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Verfahren zur Verbesserung von Zement, Zementmörtel, Beton oder ähnlichen,
hydraulische Bindemittel enthaltenden Massen, insbesondere zur Erhöhung ihrer Festigkeit
Die Erfindung bezieht sich auf die Verarbeitung von hydraulischen Bindemitteln und
umfaßt auch die Verarbeitung der gebräuchlichen Portland-, Tonerde- und Romanzemente,
der Hochofen- und Schlackenzemente, des hydraulischen Kalks und der gemischten Zemente.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird vorteilhaft vor allem für die
Herstellung von Fertigteilen und Waren aus Zement, Zementmörtel, Porenzementmörtel,
Asbestzement, Beton oder ähnlichen, ganz oder teilweise hydraulisch erhärtenden
Kunststeinmassen angewendet; sie betrifft aber auch die Anfertigung von Baukörpern,
Bauelementen, Putz- und sonstigen Bauschichten aus diesen Massen sowie die Herstellung
oder Anbringung von Kitt-, Fugen-, Verguß-, Spritz- oder Spachtelmassen, soweit
diese mehr oder weniger aus hydraulischen Bindemitteln bestehen.
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Es ist eine bekannte Tatsache, daß beim Abbinden der Beton- oder Mörtelmasse
die Geschwindigkeiten sowohl der Hydratation als auch des Keimwachstums des Zements,
d. h. des chemisch maßgeblichen Anteils
der Zementpartikelschalen,
in Beziehung zur Dampfdruckkurve der Masse stehen. Von der Geschwindigkeit der I-Tydratation,
zumindest von ihrer anfänglichen Geschwindigkeit, werden Größe, Tracht und Charakter
der Strukturelemente der sich verfestigenden Zementmaterie beeinflußt. Ungenügend
beachtet ist bisher jedoch der Einfluß geblieben, den während der Hydratation das
jeweilige Ausmaß der Quellung (Gel-Quellung), insbesondere das Ausmaß des reversiblen
Anteils derselben auf die Dampfdruckkurve und schließlich auf die Güte der verfestigten
Zementmaterie selbst sowie auf die Güte der Haftfestigkeit am Zuschlagskorn nimmt.
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Die Erfindung hat sich nun die Aufgabe gestellt, die beiden den Abbindeprozeß
maßgeblich beeinflussenden Werte, nämlich die Geschwindigkeit der Hydratation einschließlich
der des ersten Keimwachstums sowohl als auch das Ausmaß der Quellung, herabzusetzen;
dies folgt aus der Erkenntnis, daß jede Verminderung dieser Werte im allgemeinen
auf eine Verfestigung und Verbesserung des Betons bzw. der Kunststeinmasse hinauslaufen
wird. Damit eröffnet sich nun zugleich auch noch die Möglichkeit, auf mittelbaren
Wegen, etwa durch eine bisher nicht übliche Steigerung des Anteils an Feinstzuschlägen,
weitere Verbesserungen nicht nur der Festigkeitswerte, sondern auch der Dichtigkeit,
der Schwind-und Kriechmaße, der chemischen Standfestigkeit usw. zu erzielen.
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Die geschilderte Aufgabe wird nun erfindungsgemäß dadurch gelöst,
daß man für den Beton bzw. für die das hydraulische Bindemittel enthaltende, zu
verfestigende Masse ganz besondere Zusatz- oder Imprägnierstoffe verwendet. Es sind
dies solche, die chemisch zur Gruppe der Polyschwefelsäureester bzw. Polyschwefelsäureestersalze
von makromolekularen Kohlehydraten (z. B. von Cellulosen, Xylanen, Pektinen, Chondroitinen,
sonstigen Polysacchariden oder von Chitinsubstanzen) oder von deren künstlichen
Modifikationen (z. B. von teiloxydierten Cellulosen) zählen. Auch Polyschwefelsäureester
bzw. Polyschwefelsäureestersalze von künstlichen Hochpolymeren mit freiständigen
alkoholischen Hydroylgruppen (z. B. von Polyvinylalkoholen) können erfindungsgemäß
angewendet werden.
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Die Darstellung der -genannten chemischen Verbindungen, also die besonders
durchgreifende Veresterung der Kohlehydrate, der Polyvinylalkohole usw. zu diesen
Polyestern, ist aus der Literatur bekannt (vgl: unter anderem Iloppe-Seylers Zeitschrift
für physiologische Chemie, 238 [1g36], S. 163 ff. Helvetica chimica acta, 26 [1g¢3],
S. 1, 296 ff.).
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Die physikalisch-chemische Wirksamkeit der einzelnen Produkte ist
etwas unterschiedlich. In der Praxis dürfen die Polyschwefelsäureester der Cenulosen
und Xylane sowie die der Polyvinylalkohole zu bevorzugen sein. Die spezifische Wirksamkeit
und Güte der einzelnen Produkte läßt sich bequem qualitativ vorprüfen, wobei auch
gleich der oben geschilderte Einfluß dieser Stoffe auf die Hydratation und Abbindung
der Zemente usw. deutlich in Erscheinung tritt. Hierzu werden saubere, entfettete
Glasplatten mit einer beispielsweise o,5°/oigen wäßrigen Lösung eines solchen Produktes
gleichmäßig benetzt, während ebensolche Glasplatten zum Vergleich nur mit gewöhnlichem
Wasser benetzt werden; alsdann werden die so benetzten Oberflächen mit feinem Zementmehl
dicht, aber gleichmäßig wie mit einem Puder bestreut. Dabei ergibt sich nach Trocknung
und Verfestigung der dünnen Zementschichten ein wesentlicher Unterschied. Die o,5°/oige
Lösung hat zu einer außerordentlichen, unter der Lupe sehr deutlich erkennbaren
Verfeinerung des Gefügekorns und überhaupt zu einem bedeutend homogeneren Gefüge
geführt. Tatsächlich hat diese dünne Zementschicht auch einen erhöhten inneren Zusammenhalt
und weist eine gesteigerte Haftung an der Glasunterlage auf. Außerdem ist die Bildung
von Schwindrissen ganz offensichtlich stark herabgesetzt. Eine weitere einfache
Vorprüfung kann durch die Beobachtung der Sedimentatiönsverzögerung von Zement oder
auch von Gesteinsmehl in einem Überschuß von Lösung vorgenommen werden.
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Hinsichtlich der Vorprüfungen, welche dem Gelingen des Verfahrens
nützlich sein können, sei noch folgendes erwähnt: Die als Zusatzmittel benannten
chemischen Verbindungen, jedenfalls die Salze, ergeben in wäßriger Verdünnung fast
durchweg eine recht spezifische Farbreaktion mit Toluidinblau, nämlich einen metachromatischen
Farbumschlag nach Violett hin.
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Die praktische Durchführung des neuen Verfahrens ist einfach. Zweckmäßig
wird der betreffende Polyschwefelsäureester bzw. sein Salz, dessen Reinheitsgrad
bzw. Wassergehalt von untergeordneter Bedeutung ist, dem Anmachwasser des Zements,
des Betons usw. zugesetzt. Es können auch Mischungen oder Kompositionen solcher
Ester oder Salze untereinander oder aber Mischungen mit gänzlich andersartigen Zusätzen
verwendet werden. In den meisten Fällen wird das Zugeben zum Anmachwasser die bequemste
Art der Durchführung sein.
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Es können statt dessen die Zusätze auch in mehr oder weniger trockener,
pulveriger Form den noch nicht angemachten, noch trockenen festen Komponenten der
Zement-, Zementmörtel-, Betonmassen usw. beigemischt werden. Auch die Behandlung
noch nicht völlig abgebundener Zement-, Zementmörtel-, Betonmassen usw. in oder
mit wäßrigen Lösungen, also eine Art Imprägnierung oder Tränkung der zementhaltigen
Massen oder Waren mit den in Wasser aufgenommenen bzw. gelösten Polyschwefelsäureestern
oder ihren Salzverbindungen, kann vorteilhaft sein. Erfindungsgemäß können solche
Lösungen aber auch zum Anfeuchten, Tränken oder Imprägnieren der Oberfläche eines
bereits abgebundenen, alten Betons oder ähnlichen Kunststeins benutzt werden, desgleichen
zur Tränkung oder Imprägnierung irgendwelcher Oberflächen (Naturstein, Holz usw.),
wenn auf diese Oberflächen frische Zement-, Zementmörtel-, Beton- oder ähnliche
Massen besonders gut haftend angebunden werden sollen.
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Unter den in der Fachliteratur bekannten Zusatzmitteln zum Beton bzw.
Zementleim finden sich die verschiedenartigsten Produkte sowohl hinsichtlich ihrer
Zugehörigkeit zu bestimmten chemischen Gruppen
als auch hinsichtlich
ihrer Eigenschaften in isoliertem Zustande und ihrer beabsichtigten und erzielten
Wirkungen auf den Beton. So sind solche Zusatzstoffe bereits auch für die mannigfaltigsten
Zwecke empfohlen worden, wie z. B. zur Erhöhung der Festigkeit allgemein, zur Verkürzung
der Abbindezeit, als Frostschutz- und Dichtungsmittel, zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit
und zur Wassereinsparung u. dgl. Im allgemeinen handelt es sich dabei um einfach
zusammengesetzte chemische Stoffe, jedoch sind in neuerer Zeit auch bereits hochpolymere
Stoffe organischer Natur vorgeschlagen worden.
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Nach einem älteren Vorschlag werden zur Herstellung von Formkörpern
aus einer porzellanähnlichen Masse dem hydraulischen Bindemittel in der Wärme härtbare,
in einem organischen Lösungsmittel gelöste Phenol- oder Harnstoff-Formaldehyd-Harze
zugesetzt und die daraus geformten Körper bei Temperaturen von 6o bis ioo° ausgehärtet.
Abgesehen von der als Nachteil dieses Verfahrens anzusehenden notwendigen Heißhärtung,
die seine allgemeine Anwendbarkeit einschränkt, weisen die damit hergestellten Formkörper
nicht ein einheitliches Betongefüge auf, sondern sind nach ihrer Struktur gewissermaßen
als Kunstharzkörper mit hohem Gehalt an Füllstoffen anzusprechen, wobei die Beton-bzw.
Zementgefügebestandteile die sonst dieser Technik bekannten Füllstoffe vertreten.
Auch die Notwendigkeit der Verwendung organischer Lösungsmittel verbietet die allgemeine
Anwendung dieses Verfahrens in der Großbetontechnik.
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Hinsichtlich der Struktur der erhaltenen Erzeugnisse führt ein anderer
Vorschlag zu ähnlichen Ergebnissen durch die Verwendung von Polyvinylacetat oder
Polyvinylalkoholen zum Beton. Dabei werden offenbar ebenfalls Verbundkörper heterogener
Struktur erhalten, was sich daraus ergibt, daß die erhaltenen Produkte sich durch
eine erhöhte Zugfestigkeit und bei größeren Mengen an Zuschlagstoff durch Biegsamkeit
auszeichnet, also eine Eigenschaft die ein normales Betongefüge niemals aufweisen
kann.
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Ebenso wie die vorerwähnten macht ein weiterer vorbekannter Vorschlag
von Zusatzmitteln Gebrauch, die für sich, allein zur Kondensation bzw. Polymerisation
zu festen körperlichen Gegenständen befähigt sind. Die in diesem Falle vorgeschlagenen
Cyansorbinsäureester polymerisieren im alkalischen Milieu des Betons von selbst
zum festen Zustand, wobei wahrscheinlich ähnliche heterogene Verbundmassen wie bei
den vorher besprochenen Maß- !, nahmen erhalten werden.
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Darüber hinaus ist für die verschiedensten Zielsetzungen im, einzelnen
eine Anzahl verschiedener anorganischer und organischer Stoffe vorgeschlagen worden,
wie unter anderem Salze der Carboxymethylcellulose zur Erstreckung der Abbindezeit,
deren Anwendung sich vom Gegenstand der Erfindung grundsätzlich unterscheidet. Die
bekannten Zusatzmittel verbleiben, von einigen wenigen Ausnahmen, wie Wasserglas,
abgesehen, durchweg als selbständige Phase im Beton, entweder wie die vorerwähnten
als selbständiger fester Gefügebestandteil oder aber gelöst in der Betonfeuchtigkeit
bis zu deren Verschwinden, ohne sich am Gefügeaufbau selbst zu beteiligen. Im Gegensatz
hierzu macht die Erfindung von Zusatzmitteln Gebrauch, die nach Beendigung des Abbindevorganges,
währenddessen sie ihre Wirkungen hinsichtlich der Verzögerung der Hydratation und
der Erniedrigung der Quellung betätigt haben, vollkommen in das Zementsteingefüge
eingebaut sind und daher als selbständiger Bestandteil verschwinden.. Bei den erfindungsgemäß
zu verwendenden Stoffe handelt es sich um solche, die mit dem aus der physiologischen
Chemie bekannten Heparin nahe verwandt sind, und diese Verwandtschaft zeigt sich
vor allem auch in der Tatsache, daß das Heparin in der belebten Natur eine anscheinend
ähnliche Funktion zu erfüllen hat, nämlich die Regelung der Bildung, des Kornaufbaus
und der Strukturfestigkeit tierischer Knochen. Diese Verwandtschaft zeigt sich auch
darin, daß das Heparin ebenso wie die vorgeschlagenen neuen Zusatzmittel die erwähnte
spezifische Farbreaktion mit Toluidinblau ergeben.
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In den nachstehenden Beispielen wird das Verfahren der Erfindung und
die damit zu erzielenden technischen Wirkungen an Hand durchgeführter Versuche und
deren Ergebnisse näher erläutert. Beispiel i Es wurden Prüfkörper, nämlich Mörtelprismen
4 - 4 - 16 cm hergestellt, wie sie hinsichtlich der Anfertigung den zur Zeit geltenden
deutschen Normen (vgl. »Zement-Taschenbuch«, Wiesbaden, 1951) entsprechen.
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Hierzu wurde Mörtel der folgenden Zusammensetzung verwendet: i Gewichtsteil
Portlandzement (Deutsche Güteklasse 425), 1 Gewichtsteil Quarzsand, fein (Deutscher
Normensand I), 2 Gewichtsteile Quarzsand, grob (Deutscher Normensand 1I), 0,4 Gewichtsteile
Wasser (Leitungswasser), 0,0033 Gewichtsteile Natriumsalz des Cellulose-Polyschwefelsäure
esters.
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Vor dem Anmachen des Mörtelbreies wurde das Natriumsalz des Cellulose-Polyschwefelsäureesters
dem Anmachwasser unter leichtem Umrühren desselben von Hand bei gewöhnlicher Temperatur
zugegeben, und zwar in wenig Wasser vorgelöst. Da im vorliegenden Falle die Prüfkörper
für genaue Vergleichsmessungen bestimmt waren, wurde dafür Sorge getragen, daß der
Wasserzementfaktor W = 0,40 genau eingehalten wurde, obwohl das Zusatzmittel nicht
als Trockensubstanz zugegeben wurde.
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Alle übrigen Einzelheiten der Mischoperation, nämlich das Verdichten
des Mörtels in der Form und das Entformen und Lagern der Probekörper, waren die
üblichen entsprechend den obengenannten deutschen Normenvorschriften, soweit nicht
bezüglich der Lagerung die aus der untenstehenden Tabelle ersichtlichen Änderungen,
und zwar auch nur aus Meßgründen, getroffen wurden. Es wurden fünf Stück solcher
Probekörper angefertigt und mit fünf anderen gleichzeitig hergestellten Probekörpern
verglichen,
welche ohne den Polyschwefelsäureesterzusatz, sonst
aber völlig gleichartig angefertigt waren, wobei jeweils ihre Biegezugfestigkeit
und ihre Druckfestigkeit geprüft wurde.
Biegezugfestigkeit Druckfestigkeit |
Lagerung Alter kg/qcm kg/qcm |
Tage Tage mit Zusatz ohne mit Zu |
?0033 0 satz ohne |
Gewicht teile Zusatz Gewichtsteile |
Zusatz |
7 feucht............ 7 120 io8 730 685 |
21 trocken ........... 28 =I9 - 9=o 835 |
2 Wasser ........... 30 12,8 zog 87o 765 |
2 trocken........... 32 III Ioo 835 795 |
24 trocken ........... 56 168 133 970 895 |
Die vorstehenden Werte lassen erkennen, daB das Verfahren schon bei der sehr niedrigen
Menge an Zusatzmittel zur Verbesserung der Festigkeitswerte führt. Wenn nicht der
hier vorliegende niedrige Wasserzementfaktor und die besonders ungünstige Art der
Lagerung die volle Entwicklung der fördernden Reaktion gehemmt hätten, wäre eine
noch bedeutendere Verbesserung in Erscheinung getreten. Das gleiche gilt, wenn die
Möglichkeit des neuen Verfahrens zum Einsetzen von feinstem Gesteinsmehl, z. B.
von Quarzmehl, ausgenutzt worden wäre.
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Die Wirksamkeit des Verfahrens läßt sich übrigens auch beobachten,
wenn man - unter vergleichbaren Bedingungen (hinsichtlich ElektrodengröBe, Feuchtigkeitsgrad
usw.) - den elektrischen Leitwiderstand miBt : Schon vom 7. Tage der Lagerung, und
von da ab immer erheblicher ansteigend, findet sich ein Unterschied bis zu mehreren
hundert Prozent vor, um welchen der elektrische Widerstand bei Verwendung des Verfahrens
und seiner Mittel höher zu liegen pflegt.