DE4219626A1 - Methode zur Einschleusung therapeutisch relevanter Gene in Körperzellen - Google Patents
Methode zur Einschleusung therapeutisch relevanter Gene in KörperzellenInfo
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- A61K48/00—Medicinal preparations containing genetic material which is inserted into cells of the living body to treat genetic diseases; Gene therapy
Description
Degenerative Erkrankungen des Bewegungsappa
rates insbesondere der Wirbelsäule stellen den
häufigsten Erkrankungstyp des älteren Menschen
dar. Nach Untersuchungen des "National Center for
Health Statistics" leiden annähernd 500 von 1000
Personen über 65 Jahren an degenerativen Erkran
kungen. Die Zahlen dürften für die Bundesrepublik
ähnlich hoch liegen.
Bandscheibe und Wirbelsäulengelenke sind Orga
ne, die mit Medikamenten schwierig zu erreichen
sind. Intravenöse und orale Verabreichungen von
Medikamenten mit potentiell analgetischer und ar
throsehemmender Wirkung erreichen nur bedingt
den Bandscheibenraum bzw. den Innenraum ar
throtisch veränderter kleinen Wirbelgelenke, da die
entsprechenden Strukturen verminderten Anschluß
an das vaskuläre System haben. Vermindert wer
den die Gewebespiegel therapeutischer Substan
zen in der Bandscheibe und den kleinen Wirbelge
lenke außerdem durch die passive Diffusion von
den Kapillaren in die Bandscheibe bzw. den Gelen
kinnenraum. Dabei gilt, daß je größer das verab
reichte Molekül ist, um so niedriger die Diffusion in
diese Zielgebiete ist. Der Zugang von großen thera
peutisch wirksamen Molekülen (z. B. Proteinen) in
diese Areale ist damit wesentlich erschwert.
Obwohl intraartikuläre und intradiskale Injektionen
einen direkten Zugang von Medikamenten ermögli
chen und damit die genannten Probleme umgehen,
haben therapeutisch interessante Substanzen (z. B.
IL-1 Antagonisten) eine kurze Halbwertzeit im Ge
webe. Wegen der Chronizität sind viele Injektionen
erforderlich. Wiederholte Injektionen bergen das
Risiko der bakteriellen Infektion.
Bisher ist es daher üblich, systemisch mit hohen
Gewebespiegeln zu therapieren, um so eine effekti
ve therapeutische Dosis in der Zielstruktur (Band
scheibe u. Wirbelgelenke) zu erlangen. Allgemeine
Nebenwirkungen werden damit begünstigt.
Das gleiche gilt auch für die Therapie von Nerven
erkrankungen. Bedingt durch die Ausbildung der
Bluthirnschranke sind Anwendungen großer therap.
Proteine sehr erschwert.
Das grundlegende therapeutische Konzept des mo
lekularbiologischen Ansatzes des Patentes liegt
darin, den Gencode der Chondrozyten, Fibrobla
sten und Nervenzellen der Wirbelsäule so zu verän
dern, daß diese Zellen Proteine mit therapeutischen
Eigenschaften synthetisieren (Beispiel Wirbelgelen
ke Abb. 1). Im Falle der Expression der Gene syn
thetisieren und sezernieren Chondrozyten, Neuro
ne und Fibroblasten antiinflammatorische und anal
getische Moleküle in den Bandscheibenraum oder
in den Gelenkinnenraum.
Durch diesen Zugang kann das Repertoire der z.Z.
therapeutisch genutzten relativ kleinen Moleküle auf
neue größere Proteine ausgeweitet werden. Dies
wäre von Vorteil, da einige Proteine (z. B. Hemm
stoffe der Zytokine) Eigenschaften aufweisen, die
sie für die o.g. Erkrankungen favorisieren. Wegen
ihrer Größe, schlechten Penetration in die bradytro
phen Gewebe und wegen ihrer physiologischen In
stabilität wurden bisher solche Substanzen auf ih
ren praktischen therapeutischen Nutzen nur wenig
untersucht.
Der jetzige wissenschaftliche Stand in der Diskus
sion der biochemischen Verursachung degenerati
ver Erkrankungen des Bewegungsapparates läßt
den Schluß zu, daß Interleukin-1 (IL-1) der ent
scheidende Mediator der pathologischen Verände
rungen ist (3, 10). IL-1 ruft synoviale Entzündung,
Knorpelverlust und Knochenresorption hervor (2, 5,
6, 7). In tierexperimentellen Untersuchungen konnte
gezeigt werden, daß Antikörper gegen IL-1 den
Ausprägungsgrad der experimentellen Arthritis we
sentlich abschwächen (10). Auch erste klinische
Untersuchungen zur Behandlung der Arthrose mit
IL-1 Rezeptorantagonisten (IRAP) erscheinen viel
versprechend (1, 4). Im Zusammenhang degenera
tiver Wirbelsäulenerkrankungen ist das Zusammen
spiel der Interleukine mit dem peripheren Nervensy
stem von besonderem Interesse (9).
Mit Blick auf diesen Hintergrund wird vom Erfinder
vorgeschlagen, ein Gentransfersystem bei degene
rativen Wirbelsäulenerkrankungen und degenerati
ven Nervenerkrankungen einzuführen,das insbe
sondere die Wirkungen von IL-1 mit einem neuarti
gen Gentransfersystem anatagonisiert. Dabei
konnte entweder das Gen für IRAP oder für einen
IL-1 Rezeptor in Fibroblasten, Chondrozyten und
Neuronen codiert werden. Mit diesem gentechni
schen Transfersystem lassen sich aber auch zu
sätzliche oder alternative Gene für andere thera
peutische Proteine in die Wirbelgelenke, Nerven
oder in den Bandscheibenraum einbringen.
2 verschiedene Systeme werden vom Erfinder vor
geschlagen(Abb. 2).
Der direkte Zugang wird durch Injektion eines
Vektors in die kleinen Wirbelgelenke, in die Band
scheibe oder in den peripheren Nerven möglich,
der Fibroblasten, Chondrozyten und Nervenzellen
in situ überträgt (linke Seite Abb. 2).
Beim indirekten Zugang wird Bandscheibengewe
be, Fibroblasten und Chondrozyten der kleinen Wir
belgelenke oder Nerv entnommen, diese Zellen in
vitro verändert und in das Entnahmegebiet retrans
plantiert (rechte Seite Abb. 2).
Mit Hinblick auf die Entwicklung in der Endoskopie
erscheint der indirekte Zugang für einen chirur
gisch klinischen Einsatz besonders elegant, wäh
rend der direkte Zugang technisch einfacher durch
zuführen ist und eine allgemeine klinische Anwen
dung damit erleichtert wird.
Der direkte Zugang wird aber durch die Unfähigkeit
des retroviralen Vektors erschwert, ruhende Zellen
in situ zu infizieren, da Retroviren Zellteilung zur In
fektion benötigen. Allerdings kann die Zellteilung
durch Entzündung, Verletzung oder partielle Gewe
beentnahme selbst angeregt werden. Andere Vek
toren (z. B. Adenoviren, Adeno-assoziierte Viren
oder Herpesviren) infizieren auch nicht teilende Zel
len, so daß diese Vektoren die vorgenannten Pro
bleme umgehen könnten.
Beim jetzigen Stand der Entwicklung ist zu erwar
ten, daß der indirekte Zugang als effektiver anzuse
hen ist, da die Kotransduktion eines selektiven Mar
kers eine Identifikation teilender Zellen ermöglicht.
Nach Entnahme der Fibroblasten, Chondrozyten und
Nerven aus den kleinen Wirbelgelenken, der Band
scheibe und dem Nervenkanal im Tierexperiment
wurden die angelegten Zellkulturen mit einem Re
trovirus infiziert (BAG-Virus oder MFGLac-Z Virus)
der Marker Gene für B-Galactosidase (lac Z) enthält
und gegenüber dem Neomycin Analog (G 418
neo+) resistent ist.
Diese neo-selektierten Zellen (Menge 106) wurden
in den ursprünglichen Gewebebereich (Bandschei
be, kleine Wirbelgelenke und Nerv) retransplan
tiert, um die Persistenz und Expression dieser Ge
ne in ihrer natürlichen Umgebung in vivo zu unter
suchen.
12 Wochen nach Transplantation (s. Abb. 3 Histolo
gie) konnte ein Überleben dieser gentechnisch ver
änderten Zellen in ihrer natürlichen Umgebung be
obachtet werden, erkennbar an der dunkelblauen
Färbung der Zellen. Es zeigte sich außerdem eine
regelrechte Kolonisation. Aus dem dann wieder ent
nommenen Gewebe konnten diese veränderten
Zellen in vitro erneut untersucht werden. Eine Ab
stoßungsreaktion zeigte sich nicht. Die Experimente
zeigen eindeutig, daß ein Marker-Gen in diese Zel
len eingebracht werden kann, das sich in situ expri
mieren kann.
Außerdem gelang es bei Fibroblasten, Chondrozyten
und Neuronen den Gen-Code für einen Interleukin-
1 Rezeptorantagonisten in einen Retrovirus zu in
korporieren. Die Zellen, die mit diesem Virus infi
ziert wurden, waren in der Lage, Interleukin-1 Re
zeptor Antagonisten zu produzieren.
Durch die gentechnisch mögliche Veränderung der
Eigenschaften der Fibroblasten, Nervenzellen und
Chondrozyten ergibt sich eine neuartige Strategie in
der Behandlung schmerzhafter degenerativer Er
krankungen der Bandscheibe (Abb. 5), des Nerven
(Abb. 4) und der kleinen Wirbelgelenke (Abb. 5).
Beim jetzigen Stand müssen die beschriebenen
Verfahren verfeinert, ausgeweitet und auf ihre Si
cherheit in größeren Serien untersucht werden.
Besonders interessant erscheint therapeutisch die
Möglichkeit, Gene mit antagonisierender Wirkung
von IL-1 zu transduzieren.
Die o.g. gentechnologischen Verfahren in Verbin
dung mit Transplantationstechniken aus der Endo
skopie (z. B. transarthroskopische Synovektomie
und Diskektomie) werden einen innovativen Schub
in der Behandlung dieser Erkrankungen erwarten
lassen.
Da es sich bei dem Patentgegenstand prinzipiell um
eine somatische Gentherapie handelt, ist ein Ver
stoß gegen ethische Normen nicht gegeben.
Abb. 1 Das grundlegende therapeutische Konzept des molekularbiologischen
Ansatzes liegt darin, den Gencode der Chondrozyten und der Fibroblasten
der kleinen Wirbelgelenke und der Bandscheibe so zu verändern, daß diese
Zellen Proteine mit therapeutischen Eigenschaften synthetisieren. Im Falle der
Expression der Gene synthetisieren und sezernieren Chondrozyten und Fi
broblasten (wie hier dargestellt) antiinflammatorische und analgetische Mole
küle in den Gelenkinnenraum.
Abb. 2 direkter und indirekter Zugang am Beispiel der kleinen Wirbelgelenke.
Der direkte Zugang wird durch Injektion eines Vektors in die kleinen Wirbelgelenke, in
die Bandscheibe oder in den peripheren Nerven möglich, der Fibroblasten, Chondrozyten
und Nervenzellen in situ überträgt (linke Seite Abb. 2).
Beim indirekten Zugang wird Bandscheibengewebe, Fibroblasten und Chondrozyten der
kleinen Wirbelgelenke oder Nerv entnommen, diese Zellen in vitro verändert und in das
Entnahmegebiet retransplantiert (rechte Seite Abb. 2).
Abb. 3 (Histologie): Histologische Darstellung von Fibroblasten der Bandscheibe des
Kaninchen nach Transplantation gentechnisch veränderter Zellen. Die dunkel gefärb
ten Gewebeanteile entsprechen Fibroblasten, die zuvor außerhalb des Kniegelenkes
gentechnisch verändert und retransplantiert wurden.
12 Wochen nach Transplantation (s. Abb. 3 Histologie) konnte ein Überleben dieser
gentechnisch veränderten Zellen in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet werden,
erkennbar an der dunkelblauen Färbung der Zellen. Es zeigte sich außerdem eine re
gelrechte Kolonisation. Aus dem dann wieder entnommenen Gewebe konnten diese
veränderten Zellen in vitro erneut untersucht werden. Eine Abstoßungsreaktion zeigte
sich nicht. Die Experimente zeigen eindeutig, daß ein Marker-Gen in diese Zellen ein
gebracht werden kann, das sich in situ exprimieren kann.
Abb. 4 Nerv: Anwendung der Erfindung bei Erkrankungen des Nerven. Therapeutische Gene
werden in Makrophagen oder in Fibroblasten eingebracht, die dann therapeutische Proteine
exprimieren.
Abb. 5 Wirbelsäule: Bildliche Darstellung der Anwendung der Erfin
dung, Möglichkeiten des Gentransfers an der Wirbelsäule (s. Text).
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Claims (10)
1. Methode eines Gentransfersystems zur Einschleusung therapeutischer Gene mit
tels Vektoren in Körperzellen und anschließender davon abhängiger Expression thera
peutischer Proteine und Sekretion dieser therapeutischen Proteine in den extrazellulä
ren Bereich durch die gentechnisch veränderten Körperzellen.
2. Methode nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnete daß die Körperzellen Nerven
zellen, immunkompetente Zellen, mesenchymale oder ektodermale Zellen sind.
3. Methode nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Körperzellen
periphere Nervenzellen, Makrophagen, Lymphozyten, Fibroblasten, Chondrozyten
sind.
4. Methode nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die exprimierten the
rapeutischen Proteine entzündungshemmende, schmerzstillende, regenerierende, im
munsteigernde, hypotensive, antidegenerative und antiarthrotische Eigenschaften
aufweisen.
5. Methode nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die exprimierten the
rapeutischen Proteine zur Gruppe der Zytokine, seiner Inhibitoren, zur Gruppe der
Opiate, zur Gruppe der Prostaglandine und deren Hemmstoffe gehören.
6. Methode nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die exprimierten the
rapeutischen Proteine zur Gruppe der Interleukininhibitoren gehören.
7. Methode nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die exprimierten the
rapeutischen Proteine zur Gruppe der Interleukin-1 Inhibitoren gehören.
8. Methode nach Anspruch 1-7, dadurch gekennzeichnet, daß die Gene durch einen
Vektor in vivo direkt in das Zellgebiet eingebracht werden, und das der Vektor zur
Gruppe der Retroviren, Adenoviren, Adeno-assoziierte Viren, Herpesviren oder Lipo
somen gehört.
9. Methode nach Anspruch 1-8, dadurch gekennzeichnet, daß die zu verändernden
Zellen aus dem Körper transplantiert werden, die teilungsfähigen Körperzellen in vitro
selektioniert werden, die Gene durch einen Vektor in vitro direkt in die Zellen einge
bracht werden, und daß der Vektor aus der Gruppe der Retroviren, Adenoviren, Ade
no-assoziierte Viren, Herpesviren oder Liposomen gehört , und daß diese gentech
nisch veränderten Zellen in den Körper retransplantiert werden und therapeutische
Proteine exprimieren und in den extrazellulären Bereich sezernieren.
10. Methode nach Anspruch 1-9, dadurch gekennzeichnet, daß insbesondere degene
rative Erkrankungen der Wirbelsäule und der Nerven Gegenstand der erfundenen
Methode sind.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19924219626 DE4219626A1 (de) | 1992-06-16 | 1992-06-16 | Methode zur Einschleusung therapeutisch relevanter Gene in Körperzellen |
Applications Claiming Priority (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19924219626 DE4219626A1 (de) | 1992-06-16 | 1992-06-16 | Methode zur Einschleusung therapeutisch relevanter Gene in Körperzellen |
Publications (1)
Publication Number | Publication Date |
---|---|
DE4219626A1 true DE4219626A1 (de) | 1993-12-23 |
Family
ID=6461088
Family Applications (1)
Application Number | Title | Priority Date | Filing Date |
---|---|---|---|
DE19924219626 Ceased DE4219626A1 (de) | 1992-06-16 | 1992-06-16 | Methode zur Einschleusung therapeutisch relevanter Gene in Körperzellen |
Country Status (1)
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