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Die
vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein nichthumanes Tiermodell
und auf Zellen, die kein funktionelles latentes Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein 4
produzieren oder die suboptimale Mengen an latentem Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein
4 produzieren. Weiterhin bezieht sich die vorliegende Erfindung
auf Verfahren zum ex-vivo-Diagnostizieren von Krebs, Lungenemphysem oder
Kardiomyopathie und zum Analysieren, ob Krebs und/oder Lungenemphysem
und/oder Kardiomyopathie durch eine unterschiedliche Expression
von LTBP-4 oder durch einen Defekt im LTBP-4-Gen verursacht werden.
Außerdem
bezieht sich die vorliegende Erfindung auf das Auswählen eines
Mittels zur Behandlung eines Symptoms, das im Tiermodell der Erfindung
auftritt.
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Hintergrund
der Erfindung
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Transformierender
Wachstumsfaktor β (TGF-β) gehört zu einer
Proteinsuperfamilie, deren Mitglieder für die normale Entwicklung notwendig
sind. Sie steuern auch das Zellwachstum und die Differenzierung
bei einer Vielzahl von Geweben des Erwachsenen und sind an einem
breiten Spektrum von Immunreaktionen beteiligt (Übersichtsartikel von Massague,
J. et al. (2000), Cell 103, 295-309, Massague, J. & Wotton, D. (2000), Embo
J. 19, 1745-1754). Die meisten Zellen sezernieren TGF-β als funktionell
inaktives (latentes) Vorläufercytokin,
das erst nach proteolytischer Aktivierung mit seinen Rezeptoren
in Wechselwirkung tritt. Es gibt zwei bekannte, strukturell unterschiedliche
latente Komplexe von TGF-β.
Ein kleiner latenter Komplex besteht aus einem reifen TGF-β-Dimer, das
an den N-terminalen Teil des TGF-β-Vorläufers, d.h.
des latenzassoziierten Peptids (LAP), gebunden ist. Der große latente
Komplex enthält
außer
TGF-β-LAP
noch das latente TGF-β-Bindungsprotein
(LTBP). Wenn es nach der Sekretion nicht proteolytisch von LTBPs
abgespalten wird, wird TGF-β als
hochmolekularer Komplex mit LTBP und LAP in der extrazellulären Matrix
(ECM) abgelagert (Übersichtsartikel
von Koli, K. et al. (2001), Microsc. Res. Tech. 52, 354-362, Taipale,
J. et al. (1998) Adv. Cancer Res. 75, 87-134).
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LTBPs
sind Glycoproteine, die zur Familie der Fibrilline gehören. Mehr
als 60% der Proteinstruktur der LTBP-Familie bestehen aus repetitiven
EGF-artigen Domänen
und 8-Cystein-Repeats, die beide vermutlich Protein-Protein-Wechselwirkungen
vermitteln. Wie Fibrilline sind LTBPs Strukturkomponenten der extrazellulären Matrix
(ECM) und binden an elastische Fasern. Obwohl LTBPs nicht direkt
an der TGF-β-Latenz
beteiligt sind, sezernieren die meisten Zellen TGF-β im Komplex
mit LTBP und bilden durch die Bindung von TGF-β an die ECM extrazelluläre Ablagerungen
von TGF-β.
Dies ergibt vermutlich Gewebe mit einem rasch induzierbaren und
hochgradig lokalisierten TGF-β-Signal
(Koli, K. et al. (2001), Microsc. Res. Tech. 52, 354-362). Vier Isoformen
von LTBPs (LTBP 1-4) wurden bisher kloniert (Tsuji, T. et al. (1990),
Proc. Natl. Acad. Sci. USA 87, 8835-8839, Moren, A. et al. (1994),
J. Biol. Chem. 269, 32469-32478, Yin, W. et al. (1995), J. Biol.
Chem. 270, 10147-10160, Giltay, R. et al. (1997), FEBS Lett. 411,
164-168, Saharinen, J. et al. (1998), J. Biol. Chem. 273, 18459-18469). Jede hat
mehrere Spleißvarianten,
und wenigstens eine (LTBP1) hat zwei alternative Promotoren (Koski,
C. et al. (1999), J. Biol. Chem. 274, 32619-32630). Die Expression sowohl von Isoformen
als auch von Spleißvarianten
scheint in gewebespezifischer Weise streng reguliert zu sein. Die
Funktion von LTBPs auf der Ebene des Organismus ist weitgehend unbekannt
(Shipley, J. et al. (2000), Mol. Cell. Biol., 4879-4887, Öklü, R. et
al. (2000), Biochem. J., 601-610).
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Weiterhin
beschreibt EP-A-1 092 768 Gen-Einfangverfahren.
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Wie
aus dem Stand der Technik hervorgeht, gibt es ein Bedürfnis nach
Tiermodellen, um die Funktion von LTBPs und insbesondere LTBP-4
aufzuklären.
Ein weiteres Ziel besteht darin, Zellen bereitzustellen, denen LTBP-4-Protein
fehlt.
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Um
dieses Ziel zu erreichen, werden ein nichthumanes Tiermodell und
Zellen, die kein funktionelles latentes Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein
4 (LTBP-4) produzieren oder die suboptimale Mengen an latentem Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein
4 (LTBP-4) produzieren, bereitgestellt.
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Beschreibung
der Erfindung
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Die
vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein nichthumanes Tiermodell,
das kein funktionelles latentes Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein
4 (LTBP-4) produziert oder das suboptimale Mengen an latentem Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein
4 (LTBP-4) produziert, wobei das Tiermodell Krebs (z.B. ein Kolonkarzinom),
Lungenemphysem oder Kardiomyopathie aufweist.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
umfasst das Genom des Tiers eine homozygote Zerstörung des
LTBP-4-Gens. Vorzugsweise ist diese homozygote Zerstörung durch
eine Mutation entstanden, und diese Mutation kann eine Insertions-,
Deletions- oder Substitutionsmutation sein. Weiterhin ist die Mutation
vorzugsweise durch Gen-Targeting, Genfallenintegration oder -mutagenese
entstanden und ist in einem Exon, Intron, regulatorischen Bereich
oder einer Spleißstelle
des LTBP-4-Gens, vorzugsweise im Intron 5 des LTBP-4-Gens, aufgetreten.
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Weiterhin
ist das Tier vorzugsweise ein Säuger,
besonders bevorzugt eine Maus oder eine Ratte.
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In
einem weiteren Aspekt bezieht sich die Erfindung auf eine Zelle,
die aus einem nichthumanen Tiermodell isoliert wurde, dessen Genom
eine homozygote Zerstörung
des LTBP-4-Gens umfasst, so dass dieses Gen kein funktionelles latentes
Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein 4 produziert
oder suboptimale Mengen an latentem Transformierender-Wachstumsfaktor-β- Bindungsprotein 4
produziert. Vorzugsweise stammt die Zelle aus einem Kolon, einer
Lunge oder einem Herzen.
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In
einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung eine nichthumane Zelle,
deren Genom eine homozygote Zerstörung des LTBP-4-Gens umfasst.
Die Zelle ist vorzugsweise eine embryonale Stammzelle.
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In
einer weiteren Ausführungsform
betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Auswählen eines
Mittels zur Behandlung eines Symptoms, das im Tiermodell der Erfindung
auftritt, umfassend: a) Anwenden von einem oder mehreren zu testenden
Mitteln auf das Tiermodell der Erfindung; und b) Bestimmen, ob ein
oder mehrere Symptome, die in dem Tiermodell der vorliegenden Erfindung
auftreten, sich infolge der Anwendung des oder der Mittel verändert haben.
In einer bevorzugten Ausführungsform
ist das Symptom aus der Gruppe ausgewählt, die aus Krebs, Lungenemphysem
und Kardiomyopathie besteht.
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Das
Mittel, das zur Behandlung eines Symptoms, das im Tiermodell der
Erfindung auftritt, geeignet ist, kann als Pharmakon verwendet werden.
Weiterhin kann das Mittel, das zur Behandlung eines Symptoms, das im
Tiermodell der Erfindung auftritt, geeignet ist, zur Herstellung
einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Behandlung von Krebs,
Lungenemphysem und Kardiomyopathie verwendet werden. Außerdem kann
die Behandlung von Krebs, Lungenemphysem oder Kardiomyopathie unter
Verwendung des Mittels, das zur Behandlung eines Symptoms, das im
Tiermodell der vorliegenden Erfindung auftritt, geeignet ist, möglich sein.
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Ein
weiterer Aspekt der Erfindung ist ein Verfahren zum Analysieren,
ob Krebs, Lungenemphysem oder Kardiomyopathie durch ein unterschiedliches
LTBP-4-Gen oder
unterschiedliche Proteinexpression oder ein unterschiedliches Expressionsniveau
oder durch einen Defekt im LTBP-4-Gen verursacht wird, umfassend: a)
Charakterisieren des LTBP-4-Gens oder der Proteinexpression oder
des Expressionsniveaus oder des LTBP-4-Gen-Allelstatus eines Individuums,
das Krebs und/oder Lungenemphysem und/oder Kardiomyopathie hat;
und b) Charakterisieren des LTBP-4-Gens oder der Proteinexpression
oder des Expressionsniveaus oder des LTBP-4-Gen-Allelstatus einer
Kontrolle; wobei das Verfahren nicht am menschlichen oder tierischen
Körper
praktiziert wird und wobei ein Unterschied im LTBP-4-Gen oder in
der Proteinexpression oder im Expressionsniveau oder im LTBP-4-Gen-Allelstatus
darauf hinweist, dass Krebs und/oder Lungenemphysem und/oder Kardiomyopathie
durch ein unterschiedliches LTBP-4-Gen
bzw. unterschiedliche Proteinexpression bzw. ein unterschiedliches
Expressionsniveau bzw. durch einen Defekt im LTBP-4-Gen verursacht
wird.
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Weiterhin
bezieht sich ein Aspekt der Erfindung auf ein Verfahren zum Diagnostizieren
von Krebs, Lungenemphysem oder Kardiomyopathie, umfassend: a) Charakterisieren
des LTBP-4-Gens oder der Proteinexpression oder des Expressionsniveaus
oder des LTBP-4-Gen-Allelstatus eines Individuums; b) Charakterisieren
des LTBP-4-Gens oder der Proteinexpression oder des Expressionsniveaus
oder des LTBP-4-Gen-Allelstatus einer Kontrolle; wobei das Verfahren
nicht am menschlichen oder tierischen Körper praktiziert wird und wobei
ein Unterschied im LTBP-4-Gen oder in der Proteinexpression oder
im Expressionsniveau oder im LTBP-4-Gen-Allelstatus auf Krebs und/oder
Lungenemphysem und/oder Kardiomyopathie bei dem Individuum hinweist.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
der Verfahren zum Analysieren, ob Krebs und/oder Lungenemphysem
und/oder Kardiomyopathie durch LTBP-4 verursacht wird, und zum Diagnostizieren
von Krebs, Lungenemphysem oder Kardiomyopathie werden das LTBP-4-Gen
und die LTBP-4-Expression oder das LTBP-4-Expressionsniveau durch RT-PCR, Northern-Analyse,
Mikroarray-Analyse (DNA-Chip-Analyse)
oder gegen LTBP-4-Protein gerichtete Antikörper nachgewiesen, und der
LTBP-4-Gen-Allelstatus wird durch Mutations-Screening nachgewiesen.
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Der
Ausdruck "produziert
kein funktionelles latentes Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein
4 (LTBP-4)" bezeichnet
das Fehlen einer Translation eines effektiven LTBP-4-Proteins.
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Der
Ausdruck "produziert
suboptimale Mengen an latentem Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein 4 (LTBP-4)" umfasst die Translationsmenge
des LTBP-4-Proteins, die unzureichend ist, um eine effektive Konzentration
von LTBP-4 zu produzieren. Vorzugsweise ist die Menge um wenigstens
50%, besonders bevorzugt 70% und am meisten bevorzugt 95% reduziert.
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Der
Ausdruck "homozygote
Zerstörung
des LTBP-4-Gens" bezieht
sich auf eine identische Mutation in beiden LTBP-4-Allelen.
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Der
Ausdruck "Mutation" bezieht sich auf
eine Veränderung
von einem oder mehreren Nucleotidpaaren eines DNA-Moleküls.
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Der
Ausdruck "Insertion" betrifft eine Mutation,
die durch die Anwesenheit von einem oder mehreren zusätzlichen
Basenpaaren in der DNA identifiziert wird. Der Ausdruck "Deletion" bezieht sich auf
eine Mutation, die durch Entfernung einer DNA-Sequenz (ein oder
mehrere Basenpaare) entsteht, wobei die beiderseitigen Bereiche
miteinander verbunden sind. Der Ausdruck "Substitutionsmutation" betrifft einen Nucleotidaustausch. Die
Substitutionsmutation kann zu einer Aminosäureänderung führen oder kann ein vorzeitiges
Translations-Stopcodon einführen.
Weiterhin kann eine Substitutionsmutation das Spleißen oder
die Expression des Gens beeinflussen, wenn sie in den zum Spleißen notwendigen
Stellen oder den regulatorischen Bereichen des Gens auftritt.
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Der
Ausdruck "Gen-Targeting" bezieht sich auf
eine Art der homologen Rekombination, die auftritt, wenn ein Fragment
genomischer DNA in eine Zelle eingeführt wird und dieses Fragment
sich mit homologen Sequenzen lokalisiert und rekombiniert. Der Ausdruck "Genfallenintegration" betrifft die Insertion
eines Vektors, der ein Reporter-Gen umfasst und der nach seiner
Insertion in eine aktive Transcriptionseinheit aktiviert wird, in
eine chromosomale Stelle. Der Ausdruck "Mutagenese" bezeichnet eine chemische oder physikalische Behandlung,
die Nucleotide im Genom eines Organismus verändert. Ein Beispiel für eine chemische
Mutagenese ist N-Ethyl-N-nitrosoharnstoff(ENU)-Mutagenese.
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Der
Ausdruck "Exon" umfasst ein Segment
eines Gens, das decodiert wird und dabei ein mRNA-Produkt oder ein
reifes RNA-Produkt ergibt. Einzelne Exons können proteincodierende DNA
und/oder nichtcodierende DNA enthalten. Der Ausdruck "Intron" bezeichnet nichtcodierende
DNA, die benachbarte Exons in einem Gen voneinander trennt. Während der
Genexpression werden Introns wie Exons zu RNA transcribiert, aber
die transcribierten Intronsequenzen werden anschließend durch
RNA-Spleißen
entfernt und sind in mRNA nicht vorhanden. Der Ausdruck "regulatorischer Bereich" bezieht sich auf
die Nucleotidsequenz, die Bereiche umfasst, die für die Regulation
der Transcription des Gens notwendig sind. Diese Bereiche umfassen zum
Beispiel Promotoren und Enhancer, und sie können im 5'-Bereich der Exons oder in Introns lokalisiert
sein. Der Ausdruck "Spleißstelle" umfasst die Nucleotide
a) am Ende eines Exons und Beginn des Introns und b) am Ende des
Introns und Beginn des Exons, die zur Verknüpfung von zwei Exons und zur
Entfernung eines Introns während
der Prozessierung eines primären
Transcripts zu einer funktionellen mRNA erforderlich sind.
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Der
Ausdruck "Krebs" bezieht sich auf
eine neoplastische Krankheit. Im Unterschied zu gutartigen Tumorzellen
weisen Krebszellen die Eigenschaften der Invasion und Metastasierung
auf und sind hochgradig entdifferenziert. Der Ausdruck "Lungenemphysem" bezeichnet einen
Zustand der Lunge, der durch eine über den Normalwert hinausgehende
Größenzunahme
von Lufträumen
distal zu den terminalen Bronchiolen gekennzeichnet ist, die entweder
durch Erweiterung von Alveolen oder durch Zerstörung ihrer Wände verursacht ist.
Der Ausdruck "Kardiomyopathie" bezeichnet eine
primäre
nichtinflammatorische Krankheit des Herzmuskels, die nicht das Ergebnis
einer ischämischen,
hypertonischen, kongenitalen, valvulären oder perkardialen Krankheit
ist.
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Der
Ausdruck "embryonale
Stammzelle" bezeichnet
eine Zelllinie, die von undifferenzierten, totipotenten Zellen aus
einem nichthumanen Embryo stammt.
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Der
Ausdruck "Auswählen eines
Mittels zur Behandlung eines Symptoms" umfasst das Auswählen einer Zusammensetzung
zur Behandlung des Zustands.
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Der
Ausdruck "Symptom" bezieht sich auf
ein subjektives Anzeichen einer Krankheit im Zustand eines Individuums.
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Der
Ausdruck "Anwenden
von einem oder mehreren Mitteln" bezieht
sich auf die Verabreichung von einer oder mehreren Zusammensetzungen.
Die Zusammensetzungen können
oral, durch Inhalation, parenteral, z.B. intravenös, subkutan,
intraperitoneal oder intramuskulär,
oder topisch, z.B. ophthalmisch, vaginal, rektal oder intranasal,
verabreicht werden.
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Der
Ausdruck "unterschiedliches
LTBP-4-Gen oder unterschiedliche Proteinexpression oder unterschiedliches
Expressionsniveau" bezeichnet
die Transcription oder Translation eines LTBP-4-Gens, die reduziert
oder erhöht
ist. Vorzugsweise tritt ein Mangel an Transcription oder Translation
auf.
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Der
Ausdruck "Defekt
im LTBP-4-Gen" bezieht
sich auf eine Mutation, d.h. eine Nucleotidänderung, im LTBP-4-Gen.
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Der
Ausdruck "LTBP-4-Gen-Allelstatus" bezeichnet den Zustand
der DNA-Sequenz
in beiden Allelen von LTBP-4, d.h. ob das LTBP-4-Gen eine Mutation
enthält
und ob diese Mutation heterozygot oder homozygot ist.
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Der
Ausdruck "RT-PCR" umfasst eine zweistufige
Vorschrift zum Synthetisieren von cDNA-Molekülen, wobei cDNA-Stränge durch
Reverse Transcriptase mit mRNA als Matrize synthetisiert werden
und der spezifische cDNA-Strang durch PCR amplifiziert wird. Der
Ausdruck "Northern-Analyse" bezieht sich auf
ein molekulares Hybridisierungsverfahren, bei dem das Ziel aus RNA-Molekülen besteht,
die durch Gel-Elektrophorese nach Größe fraktioniert und anschließend auf
eine Membran übertragen
wurden. Der Ausdruck "Mikroarray-Analyse" bezieht sich auf
Expressionsanalysen im großen
Maßstab,
bei denen Zehntausende von mRNAs von einem Individuum auf einer
festen Oberfläche,
vorzugsweise Glas, immobilisiert sind und mit einer LTBP-4-spezifischen
Sonde hybridisiert werden. Der Ausdruck "gegen LTBP-4-Protein gerichteter Antikörper" bezeichnet ein Protein,
das von einem B-Lymphocyten synthetisiert wird und spezifische Epitope
auf einem LTBP-4-Protein erkennt.
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Der
Ausdruck "Mutations-Screening" bezieht sich auf
die Suche nach Nucleotidveränderungen
in der DNA oder cDNA eines Individuums. Dies kann zum Beispiel durch
Sequenzierung erfolgen.
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Der
Ausdruck "Mittel
zum Nachweisen des LTBP-4-Gens oder der Proteinexpression oder des
Expressionsniveaus oder des LTBP-4-Gen-Allelstatus" bezeichnet Ressourcen
zur Charakterisierung, ob ein LTBP-4-Gen transcribiert wird oder
ein LTBP-4-Protein translatiert wird und ob das Niveau der Transcription/Translation
normal, erniedrigt oder erhöht
ist oder ob das LTBP-4-Gen eine Nucleotidveränderung trägt. Die Ressourcen umfassen
gegen LTBP-4-Protein gerichtete Antikörper, eine Sonde, die mit LTBP-4-Gen
hybridisiert, und Primerpaare, die geeignet sind, um Bereiche des
LTBP-4-Gens oder LTBP-4-cDNA zu amplifizieren.
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In
der vorliegenden Erfindung wurde ein starkes hypomorphes Allel des
Maus-LTBP-4-Gens
durch Genfallenmutagenese bei embryonalen Stammzellen erzeugt. Mäuse, die
in Bezug auf die Genfallenintegration homozygot sind, exprimierten
nur Spuren von LTBP-4 und entwickelten schweres Lungenemphysem,
Kardiomyopathie und Kolorektalkarzinom. Die Abnormalitäten wurden
durch einen Defekt im Zusammenbau von elastischen Fasern und durch
einen defekten TGF-β-Transport
zum extrazellulären
Raum verursacht.
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Interessanterweise
wurde das hypomorphe Allel durch eine Exonfalleninsertion in inverser
Orientierung in ein Intron des LTBP-4-Gens erzeugt, das die Genexpression
theoretisch nicht stören
sollte. Es hat sich jedoch schon früher gezeigt, dass Introninsertionen
Mutationen verursachen. Beispiele dafür sind die ob2J-Mutation, die durch
eine Retrotransposon-Insertion in das erste Intron des Maus-Leptin-Gens induziert wird
(Moon, B.C. & Friedman,
J.M. (1997), Genomics 42, 152-156), die mdr-3-Mutation, die durch
eine retrovirale LTR-Insertion in das 22. Intron des Maus-Multidrug-Resistenz-Gens
3 induziert wird (Jun, K. et al. (2000), Mamm. Genome 11, 843-848),
und die Mbp-Mutation, die durch eine Retrotransposon-Insertion in
das 3. Intron des Ratten-Myelin-Basic-Protein-Gens induziert wird
(O'Connor, L.T.
et al. (1999), J. Neurosci. 19, 3404-3413).
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In
jedem Fall verhinderte anomales Spleißen die Expression eines vollständig prozessierten
Transcripts in voller Länge.
In Zellen der vorliegenden Erfindung wurden multiple atypische LTBP-4-Transcripte durch
RT-PCR nachgewiesen, was darauf hinweist, dass die Mutation durch
anomales Spleißen
verursacht wurde.
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Das
Krankheitsmodell der vorliegenden Erfindung beweist eine doppelte
Funktion der TGF-β-Bindungsproteine.
Während
das Fehlen von elastischen Fasern in der Lunge und im Kolon die
strukturelle Notwendigkeit von LTBP-4 unterstreicht, impliziert
das Fehlen von extrazellulärem
TGF-β die
Rolle von LTBP-4 im TGF-β-Signalweg. Da TGF-β die Proliferation
von Epithelzellen, insbesondere im Kolon, hemmt, kann geschlossen
werden, dass seine Abwesenheit in der ECM des Kolons der wahrscheinlichste
onkogene Auslöser für die Entwicklung
von Kolonkarzinom bei Mäusen
der vorliegenden Erfindung ist. Tatsächlich wurde in mehreren Studien
ein Zusammenhang zwischen Defekten im TGF-β-Signalweg und Kolorektalkarzinom
festgestellt. Zum Beispiel entwickeln Mäuse mit Nullmutationen im TGF-β-Signaltransduktionsprotein,
Smad 3, Tumoren, die den in 3C7-Mäusen wachsenden Tumoren ähnlich sind
(Zhu, Y. et al. (1998), Cell 94, 703-714). Weiterhin sind Mutationen
in den TGF-β-Signaltransduktionsproteinen
Smad 2 und Smad 4 oder Mutationen in den TGF-β-II-Rezeptoren bei humanen Kolorektalkarzinomen
sehr häufig,
was vermuten lässt,
dass TGF-β und
seine nachgeschalteten Zielmoleküle
tumorsupprimierende Funktionen haben (Markowitz, S. et al. (1995), Science
268, 1336-1338, Riggins, G.J. et al. (1997), Cancer Res. 57, 2578-2580,
Zhou, S. et al. (1998), Proc. Natl. Acad. Sci. USA 95, 2412-2416).
Die vorliegende Erfindung beweist also, dass LTBP-4 für die Integrität der ECM
wichtig ist und onkogene Transformation, Krebszellinvasion und metastatische
Ausbreitung verhindert.
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Eine
der vorteilhaftesten Beobachtungen, die in dieser Erfindung gemacht
wurden, ist die Gewebeselektivität
der LTBP-4-Mutation. Nur die Lunge, das Herz und das Kolon entwickelten
bei mutanten Mäuse
der Erfindung eine Krankheit, was darauf hinweist, dass LTBP-4 ein
hochgradig gewebespezifisches Protein ist. Außerdem zeigt diese Gewebespezifität auch,
dass latente TGF-β-Bindungsproteine
trotz der ausgedehnten strukturellen Ähnlichkeiten, wenn überhaupt,
nur wenig überlappende
Funktionen haben. Dementsprechend exprimieren die mutanten Mäuse normale
Mengen von LTBP-1 und LTBP-2, was beweist, dass diese Isoformen
nicht an die Stelle von LTBP-4 treten können (3C).
Außerdem
wurden LTBP-2 und LTBP-3 in Gen-Knockout-Studien völlig anderen
Funktionen zugeordnet. Zum Beispiel sterben Mäuse, die Nullallele von LTBP-2
exprimieren, sehr früh
in der Entwicklung, höchstwahrscheinlich
aufgrund einer fehlerhaften Implantation (Shipley, J.M. et al. (2000),
Mol. Cell. Biol. 20, 4879-4887).
Dagegen entwickeln LTBP-3-Knockout-Mäuse aufgrund einer fehlerhaften
Knochenbildung ausgedehnte Skelettabnormalitäten.
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Alles
in allem stellt die vorliegende Erfindung ein nichthumanes Tiermodell
einer humanen Krankheit bereit, das einige entscheidende Funktionen
von LTBP-4 erkennen lässt.
In Anbetracht dieser Funktionen kann das Tiermodell der Erfindung
verwendet werden, um neue Behandlungen für Bindegewebsstörungen,
Lungenemphyseme, Kardiomyopathie und Krebs anzugeben und um Informationen über Krebs
und über
die normale und fehlerhafte Funktion von Bindegewebe, Lunge und
Herz zu erhalten. Weiterhin kann das Tiermodell der vorliegenden
Erfindung auch zur Analyse der molekularen Mechanismen von LTBP-4
und des TGF-β-Signalwegs
und für
die Identifizierung und Klonierung von Modifikator-Genen, die den
mit Krebs, Lungenemphysem, Kardiomyopathie oder anderen Zuständen, die
in dem Tiermodell der Erfindung vorkommen, zusammenhängenden
Phänotyp
modifizieren, verschlimmern, reduzieren oder hemmen können, verwendet
werden. Außerdem
kann das Tiermodell für
die Identifizierung von frühen
diagnostischen Markern für
Krebs und/oder Lungenemphysem und/oder Kardiomyopathie oder andere
Zustände,
die in dem Tiermodell der Erfindung vorkommen, verwendet werden.
Außerdem
kann das Tiermodell der vorliegenden Erfindung auch zur Überwachung der
Aktivität
von Mitteln, die für
die Prävention
oder Behandlung von Krebs und/oder Lungenemphysem und/oder Kardiomyopathie
oder anderen Zuständen,
die in dem Tiermodell der Erfindung vorkommen, geeignet sind, und
als Testmodellsystem für
Mittel, von denen man annimmt, dass sie Krebs und/oder Lungenemphysem
und/oder Kardiomyopathie oder andere Zustände, die in dem Tiermodell
der Erfindung vorkommen, fördern
oder verschlimmern, verwendet werden.
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Beschreibung
der Figuren
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Die
vorliegende Erfindung wird weiterhin durch die folgenden Figuren
veranschaulicht:
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1:
Kolorektalkarzinom bei Mäusen
der vorliegenden Erfindung (die Mäuse der vorliegenden Erfindung,
die hier als 3C7-Mäuse
bezeichnet werden). A. Rektalprolaps (linkes Bild) und Verdauungstraktpräparat mit
Kolorektaltumor (Pfeil) (rechtes Bild) einer 4 Monate alten Maus.
B. Histologische Schnitte durch den Kolorektalbereich von Wildtyp-
(+/+) und homozygoten 3C7-Mäusen
(–/–). Oben:
PAS-Anfärbung
bei 200facher Vergrößerung.
Unten: Immunfärbung
für das
proliferationsassoziierte Antigen Ki-67. Der Pfeil zeigt auf eine anomale
dysplastische Krypte. Der Phänotyp –/– war über 6 Generationen
von Rückkreuzungen
gegenüber einem
genetischen C57BL/6-Hintergrund stabil.
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2:
Lungenemphysem und Kardiomyopathie bei 3C7-Mäusen. A. Herz/Lungen-Präparate von Wildtyp-
(+/+) und homozygoten 3C7-Mäusen
(–/–). B. Lungen.
Hämatoxylin/Eosin-Färbung bei
200facher Vergrößerung.
C. Herzen. Hämatoxylin/Eosin-Färbung bei
200facher Vergrößerung.
Der Phänotyp –/– war über 6 Generationen
von Rückkreuzungen
gegenüber
einem genetischen C57BL/6-Hintergrund stabil.
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3:
Genfallenzerstörung
des LTBP-4-Genlocus. A. Vorausgesagte Intron/Exon-Struktur des Maus-LTBP-4-Gens
mit der Genfallenintegrationsstelle. Die Exon/Intron-Struktur wurde
zusammengestellt, indem man die volle Länge der Maus-cDNA-Sequenz (SEQ
ID Nr. 1, SEQ ID Nr. 2), die volle Länge der humanen cDNA-Sequenz
und die verfügbare
genomische Sequenz des zum humanen Chromosom 11 syntänen Mauschromosoms
7 verwendete. B. Struktur des U3Cre-Genfallen-Provirus (oben) und
Northern-Blot-Analyse von 3C7-ES-Zellen (unten). Polyadenylierte
mRNAs von sich differenzierenden ES-Zellen wurden durch Blotting auf
Nylonfilter übertragen
und mit 32P-markierten Cre- oder L32-spezifischen Sonden
hybridisiert. C. LTBP-4-Expression bei Wildtyp- (+/+) und homozygoten
3C7-Mäusen
(–/–). Oben:
Northern-Blot-Analyse. Polyadenylierte RNAs aus ausgewählten Mausgeweben
wurden durch Blotting auf Nylonfilter übertragen und mit 32P-markierter
LTBP-4-Sonde hybridisiert. Die Sonde war ein 505-kb-Fragment, das
sich zwischen den Nucleotiden 862 und 1367 der LTBPS-4-cDNA (SEQ ID Nr.
2) erstreckt (wegen der Lokalisierung siehe A). Unten: Immunblotting
mit humanen Anti-LTBP-4- und Anti-LTBP-1-Antikörpern. Proteine von ausgewählten Gewebeaufschlüssen wurden
auf denaturierenden Polyacrylamid-Gelen getrennt, auf Nitrocellulosemembranen übertragen
und mit polyklonalen Anti-LTBP-1- oder Anti-LTBP-4-Antikörpern umgesetzt.
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4:
Sequenz von Intron 5 des Maus-LTBP-4-Gens. Ein Pfeil weist auf die
Genfallen-Integrationsstelle hin. Spleißdonor- und Spleißakzeptorstellen
wurden unterstrichen.
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5:
Elastische Fasern in ausgewählten
Geweben von homozygoten 3C7-Mäusen. Die
Schnitte wurden mit Weigerts Resorcin-Fuchsin angefärbt und
unter 200facher Vergrößerung analysiert
(+/+ Wildtypmäuse; –/– 3C7-Mäuse).
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6:
Intrazelluläres
vs. extrazelluläres
TGF-β1 in
ausgewählten
Mausgeweben. Gewebeschnitte wurden mit polyklonalen TGF-β-Antikörpern angefärbt, die
spezifisch für
die intrazelluläre
(LC) oder extrazelluläre
(CC) Form von TGF-β1
sind.
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Beispiele
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Die
Erfindung wird beispielhaft durch die folgenden veranschaulichenden,
aber nichteinschränkenden Beispiele
beschrieben:
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Beispiel 1. Ein Stammzellklon,
der aus einem Genfallen-Screening gewonnen wurde, erzeugt bei transgenen Mäusen einen
komplexen Krankheits-Phänotyp
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Aus
einem größeren Screening
nach Genfallenintegrationen in Gene, die während der ES-Zelldifferenzierung
induziert werden (Thorey, I.S. et al. (1998), Mol. Cell Biol. 18,
3081-3088), wurde eine Integration erhalten (hier als 3C7 bezeichnet),
die einen komplexen Krankheitsphänotyp
erzeugte, wenn sie in transgenen Mäusen bis zur Homozygotie gezüchtet wurde.
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Vom
129/Sv-Stamm abgeleitete (D3) ES-Zellen wurden auf bestrahlten (32
Gy) MEF-Feeder-Schichten in DMEM, das mit 15% (v/v) vorselektiertem
und hitzeinaktiviertem fetalem Kälberserum
(FCS) (Linaris, Bettingen, Deutschland), 100 mM nichtessentiellen
Aminosäuren
(Gibco), 0,1 mM Mercaptoethanol (Sigma), 1000 E/ml leukämiehemmendem
Faktor (LIF) (Esgro®, Gibco/BRL) und 5 mg/ml
Penicillin und Streptomycin ergänzt
war, gezüchtet.
Die Differenzierung wurde durch Entzug von LIF und Feeder-Schichten
während
4 Tagen induziert (Thorey, I.S. et al. (1998), Mol. Cell. Biol.
18, 3081-3088). Eine Infektion von ES-Zellen mit dem U3Cre-Genfallenvirus
wurde durchgeführt,
indem man 150 ES-Zellen 2 Stunden lang mit 50 μl des zuvor beschriebenen virushaltigen Überstands
inkubierte (Thorey, I.S. et al. (1998), Mol. Cell. Biol. 18, 3081-3088).
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Von
129/Sv(D3)-ES-Zellen abgeleitete Chimären wurden durch Injizieren
von C57BL/6-Blastocysten erzeugt. Die resultierenden männlichen
Chimären
wurden mit C57BL/6-Weibchen gepaart, und die Aguti-Nachkommen wurden
durch Schwanz-Blotting auf Transgen-Transmission getestet. Mäuseschwanz-DNA wurde
mit BglII gespalten, das kein Provirus schneidet. Die DNA wurde
auf 1%-Agarose-Gelen fraktioniert, durch Blotting auf Hybond-N-Nylonfilter
(Amersham/Pharmacia, Piscataway, NJ) übertragen und mit einer 32P-markierten Sonde mit einer provirusflankierenden
Sequenz hybridisiert. Tiere, die in Bezug auf die Genfalleninsertion
heterozygot waren, wurden über
wenigstens sechs Generationen mit C57BL/6-Mäusen rückgekreuzt, bevor die Phänotypen
in den heterozygoten und homozygoten Nachkommen analysiert wurden.
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Bis
zum Alter von vier Wochen entwickelten 3C7-Mäuse einen Rektalprolaps, der
durch ein ausgedehntes Ödem
in der Schleimhautschicht des Kolorektalbereichs induziert wurde
(1A, linkes Bild). Paraffinschnitte
von Mäusegeweben
wurden hergestellt und gemäß den Standard-Histopathologieverfahren,
die dem Fachmann bekannt sind, angefärbt. Mikroskopisch zeigte der
Bereich dysplastische und/oder kollabierte Krypten mit einer erhöhten Zahl
von Becherzellen (Daten nicht gezeigt). Läsionen dieses Typs stehen mit
einem präneoplastischen
Stadium von Kolonkarzinom im Einklang, und tatsächlich entwickelten 3C7-Mäuse bis zum Alter von 4-6 Monaten
sichtbare Tumoren mit Durchmessern von 0,7 bis 1,5 cm (1A, rechtes Bild). Histologisch bestanden
die Tumoren aus unregelmäßigen Krypten,
die durch hochproliferative anaplastische Zellen gebildet wurden,
die die Schleimhautschicht und die Schicht der glatten Muskelzellen
der Kolonwand infiltrierten (1B).
Diese Pathologie ist typisch für
aggressive Adenokarzinome und ist ähnlich wie bei den Karzinomen,
die sich bei Smad-3-Knockout-Mäusen
entwickeln (Zhu, Y. et al. (1998), Cell 94, 703-714). Da Smad 3
ein stromabwärts
gelegener Angriffspunkt von TGF-β ist,
ließ die Ähnlichkeit
zwischen den Tumoren vermuten, dass sich die Tumoren sowohl bei
Smad-3-Knockout- als auch bei 3C7-Mäusen als Folge eines fehlerhaften
TGF-β-Signalwegs entwickelten.
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Neben
den Tumoren entwickelten 3C7-Mäuse
ein Lungenemphysem, das im Unterschied zu den Tumoren bereits bei
der Geburt vorhanden war. Das Emphysem verschlimmerte sich mit der
Zeit, so dass die Lungen von 3C7-Mäusen bis zum Alter von 4-6
Monaten die normale Größe vierfach übertrafen
(2A, B). Histologisch waren die Alveolarräume erweitert,
aufgebläht
und zahlenmäßig erheblich
reduziert. Sie waren von dünnen,
dysplastischen und häufig
unvollständigen
Septumwänden
umgeben (2B). Das lobuläre Bindegewebe
war reduziert und durch multifokale atelektatische Bereiche ersetzt.
Dies führte
zu einem fast vollständigen
Verlust der Lungenelastizität.
Das Emphysem war mit einer Kardiomegalie verbunden, die biventrikuläre Dilatation
und myofibrilläre
Hypertrophie beinhaltete (2C). In
den meisten Fällen überstieg
der Herz/Körpergewicht-Index
den normalen Wert um 30%.
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Klinisch
waren die Tiere bis zu einem Alter von 4-6 Monaten gesund, aber
danach verschlechterte sich ihr allgemeiner Zustand. In diesem Stadium
wurden die Mäuse
aufgrund von schwerer Dyspnoe und Prolapsinfektionen, die häufig bis
zu einer ulzerativen Proktitis fortschritten, getötet. Die
Autopsie zeigte eine massive inflammatorische Infiltration der Kolonwand,
die mit einer reaktiven Splenomegalie verbunden war. (Alle anderen
Organe und Gewebe waren mikroskopisch normal. Die Analyse beinhaltete
die Leber, Niere, den Darm, die Lymphknoten, das Gehirn, Knochenmark,
den Thymus, die Nebennieren, die Hypophyse, Schilddrüse, Bauchspeicheldrüse, Eierstöcke, Gebärmutter
und Hoden.)
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Da
heterozygote Mäuse
von Wildtypmäusen
nicht unterscheidbar waren und die Transgen-Vererbung mit einem
Mendelschen Muster im Einklang stand, wurde geschlossen, dass die
Genfalle die Funktion eines autosomalen rezessiven Gens zerstört hatte.
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Beispiel 2. Die Genfallenintegration
bei 3C7-Mäusen
ist im 5. Intron des LTBP-4-Gens
lokalisiert
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Um
das für
den 3C7-Phänotyp
verantwortliche Gen zu identifizieren, wurde 5'RACE verwendet, um eine zelluläre Sequenz
zu isolieren, die mit dem Provirus cotranscribiert wird (Genfallensequenzmarker, GTST)
(Wiles, M.V. et al. (2000), Nat. Genet. 24, 13-14). Normalerweise
selektiert der bei diesen Experimenten eingesetzte Typ der retroviralen
Genfalle nach Integrationen in Exons (Exonfalle), und in den meisten
Fällen werden
Sequenzen stromaufwärts
der Integrationsstelle als Zelle-Provirus-Fusionstranscripte transcribiert,
die leicht durch RT-PCR
identifiziert werden können
(Wempe, F. et al. (2001), Genome Biol. 2, Research 0023.1-0023.10).
Da 5'RACE und Northern-Blotting
keine Zelle-Provirus-Fusionstranscripte
zeigten (3B), wurde geschlossen, dass
in diesem Fall die Genfalle, die normalerweise ausgehend von einem
stromaufwärts gelegenen
zellulären
Promotor transcribiert wird, stattdessen durch einen nahegelegenen
zellulären
Enhancer aktiviert wurde. Enhancer-Aktivierungen mit dieser Art
von Genfalle wurden beobachtet, da sie noch einen minimalen Promotor
im 5'LTR enthält (3B) (Thorey, I.S. et al. (1998), Mol.
Cell. Biol. 18, 3081-3088). Zusammengenommen zeigten diese Ergebnisse,
dass die Genfalle in ein Intron integriert worden war und daher
für das
Klonieren durch RT-PCR nicht zugänglich
war. Inverse PCR und Genome-Walking wurden verwendet, um die genomische
Sequenz zu isolieren, die die Provirus-Integrationsstelle überspannt.
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Inverse
PCR ausgehend von genomischer DNA wurde unter Verwendung des glatte
Enden erzeugenden Restriktionsenzyms SspI und von Cre-spezifischen
Primern durchgeführt
(Wempe, F. et al. (2001), Genome Biol. 2, Research 0023.1-0023.10).
Ein 210-nt-Amplifikationsprodukt wurde in den p-GEMT-Vektor (Promega,
Madison, WI) kloniert und unter Verwendung eines ABI 310 Genetic
Analyzer (Perkin-Elmer, Foster, CA) sequenziert. Die stromaufwärts gelegene
Provirus-flankierende Sequenz wurde durch Genome Walking verlängert, wobei
man den Maus-GenomeWalker-Kit (Clontech, Palo Alto, CA) gemäß den Anweisungen
des Herstellers und die spezifischen, auf die flankierende Sequenz
gerichteten Vorwärtsprimer
5'-AAGAGGGAGAAGAAACTGGGCTGG-3' (SEQ ID Nr. 3) und
5'-TCCTGTAGTGTTTGCCCCTG-3' (SEQ ID Nr. 4) verwendete.
Ein 781 bp großes
genomisches Contig, das die Provirus-Integrationsstelle überspannt,
wurde ausgehend von der EcoRV-Bibliothek des Kits amplifiziert und
als Sonde verwendet, um die Lambda-TripleEx-5'-Stretch-PLUS-Mausnieren-cDNA-Bibliothek
(Clontech, Palo Alto, CA) und die genomische Lambda-EMBL3-Mausleber-Bibliothek (Clontech,
Palo Alto, CA) zu durchmustern. Positive Plaques wurden mit Standardmethoden
gereinigt, und Inserts wurden nach Subklonieren in Bluescript-Vektoren
sequenziert.
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Das
781-nt-Contig wurde kloniert und sequenziert und verwendet, um Übereinstimmungen
in den öffentlichen
Datenbanken zu finden. Zelluläre
Sequenzen, die Provirus-Integrationen benachbart sind (Genfallensequenzmarker,
GTSTs), wurden in den genomischen NCBI/NIH-Datenbanken (http://www.ncbi.nlm.nih) unter
Verwendung des Blast-Algorithmus gesucht. Da nach ausgedehnter Suche
keine Übereinstimmungen gefunden
wurden, wurde geschlossen, dass das gefangene Gen noch unbekannt
ist. Um das Gen zu identifizieren, wurden cDNA- und genomische Bibliotheken mit Verfahren,
die dem Fachmann bekannt sind, mit dem genomischen Contig durchsucht,
was zur Isolierung eines 12 kb großen genomischen Fragments mit
zwei kurzen Stücken
mit Homologie mit der humanen cDNA, die das latente Transformierender-Wachstumsfaktor-β-Bindungsprotein
4 (LTBP-4; Genbank Zugriffs-Nr. AF051344; ref. NM/003573.1; AF051345)
codiert, führte.
Die übereinstimmenden
Segmente entsprachen den Exons 6 und 7, die das 5'-Ende des ersten
EGF-Repeats codieren, welches bekannten Spleißvarianten gemeinsam ist (Saharinen,
J. et al. (1998), J. Biol. Chem. 273, 18459-18469) (3A).
Die Spleißvarianten
LTBP-4L (lange Spleißvariante)
und LTBP-4S (kurze Spleißvariante)
der Maus-LTBP-4-cDNA sind in SEQ ID Nr. 1 bzw. SEQ ID Nr. 2 gezeigt.
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3A zeigt, dass die Genfallenintegration
in das 5. Intron des Maus-LTBP-4-Gens
in einer reversen Transcriptionsorientierung relativ zu dem Gen
stattgefunden hatte. Diese umgekehrte Orientierung erklärt das Fehlen
eines Zelle-Provirus-Fusionstranscripts
und spricht für
eine Genfallenaktivierung durch einen zellulären Enhancer. Die Sequenz von
Intron 5 des Maus-LTBP-4, die die Genfallenintegration enthält, ist
in 4 und in SEQ ID Nr. 5 gezeigt.
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Beispiel 3. Die Integration
des Provirus in LTBP-4 unterbricht die Genexpression in schwerwiegender
Weise
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Um
zu untersuchen, ob die Zerstörung
des proviralen Introns die Genexpression stört, wurde mRNA aus einer Vielzahl
von Mäusegeweben
auf Northern-Blots mit einer LTBP-4-spezifischen Sonde hybridisiert. Für Northern-Blots
wurden 2,5 μg
Poly(A)+-mRNAs, die mit dem FastTrack-2.0-mRNA-Reinigungskit
(Invitrogen, Carlsbad, CA) gereinigt worden waren, in 1%-Formaldehyd-Agarose-Gelen
fraktioniert, auf Hybond-N-Nylonfilter übertragen und mit einer 32P-dCTP-markierten LTBP-4-spezifischen Sonde
hybridisiert. Die Sonde war ein 505-bp-Fragment, das in der Maus-LTBP-4S-cDNA
zwischen den Nucleotiden 862 und 1367 lokalisiert ist (SEQ ID Nr.
2). Alle Sonden wurden durch statistisches Primen unter Verwendung
des Rediprime-Kits (Amersham/Pharmacia, Piscataway, US) hergestellt.
Blots wurden auf Kodak-Biomax-Autoradiographie-Film einwirken gelassen.
Wie in 3C (oben) gezeigt ist, exprimierten
Mäuse,
die in Bezug auf die Genfallenintegration homozygot waren, weniger
als 2% normale LTBP-4-mRNA.
Die Transcriptionsniveaus bei Wildtypmäusen waren in der Lunge, im
Herzen und im Kolon signifikant höher als in anderen Geweben,
was eine Verknüpfung
zwischen dem Phänotyp
und der LTBP-4-Expression beweist (3C).
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Um
zu testen, ob die Proteinmengen in ähnlicher Weise reduziert waren,
wurde derselbe Bereich von Geweben durch Immunoblotting unter Verwendung
eines spezifischen Anti-LTBP-4-Antikörpers analysiert (Saharinen,
J. et al. (1998), J. Biol. Chem. 273, 18459-18469). Gleiche Mengen
von ausgewählten
Geweben wurden in eiskaltem RIPA-Puffer homogenisiert (150 mM NaCl,
1% NP-40, 0,5% Natriumdesoxycholat in 50 mM Tris-HCl, pH 7,2). Nach
der Zentrifugation wurde das unlösliche
Desoxycholat-Sediment in PBS gewaschen und mit Plasmin verdaut (Taipale
et al. (1992), J. Biol. Chem. 267: 25378-25384). Nach der Zugabe
von Protease-Inhibitoren (Roche Diagnostics, Mannheim, Deutschland)
wurden die Überstände in Microcon-30-Konzentratoren
(Amicon, Millipore Corp., Bedford, MA) konzentriert. Proteine wurden
auf 7%-SDS/PAGE-Gelen fraktioniert und auf Protran-Nitrocellulosemembranen
(Schleicher & Schuell,
Dassel, Deutschland) übertragen. Nach
der Behandlung mit polyklonalen Anti-LTBP-1- oder Anti-LTBP-4-Antikörpern wurde
ein Immunnachweis durchgeführt
(Saharinen et al. (1998), J. Biol. Chem. 273, 18459-18469). Wie
in 3C (unten) gezeigt ist, war in
3C7-Mäusen
kaum Protein nachweisbar, und die Mengen folgten eng dem Muster
der mRNA-Expression in den Wildtypmäusen. Zusammengenommen zeigten
die Ergebnisse, dass die Genfallenintegration in das 5. Intron des
LTBP-4-Gens fast zu einem Nullallel führte.
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Beispiel 4. Elastische
Fasern in der Lunge und im Kolon erfordern LTBP-4
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Zusammen
mit Fibrillinen bilden LTBPs eine Hülle von Mikrofibrillen, die
den Elastinkern der elastischen Faser umgibt. Fibrilline sind für die Integrität von elastischen
Fasern essentiell, und Mutationen in den Fibrillin-Genen sind bei
Bindegewebsstörungen,
wie Marfan-Syndrom, häufig.
Da sich gezeigt hat, dass 3C7-Mäuse
keine elastischen Fasern zusammensetzen können, insbesondere in der Lunge
und im Kolon, ist das Tier der vorliegenden Erfindung ein geeignetes
Modell, um die Rolle von LTBP-4 für das Zusammensetzen von elastischen
Fasern zu untersuchen. Um dies zu testen, wurden elastische Fasern
unter Verwendung eines elastinspezifischen histologischen Farbstoffs
sichtbar gemacht. Gewebe wurden in 4%igem gepuffertem Formalin fixiert,
durch eine abgestufte Reihe von Alkohol geführt, in Xylol geklärt und 8
Stunden lang in einen Gewebeprozessor gelegt. Paraffinschnitte von
5 μm wurden
mit einem Rotationsmikrotom hergestellt und auf lysinbeschichtete
Objektträger
gelegt. Nach 45 Minuten Inkubation bei 65°C wurden die Objektträger in Xylol entparaffiniert.
Nach dem Rehydratisieren in doppelt destilliertem H2O
wurden die Objektträger
6 Stunden lang bei Raumtemperatur in Weigerts Resorcin-Fuchsin-Lösung (70% v/v Ethanol, 1% v/v
konz. Salzsäure
und 0.2% v/v Resorcin-Fuchsin
[Chroma, Münster,
Deutschland]) eingetaucht. Nach dem Waschen in doppelt destilliertem
H2O wurden die Objektträger in Alkohol dehydratisiert
und in Permount montiert.
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5 zeigt,
dass die Lunge und das Kolon von 3C7-Mäusen keine elastischen Fasern
aufwiesen und stattdessen multiple Flecken von fragmentiertem und
kondensiertem Elastin aufwiesen (5). Überraschenderweise
erschienen elastische Fasern im Herzen durch die Mutation unverändert, was
darauf hinweist, dass die schwere Kardiomyopathie wenigstens zum
Teil sekundär
bezüglich
des Emphysems ist (5). Zusammengenommen zeigen
die Ergebnisse, dass LTBP-4 für
das Zusammensetzen von elastischen Fasern essentiell ist.
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Beispiel 5. Der Export
von TGF-β1
zur ECM erfordert LTBP-4
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Vor
kurzem wurde gezeigt, dass von allen TGF-β-Isoformen in vitro nur TGF-β1 an LTBP-4
bindet (Saharinen, J. & Keski-Oja,
J. (2000), Mol. Biol. Cell. 11, 2691-2704). Weiterhin sind LTBPs für den Export
von TGF-β zur
ECM verantwortlich. Um zu testen, ob Mäusen, denen LTBP-4 fehlt, auch
extrazellulärer
TGF-β1 fehlt,
wurden Anti-TGF-β1-Antikörper verwendet,
die TGF-β1-Epitope
erkennen, welche sich selektiv innerhalb (LC) oder außerhalb
(CC) der Zelle zeigen (Flan ders, K.C. et al. (1989), J. Cell Biol.
108, 653-660, Thompson, N.L. et al. (1989), J. Cell Biol. 108, 661-669).
Für Immunfärbungen
wurden Objektträger
mit deparaffiniertem und rehydratisiertem Gewebe zuerst 30 Minuten
lang mit 30%igem H2O2 behandelt,
um die endogene Peroxidase zu blockieren. Nach Abspülen in doppelt
destilliertem H2O und 5-10 Minuten Tränken in
PBS wurden die Objektträger
mit 10% (w/v) BSA in PBS behandelt, um unspezifische Proteinbindungsstellen
zu entfernen. Dann wurden die Objektträger über Nacht bei 4°C dem polyklonalen
Anti-TGF-β1-CC(1-30)-
und Anti-TGF-β1-LC(1-30)-Antikörper in
Konzentrationen von 1 μg/ml
bzw. 4 μg/ml
ausgesetzt (Flanders, K.C. et al. (1989), J. Cell Biol. 108, 653-660).
Nach dem Entfernen von überschüssigem Antikörper wurden
die Objektträger
30 Minuten lang bei 37°C
mit biotinmarkiertem Anti-Maus-Antikörper (Dianova, Hamburg) und
schließlich 20
Minuten lang bei 37°C
mit Meerrettich-Peroxidase(HRP)-markiertem Streptavidin (Zymed,
CA) behandelt. Nach dem Waschen wurden die Objektträger 10 Minuten
lang bei Raumtemperatur in Diaminobenzidin (Sigma, St. Louis, MO)
inkubiert. Die Objektträger
wurden nach Entfernen des überschüssigen Substrats
in doppelt destilliertem H2O unter einem
herkömmlichen
Mikroskop untersucht.
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Die
immunhistochemische Analyse zeigte, dass die Lunge, das Kolon und
das Herz bei 3C7-Mäusen keinen
extrazellulären
TGF-β1 enthielten.
Da die intrazellulären
Mengen normal waren, beweisen die Ergebnisse einen Defekt beim Exportieren
von TGF-β1
zur ECM. Dieser Defekt ist gewebespezifisch, da die Nieren von 3C7-Mäusen normale
extrazelluläre
TGF-β1-Mengen
aufwiesen (6).
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