem Zucker wie Ribose oder Desoxyribose und einer
Base wie Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin oder Uracil, weiterhin
Zidovudin, Brivudin, Indinavir, Nelfinavir Isoflavonoide: Genistein
Besonders bevorzugte Verbindungen sind nachfolgend aufgeführt:
I ) 3-Hydroxyestra-1 ,3,5(10)-trien-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat, 2) 3-Acetoxyestra-1 , 3,5(10)-trien-17ß-yl 3'- sulfamoylphenylsulfonat,
3) 3-tert-Butyldimethylsilyloxyestra-1 ,3,5(10)-trien-17ß-yl 3'- sulfamoyl-phenylsulfonat,
4) 3-Hydroxyestra-1 ,3,5(10)-trien-17ß-yl 4'-sulfamoylphenylsulfonat,
5) 2-Methoxy-3-hydroxyestra-1 ,3,5(10)-trien-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat,
6) 3,16α-Dihydroxyestra-1 ,3,5(10)-trien-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat, 7) 3,17ß-Dihydroxyestra-1 ,3,5(10)-trien-16α-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat,
8) 3-Benzoyloxyestra-1 ,3,5(10)-trien-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat,
9) Chinin-3'-sulfamoylphenylsulfonat,
10) Cinchonidin-3'-sulfamoylphenylsulfonat,
I I) Zidovudin-3'-sulfamoylphenylsulfonat, 12) 3-Oxoandrost-4-en-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat,
13) 3-Oxoandrostan-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat,
14) 3-Oxo-7α -methylandrost-4-en-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat,
15) 3-Oxoestr-4-en-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat
16) Brivudin-3'-sulfamoylphenylsulfonat.
Aus den erfindungsgemäßen Verbindungen wird durch Hydrolyse die therapeutisch relevante Drugverbindung freigesetzt.
In-Vitro-Versuche: Carboanhydrase-Inhibierung
Testprinzip:
Photometrische Bestimmung der Hemmung von humaner Carboanhydrase I oder Il durch Sulfonamide oder Sulfamate auf Mikrotiterplatten mit Hilfe der enzymatischen Umwandlung von Nitrophenylacetat mit einem Farbumschlag von farblos nach gelb.
Tabelle 1 : IC50 Hemmwerte humaner Carboanhydrase I
20
25
30
iteratur: 1) C. Landolfi, M. Marchetti, G. Ciocci, and C. Milanese, Journal of Pharmacological and Toxicological Methods 38, 169-172 (1997).
Es wurde gefunden, dass die erfindungsgemäßen Sulfamoylsulfonat-Prodrugs die Carboanhydrase Il überraschend gut hemmen. Daraus lässt sich eine Anreicherung der erfindungsgemäßen Prodrugs in den Erythrozyten ableiten.
Physikochemische Daten Löslichkeit in Wasser a) Kinetische Messung:
Die erfindungsgemäßen Verbindungen wurden als 10 mMolare DMSO-Lösung in 0.01 M
Phosphatpufferlösung bei pH 7.4 und 25 0C mit Nephelometrie und Turbidity vermessen. Bei der Turbidity wurde die zu testenden Lösung tropfenweise zur Pufferlösung gegeben bis ein Niederschlag ausfiel. Durch Nephelometrie wurde der Niederschlag in einer Verdünnungsreihe (erfindungsgemäße Verbindungen in Phosphatpufferlösung) detektiert.
b.) Thermodynamische Messung:
Die erfindungsgemäßen Verbindungen in fester Form wurden zu einem Überschuss eines wässrigem Puffersystems von verschiedenen pH-Werten gegeben. Es wurde 24 h bei 25 0C gerührt. Nach Zentrifugieren wurde die Lösung mit HPLC untersucht (HPLC: Säule: Xterra
MS C18 2.5 μm, 30x4.6 mm). Zwei Standard-Gradientensysteme wurden in Abhängigkeit von den zu vermessenden Verbindungen angewendet: saurer Gradient: A: Wasser/ 0.01% Trifluoressigsäure, B: Acetonitril/ 0.01% Trifluoressigsäure - 0 min 5%B, 0-3 min 65% B, 3-5 min 65%B, 5-6 min 5%B
Alkalischer Gradient: A: Wasser/ 0.025% Ammoniak, B: Acetonitril/ 0.025% Ammoniak - 0 min 20% B, 0-3 min 80% B1 3-5 min 80%B, 5-6 min 20%B.
Tabelle 2: Wasserlöslichkeit
Die erfindungsgemäßen Verbindungen zeigen im Vergleich zu Sulfamat- und Carbonsäureester-Prodrugs eine höhere Löslichkeit, was eine bessere Absorption im Darm ermöglicht.
Hydrolyse
Die erfindungsgemäßen Verbindungen wurden als DMSO-Lösung in wässrigem Puffer von verschiedenen pH-Werten bei 37 0C vermessen.
Die Quantifizierung erfolgte durch HPLC (HPLC-Säule: Xterra MS C18 2.5 μm 4.6x30mm) In
Abhängigkeit von den zu vermessenden Testsubstanzen wurde folgendes
Gradientensystem bei der HPLC angewendet: saurer Gradient: A: Wasser/ 0.01% Trifluoressigsäure, B: Acetonitril/ 0.01%
Trifluoressigsäure - 0 min 5%B, 0-3 min 65% B1 3-5 min 65%B, 5-6 min 5%B alkalischer Gradient A: Wasser/ 0.025% Ammoniak, B: Acetonitril/ 0.025% Ammoniak - 0 min 20% B, 0-3 min 80% B, 3-5 min 80%B, 5-6 min 20%B. Die Quantifizierung erfolgte nach
1 , 2 und nach 24 h.
Stabilität in künstlichem Magensaft:
Lösungen der erfindungsgemäßen Verbindungen wurden in künstlichem Magensaft (wässrige NaCI-Lösung mit Pepsin, pH~1.2) bei 37 0C inkubiert.
Die Quantifizierung erfolgte durch HPLC (HPLC-Säule: Xterra MS C18 2.5 μm 4.6x30mm) mittels Gradientensystem: A: Wasser/ 0.01% Trifluoressigsäure, B: Acetonitril/ 0.01% Trifluoressigsäure - 0 min 5%B, 0-3 min 65% B, 3-5 min 65%B, 5-6 min 5%B Die Quantifizierung erfolgte nach 0.5, 1 , 1.5 and 2 h.
17ß-yl n-propionat
Carbonsäureester sind im Magensaft (pH ~ 1)und im Darm (pH ~ 7.4) relativ stabil, werden aber bei der Darmpassage durch dort vorhandene Esterasen gespalten. Während der Magenpassage liegt jedoch noch beinahe vollständig das stabile Prodrug vor.
Die Spaltung der Carbonsäureester erfolgt somit bei der Darmpassage und in der Leber. Für Sulfonsäureester sind keine Enzyme (Esterasen) bekannt. Überraschend war daher, dass die Sulfonate dennoch gespalten werden, wobei eine einfache Hydrolyse stattfindet. Obwohl eine langsame Hydrolyse schon im Magensaft und bei pH= 7.4 stattfindet, besitzen die Sulfonate ausreichende Stabilität, den Magen und den Darm zu passieren. Eine Esterasespaltung findet in der Darmwand nicht statt. Der first-pass-Effekt in der Leber wird umgangen, da die Sulfonate über die Sulfonamidgruppe an Erythrozyten gebunden sind.
Die erfindungsgemäßen Verbindungen der allgemeinen Formel (I) können in Abhängigkeit von der Bedeutung für „Drug" Verwendung finden für die Behandlung und/ oder Prophylaxe verschiedener Krankheitsbilder. Beispielsweise können die Verbindungen der allgemeinen Formel (I) für den Fall, dass „Drug" ein Steroid wie Androgen oder Estrogen ist, in der Hormonersatztherapie (HRT) bei der Frau und beim Mann oder bei der Behandlung hormonell bedingter Erkrankungen bei Mann (Prostata-, Mammakarzinom, Hypogonadismus) und Frau (Endometriose, Mammakarzinom) verwendet werden. Weiterhin können die erfindungsgemäßen Verbindungen der allgemeinen Formel (I), worin „Drug" beispielsweise für ein Androgen oder Estrogen steht, Verwendung finden für die Fertilitätskontrolle bei Mann oder Frau. Die Verwendung weiterer für „Drug" genannter Wirkstoffe wie Chinin, Chinchonidin, Hydroxychloroquin, Primaquin oder Mefloquin betrifft die Behandlung von Malaria. Erfindungsgemäße Verbindungen'der allgemeinen Formel (I), worin „Drug" ein Cortisolderivat bedeutet, können für die Behandlung und Prophylaxe von inflammatorischen und/ oder allergischen Erkrankungen, die durch Immunsuppressiva und/ oder Antiproliferativa zu beeinflussen sind, verwendet werden.
Erfindungsgemäße Prodrugs, in denen "Drug" ein Nucleosid (Zidovudin, Brivudin, Indinavir, Nelfinavir) bedeutet, können für die Behandlung viraler Erkrankungen (Herpes, HIV) eingesetzt werden.
Gegenstand der Erfindung sind außerdem die pharmazeutischen Zusammensetzungen enthaltend die erfindungsgemäßen Verbindungen der allgemeinen Formel (I) und gegebenenfalls weitere Wirkstoffe, beispielsweise Gestagene (Norethisteron, Dienogest, Drospirenon, Levonorgestrel), Antigestagene (Mifepriston, Onapriston) und/ oder Progesteronrezeptormodulatoren (Mesoprogestine wie Asoprisnil).
Diese pharmazeutischen Zusammensetzungen und Arzneimittel werden vorzugsweise oral appliziert. Sie enthalten neben üblichen Träger- und/oder Verdünnungsmitteln mindestens eine Verbindung der allgemeinen Formel I.
Dosierung
Die erfindungsgemäßen Prodrugs können oral verabreicht werden.
Im allgemeinen sind zufriedenstellende Resultate sowohl für die Behandlung und / oder
Prophylaxe der genannten Indikationen bzw. für die Fertilitätskontrolle zu erwarten, wenn die Dosierung derart erfolgt, dass nach Gabe der Prodrugs eine Menge an entsprechendem
Wirkstoff („Drug") freigesetzt wird, die maximal der pharmazeutisch angewendeten
Höchstdosis der jeweiligen „Drug"substanz entspricht.
Die Arzneimittel der Erfindung werden mit den üblichen festen oder flüssigen Trägerstoffen oder Verdünnungsmitteln und den üblicherweise verwendeten pharmazeutisch-technischen
Hilfsstoffen entsprechend der gewünschten Applikationsart mit einer geeigneten Dosierung in bekannter Weise hergestellt. Die bevorzugten Zubereitungen bestehen in einer
Darreichungsform, die zur oralen Applikation geeignet ist. Solche Darreichungsformen sind beispielsweise Tabletten, Filmtabletten, Dragees, Kapseln, Pillen, Pulver, Lösungen oder Suspensionen oder auch Depotformen.
Entsprechende Tabletten können beispielsweise durch Mischen des Wirkstoffs mit bekannten Hilfsstoffen, beispielsweise inerten Verdünnungsmitteln wie Dextrose, Zucker, Sorbit, Mannit, Polyvinylpyrrolidon, Sprengmitteln wie Maisstärke oder Alginsäure, Bindemitteln wie Stärke oder Gelantine, Gleitmitteln wie Magnesiumstearat oder Talk und/oder Mitteln zur Erzielung eines Depoteffektes wie Carboxylpolymethylen, Carboxylmethylcellulose, Celluloseacetatphthalat oder Polyvinylacetat, erhalten werden. Die Tabletten können auch aus mehreren Schichten bestehen.
Entsprechend können Dragees durch Überziehen von analog den Tabletten hergestellten Kernen mit üblicherweise in Drageeüberzügen verwendeten Mitteln, beispielsweise
Polyvinylpyrrolidon oder Schellack, Gummiarabicum, Talk, Titanoxid oder Zucker, hergestellt werden. Dabei kann auch die Drageehülle aus mehreren Schichten bestehen, wobei die oben bei den Tabletten erwähnten Hilfsstoffe verwendet werden können.
Lösungen oder Suspensionen mit den erfindungsgemäßen Verbindungen der allgemeinen Formel I können zusätzlich geschmacksverbessernde Mittel wie Saccharin, Cyclamat oder Zucker sowie z. B. Aromastoffe wie Vanillin oder Orangenextrakt enthalten. Sie können außerdem Suspendierhilfsstoffe wie Natriumcarboxymethylcellulose oder Konservierungsstoffe wie p-Hydroxybenzoate enthalten.
Die Verbindungen der allgemeinen Formel I enthaltende Kapseln können beispielsweise hergestellt werden, indem man die Verbindung(en) der allgemeinen Formel I mit einem inerten Träger wie Milchzucker oder Sorbit mischt und in Gelatinekapseln einkapselt.
Die erfindungsgemäßen Prodrugs lassen sich gemäß nachfolgender Beispiele synthetisieren, wobei diese der näheren Erläuterung dienen, ohne die Erfindung einzuschränken.
Allgemeine Synthesevorschriften
Variante 1
Umsetzung mit Disulfonsäurechloriden
Ein Disulfonsäurechlorid der allgemeine Formel SO2-X-SO2CI wird in einer Base, wie z.B. Pyridin, unter Schutzgas gelöst. Zu der Lösung wird die entsprechende Menge einer Drugsubstanz gegeben. Die Reaktionsmischung wird bis zur vollständigen Umsetzung gerührt. Anschließend wird die Reaktionsmischung in konz. NH3-Lsg. eingerührt. Der Niederschlag wird abfiltriert, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Der Rückstand wird mit einem organischen Lösungsmittel, wie z.B. Essigester extrahiert, die organische Phase gewaschen und mit einem Trockenmittel, wie z.B. MgSO4 getrocknet. Nach Filtration wird eingeengt und an Kieselgel chromatographiert. Man erhält entsprechende Sulfamoylsulfonate.
Variante 2 Umsetzung mit Sulfamoylsulfonsäurehalogeniden
Eine Drugsubstanz wie vorstehend definiert wird in einer Base, wie z.B. Pyridin und einem inerten Lösungsmittel wie z.B. Chloroform unter Schutzgas gelöst. Unter Kühlung wird zu der Lösung die entsprechende Menge eines Sulfamoylsulfonsäurehalogenides der allgemeine Formel NH2SO2-X-SO2HaI gegeben. Die Reaktionsmischung wird bis zur vollständigen Umsetzung gerührt. Anschließend wird Wasser zugegeben und ggf. mit einer Säure, wie z.B. 10%iger HCl angesäuert. Es wird mit einem organischen Lösungsmittel, wie z.B. Essigester extrahiert, die organische Phase gewaschen und mit einem Trockenmittel, wie z.B. MgSO4 getrocknet. Nach Filtration wird eingeengt und an Kieselgel chromatographiert. Man erhält entsprechende Sulfamoylsulfonate.
Die entsprechenden Sulfamoylsulfonsäurehalogenide bzw. Disulfonsäurechloride sind kommerziell erhältlich oder mittels der dem Fachmann bekannten Methoden herstellbar.
Synthesebeispiele
Beispiel 1
3-tert.-Butyldimethylsilyloxyestra-1.3.5(10Hrien-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat 1.9 g 1 ,3-Benzendisulfonylchlorid werden unter Argon in 5 ml Pyridin gelöst. Anschließend werden 1.0 g 3-tert.-Butyldimethylsilyloxyestra-1 ,3,5(10)-trien-17ß-ol zugegeben. Die Reaktionsmischung wird nach 2 h in 25 ml konz. Ammoniaklösung eingerührt. Nach 10 min wird abgesaugt, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Der Rückstand wird an Kieselgel chromatographisch gereinigt. Man erhält 3-tert.-Butyldimethylsilyloxyestra-1 , 3,5(10)-trien- 17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat.
1H-NMR (DMSO-D6): 0.14 (s, 6 H, SiMe), 0.77 (s, 3 H, 18-Me), 0.93 (s, 9 H, t.-Bu), 4.43 (t, 1 H, 17-H), 7.68 (s, 2 H, NH2).
Beispiel 2
3-Hvdroxyestra-1.3.5(10)-trien-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat
300 mg 3-tert.-Butyldimethylsilyloxyestra-1 ,3,5(10)-trien-17ß-yl 3'-sulfamoylphenyl-sulfonat werden in 20 ml THF gelöst. Unter Rühren werden bei RT 200 mg Tetrabutylammoniumfluorid zugegeben. Nach 1 Stunde werden 20 ml Wasser eingerührt. Die Substanz wird mit Essigester extrahiert. Die organische Phase wird mit gesättigter NaCI- Lösung gewaschen, über MgSO4 getrocknet, filtriert, eingeengt und an Kieselgel chromatographiert. Man erhält 3-Hydroxyestra-1 ,3,5(10)-trien-17ß-yl 3'- sulfamoylphenylsulfonat. 1H-NMR (DMSO-d6): 0.76 (s, 3 H, 18-Me), 4.43 (t, 1 H, 17-H)1 7.68 (s, 2 H, NH2), 8.98 (S, 1 H, 3-OH).
Beispiel 3
3-Oxo-7α-methylestra-4-en-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat 1.9 g 1 ,3-Benzendisulfonylchlorid werden unter Argon in 5 ml Pyridin gelöst. Anschließend werden 1.0 g MENT zugegeben. Die Reaktionsmischung wird nach 2 h in 25 ml konz. Ammoniaklösung eingerührt. Nach 10 min wird abgesaugt, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Der Rückstand wird an Kieselgel chromatographisch gereinigt. Man erhält 3- Oxo-7α-methylestr-4-en-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat. 1H-NMR (DMSO-D6): 0.66 (d, 3 H, 7-Me), 4.38 (t, 1 H, 17-H)1 5.69 (s, 1 H, 4-H)1
7.67 (s, 2 H, NH2), 7.83 - 8.28 (m, 4 H, H-Ar).
Beispiel 4 3-Oxo-androst-4-en-173-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat
Variante 1
2.0 g 1 ,3-Benzendisulfonylchlorid werden unter Argon in 5.5 ml Pyridin gelöst. Anschließend werden 1.0 g Testosteron zugegeben. Die Reaktionsmischung wird nach 2 h in 25 ml konz.
Ammoniaklösung eingerührt. Nach 10 min wird abgesaugt, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Der Rückstand wird an Kieselgel chromatographisch gereinigt. Man erhält 3-
Oxo-androst-4-en-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat.
Variante 2 1.0 g Testosteron werden unter Argon in 5.5 ml Pyridin gelöst. Anschließend werden 1.8 g 3-Aminosulfonylphenylsulfonylchlorid zugegeben. Die Reaktionsmischung wird nach 2 h in 25 ml Wasser eingerührt und mit 10%iger HCl angesäuert. Nach 10 min wird abgesaugt, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Der Rückstand wird an Kieselgel chromatographisch gereinigt. Man erhält 3-Oxo-androst-4-en-17ß-yl 3'-sulfamoylphenylsulfonat. 1H-NMR (DMSO-D6): 0.78 (s, 3 H, 18-Me), 1.11 (s, 3 H, 19-Me), 4.34 (t, 1 H, 17-H),
5.60 (s, 1 H, 4-H), 7.67 (s, 2 H, NH2), 7.83 - 8.28 (m, 4 H, H-Ar).
Beispiel 5 Zidovudin-sulfamoylphenylsulfonat
2.0 g 1 ,3-Benzendisulfonylchlorid werden unter Argon in 5.5 ml Pyridin gelöst. Anschließend werden bei O0C 1.0 g Zidovudin zugegeben. Die Reaktionsmischung wird nach 2 h rühren bei RT in 25 ml konz. Ammoniaklösung gegeben. Nach 10 min Rühren wird zur Trockene eingeengt, mit EE extrahiert. Die organische Phase wird eingeengt und der Rückstand an Kieselgel chromatographisch gereinigt. Man erhält Zidovudin-sulfamoylphenylsulfonat. 1H-NMR (DMSO-D6): 1.17 (s, 3 H, Me), 2.40 (m, 2 H, CH2), 4.00 (m, 1 H, CH), 4.42 (m, 2 H, CH2), 6.09 (m, 1 H, CH), 7.40 (s, 1 H, CH), 7.66 (s, 2 H1 NH2), 7.85-8.30 (3 m + s, 5 H, 4-H)1 11.35 (s, 1 H1 NH).
Beispiel 6
Chinchonidin-sulfamoylphenylsulfonat
2.0 g 1 ,3-Benzendisulfonylchlorid werden unter Argon in 5.5 ml Pyridin gelöst. Anschließend werden bei 00C 1.0 g Chinchonidin zugegeben. Die Reaktionsmischung wird nach 2 h rühren bei RT in 25 ml konz. Ammoniaklösung gegeben. Nach 10 min Rühren wird zur Trockene eingeengt, mit EE extrahiert. Die organische Phase wird eingeengt und der Rückstand an Kieselgel chromatographisch gereinigt. Man erhält Chinchonidin-sulfamoyl- phenylsulfonat. 1H-NMR (DMSO-D6): 4.99 (m, 2 H, CH=CH2), 5.94 (m, 1 H, CH=CH2), 7.58 (S1 2 H, NH2).