Verfahren zum Umformen eines gebogenen Ein- oder Mehrkammerhohlprofils mittels Innenhochdruck
Vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von gebogenen Hohlkörpern mit Innen- und Aussenbogenwandbereiche ausbildenden Innen- und Au- ssenbogen, wobei ein Ausgangshohlkörper gebogen und mittels eines oder mehreren lnnenhochdruckumform-(IHU)-Verfahrens in einem IHU-Werkzeug in seine Endquerschnittsform überführt wird, wobei der Ausgangshohlkörper wenigstens am Biegeabschnitt einen biegefreundlichen Querschnitt aufweist, in welchem Wandmaterial durch eine spezifische Querschnitts-Formgebung näher an der span- nungsneutralen Fläche bezüglich Biegebbeanspruchung liegt als in der Endquerschnittsform.
Ferner betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zum Umformen von gebogenen Ausgangshohlkörpern in eine Endquerschnittsform oder eine dem Endquerschnitt angenäherte Querschnittsform mittels eines lnnenhochdruck-(IHU)-Verfahrens. wobei der Ausgangshohlkörper wenigstens am Biegeabschnitt einen biegefreundlichen Querschnitt aufweist, in welchem Wandmaterial durch eine spezifische Querschnitts-Formgebung näher an der spannungsneutralen Fläche bezüglich Biegebeanspruchung liegt als in der Endquerschnittsform, enthaltend ein den gebogenen Ausgangshohlkörper aufnehmendes IHU-Werkzeug.
Überdies umfasst die Erfindung die Verwendung des nach dem erfindungsgemä- ssen Verfahren hergestellten Erzeugnisses.
Die Herstellung hochqualitativer, gekrümmter bzw. gebogener Hohlkörper, wie z.B. rohrförmige Profile, ist mit etwelchen Schwierigkeiten verbunden. Einerseits soll der Hohlkörper insbesondere im Krümmungsbereich eine möglichst gleichmässige Wanddicke und insbesonders keine durch Umformschritte verursachte Schwächezonen wie Risse oder Faltungen aufweisen. Andererseits sollten die gebogenen Hohlkörper in möglichst wenig Kaltumform-Verfahrensschritten wirtschaftlich und zeiteffizient herstellbar sein.
Zur Herstellung gebogener Hohlprofile bedient man sich in der Regel eines geraden Ausgangshohlprofils, welches in einem vorgegebenen Biegeradius und Biegewinkel mittels eines herkömmlichen Biegeverfahrens gebogen wird. Die Schwierigkeit des
Biegens liegt darin, den Profilquerschnitt im Biegebereich erhalten zu können. So
ist beispielsweise bekannt, durch Einführen von in Biegerichtung flexiblen Dornen, wie Fingerdornen, die Querschnittsform im Biegebereich zu halten. Dies führt jedoch in der Wandung des Aussenbogens zu starken Dehnungen und folglich zu einer Ausdünnung der dortigen Profilwand bis hin zu Rissbildung, während es im Innenbogenwandbereich zu einer starken Kompression und folglich zu einer Stauchung der Profilwand bis hin zu Faltenbildung kommt.
Mit dem beschriebenen Verfahren können deshalb in Abhängigkeit der Hohlprofildurchmesser und Profilwanddicke nur beschränkte Krümmungsradien und Krümmungswinkel realisiert werden.
Mit der Einführung von Innenhochdruckumform-Verfahren, nachfolgend IHU- Verfahren genannt, zur Umformung von Hohlprofilen, eröffneten sich in den letzten Jahren neue Möglichkeiten, gebogene Profile von hoher Qualität herzustellen. Das IHU-Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass ein Hohlprofil mittels eines durch ein Wirkmedium im Profilhohlraum angelegten Innenhochdrucks in die Form der Werkzeugkavität umgeformt wird, in welche das Hohlprofil zuvor eingelegt wurde. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise die Querschnittsform eines Hohlprofils verändern.
Der modifizierte Fertigungsprozess zur Herstellung gebogener Hohlkörper zeichnet sich durch ein sequentielles Ausführen eines Biege- und IHU-Prozesses aus. Ein gerades Ausgangshohlprofil mit einem biegefreundlichen Querschnitt, welcher noch nicht dem Endquerschnitt des fertigen Hohlprofils entspricht, wird mittels eines herkömmlichen Biegeverfahrens gebogen. In einem nachfolgenden IHU-Prozess wird das gebogene Ausgangshohlprofil in die endgültige Querschnittsform überführt.
Der genannte Fertigungsprozess weist den Vorteil auf, dass der Querschnitt des zu biegenden Ausgangshohlprofils nicht mehr zwingend dem Querschnitt des endgeformten und gebogenen Endhohlprofils entsprechen muss. Dies erlaubt, durch ideale Querschnittsformgebung die mechanischen Belastungen sowie die Deformation der Profilwände im Biegeabschnitt während des Biegeprozesses markant herabzusetzen. Das Ergebnis dieser Fortschritte sind gebogene Hohlprofile, welche auch im Biegeabschnitt über ausgezeichnete mechanische Eigenschaften verfügen und optischen Ansprüchen genügen.
Trotz der durch die Integration eines IHU-Prozesses erzielten Fortschritte hat sich herausgestellt, dass die Herstellung von gebogenen Hohlprofilen, insbesondere von
rohrförmigen Hohlprofilen, mit sehr kleinen Biegeradien und sehr grossen Biegewinkeln von z.B. 90-180° (Winkelgrade) nach den bekannten Verfahren nicht die hohen Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften und an das optische Erscheinungsbild erfüllen.
Man ist folglich auch mit den heutigen Biege- und Umformtechniken bezüglich Biegeradien und Biegewinkeln noch grossen Einschränkungen unterworfen.
Aufgabe vorliegender Erfindung ist deshalb, ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Ausübung des Verfahrens vorzuschlagen, welche erlauben gebogene Hohlkörper, insbesondere einfache Hohlprofile, mit kleinen Biegeradien und grossen Bie- gewinkein herzustellen.
Die Aufgabe wird dadurch gelöst, dass das IHU-Werkzeug ein im Innenbogenwandbereich des gebogenen Ausgangshohlkörpers beweglich angeordnetes Schieberelement enthält, welches dem Innenbogenwandbereich wenigstens teilflächig anliegt, und das Schieberelement während des IHU-Prozesses aus dem In- nenbogenwandbereich in Richtung der Biegungsöffnung zurückgefahren wird, so dass der Innenbogenwandbereich des gebogenen Ausgangshohlkörpers durch den Innenhochdruck in Richtung des zurückfahrenden Schieberelements nachgeschoben wird.
Die Vorrichtung zeichnet sich dadurch aus, dass das IHU-Werkzeug ein am Innen- bogenwandbereich des gebogenen Ausgangshohlkörpers angeordnetes Schieberelement enthält, und das Schieberelement in Richtung der Biegungsöffnung zurückfahrbar ist.
Der Ausgangshohlkörper, d.h. der Hohlkörper vor dem Biege- und IHU-Prozess, ist vorzugsweise ein Ein- oder Mehrkammerprofil, insbesondere ein einfaches Hohl- profil. Der Ausgangshohlkörper bzw. das Ausgangshohlprofil ist zweckmässig aus Metall, vorzugsweise aus Stahl, Aluminium oder einer Aluminiumlegierung. Das Ausgangshohlprofil liegt vorzugsweise als gerades Hohlprofil vor.
Das Ausgangshohlprofil weist wenigstens an seinem oder seinen Biegeabschnitten einen biegefreundlichen Querschnitt auf. Das Ausgangshohlprofil kann auch über seine gesamte Länge einen biegefreundlichen Querschnitt aufweisen, wobei die Querschnittsform und/oder -grösse vorzugsweise über die gesamte Länge des Hohlprofils konstant ist.
Biegefreundlich bedeuted, dass das Wandmaterial durch spezifische Formgebung des Profilquerschnitts möglichst nahe an die die neutrale Fläche bezüglich Biege- Beanspruchung, auch spannungsneutrale Fläche genannt, geführt wird, so dass möglichst geringe Deformationskräfte wie Zug- und Druckkräfte auf das Wandmate- rial ausgeübt werden. Auf diese Weise lässt sich ein geringes Flächenträgheitsmoment erreichen. Die spannungsneutrale Fläche führt hierbei durch die Profilmittellinie. Das Wandmaterial eines biegefreundlichen Querschnitts ist folglich nahe der Profilmittellinie platziert.
Biegefreundliche Querschnitte zeichnen sich daher durch flache Querschnittsfor- men mit verhältnissmässig grossen Höhe zu Breite Verhältnissen aus. Solchen Formen können z.B. flachen Hockkantprofile entsprechen. Ferner können die Querschnittsformen von elliptischer oder ovaler Gestalt sein. Im weiteren kann der Profilquerschnitt querschnittlich in Richtung der spannungsneutralen Fläche einwärts gebogene Flankenwände, z.B. in Form von Eindellungen bzw. Einbuchtun- gen, aufweisen. Der biegefreundliche Querschnitt ist bevorzugt ein rundlicher Profilquerschnitt mit beidseitig und gegenüberliegend in Richtung der spannungsneutralen Fläche ausgebildeten Eindellungen bzw. Einbuchtungen, durch welche eine Art Einschnürung bzw. Taillierung erzeugt wird, wobei die engste Stelle der Taillierung vorzugsweise auf Höhe der Profilmittellinie liegt. Eine solcher biegefreundli- eher Querschnitt kann beispielsweise in der Form ähnlich einer Sanduhr vorliegen, wobei das Mass der mittigen Einschnürung beliebig variieren kann.
Der Abflachung des Profilquerschnitts sind jedoch dahingehend Grenzen gesetzt, als dass der Profilquerschnitt keine allzu starken Wandkrümmungen enthalten sollte, da das Wandmaterial an solchen Krümmungen während des IHU-Prozesses sehr hohen lokalen Umformungen unterworfen ist und sich daher Schwachstellen ausbilden können.
Das Ausgangshohlprofil kann ein Strangpressprofil sein, welches mittels Strangpressen vorzugsweise direkt mit einer biegefreundlichen Querschnittform hergestellt wird.
Das Ausgangshohlprofil kann auch aus einem umgeformten und gefügten, insbesondere geschweissten, Walzprodukt, wie Blech, bestehen. Das besagte Ausgangshohlprofil kann mit dem biegefreundlichen Querschnitt hergestellt sein oder in einem nachfolgenden Verfahrensschritt in einen biegefreundlichen Querschnitt überführt werden. Die Herstellung eines biegefreundlichen Querschnitt kann auch
integraler Verfahrensschritt des Biegeprozesses sein, wobei das Ausgangshohlprofil unmittelbar vor dem Biegen mittels entsprechender Werkzeuge in den biegefreundlichen Querschnitt überführt wird.
Als Biegeverfahren eignen sich z.B. Ziehbiegen, wie Rotationsziehbiegen, Druck- ziehbiegen, Pressbiegen, Streckbiegen oder Rollbiegen. Der Biegeprozess kann zusätzlich mit einem im Profilhohlraum geführten flexiblen Dorneinsatz unterstützt werden. Ferner können Führungs- und Fixierhilfen wie Spannbacken, Biegerollen, Gleitschienen und/oder Faltenglätter den Biegeprozess unterstützen.
Das gebogene Ausgangshohlprofil kann einfach oder mehrfach gebogen sein, wo- bei die Biegeachsen parallel oder in einem Winkel zueinander liegen können. Das gebogene Ausgangshohlprofil kann z.B. eine S-Form mit parallel liegenden Biegeachsen aufweisen.
Das gebogene und mittels IHU-Verfahren in seinen Endquerschnitt umgeformte Hohlprofil, nachfolgend als Endhohlprofil bezeichnet, weist in bevorzugter Ausfüh- rung wenigstens im Innenbogenwandbereich eine von aussen betrachtet konvexbogenförmige Querschnittskontur auf. In besonders bevorzugter Ausführung ist das Endhohlprofil von rohrförmiger Gestalt mit einem wenigstens im Biegeabschnitt bevorzugt kreisförmigen, elliptischen oder ovalen Querschnitt. Der Endquerschnitt des Endhohlprofils kann im Aussen- und/oder Innenbogenwandbereich gegebenenfalls auch Ecken enthalten. Die abgewickelte Umfangslänge des biegefreundlichen Querschnitts des Ausgangshohlprofils kann kleiner, grösser und vorzugsweise von gleicher Grössenordnung sein, wie die abgewickelte Querschnitt-Umfangslänge des Endhohlprofils.
Das Verhältnis B des mittleren Biegeradius Rm zum Rohraussendurchmesser D 5 = — — für Rohre aus Metall, insbesondere aus Aluminium oder einer Aluminium- D legierung, liegt in bevorzugter Ausführung der Erfindung im Bereich von: 0,5 < B < 2 , und insbesondere im Bereich von 0,7 < B ≤ 1.
Der mittlere Biegeradius Rm erstreckt sich von der Biegeachse zur Profilmittellinie.
Der Biegewinkel kann im Bereich von grösser 0° bis 180° (Winkelgrade) liegen. Der Biegewinkel liegt bevorzugt im Bereich von 40° bis 180°, vorteilhaft von 60° bis 180° und insbesondere im Bereich von 90° bis 180° .
Das er indungsgemässe IHU-Werkzeug enthält ein Basiswerkzeug mit zweckmässig zwei oder mehreren Werkzeugteilen bzw. Werkzeughälften, wobei das Basiswerkzeug teilweise, d.h. vorzugsweise wenigstens im Aussenbogenwandbereich, die das gebogene Ausganghohlprofil aufnehmende Werkzeugkavität ausbildet. Die Kontur der Werkzeugkavität im Aussenbogenwandbereich kann der Kontur des Endhohlprofils, der Kontur des gebogenen Ausgangshohlprofils oder einer zwischen diesen beiden Formen liegende Kontur sein.
Das Umformwerkzeug enthält neben dem Basiswerkzeug ein bewegliches Schieberelement, welches wenigstens teilflächig die Kontur der Werkzeugkavität im In- nenbogenwandbereich ausbildet. Das Schieberelement übt hierbei die Funktion eines Gegenhalters aus. Die wenigstens teilflächig den Innenbogenwandbereich der Werkzeugkavität ausbildene Kontur des Schieberelements ist vorzugsweise gegengleich zur Kontur des gebogenen Ausgangshohlprofils im Innenbogenwandbereich.
Weist die Querschnittsform des gebogenen Ausgangshohlprofils im Innenbogenwandbereich eine Eindellung auf bzw. liegt das gebogene Ausgangshohlprofil in einer Sanduhr-förmigen Querschnittsform vor, so weist das Schieberelement vorzugsweise eine konvexe, in die Eindellung passende Oberflächengestalt auf.
Das Schieberelement erstreckt sich vorzugsweise vom Innenbogenbereich bis zu- rück an die Biegungsöffnung. Entsprechend bildet das Schieberelement wenigstens teilflächig die Kontur der Werkzeugskavität sowohl im Innenbogenwandbereich als auch in den angrenzenden Wandabschnitten der benachbarten Hohlprofilschenkel. Die besagte Kontur ist vorzugsweise gegengleich zur Querschnittsform des gebogenen Ausgangshohlprofils an besagten Wandabschnitten. Auf diese Weise wird vermieden, dass das Schieberelement beim Zurückfahren in Richtung x der Biegungsöffnung durch das Ausdehnen der Profilwand im Wandabschnitt des Hohlprofilschenkels blockiert wird.
In Draufsicht ist das Schieberelement der Krümmung des Innenbogens angepasst und weist einen bogenförmigen Abschluss auf. Das Schieberelement weist in be- vorzugter Ausführung eine zungenförmige Ausgestaltung auf.
Das Schieberelement ist bevorzugt von einer derartigen Beschaffenheit, dass es im Stande ist, den durch die Innenhochdrücke erzeugten Kräften einen Widerstand
entgegenzusetzen und es auf diese Weise den Innenbogenwandbereich zu stützen vermag.
Das Schieberelement ist zweckmässig verschiebbar, z.B. linear verschiebbar, und vorzugsweise in Richtung der Biegungsöffnung x verschiebbar, angeordnet. Das Schieberelement ist ferner bevorzugt mit einer das Schieberelement führenden Führungsvorrichtung verbunden. Die Führungsvorrichtung kann gegebenenfalls eine Antriebseinheit enthalten.
Das Schieberelement ist vorzugsweise zwischen einer oberen und unteren Werkzeughälfte geführt.
In Ausführung des erfindungsgemässen Verfahrens wird das gebogene und wenigstens im Biegeabschnitt in einer biegefreundlichen Querschnittsform vorliegende Ausgangshohlprofil in die Kavität eines Basiswerkzeug eingelegt.
Nachfolgend wird ein Innenhochdruck angelegt, wobei das Ausgangshohlprofil im Aussenbogenwandbereich in die Kontur der Werkzeugkavität gepresst wird. Das Schieberelement wird während des IHU-Prozesses in Richtung x der Biegungsöffnung um eine bestimmte Weglänge aus dem Innenbogenwandbereich zurückgefahren, wobei der dem Schieberelement anliegende Innenbogenwandbereich durch den Innenhochdruck nachgeschoben wird. Die Innenhochdrücke können hierbei z.B. 500-2000 bar betragen.
Erreicht das Schieberelement seine vorbestimmte Endposition, so wird der IHU- Prozess beendet und das Werkstück entformt. Das vorliegende Hohlprofil weist nun im Innenbogenwandbereich eine dem Endquerschnitt des Endhohlprofils entsprechende oder angenäherte Querschnittsform auf.
Das Hohlprofil wird nachfolgend in ein weiteres Umformwerkzeug gelegt, dessen Werkzeugkavität dem Querschnitt des Endhohlprofils entspricht. In einem weiteren IHU-Prozess wird nun das Hohlprofil in seinen Endquerschnitt überführt.
Durch optimale Ausgestaltung des Schieberelements kann auch vorgesehen sein, dass der Endquerschnitt des Hohlprofils bereits im ersten IHU-Umformschritt erreicht wird.
Das erfindungsgemässe Verfahren erlaubt als mehrstufiges Kaltumformverfahren die Herstellung von gebogenen Rohren mit grossen Biegewinkeln und extrem klei-
nen Biegeradien. Der Einsatz eines erfindungsgemässen Schieberelementes erlaubt es, den durch den Querschnittgebungsprozess ausgelösten Materialfluss im Innenbogenwandbereich des Hohlprofils gezielt zu steuern. Bei herkömmlichen Verfahren erfolgte im IHU-Querschnittgebungsprozess sämtlicher Materialfluss in Ausdehnungsrichtung des Profilquerschnitts, d.h. in radialer Richtung. Dadurch kommt es jedoch zu Wandverdickungen und Faltungen. Mit dem Einsatz eines Schieberelementes, welches den radialen Materialfluss gezielt steuert, wird ein lateraler Materialfluss entlang der Oberfläche des Schieberelements in Richtung der dem Innenbogenwandbereich benachbarten Wandbereiche der Profilschenkel er- zeugt. Die Wandverdickung im Innenbogenbereich wird somit reduziert und Faltenbildung dadurch ausgeschlossen.
Das erfindungsgemässe Verfahren erlaubt daher, Hohlprofile, insbesondere rohr- förmige Hohlprofile mit sehr kleinen Biegeradien und hohen Biegewinkeln herzustellen, welche mittels den herkömmlichen Verfahren nicht erzielt werden können. Ferner erlaubt das erfindungsgemässe Verfahren die Verwendung von Hohlprofilen mit vergleichsweise kleinen Wanddicken und somit die Einsparung von Material.
Mit dem erfindungsgemässen Verfahren lassen sich beispielsweise einfach oder mehrfach gebogene Ladeluftrohre bzw. Saugrohre für Verbrennungsmotoren, vorzugsweise für Verbrennungsmotoren von Fahrzeugen, herstellen. Die Verbren- nungsmotoren, auf welche die genannten Ladeluftrohre Einsatz finden, sind bevorzugt Verbrennungsmotoren nach dem Otto- oder Dieselprinzip, insbesondere Saugmotoren, turbogeladene oder kompressorgeladene Motoren.
Mit dem erfindungsgemässen Verfahren hergestellte, einfach oder mehrfach gebogene Rohre können ferner Verwendung finden als Karosseriebauteile, z.B. Space- Frame-Komponenten, Motorenträger, Fahrwerkskomponenten, Bauteile für Abgasanalgen, z.B. Krümmer, sowie als Konstruktions- oder Bauelemente für z.B. Tragholme, Schutzbügel oder Überrollbügel. Überdies können mit erfindungsgemä- ssem Verfahren hergestellte ein- oder mehrfach gebogene Rohre Verwendung finden für Rohrleitungen aller Art, z.B. zur Fortleitung von Flüssigkeiten und Gasen unter Druck, wie Hydraulikleitungen, als Geländer und für weitere Anwendungen im Fahrzeug-, Schiff- und Flugzeugbau sowie im Hochbau oder Tiefbau.
Im folgenden wird die Erfindung beispielhaft und mit Bezug auf die beiliegenden schematischen Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 : eine perspektivische Ansicht eines Biegeprozesses;
Fig. 2: eine perspektivische Ansicht eines gebogenen Ausgangshohlprofils;
Fig. 3: eine perspektivische Ansicht eines ersten erfindungsgemässen IHU- Prozesses; Fig. 4a-c: eine perspektivische Ansicht eines zweiten IHU-Prozesses zur Herstellung des Endhohlprofils;
Fig. 5a-f: einen Querschnitt durch die Position A-A der Fig. 3 in verschiedenen Verfahrensstadien des ersten IHU-Prozesses;
Fig. 6a-b: einen Querschnitt durch die Position B-B der Fig. 7 in verschiedenen Verfahrensstadien des zweiten IHU-Prozesses;
Fig. 7: eine Draufsicht eines endumgeformten Endhohlprofils;
Fig. 8: eine graphische Darstellung hinsichtlich der Ausführbarkeit von 90°- Biegungen an Rohrprofilen.
Fig. 1 - 7 zeigen Darstellungen aus Prozesssimulationen, wobei die Gittemetz- Konturen den Mittelflächen der Umformkörper bzw. der Oberflächen der Umform- werkzeuge entsprechen. Die Figuren geben folglich lediglich schematisch vereinfachte Abbildungen zur Veranschaulichung des erfindungsgemässen Verfahrens und Vorrichtung wieder.
Das anhand Fig. 1 - 7 nachfolgend gezeigte Ausführungsbeispiel bezieht sich auf die Herstellung von Endhohlprofilen mit kreisförmigem Querschnitt und einem Biegewinkel von 180°. Die gezeigten Hohlprofile sind lediglich Ausschnitte aus einem beliebig längeren Hohlprofil mit beispielsweise geraden oder weiteren gebogenen Profilabschnitten.
Fig. 1 zeigt wie aus einem ehemals geraden Ausgangshohlprofil 5, z.B. ein Strang- pressprofil, mit einem biegefreundlichen Querschnitt mittels eines herkömmlichen Biegeverfahrens ein gebogenens Ausgangshohlprofil 10a (Fig. 2) hergestellt wird, wobei die dazugehörige Biegevorrichtung 1 eine das Ausgangshohlprofil 5 führenden Gleitschiene 2 und eine das Ausgangshohlprofil 5 biegende Biegerolle 4 enthält. Das Ausgangshohlprofil 5 wird hierzu mittels einer Spannbacke an die Biege- rolle 4 fixiert, welche nachfolgend das fixierte Ausgangshohlprofil 5 mittels einer Rotationbewegung biegt. Das Ausgangshohlprofil 5 wird während des Biegevorganges in der Gleitschiene 2 in Richtung Biegerolle 4 geführt.
Das Ausgangshohlprofil 5 weist einen biegefreundlichen Querschnitt auf, welcher z.B. mittels eines Umformverfahrens oder direkt im Strangpressverfahren hergestellt wird. Die Herstellung des Ausgangshohlprofils 5 mit biegefreundlichem Querschnitt sowie der Biegeprozess sind unabhängig von nachfolgenden Verfahrens- 5 schritten, in welchen das gebogene Ausgangsprofil 10a in die Querschnittsform des Endhohlprofils 10g umgeformt wird. D.h. es können auch andere Biegeverfahren angewendet werden.
Das gebogene Ausgangshohlprofil 10a weist eine besonders bevorzugte biegefreundliche Querschnittsform auf, welche sich durch zwei spiegelsymmetrisch an-
10 geordnete Eindellungen 13a,b auszeichnet, wobei die Eindellungen 13a,b profilmit- tig eine Art Einschnürung ausbilden. Die spiegelsymmetrische Anordnung bezieht sich auf eine zur Biegeachse parallel verlaufenden Spiegelachse 14 bzw. -ebene. Das gebogene Ausgangshohlprofil 10a weist einen Aussenbogen mit einem Aussenbogenwandbereich 11 und einen Innenbogen mit einem Innenbogenwandbe-
15 reich 12 auf, wobei die Innen- und Aussenbogenwandbereiche zweckmässig durch die zur Biegeachse parallel verlaufende, spannungsneutrale Linie bzw. Fläche 14, 65 gegenseitig abgegrenzt sind.
Fig. 3 zeigt die Anordnung eines Teils des IHU-Werkzeugs nach Abschluss eines ersten IHU-Prozesses. Das Hohlprofil 10e liegt in einer unteren Werkzeughälfte
20 22b. Die obere Werkzeughälfte ist aus Darstellungsgründen nicht gezeigt. Im Innenbogenwandbereich des Hohlprofils 10e ist ein Schieberelement 21 eingeführt, welches im Prozessverlauf in Richtung x der Biegungsöffnung um eine bestimmte Weglänge zurückgefahren wurde und nun an seiner Endposition angelangt ist, so dass der dem Schieberelement 21 anliegende Innenbogenwandbereich in Richtung
25 x des zurückfahrenden Schieberelementes 21 expandieren und eine dem Endhohlprofil angenährte Kontur annehmen konnte. Das Schieberelement 21 weist in Draufsicht eine der Krümmung des Innenbogenwandbereichs entsprechende, zun- genförmige Gestalt auf.
Zur Durchführung eines zweiten IHU-Prozesses wird das Hohlprofil 10e in ein 30 zweites IHU-Werkzeug gelegt (Fig. 4a-c), welches die Endkontur sowohl des Innenais auch des Aussenbogenwandbereichs vorgibt. Der Aussenbogenwandbereich des Hohlprofils 10e ist bereits in die Kontur des Endhohlprofils umgeformt, welche durch die Werkzeugkavität wiedergegeben wird. Ferner ist der Innenbogenwandab- schnitt im Bereich der stärksten Krümmung näherungsweise in die Querschnitts- 35 form des Endhohlprofils expandiert (Fig. 4a). Das Hohlprofil 10e wird nun durch
Innenhochdruck in die Querschnittsform des Endhohlprofils 10g überführt (Fig. 4b- c). Aus Darstellungsgründen ist lediglich die untere Werkzeughälfte 32b des IHU- Werkzeugs schematisch gezeigt.
Fig. 5a-f zeigen schrittweise die Ausführung des erfindungsgemässen ersten IHU- Prozesses in Querschnittsansicht entlang der Linie A - A nach Fig. 3. Ein gebogenes Hohlprofil 10a (siehe auch Fig. 2) in einem biegefreundlichen Querschnitt ge- mäss Fig. 2 vorliegend wird in ein eine Kavität ausbildendes Umformwerkzeug 22 mit einer oberen 22a und unteren 22b Werkzeughälfte gelegt und geschlossen. Ein Schieberelement 21 , welches die Kavitätswandung über wenigstens einen Wand- bereich der Innenbogenwand ausbildet, wird vor, nach oder mit dem Schliessen der beiden Werkzeughälften 22a,b bis zum Innenbogenwandbereich des gebogenen Ausgangshohlprofils 10a vorgefahren. Die dem Innenbogenwandbereich des Ausgangshohlprofils 10a anliegende Kontur des Schieberelementes 21 ist gegengleich zur Kontur des konkaven Innenbogenwandbereichs. In vorliegender Ausführung entspricht die besagte Kontur des Schieberelements 21 im Querschnitt einer To- rusfläche.
Nach Erstellung der Umformbereitschaft wird im Profilhohlraum 43 ein Innenhochdruck angelegt, wobei in einem ersten Schritt der Aussenbogenwandbereich des Hohlprofils 10b in die Kontur der Werkzeugkavität gepresst wird, wobei die Werk- zeugkavität im Aussenbogenwandbereich die Kontur des Endhohlprofils aufweist.
Das Schieberelement 21 wird nachfolgend in Richtung x der Biegungsöffnung zurückgefahren, wobei der Innenbogenwandbereich durch den anhaltenden Innenhochdruck dem Schieberelement 21 nachgeschoben wird und sich zunehmends der Kontur des Endhohlprofils annähert oder diese annimmt (Fig. 5b-f).
Bei Erreichen der Endstellung des zurückgefahrenen Schieberelementes 21 wird der Innenhochdruck abgebaut, das im Innenbogenwandbereich der Endform angenäherte Hohlprofil 10e entformt (siehe auch Fig. 3, 4a) und in ein zweites IHU- Werkzeug 32 mit oberen und unteren Werkzeughälfte 32a, 32b eingeführt. Das zweite IHU-Werkzeug 32 weist die Kontur des Endhohlprofils 10g auf, d.h. sowohl im Innenbogenwandbereich, als auch im Aussenbogenwandbereich. In einem zweiten IHU-Schritt wird nun das Hohlprofil 10e, 10f in die Kontur des Endhohlprofils 10g geformt.
Selbstverständlich kann der Aussenbogenwandbereich 11 , 61 auch erst im zweiten IHU-Prozessschritt in die Querschnittsform des Endhohlprofils 10g umgeformt werden. D.h. das mit dem Schieberelement 21 arbeitende IHU-Werkzeug 22, weist im Aussenbogenwandbereich 11 die Kontur des gebogenen Ausgangshohlprofils 10a oder eine Kontur, welche zwischen dem Ausgangshohprofils 10a und dem Endhohlprofil 10g liegt, auf.
Fig. 7 zeigt eine Aufsicht das in einen kreisförmigen Querschnitt endgeformte, gebogenen Endhohlprofil 10g (siehe auch Fig. 4c). Die Biegefläche bzw. -linie 65 bildet zugleich die Profilmittellinie aus und ist ferner Bezugsfläche für den Biegeradius Rm. Die Gitternetzlinien 63 geben den Materialfluss innerhalb der Profilwände wieder, wobei eng zusammen gerückte Gitternetzlinien für eine Akkumulation und weit entfernt voneinander angeordnete Gitternetzlinien für eine Verminderung des Wandmaterials stehen. Wie unschwer aus Fig. 7 zu erkennen ist, weist das Endhohlprofil 10g einen bemerkenswerten Materialfluss 66 (Pfeile) aus dem Innenbo- genwandbereich 62 in Richtung x der Biegungsöffnung, d.h. in Richtung der beiden angrenzenden Profilschenkel 67a, 67b auf. Der genannte Materialfluss wird durch das vorgenannte Schieberelement 21 bewirkt, indem das Wandmaterial durch den anhaltenden Innenhochdruck und die Gegenkraft des Schieberelements 21 gezwungen wird entlang der anstossenden Oberfläche des Schieberelements 21 aus dem Innenbogenwandbereich 62 nach aussen in Richtung der Wandung der Profilschenkel 67a, 67b zu fliessen. Durch das Zurückfahren des Schieberelements 21 wird das Wandmaterial des Innenbogenwandbereichs 62 ferner auch kontrolliert in radialer Richtung unter Annäherung der Querschnittsform des Endhohlprofils 10g nach aussen geführt, wobei infolge des gleichzeitigen Materialflusses in Richtung Profilschenkel 67a, 67b eine Faltung im Innenbogenwandbereich 62 verhindert wird. Ferner kann durch das erfindungsgemässe Verfahren die Wandverdickung vermindert werden.
Fig. 8 zeigt eine graphische Darstellung 50 hinsichtlich der Anwendungsbereiche von 90°-Biegungen an Rohrprofilen aus einer typischen Aluminiumlegierung in Ab- hängigkeit von Rohrdurchmesser, Biegeradius und Wandstärke.
Auf der horizontalen Achse ist das Verhältnis mittlerer Biegeradius Rm zu Rohr- aussendurchmesser D und auf der vertikalen Achse das Verhältnis Rohraussen- durchmesser D zu Wanddicke t aufgetragen. Die schraffierte Fläche 51 stellt den ausführbaren Bereich hinsichtlich einer 90° Biegung dar, wobei sich die Ausführ- barkeit auf ein herkömmliches Biegeverfahren bezieht. Der Bereich jenseits der
durch eine Gerade abgegrenzten schraffierten Fläche stellt den nicht ausführbaren Bereich dar, in welchem ein erfolgreicher Biegeprozess nicht mehr gewährleistet ist.
Weist beispielsweise ein zu biegendes Rohr einen Durchmesser D von 20 und eine Wanddicke von 1 auf, so lässt sich gemäss Fig. 8 am besagten Rohr eine 90°- Biegung mit einem Biegeradius von 40 durchführen, da das Verhältnis Rm/D 2 und das Verhältnis D/t 20 beträgt und der entsprechende Schnittpunkt somit im schraffierten Bereich liegt. Wählt man jedoch einen Biegeradius Rm von 30 bei gleichbleibenden Rohrabmessungen, so fällt der Schnittpunkt in einen nicht ausführbaren Bereich, d.h. beim Biegen ist mit einem Versagen des Rohres zu rechnen.
Mittels Computer-Simulationen konnte nun gezeigt werden, dass mit dem erfindungsgemässen Verfahren gebogene Rohre aus einer Aluminiumlegierungen bestellbar zu sein scheinen, welche Biegungen aufweisen die gemäss Fig. 8 im nichtausführbaren Bereich liegen. Ferner scheinen anhand von Computer-Simulationen mit besagtem Verfahren auch Biegungen möglich, deren Biegeradius gleich oder kleiner dem Rohrdurchmesser ist. So wurde beispielsweise in einer Computer- Simulation ein Rohr mit einem Durchmesser von 56 mm und einer Wanddicke von 2.5 mm mit einem Biegeradius von 40 mm erfolgreich mit erfindungsgemässen Verfahren gebogen. Der Punkt 52 wiedergibt die dazugehörigen Werte- Verhältnisse, wobei ersichtlich wird, dass Rohre mit besagten Abmessungen und Biegeradius mit herkömmlichen Biegeverfahren nicht befriedigend gebogen werden können.