DE60126795T2 - Verfahren und Kit zur Bestimmung der geographischen bzw. populationsmässigen Herkunft von Menschen - Google Patents

Verfahren und Kit zur Bestimmung der geographischen bzw. populationsmässigen Herkunft von Menschen Download PDF

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Description

  • Gebiet der Erfindung
  • Die vorliegende Erfindung liegt innerhalb der Gebiete menschliche Herkunft, Medizin und Evolutionsbiologie. Insbesondere betrifft die Erfindung ein Verfahren und einen Kit zur Bestimmung der geographischen oder populationsmäßigen Herkunft eines Menschen auf der Basis von mitochondrialen DNA-Sequenzen und spezifischerweise die Verwendung von mitochondrialen DNA-Varianten (Polymorphismen) aus dem vollständigen menschlichen Mitochondrien-Genom. Diese Information wird beim Vergleich biologischer Proben mit Proben bekannter Herkunft oder mit einer Datenbank mitochondrialen Genom-Sequenzen verwendet.
  • Hintergrund der Erfindung
  • Jedes Individuum, mit Ausnahme eineiiger Zwillinge, weist eine unikale genetische Konstitution auf. Die Identifizierung der genetischen Herkunft kann deshalb im Prinzip auf der Basis eines Vergleichs des genetischen Materials zwischen z.B. einer Probe einer unbekannten menschlichen Herkunft und Bezugsbeispielen bekannter Herkunft basieren. Eine solche Analyse ist bei Untersuchungen der Mutterschaft und Vaterschaft relevant, bei Immigrationsfällen, wo die familiären Verhältnisse diskutiert werden, in der medizinischen und evulotionsbiologischen Forschung.
  • Das genetische Material (DNA) in Menschen findet sich im Zellkern (der über 99% des Materials enthält) und den Mitochondrien (mit weniger als 1%). Die DNA im Kern wird von jedem Elternteil zu 50% geerbt, während die DNA in den Mitochondrien (mtDNA genannt) nur von der Mutter abgeleitet ist (ein Prozess, der als mütterliche Vererbung bezeichnet wird). Mehrere Eigenschaften des Mitochondrien-Genoms unterscheiden es von dem des Kerns. Die hohe mtDNA-Kopienzahl pro Zelle (1.000 bis 10.000 Kopien/Zelle) ermöglicht eine Analyse des Materials mit begrenzten Mengen von oder teilweise abgebauter DNA (Bodenhagen und Clayton, 1974). Die höhere Nucleotid-Substitutionsrate von mtDNA in Relation zu den meisten Kern-Genen erhöht auch das Potential für eine individuelle Identifizierung (Brown et al. 1982). Schließlich wird die mtDNA einseitig über das mütterliche Elternteil vererbt (Hutchinson et al. 1974). Da die mtDNA von Geschwistern und nahen mütterlichen Verwandten, mit Ausnahme neuer Mutationen, als identisch angenommen wird, können die Individuen einer mütterlichen Linie zugeordnet werden. Aufgrund der haploiden oder klonalen Natur von mtDNA verursacht Jumping-PCR (Pääbo et al., 1989), die üblicherweise in abgebauter DNA auftritt, keine fehlerhaften Ergebnisse. Im Gegenteil kann bei der Analyse nuclearer Loci Jumping-PCR die Gegenwart chimärer Sequenzen ergeben, die die Interpretation der Allelphase des Polymorphismus komplizieren.
  • Untersuchungen menschlicher Herkunft basierten auf der Analyse kleiner Segmente von nuclearer DNA oder mtDNA. Die Untersuchungen von mtDNA wurden auf ein kleines Segment des mtDNA-Genoms, als D-Loop bezeichnet, begrenzt (Higuchi et al., 1988, Wilson et al., 1993, Ginther et al., 1992, Hagerberg und Sykes, 1989, Stoneking et al., 1991, Holland et al., 1993, Handt et al., 1994, Gill et al., 1994, Allen et al., 1998). Es wurden keine Untersuchungen, die die gesamte mtDNA zum Zweck der Bestimmung der mütterlichen Linie und der Ableitung der geographischen oder populationsmäßigen Herkunft einschließen, beschrieben. Die Analyse der D-Loop-Region wurde durch die extreme Variation der Substitutionsrate zwischen verschiedenen Nucleotid-Stellen (was den Ausschluss einiger Stellen aus der Analyse erforderlich macht) und der relativ hohen Rate neuer Mutationen (die gegebenenfalls zu falschen Einschlüssen/Ausschlüssen führen) verkompliziert. Verschiedene Gewebe eines Individuums können auch Unterschiede in der D-Loop-mtDNA aufweisen, was Vergleiche zwischen Proben mütterlicher Verwandte, aber mit verschiedenem Gewebe-Typ, zweifelhaft macht.
  • Es wurden Untersuchungen durchgeführt zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, mit der die ethnische Hauptgruppe (oder die geographische Region) eines Individuums auf der Basis von D-Loop-Sequenzen beurteilt werden kann (Allen et al., 1998). Unter Verwendung von D-Loop-Sequenzen allein ist es unmöglich, die geographische oder populationsmäßige Herkunft eines Individuums zu identifizieren.
  • Gemäß einer Untersuchung stellt ein menschliches mitochondriale DNA(mtDNA)-Standard-Bezugsmaterial (SRM2392) eine Qualitätskontrolle bereit, wenn mtDNA für forensische Bestimmungen, medizinische Diagnose oder Mutationsbestimmungen sequenziert wird. Achtundfünfzig Primer-Sets ermöglichen es, einen Bereich oder die gesamte mtDNA für diesen Zweck zu amplifizieren und zu sequenzieren (Levin et al., 1999).
  • In einer anderen Untersuchung wurden achtundachtzig Typen von mtDNA durch Sequenzieren des variabelsten Teils der Kontrollregion von 117 Kaukasiern gefunden. Die mtDNA-Sequenzen wurden verwendet, um das Verzweigungsmuster im Evolutionsbaum für Menschen zu analysieren (Di Rienzo et al., 1991).
  • In einer weiteren Untersuchung wird die Analyse ausgewählter Polymorphismen in Mitochondrien beschrieben. Proben von zur Haplogruppe U gehörenden 22 Finnen wurden getestet. Dreiundsechzig PCT-Fragmente, die die kodierende Region überdecken, wurden durch Konformations-sensitive Gelelektrophorese analysiert. Das phylogenetische Netzwerk der 22 Kodierungsregion-Sequenzen bildete einen von Homoplasie freien Baum und ergab mehrere vorher nicht identifizierte Polymorphismen charakterisierende Untergruppen von U (Finnilä et al., 2000).
  • In einem weiteren Dokument des Standes der Technik wird das Sequenzieren des vollständigen mitochondrialen Genoms mehrerer Individuen beschrieben und eine große Reihe von Polymorphismen identifiziert (EP-A2-0812922).
  • Untersuchungen des menschlichen Mitochondrien-Moleküls wurden auch durch RFLP-Analyse durchgeführt und ergaben Daten einiger DNA-Varianten außerhalb des D-Loops. Diese Analysen wurden durchgeführt, um die evolutionäre Geschichte der menschlichen Spezies zu untersuchen, oder um Mutationen zu identifizieren, die mitochondriale Erkrankungen verursachen, und wurden nicht für den Zweck durchgeführt, die geographische und populationsmäßige Herkunft eines Individuums abzuleiten.
  • Zusammenfassung der Erfindung
  • Die vorliegende Erfindung stellt ein Verfahren zur Bestimmung der geographischen und populationsmäßigen Herkunft eines Individuums auf der Basis einer Analyse biologischer Proben bereit. Erfindungsgemäß basiert die Analyse auf einer Analyse der gesamten mitochondrialen DNA (mtDNA) außerhalb des D-Loops, und einem Vergleich der untersuchten Probe mit der einer bekannten Herkunft oder mit einer Datenbank von Sequenzen des vollständigen mitochondrialen Genoms.
  • In einem ersten Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Bestimmung der geographischen und populationsmäßigen Herkunft eines Menschen, das die folgende Schritte umfasst:
    • a) Bestimmen der vollständigen Nucleinsäuresequenz des mitochondrialen Genoms außerhalb des D-Loops einschließlich polymorpher Stellen in einer Probe eines Menschen, dessen Herkunft oder Identität untersucht wird; und
    • b) Vergleichen der Information aus Schritt a) mit mitochondrialer Nucleinsäuresequenz-Information eines bekannten Ursprungs.
  • Die Körperprobe, auf die vorstehend Bezug genommen wurde, kann von Körperfluid oder -gewebe abgeleitet sein.
  • Die bekannte Information aus Schritt b) kann von Menschen bekannter Identität (Bezugspersonen) abgeleitet sein. Alternativ wird die bekannte Information in Schritt b) von einer Datenbank der Nucleinsäuresequenzinformation des gesamten mitochondrialen Genoms von Menschen verschiedener Herkunft abgeleitet. Dies kann in Fällen zweckmäßig sein, bei denen Proben mütterlicher Verwandter nicht verfügbar sind, oder wenn dies sonst als informativ betrachtet wird.
  • Die mitochondriale DNA-Sequenzinformation stammt vom gesamten mtDNA-Molekül (ca. 16.500 Nucleotide). Die Information wird aus einem Fragment davon, das die D-Loop nicht einschließt, erhalten. Die Analyse der vollständigen mtDNA-Sequenz oder von Fragmenten davon kann unter Verwendung vorhandener Technologien für eine DNA-Sequenzierung durchgeführt werden. Die Analyse der genetischen Marker kann auf DNA-Hybridisierungsassays (wie z.B. ASO-Hybridisierung, DNA-Mikrochip, Padlock), enzymatischen Spaltungsassays (OLA, Taqman), enzymatischen Extensionassays (Minisequenzierung, Pyrosequenzierung) oder anderen geeigneten Techniken zur DNA-Typisierung basieren.
  • In einem zweiten Aspekt stellt die vorliegende Erfindung einen Kit zur Bestimmung der geographischen und populationsmäßigen Herkunft eines Menschen bereit, umfassend Mittel zur Sequenzanalyse der vollständigen menschlichen mitochondrialen DNA unbekannter Herkunft und mitochondriale DNA-Sequenzinformation bekannter Herkunft. Diese Sequenzinformation kann als Merkblatt mit aufgedruckter Sequenzinformation oder als gedruckte Referenz einer Datenbank bereitgestellt werden. Die Mittel zur Sequenzanalyse können irgendein Mittel sein, das in den vorstehend beschriebenen bekannten DNA-Sequenzierverfahren verwendet wird. Die Sequenz unbekannter Herkunft wird mit den bekannten Sequenzen oder einer Datenbank mit vollständigen Mitochondrien-Genomen verglichen und Schlussfolgerungen über die geographische und populationsmäßige Herkunft können gemacht werden.
  • Der Kit, der Mittel zur Analyse polymorpher Stellen außerhalb des D-Loops umfasst, wird beschrieben. Für die Zwecke der vorliegenden Erfindung geeignete polymorphe Stellen werden in Tabelle 1 aufgelistet. Der D-Loop wird von 16028 bis 577 (d.h., 16028 bis 15569 und 1-577) beziffert.
  • In einer alternativen Ausführungsform stellt die vorliegende Erfindung ein spezifisches Set von Laboratoriumsreagentien und Bedingungen (Protokoll) zur Bestimmung der Art des Nucleotids an einem ausgewählten Set der polymorphen Stellen im Mitochondrien-Genom auf der Basis der Verwendung des Pyrosequenzverfahrens bereit.
  • Detaillierte Beschreibung der Erfindung
  • Die Erfindung wird nun näher zusammen mit den anliegenden Zeichnungen beschrieben, in denen bedeuten:
  • 1 Datenmatrices, die alle informativen Nucleotidpositionen in 53 der 124 Individuen, von denen das vollständige Mitochondrien-Genom bestimmt wurde, in der Reihenfolge zunehmender Frequenz in a) dem gesamten mtDNA-Genom, ausschließlich des D-Loops, und b) dem D-Loop, zeigen. Die Bäume an der linken Seite sind Cladogramme mit der gleichen Topologie und Bezifferung von Individuen, wie im Baumdiagramm in 2. Individuen afrikanischer Herkunft werden ausschließlich unterhalb der strichlierten Linie gefunden und von nicht-afrikanischer Herkunft oberhalb. Die vier Hauptgruppen von Sequenzen sind in Blöcken geschachtelt. Die Blöcke bezeichnen Gruppen von Nucleotiden, die in mehreren Sequenzen identisch sind.
  • 2 zeigt ein Neighbor-Joining-Phylogramm auf der Basis von vollständigen mtDNA-Genom-Sequenzen (aber ausschließlich des D-Loops) von 53 der 124 überprüften Individuen, konstruiert unter Verwendung von PAUP*4.0-Beta (Sinauer Associates) und mit 1000 Replikaten bootstrapped (die Bootstrap-Werte sind an Knotenpunkten angegeben). Die populationsmäßige Herkunft des Individuums ist an den Zweigen angegeben. Die Verzweigungen sind wie in 1 blockweise angegeben. Individuen afrikanischer Herkunft befinden sich ausschließlich unterhalb der strichlierten Linie und nicht-afrikanischer Herkunft oberhalb der mit "+" markierte Knotenpunkt bezieht sich auf die MRCA des afrikanische und nicht-afrikanische Individuen enthaltenden jüngsten Clades.
  • 3 zeigt Mismatch-Verteilungen von paarweisen Nucleotiddifferenzen zwischen 53 mtDNA-Genomen (ausschließlich des D-Loops) für a) afrikanische und b) nicht-afrikanische Individuen.
  • 4 zeigt die Verteilung in der Zahl der Differenzen in paarweisen Vergleichen von 53 Sequenzen von nur der D-Loop und für die vollständige mtDNA-Sequenz.
  • Identifizierung der genetischen Variation im menschlichen Mitochondrien-Genom
  • Um die globale genetische Verschiedenheit in menschlicher mtDNA zu bewerten, wurde das vollständige mtDNA-Genom von insgesamt 124 Individuen bestimmt. Die Individuen wurden ausgewählt, um die höchste genetische Verschiedenheit in den menschlichen Spezien zu umfassen.
  • Das vollständige mtDNA-Genom wurde in Segmenten unter Verwendung von PCR amplifiziert und die Fragmente sequenziert. Die zur PCR-Amplifikation verwendeten Primer wurden von Reider et al. (1998) beschrieben. Das Sequenzieren wurde an den PCR-Produkten direkt unter Verwendung von Big-Dye(Applied Biosystems)-Chemie durchgeführt. Die Trennung von Sequenzleitern wurde auf dem ABI 377-Instrument zur automatischen Fragmentanalyse durchgeführt. Es wurden die Vorwärts- und Reverse-Stränge sequenziert. Die Sequenzanalyse wurde unter Verwendung der Sequenzanalyse 3.3 (Applied Biosystems) durchgeführt, und die Sequenzanordnung wurde mit Sequencher 3.1.1 (Gene Codes) durchgeführt.
  • Alle 124 vollständigen mtDNA-Sequenzen sind unikal. Unter diesen 124 Individuen wurde eine Gesamtzahl von 1122 Polymorphismen identifiziert. Eine Liste der Stellen, der Arten von an jedem dieser Stellen gefundenen alternativen Nucleotide und die Häufigkeit dieser verschiedenen Nucleotide ist in Tabelle 1 angegeben.
  • Unsere Untersuchung des gesamten Mitochondrien-Genoms weist signifikante Unterschiede zu den vorhergehenden Untersuchungen des D-Loops auf. Besonders bedeutend ist es, dass die Sequenzen außerhalb des D-Loops sich in ca. "Uhrzeigersinn"-Art entwickeln, was eine genauere Messung der Mutationsrate ermöglicht, und deshalb eine bessere Bewertung der Zeiten evolutionärer Ereignisse (Ingman et al., 2000). Der Unterschied zwischen dem D-Loop und dem verbleibenden Molekül ist im Kontrast zwischen der wirren Anordnung polymorpher Stellen im D-Loop und dem durch die Bereiche im Rest des Moleküls definierten klaren Haplo-Typen ersichtlich (1). Der aus unseren mtDNA-Sequenzen konstruierte Neighbor-Joining-Baum weist ein stark gestütztes basales Verzweigungsmuster auf (2). Die drei tiefsten Verzweigungen führen ausschließlich zu Sub-Saharan-mtDNAs, wobei die vierte Verzweigung sowohl Afrikaner als auch Nicht-Afrikaner enthält. Der tiefste statistisch gestützte Zweig (NJ Bootstrap = 100) stellt einen zwingenden Beweis einer menschlichen mtDNA-Herkunft in Afrika bereit. Unsere Daten zeigen, dass die genetische Variation (Polymorphismus) im mtDNA-Genom außerhalb des D-Loops einem sehr geringen Parallelismus unterliegt (d.h., sehr wenige unabhängige Substitutionen in mehreren mtDNA-Linien an der gleichen Stelle), was die Fähigkeit zur Bestimmung der mütterlichen Linie und die Ableitung der geographischen und populationsmäßigen Herkunft auf der Basis dieser Information erhöht, während das D-Loop zu viele parallele Substitutionen an zahlreichen Stellen aufweist, um für diesen Zweck geeignet zu sein.
  • Eignung der vollständigen mtDNA-Genomvariation für Untersuchungen der menschlichen Herkunft
  • Unsere Analyse des vollständigen mitochondrialen DNA-Genoms ausschließlich des D-Loops hat folgendes ergeben:
    • 1) Eine sehr große Zahl neuer Polymorphismen außerhalb des D-Loops wurde festgestellt, von denen viele eine stark populationsspezifische Verteilung zeigen. Dies erhöht die Fähigkeit zur Bestimmung der spezifischen mütterlichen Linie eines Individuums und definiert die geographische und populationsmäßige Herkunft eines Individuums auf der Basis einer biologischen Probe.
    • 2) Eine große Datenbank vollständiger mitochondrialer Genome, mit denen die genetische Information eines Individuums verglichen werden kann, und die geographische und populationsmäßige Herkunft bestimmt werden kann. Unsere Datenbank liefert uns z.B. eine Möglichkeit, mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zu identifizieren, ob die Probe von einem Individuum mit afrikanischer oder kaukasischer Herkunft erhalten wurde.
  • Kit zur Analyse einer Untergruppe von festgestellten mtDNA-Polymorphismen
  • Die Variation in der mt-DNA zwischen Individuen wurde hauptsächlich unter Verwendung der Sanger-Sequenzierung untersucht. Pyrosequenzierung ist im Vergleich zu vielen anderen Techniken zur genetischen Typisierung sehr rasch, robust und leicht anzuwenden (Ronaghi et al., 1996).
  • Der zur mtDNA-Bestimmung in der vorliegenden Erfindung entwickelte Kit basiert auf der Analyse von 10 PCR-Fragmenten, die hochinformative Bereiche im gesamten Mitochondrien-Genom umfassen (Tabelle 2). Das System basiert auf der Analyse von 19 Pyrosequenz-reaktionen, einschließlich von 4 HVI, 4 HVII und 11 Kodierregion-Reaktionen. Dies ermöglicht die Analyse einiger der informativsten Bereiche der gesamten mtDNA. Die Methode ermöglicht die Analyse des D-Loops und der Kodierregionen der mtDNA und kann für einen breiten Bereich biologischer Materialien angewendet werden.
  • Die Analyse des mitochondrialen D-Loops wird von zwei getrennten PCR-Fragmenten durchgeführt. Ein hypervariable Region I(HVI)-Fragment, das in vier getrennten Pyrosequenzreaktionen analysiert wird. Auf ähnliche Weise wird der hypervariable Bereich II(HVII)-Fragment in vier getrennten Pyrosequenzreaktionen analysiert. Um die Technik zu ermitteln, wurde Mitochondrien-DNA (mtDNA) aus einer Zahl von Kontrollproben analysiert. Insgesamt wurden 190 Proben auf HVII analysiert, 120 Proben wurden auf HVI analysiert, und schließlich wurden 50 forensische Beweismaterialien untersucht. Die Ergebnisse waren mit den Sequenzierdaten des D-Loops der gleichen Individuen identisch.
  • Pyrosequenzierung wurde ferner verwendet, um 11 mtDNA-Kodierregionen in 36 vorher sequenzierten Kontrollproben zu sequenzieren. Die 11 Regionen werden ausgewählt, um die meisten informativen Bereiche im gesamten Mitochondrien-Genom unter Verwendung der vorher erzeugten vollständigen mtDNA-Genomsequenzen zu umfassen. Die erhaltenen Ergebnisse unter Verwendung des Pyrosequenzierens waren 100% identisch mit denen nach der Sanger-Sequenziermethode erhaltenen.
  • Um das System an begrenzten Mengen von DNA auszuprobieren, wurden 50 biologische Proben mit kleinen Mengen an DNA auf HVI und HVII mittels Pyrosequenzieren analysiert. Unter den analysierten Materialien waren Proben von Räuberkapuzen, Perücken, Schnurbärten, Schuhen, Telefonzellen, Uhren, Messern und Gewehren. Die Pyrosequenzresultate waren für alle diese getesteten Proben identisch mit den unter Verwendung der Sanger-Sequenzierung erhaltenen Ergebnisse.
  • Die Kombination der Ergebnisse der acht HVI- und HVII-Pyrosequenzierreaktionen decken zusammen ca. 88% (396/448) der Nucleotide nach manuellem Redigieren der D-Loop-Sequenzen ab. Vollständiges Sanger-Sequenzieren des D-Loops ergibt ein HVII-Fragment von 359 Nucleotiden und ein HVI-Fragment von 403 Nucleotiden unter Verwendung der Primerpaare L048/H408 und L15997/R16401 (Wilson et al., 1995). Die Pyrosequenzier-Methode deckt 62% (222/359) der Nucleotide des HVII-Fragments, bestimmt durch Sanger-Sequenzieren, und 56% (226/403) der Nucleotide des HVI-Fragments, bestimmt durch Sanger-Sequenzieren, ab. Insgesamt ergibt dies eine 59%ige Abdeckung (448/762) des durch Sanger-Sequenzieren bestimmten D-Loops.
  • EXPERIMENTELLER TEIL
  • Methodologie zur Bestimmung des vollständigen mtDNA-Genoms
  • PCR
  • Das mitochondriale Genom wird in 24 überlappenden Fragmenten mittels der PCR-Technik unter Verwendung von 24 Primerpaaren, wie von Reider et al. (1998) beschrieben, amplifiziert. Die Vorwärts- und Reverse-Stränge dieser 24 DNA-Template wurden sequenziert unter Verwendung etablierter Techniken zur DNA-Sequenzierung, wie z.B. des BigDye Primer Cycle Sequencing Ready Reaction (Applied Biosystems)-Kits, 1:1 mit 1× Sequenzpuffer verdünnt, unter Verwendung der folgenden Komponenten:
    1 μl DNA-Templat
    4 μl Reaktionmischung (2 μl Kit und 2 μl 1×-Sequenzpuffer)
  • Extensionreaktionen in MJ Research Tetrad Thermocycler mit den folgenden Programmen:
  • Vorwärtsreaktionen
    • (Neigung bei 1°/Sekunde)
    • 96° 10 Sekunden
    • 55° 5 Sekunden
    • 70° 1 Minute
    • < 14 Zyklen >
    • 96° 10 Sekunden
    • 70° 1 Minute
    • < 14 Zyklen >
    • Gehalten bei 4°
  • Reverse-Reaktionen
    • (Neigung bei 1°/Sekunde)
    • 96° 10 Sekunden
    • 48° 5 Sekunden
    • 70° 1 Minute
    • < 19 Zyklen >
    • 96°10 Sekunden
    • 70° 1 Minute
    • < 14 Zyklen >
    • Gehalten bei 4°
  • Die Extensionsprodukte dieser Reaktionen werden in 95% Ethanol ausgefällt und die Produkte in einer Zentrifuge bei einer Maximalgeschwindigkeit von 25 Minuten vor Entfernung des Ethanols abzentrifugiert und die Pellets an der Luft trocknen gelassen.
  • Die Pellets wurden in einem Bromthymol-Beladungspuffer rehydratisiert und auf ein ABI 377-Instrument zur Trennung der Sequenzierleitern gegeben. Es wurde ein 96-Vertiefungen-Format verwendet, was es ermöglicht, alle Vorwärts- und Reverse-Stränge von 2 Genomen gleichzeitig zu bearbeiten. Die Sequenzier-Gelanalyse wurde unter Verwendung von Sequencing Analysis 3.3 (Applied Biosystems) durchgeführt und benachbarte Bereiche wurden mit Sequencher 3.1.1 (Gene Codes) in vollständige doppelsträngige Genome zusammengefügt. Zur Unterstützung einer Fehlerprüfung wurden diese vollständigen Genome dann mit einer Konsensus-Genomsequenz aller vorher sequenzierten mtDNAs ausgerichtet und alle Unterschiede mit den Chromatogrammen der neuen Sequenz verglichen. Die neue Genomsequenz konnte dann zur Sequenz-Datenbank zur Analyse gebracht werden.
  • Sequenzanalyse
  • Die neue vollständige mtDNA-Genomsequenz wird den anderen Sequenzen in der Bezugsdatenbank angeglichen. Paarweise unterschiedliche Zahlen können dann gegen jede Sequenz in der Datenbank ermittelt werden, z.B. unter Verwendung eines Computerprogramms, wie z.B. PAUP*. Die resultierende Abstandsmatrix ist eine Liste der Zahl der Unterschiede zwischen der analysierten Sequenz und jeder Bezugssequenz. Aus dieser Information kann die Zahl von Übereinstimmungen mit 0, 1 & 2 Unterschieden zwischen einer individuellen Sequenz und denen in der Datenbank ermittelt werden. In unserer Datenbank von 124 vollständigen mtDNA-Sequenzen ist die Zahl variabler Stellen nur unter Berücksichtigung der D-Loop-Sequenzen viel geringer als die der vollständigen Sequenz.
  • Methodologie und Reagentien für den Kit-Assay der festgestellten mtDNA-Polymorphismen
  • DNA-Präpartionen
  • Menschliche DNA wurde aus PBLs von 190 schwedischen Blutspendern extrahiert, um als Kontrollproben zu dienen. Das forensische Beweismaterial wurde nach einer von drei Methoden gereinigt. Der Wizard Genomie DNA Extraction Kit (Promega) wurde verwendet, um DNA aus dem meisten des mit einem Wattebausch gesammelten Beweismaterials und aus Blut zu extrahieren. Chelex 100 (Bio-Rad) wurde verwendet, um DNA aus Blutflecken zu extrahieren. Die Methode wurde zur Extraktion von DNA aus forensischen Proben zur Verwendung mit PCR entwickelt (Walsh et al., 1991). Haarproben wurden nach einem Extraktionsverfahren extrahiert, das Proteinase K und DTT verwendet (Vigilant 1999).
  • Primer-Muster und PCR
  • Für PCR und das Sequenz-Primer-Muster wurde die Software Primer Express (Applied Biosystems) verwendet. Um die meisten der informativen Polymorphismen im D-Loop zu umfassen, wurde eine optimale Selektion duchgeführt, worin der hypervariable Bereich I und II (HVI und HVII) in zwei verschiedene PCR-Produkte PCR-amplifiziert werden (Tabelle 2). Die Kodierregion-Polymorphismen werden in 11 getrennten Reaktionen amplifliziert und in 11 Pyrosequenzier-Reaktionen analysiert unter Verwendung des Vorwärts-PCR-Primers als Sequenzier-Primer. PCR-Amplifikation für die Kontrollproben wurde angesetzt in 70 μl, enthaltend 1,5 μl DNA, 200 nM eines normalen und eines biotinylierten Primers (Tabelle 2), 200 nM jeder dNTP, 1,5 mM MgCL2, 2 E AmpliTaq® Gold DNA Polymerase und 1× GeneAmp® PCR-Puffer II. Die PCR-Amplifikation des forensischen Beweismaterials wurde angesetzt in 100 μl mit 10 μl DNA, 200 nM des normalen und des biotinylierten Primers, 200 nM jeder dNTP, 2,4 mM MgCl2, 10 E AmpliTaq® Gold DNA-Polymerase, 1,2× GeneAmp® PCR-Puffer II, 0,16 mg/ml BSA und 10% Glycerin. Die Amplifikationen wurden in einem ABI 9600 Instrument (Applied Biosystems) durchgeführt. Die Proben wurden für 10 minuten bei 95°C gehalten, gefolgt von 45 Zyklen von 30 Sekunden bei 95°C, 45 Sekunden bei 60°C (53°C für die Kodierungsregion-Primer) und 60 Sekunden bei 72°C. Die endgültige Extinktion wurde auf 7 Minuten verlängert. Röhrchen, die alle der PCR-Komponenten enthielten, aber außer Templat (NTC), wurden verwendet, um sicherzustellen, dass die Reagenzien frei von Kontamination waren.
  • Templat-Herstellung und Pyrosequenzierreaktion
  • Streptavidin-beschichtete Perlen wurden als Festphasenträger verwendet, um einzelsträngige biotinylierte PCR-Produkte, wie von Pyrosequencing AB beschrieben, zu erhalten. Vor dem Pyrosequenzieren (Ronaghi 2000) erforderten einige Reaktionen zum geprimeten DNA-Templat zugegebene 440 ng Single Stranded DNA-Bindungsprotein (Amersham Pharmacia Biotech). Das Sequenzieren wurde bei Raumtemperatur durchgeführt und 15 μl der 70 μl-PCR-Reaktion wurden mit 400 nM Sequenz-Primer verwendet. Enzym und Substratmischung (Prototyp von PSQTM 96 SQA Reagent Kit) wurden zu allen Proben in einem PSQTM-System (Pyrosequencing AB) mit einem Prototyp von PSQTM 96 SQA Software (Probeneingabe, Instrumentenkontrolle und Auswertung) zugegeben. Das Verfahren wurde durch stufenweise Verlängerung des Primerstranges während der sequenziellen Dispensierung verschiedener dNTPs (AαS, C, G und T) durchgeführt, gefolgt von einem Abbau von Nucleotiden. Für jedes Fragment wurden optimale cyclische Dispensierungsreihenfolgen verwendet. Die Sequenzen wurden editiert und mit Anderson et al.-Referenzstandard (Anderson et al., 1981) verglichen. Die Kontrollproben wurden unter Verwendung eines ABI 377-Instruments und BigDye-Terminator-Chemie sequenziert.
  • Tabelle 1. Liste der Nucleotid-Stellen, die in den 124 menschlichen mitochondrialen Genomen zusammen mit den an jeder Stelle aufgefundenen alternativen Nucleotiden geprüft wurden, und die Häufigkeit dieses Polymorphismus in den 124 Individuen. Die durch ein Sternchen (*) bezeichneten Stellen wurden vorher in Verbindung mit Untersuchungen von mitochondrialer Erkrankung beschrieben. Ihre Bezifferung ist gemäß Andersson et al. (1981).
    Figure 00100001
    Figure 00110001
    Figure 00120001
    Figure 00130001
    Figure 00140001
    Figure 00150001
    Tabelle 2: Verwendete PCR- und Sequenzier-Primer zur Analyse von mtDNA-Polymorphismen
    Figure 00160001
    • *I = HVI, II = HVII, C = Kodierregion, B = Biotin-markierte Reverse-Primer
  • Referenzen
    • Allen, M. Engström, AS. Meyers, S. Handt, O. Saldeen, T. von Haeseler, A. Paabo, S. Gyllensten, U. 1998. Mitochondrial DNA sequencing of shed hairs and saliva on robbery caps: sensitivity and matching probabilities. Journal of Forensic Science 43(3):453-64.
    • Anderson, S., A. T. Bankier, et al. (1981). Sequence and organization of the human mitochondrial genome. Nature 290(5806):457-65.
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Claims (7)

  1. Verfahren zur Bestimmung der Herkunft oder der Identität eines Menschen mit hoher Genauigkeit, umfassend die folgenden Schritte: (a) Bestimmen polymorpher Stellen in der Nukleinsäuresequenz des vollständigen Mitochondriengenoms außerhalb des D-Loops in einer Probe einer Testperson, deren Herkunft oder deren Identität bestimmt werden soll, wobei die humanen mitochondrialen Nukleinsäuresequenzen mittels DNA-Sequenzieren bestimmt werden, oder im Fall genetischer Marker mittels Assays wie enzymatischer Ligationsassays (OLA, padlock), enzymatischer Spaltungsassays (Taqman), enzymatischer Extensionsassays (Minisequencing, Pyrosequencing) oder anderer Assays für den Nachweis genetischer Polymorphismen; und (b) Vergleichen der Information aus Schritt (a) mit mitochondrialer Nukleinsäuresequenzinformation bekannten Ursprungs.
  2. Das Verfahren gemäß Anspruch 1, wobei die bekannte Information von Schritt (b) aus einer Datenbank von Nukleinsäuresequenzinformation des vollständigen mitochondrialen Genoms von Menschen verschiedener Herkunft stammt.
  3. Das Verfahren gemäß Anspruch 1, wobei die bekannte Information in Schritt (b) die polymorphen Stellen von Tabelle 1 umfasst.
  4. Das Verfahren gemäß einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die mitochondriale Nukleinsäuresequenz mittels Pyrosequencing bestimmt wird.
  5. Das Verfahren gemäß einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Analysemittel ausgewählt sind aus den Reagenzien von Tabelle 2.
  6. Kit zur Bestimmung der Herkunft oder der Identität eines Menschen mit hoher Genauigkeit, umfassend Analysemittel ausgewählt aus den Reagenzien von Tabelle 2, die informative Bereiche außerhalb des D-Loops des mitochondrialen Genoms abdecken.
  7. Der Kit gemäß Anspruch 6, wobei die Analysemittel Mittel für das Pyrosequencing sind.
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