-
Verfahren zur Herstellung keramischer Schütt- und Stückware von niedrigem
Raumgewicht Das Verfahren betrifft vor allem die Herstellung von keramischer, aus
Kugeln (Pellets) oder anderen Formlingen, stückigem, griesartigem oder sonstigem
Granulat, Bruch oder Mahlgut bestehender Schüttware, wie solche grobkeramisch, aus
Ton oder Lehm gebrannt, insbesondere als Zuschlagmaterial von Zement-, Gips-, Plaster-
und Anhydrit-Leichtbeton, für Stützpackungen in Kunststein- und Kunststoffgefügen
und als Füllmaterial für Wärme-, Kälte- und Schallisolierungen. gebraucht wird,
außerdem aber auch außerhalb des Bauwesens - dann meistens in mehr feinkeramischer
Ausführung - zur Füllung von Filter-, Kolonnen-, Kontakt- und anderen chemischen
Anlagen und Apparaten. Wenn auch bei so vielseitiger Anwendung dieser keramischen
Produkte dem jeweiligen Verwendungszwecke durch geeignete Wahl der keramischen Rohstoffe
Rechnung getragen werden muß, so lassen sich doch auch einige allgemeingültige Bedingungen
nennen, die fast immer gestellt zu werden pflegen: Es sind dies, wenn man von dem
Wunsche nach möglichst guter Festigkeit absieht, vor allem die Forderungen nach
hoher Porigkeit bzw. großer latenter Oberfläche und nach einem niedrigen Raumgewicht
des einzelnen Korns oder Formlings; wobei meist noch die weitere Bedingung besteht,
daß die wahre Oberfläche nicht nur groß, sondern auch »aktiv«
sein
muß. Diese letztgenannte Bedingung, welche gleichermaßen für keramisches Zuschlagmaterial
von Beton und von Kunststoffen ebenso wie für die keramischen Füllkörper chemischer
Anlagen von Bedeutung ist, wird man (nach »Handbuch der Katailyse«, Band IV, Berlin
[19q.3], Seite 233, Zeile i bis 3) am besten so definieren, daß ein »Kraftfeld von
Spitzen, Kantern, unsymmetrischen Oberflächenpartikeln« vorliegen soll.
-
Zumindest bei der Herstellung grobkeramischer Zuschlagmaterialien
für Beton wird nun bisher so verfahren, idaß nur ausgesprochen blähfähige Tone und
Lehme verwendet und die Formlinge bzw. Granulate in jenem meist ziemlich hohen Temperaturbereiche
gebrannt werden, in dem das Aufblähen bzw. Treiben eintritt. Die Forderung nach
geringem Raumgewicht und höher Porigkeit wird also durch das blähende Brennen stärk
treibender Tonsubstanzen zu erfüllen versucht. Es gibt freilich auch Verfahren,
bei. denen dem blähfähigen Lehm außerdem noch sog. Ausbrennstoffe, wie Holzmehl,
zugesetzt werden. Aber gerade der Blähprozeß galt bisher immer als so unabdingbar,
daß man keinen Anstand nahm, sogar die fertige Ware mit Begeichnungenwie»Blähton«,
»Expanded Clay« oder »Argile Expande« zu benennen.
-
Diese bisherigen Produktionsmethoden, die also auf dem blähenden Brennen
beruhen, bringen nun aber recht erhebliche Nachteile mit sich. Denn abgesehen davon,
-daß von Natur aus blähfähige Tone und Lehme durchaus nicht häufig vorkommen, erfordert
der Blähvorgang meist sehr hohe Temperaturen, d. h. einen erhöhten Aufwand an Brennmaterial
und an Ofenkosten. Ebenso wirkt es sich nachteilig aus, daß der Blähvorgang nur
in jener Phase verwirklicht werden kann, in der das Brenngut in den glasartigen
Schmelzzustand übergeht. Denn hier wird,das Oberflächengefüge weitgehend jener Spitzen,
Kanten usw. beraubt, die nach dem früher Dargelegten erwünscht sind, indem sie beispielsweise
beim Beton eine innige Verbindung zwischen dem keramischen Zuschlag und dem sog.
Zementleim bei der Erhärtung des Betons ergeben. -. Die bisherigen Herstellungsmethoden
pflegen also im allgemeinen nur solche keramischen Produkte hervorzubringen, denen
es an der Oberflächenaktivität mangelt, die - bei niedrigerer Brenntemperatur ohne
weiteres erzielt werden könnte.
-
Es ergibt sich also die Frage, -ob Porigkeit und niedriges Raumgewicht
nicht auch noch auf andere Weise erzielbar sind, ob sich also die hohen Temperaturen
des pyrogenen Blähprozesses vermeiden und ob sich dann auch gewöhnliche, nicht blähende
Lehme zu einer keramischen Schüttware verarbeiten lassen, deren gebrannte Formlinge
oder Granula nicht nur jene Porigkeit und kleine Wichte, sondern nun außerdem auch
noch eine bessere Oberflächenbeschaffenheit (Aktivität) aufweisen. Tatsächlich gelingt
es nun, eine Lösung .dieser Aufgabe zu erreichen, wenn nämlich die im folgenden
angegebenen Erfindungsregeln angewendet werden. Diese Regeln beruhen zunächst auf
der Idee, an -Stelle der Gefügeexpansion im Ofen solche Maßnahmen zu treffen, welche
die Schwindung des noch feuchten und bildsamen Gefüges der ganz frischen, eben erst
gestalteten Formlinge oder Körner völlig oder zumindest stark unterbinden. Denn
die natürliche Schwindung beim Trocknen pflegt bei Tonen und Lehmen, insbesondere
bei solchen für grobkeramische Zwecke, von recht ähnlicher Größenordnung wie die
bestenfalls erzielbare pyrogene Blähung zu sein; und so kommt es bezüglich Porigkeit
und niederem Raumgewicht letzten Endes ziemlich auf dasselbe hinaus, ob man das
eingeschrumpfte Gefüge wie bisher bläht oder erfindungsgemäß das Einschrumpfen von
vornherein unterbindet.
-
Das neue Verfahren ist also zunächst dadurch charakterisiert, daß
dem mehr oder weniger weitgehend aufbereiteten Rohstoffe, also entweder der trockenen
und zerkleinerten Ton- oder Lehmsubstanz bzw. einer entsprechenden Mischung dieser
Substanz. mit sogenannten Ausbrennstoffen oder dem Schlicker, ein besonderes Zusatzmittel
beigemischt wird, welches die Trocknungsschwindung zu unterbinden vermag, welches
durch die eingebrachte eigene Masse keine nachteilige Tendenz auf das Raumgewicht
ausübt und welches das schließlich« Brennen verträgt. Als Zusatzmittel eignen sich
erfindungsgemäß solche bekannten Bindemittel, die im Feuchten zu erhärten vermögen,
also sogenannte hydraulische Bindemittel. Die Zusatzmittel können aus einem oder
mehreren solcher hydraulischen Bindemittel bestehen und außerdem noch bekannte Abbindebesohleuniger
oder sonstige Verbesserungsmittel für die hydraulischen Bindemittel enthalten.-Diejenigen
dieser Zusatzmittel, die nicht auf eine Schnellabbindung und -erhärtung (s. weiter
unten) abgestellt sind, können übrigens auch im Anmachewasser für die Ton- oder
Lehmsubstanz gelöst bzw: dispergiert werden. - Aus dem Vorangehenden ergibt sich
bereits, daß .das Verfahren so betrieben wird, daß zwischen die übliche Formgebungs-
und die Trocknungsoperation ein ausreichender Zeitraum eingeschaltet wird, in welchem
das Zusatzmittel im feuchten Milieu abbinden und erhärten und damit seine Wirkung
ausüben kann, die also auf eine Verhinderung der sonst eintretenden Schwinderscheinung
hinausläuft. Dieser Zeitraum, der im folgenden als Feuchterhärtungsperiode bezeichnet
werden soll, wird danach bemessen, ob- ein langsam wirkendes oder ein besonders
schnell wirkendes Zusatzmittel benutzt wird. -M.an kann das Kennzeichnende der neuen
Methode auch. darin sehen, daß nunmehr der übergang vom plastischen in den unplastischen
Zustand im Feuchten erfolgt, also von .der Trocknung unabhängig gemacht ist.
-
Die eigenen Versuche haben nun ergeben, daß vor allem solche Zusatzmittel
eine gute Wirksamkeit entfalten, und zwar nicht nur beim Unterbinden,der Schwindung,
sondern auch dadurch, daß sie die Oberflächenaktivität der (niedrig) gebrannten
Ware
steigern, die ganz oder zu einem wesentlichen Teile aus tonerdereichen, insbesondere
aus dem Schmelzfluß entstandenen Zementen bestehen. Wenn höchste Oberflächenaktivität
gefordert wird, kann -das Zusatzmittel erfindungsgemäß ganz oder vorwiegend aus
sogenanntem Tonerdeschmelzzement bestehen. Wenn es aber sehr auf die Wirtschaftlichkeit
des Verfahrens ankommt oder die Feuchterhärtungsperiode kurz sein soll, kann man
als Zusatzmittel erfindungsgemäß ein Gemisch tonerdereicher Zemente mit kalkreichen
Zementen, z. B. Portlandzementen, verwenden, ja man kann sogar den kalkreichen Anteil
ganz oder teilweise durch gewöhnliches Kalkhydrat oder sonstige Erdalkali- oder
Alkalihydroxyde ersetzen. So wird man ein rasch wirkendes Zusatzmittel, das für
die maschinelle Produktion der Schüttware geeignet ist, beispielsweise aus einem
Gemisch von etwa i Teil Tonerdezement, z. B. Tonerdesohmelzzement, und i Teil Portlandzement
zusammensetzen. Selbst wenn in diesem Zusatzmittel der Portlandzementanteil durch
einen solchen aus anderen Normenzementen, aus Traßzement oder lediglich aus Traß
bzw. aus gemahlener Hochofenschlacke, ersetzt wurde, konnten so rasche Erhärtungswirkungen
beobachtet -,verden, daß im Produktionsgange kaum noch eine ausgeprägte Feuchterhärtungsperiode
vorgesehen zu werden braucht. - Da nun aber die Tone und Lehme je nach dem Fundorte
mannigfaltige Zusammensetzungen aufweisen, wird man auch die ,optimale Zusammensetzung
des Zusatzmittels zweckmäßig in jedem einzelnen Falle durch Versuche ermitteln.
Dies gilt auch für die Dosierung des Zusatzmittels, die im allgemeinen zwischen
2 und io Gewichtsprozenten betragen wird, bezogen auf das Trockengewicht der ungemagerten
oder gemagerten Lehm- oder Tonmasse.
-
Im folgenden werden einige Versuchsergebnisse mitgeteilt, deren Kenntnis
die Anwendung der Erfindungsregel erleichtert. Alle Versuche wurden mit kleinen
zylindrischen Probekörpern (etwa 2o mm 0 X etwa 15 mm hoch) vorgenommen, die sämtlich
aus ein und demselben Rohmaterial, einem ziegeleimäßig aufbereiteten Konstanzer
Ziegellehm hergestellt wurden. Es wurde immer ein Teil dieser Probekörper mit dem
erfindungsgemäßen Zusatzmittel (Tonerdeschmelzzement) angefertigt, während ein anderer
Teil der Probekörper ohne das erfindungsgemäße Zusatzmittel, d. h. zu Vergleichszwecken
hergestellt wurde. Das erfindungsgemäße Zusatzmittel wurde dem lufttrockenen, gemörserten
Lehm vor dem Anmachen trocken zugemischt. - In der Tabelle I sind die Daten eines
Versuchs zusammengestellt, bei dem der Lehm einmal das erfindungsgemäße Zusatzmittel,
das andere Mal kein Zusatzmittel und in keinem der beiden Fälle einen sogenannten
Ausbrennstoff enthielt. Die Wirkung des aus Tonerdeschmelzzement bestehenden erfindungsgemäßen
Zusatzmittels tritt also hier für sich allein in Erscheinung, und zwar hinsichtlich
der unterdrückten Trockenschwindung und des erzielten Raumgewichts des gebrannten
Gutes. - Aus der Tabelle II kann man die Verhältnisse entnehmen, die dann auftreten,
wenn außer dem erfindungsgemäßen Zusatzmittel (Tonerdeschmelzzement) noch ein Ausbrennstoff
organischer Natur zugegen ist. - Die Zahlen der Tabelle III stellen die Ergebnisse
dar, die mit und ohne erfindungsgemäßes Zusatzmittel (Tonerdeschmelzzement) erzielt
werden, wenn kein organischer Ausbrennstoff, sondern ein der thermischen Dissoziation
anheimfallendes Magerungsmittel (Magnesit) zugegen ist. - Die Zahlen der drei Tabellen
dürfen miteinander verglichen werden. Die Versuche erfolgten in einem elektrisch
beheizten Tiegelofen für Laboratoriumszwecke.
Tabelle I |
Ansatz |
Wasser, Gewichtsprozent |
vom Ganzen . .. .. .'. .. .. . 22,84 23,o2 |
Zusatzmittel, Gewichts- |
prozent vom Ganzen...... 0 7 |
Raumgewicht je Probekör- |
per, frischplastisch, g/cm3 . 1,88 1,84 |
Trocknung |
max. Temperatur, ° C ..... 118 8 |
Dauer .................. i5oMin. 5Tage*) |
Raumgewicht je Probekör- |
per, trocken, g/cm3 ...... 1,89 1'59 |
Lineare Schwindung, o/o.... 7,75 0,87 |
Gewichtsverlust durch |
Trocknung, °/o .......... 23,i9 16,61 |
Brennen |
max. Temperatur, ° C ..... 925 907 |
Brenndauer, Minuten ..... 155 155 |
Raumgewicht j e Probekör- |
per, fertig gebrannt, g/cm3 1,63 1.35 |
Lineare Schwindung gegen- |
über vorgetrocknetem Zu- |
stande, °/o .............. 0,54 2,56 |
Gewichtsverlust durch |
Brennen gegenüber vorge- |
trocknetem Zustande, °/o . . 15,24 21,61 |
Aufnahmevermögen f. Wasser: |
Aufgenommenes Wasser in |
°/o des Probekörpergewichts i9,61 33,33 |
Lineare Gesamtschwindung: |
Vom frischplastischen bis |
zum fertiggebrannten Zu- |
stande, °/o .............. 8,25 3,21 |
*) Anmerkung: Die Abbindung und Erhärtung tritt in Wirklichkeit bedeutend früher
auf und ist bei normaler Raumtemperatur noch weiter verkürzt.
Vergleicht man nun beispielsweise die Tabellen I und II, so erkennt man, daß .durch
die gleichzeitige Anwendung des Zusatzmittels und des Ausbrennstoffs das Raumgewicht
(je Probekörper) des fertiggebrannten Produkts von 1,63 (Tabelle I, links) auf 1,05
(Tabelle II, rechts) herabgesetzt werden konnte. Ebenso zeigt sich der Erfolg des
erfindungsgemäßen Verfahrens beim Vergleich des Vermögens zur Wasseraufnahme, das
von 19,610/0 (Tabelle I, links) auf 44;6o% (Tabelle II, rechts) heraufgesetzt wurde.
- Beachtenswert ist außerdem die Tatsache, daß die höchste Brenntemperatur bei den
Versuchen nach Tabelle II und: III sogar unter goo° C lag, während man das Blähen
Mähfähiger Tone wohl kaum jemals unter 10'50° C wird erreichen können. Trotz der
niedrigen Brenntemperatur war die Festigkeit aller Versuchskörper eine ausgezeichnete.
-
Zu den Tabellen isst noch zu bemerken, daß die mit *) gekennzeichneten
Zeitwerte so zu verstehen
sind, daß :die Probekörper in :den ersten
24 Stunden dieser Zeitwerte in feuchter Atmosphäre gehalten und dann der Lufttrocknung,
und zwar absichtlich bei besonders ungünstigen Temperaturverhältnissen, überlassen
wurden. - Im übrigen beträgt bei Anwendung der weiter oben beschriebenen schnellwirkenden
Zusatzmittel die mit *) bezeichnete Dauer nur noch wenige Stunden, ohne daß dadurch
die anderen Werte eine nennenswerte Veränderung erfahren. Es gehört in den Bereich
der Erfindung, wenn der Feuchterhärtungsprozeß unter höherer Temperatur oder sogar
im Autoklav, also. analog der bekannten Dampfhärtung von Beton, durchgeführt wird.
-
Schließlich wird noch die Regel angegeben, daß man nichtblähende Tone
und Lehme denjenigen vorziehen soll, die pyrogen blähfähig sind. Denn bei letzteren
pflegt, und zwar auch bei niedrigeren Brenntemperaturen, eine nur geringe Oberflächenaktivität
zu resultieren, weil sie reich an Bestandteilen sind, welche das Zustandekommen
einer glasartigen, nicht aktiven Phase erleichtern. Die nichtblähenden Tone und
Lehme kann man daran erkennen, daß beim Probebrennen derselben bis hin zum Klinkerungspunkt
(vgl. Deutsches Normenblatt DIN io5) keine über 2% hinausgehende Blähung (linear)
auftreten soll, und zwar selbst bei Erhitzungsgeschwindigkeiten über 5o°/Min., wobei
diese Geschwindigkeit im Temperaturanstieg zwischen 6oo und goo° C als Mittelwert
bestimmt werden soll.