DE4115338A1 - Verfahren zum sensorlosen erfassen und/oder regeln einer elektrischen maschine - Google Patents
Verfahren zum sensorlosen erfassen und/oder regeln einer elektrischen maschineInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum sensorlosen Erfassen
und/oder Einstellen der Rotorlage und/oder Winkelgeschwindigkeit des
Rotors einer elektrischen Maschine, insbesondere einer Synchronma
schine oder einer Asynchronmaschine, aus der Messung der elektri
schen Klemmenspannung und/oder des Maschinenstroms unter Einsatz
eines Kalman-Filters bei Verwendung eines Modells der Maschine, de
ren Betriebsverhalten durch ein elektrisches Ersatzschaltbild und
durch die mechanischen Gleichungen beschrieben wird.
Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt
und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen
Fig. 1 die Struktur eines Antriebes ohne mechanische Sensoren,
Fig. 2 die Formfunktion der Polradspannung einer Synchronmaschine,
Fig. 3 ein Systemmodell des Kalman-Filters, Fig. 4 die Struktur
eines Versuchsstandes, Fig. 5 den Drehzahlsollwertsprung von posi
tiver auf negative Nenndrehzahl mit gestrichelter Angabe des Schätz
wertes der Drehzahl und durchgezeichneter Meßdrehzahl für ein rotor
festes Maschinenmodell (oben), ein ständerfestes Maschinenmodell
(Mitte) und ein Maschinenmodell mit Zustandsvektor minimaler Dimen
sion (unten), Fig. 6 eine entsprechende Darstellung für den Betrieb
bei kleinen Drehzahlen, Fig. 7 die zugehörige Darstellung für einen
Laststoß bei kleinen Drehzahlen, Fig. 8 den Verlauf dynamischer
Rauschparameter beim sensorlosen Betrieb einer Synchronmaschine und
Fig. 9 die Struktur eines sensorlosen Antriebs mit einer Asynchron
maschine.
Durch die feldorientierte Betriebsweise lassen sich Synchron- und Asynchron
maschinen mit vergleichbaren Momentenanregelzeiten wie eine fremderregte
Gleichstrommaschine betreiben. Der Ersatz der elektrischen Erregung durch
Permanentmagnete bei einer Synchronmaschine oder die Anwendung von
streuarmen Asynchronkurzschlußläufern ermöglichen die Realisierung eines
hochdynamischen, schleifringlosen Antriebs. Die erforderliche Bestimmung
der Lage des Rotorflußes ist bei Synchronmaschinen sehr einfach, da der
Rotorfluß durch die Rotorlage und durch den Erregerstrom definiert ist, wo
hingegen bei der Asynchronmaschine Lage und Größe des Läuferflußes, der
nicht direkt meßbar ist, aus den Ständerströmen und der Läuferdrehzahl
über ein Modell berechnet werden müssen. Neben dem Drehzahlmesser für
den drehzahlgeregelten Betrieb ist in beiden Fällen also noch ein Lagesen
sor zur Lageerfassung an den Motor anzubauen. Vernachlässigt man den
Verlust an Robustheit und Wartungsarmut, der durch den Einbau der me
chanischen Sensoren entsteht, so verbleibt noch der Nachteil, daß Bauraum
zur Aufnahme der Zusatzaggregate benötigt wird, der insbesondere bei Ser
voantrieben in der Leistungsklasse bis 10 kW einen relevanten Anteil am Ge
samtvolumen der Maschine ausmachen kann. Um die aufwendige Sensorik
ersetzen zu können, wurden Konzepte ohne mechanische Sensoren entwickelt,
die eine Bestimmung der Rotorposition und der Winkelgeschwindigkeit aus
den elektrischen Klemmengrößen ermöglichen.
Ein unabhängig vom Umrichterkonzept arbeitendes Verfahren setzt dazu ein
erweitertes Kalman-Filter ein, das auf einem geeignetem Maschinenmodell
basiert. Im Echtzeitbetrieb sind aber nur solche Modelle der Maschine ge
eignet, die einerseits das stationäre und dynamische Verhalten möglichst ex
akt beschreiben und andererseits kleine Abtastzeiten zulassen. Dieser Bei
trag stellt die Herleitung von verschiedenen Maschinenmodellen, die Anpas
sung an den Einsatz für das Kalman-Filter sowie den Vergleich in der Rea
lisierung für die permanenterregte Synchronmaschine vor. Die Implemen
tierung erfolgt auf einem digitalen Signalprozessorsystem (DSP) mit einem
TMS320C30.
Verwendete Formelzeichen
A Systemmatrix im zeitdiskreten Zustandsraum
B Induktion
B Eingangsmatrix im zeitdiskreten Zustandsraum
C Ausgangsmatrix im zeitdiskreten Zustandsraum
f Formfunktion, Frequenz
F Systemmatrix im zeitkontinuierlichen Zustandsraum
G Eingangsmatrix im zeitkontinuierlichen Zustandsraum
h Ausgangsfunktion im zeitdiskreten Zustandsraum
H Ausgangsmatrix im zeitkontinuierlichen Zustandsraum
i Strom
IN Nennstrom
I Einheitsmatrix
J Trägheitsmoment
K Kalman-Matrix
l Länge
L Induktivität
m Moment
p Polpaarzahl
P Kovarianzmatrix des Zustandsvektors
Q Kovarianzmatrix des Systemrauschens
R Ohmscher Widerstand
R Kovarianzmatrix des Meßrauschens
T Abtastzeit, Zeitkonstante
u Spannung
u Eingangsvektor
v Geschwindigkeit
v Meßrauschen
w Windungszahl
w Systemrauschen
x Zustandsvektor
y Ausgangsvektor
γ Lagewinkel
Γ Eingangsmatrix für das Systemrauschen
ξ Wicklungsfaktor
Φ Übertragungsfunktion
ψ Flußverkettung
ω Drehzahl, Kreisfrequenz
B Induktion
B Eingangsmatrix im zeitdiskreten Zustandsraum
C Ausgangsmatrix im zeitdiskreten Zustandsraum
f Formfunktion, Frequenz
F Systemmatrix im zeitkontinuierlichen Zustandsraum
G Eingangsmatrix im zeitkontinuierlichen Zustandsraum
h Ausgangsfunktion im zeitdiskreten Zustandsraum
H Ausgangsmatrix im zeitkontinuierlichen Zustandsraum
i Strom
IN Nennstrom
I Einheitsmatrix
J Trägheitsmoment
K Kalman-Matrix
l Länge
L Induktivität
m Moment
p Polpaarzahl
P Kovarianzmatrix des Zustandsvektors
Q Kovarianzmatrix des Systemrauschens
R Ohmscher Widerstand
R Kovarianzmatrix des Meßrauschens
T Abtastzeit, Zeitkonstante
u Spannung
u Eingangsvektor
v Geschwindigkeit
v Meßrauschen
w Windungszahl
w Systemrauschen
x Zustandsvektor
y Ausgangsvektor
γ Lagewinkel
Γ Eingangsmatrix für das Systemrauschen
ξ Wicklungsfaktor
Φ Übertragungsfunktion
ψ Flußverkettung
ω Drehzahl, Kreisfrequenz
verwendete Indices:
1, 2, 3 Bezeichnung des entsprechenden Ständerstrangs
d, q Längs-, Querachse
i induziert, inneres Moment
K k-te Oberschwingung(-welle)
M Magnet
N Nennwert
p Polrad(-spannung)
r rotorfestes Bezugssystem
s ständerfestes Bezugssystem
u (Formfunktion der) Spannung
- Mittelwert
ˆ Scheitelwert
∼ Nullsystem
d, q Längs-, Querachse
i induziert, inneres Moment
K k-te Oberschwingung(-welle)
M Magnet
N Nennwert
p Polrad(-spannung)
r rotorfestes Bezugssystem
s ständerfestes Bezugssystem
u (Formfunktion der) Spannung
- Mittelwert
ˆ Scheitelwert
∼ Nullsystem
Der Einsatz eines Kalman-Filters für den feldorientierten, sensorlosen Be
trieb von Synchronmaschinen wurde in (6), (7), (11) für elektrisch erregte,
magnetisch unsymmetrische Synchronmaschinen untersucht. Die Entwick
lung neuer hochenergetischer Seltenerdmagnete ermöglicht jedoch den Ersatz
der elektrischen Erregung und mit steigender Energiedichte eine Reduktion
des Rotorvolumens. Aufgrund der hohen Materialkosten finden Antriebe mit
Erregung durch Permanentmagnete die größte Verbreitung im Leistungsbe
reich bis 10 kW.
Der Ersatz der mechanischen Sensoren durch das Kalman-Filter ist nur dann
sinnvoll, wenn dem Gesamtantrieb dadurch keine zusätzlichen Betriebsgren
zen auferlegt werden. Mit steigender Drehzahldynamik wird es schwieriger,
diese Anforderung, bei gleichzeitig begrenzt verfügbarer Rechenleistung, zu
erfüllen, da der Filter-Algorithmus relativ umfangreich ist.
Die Komplexität des Maschinenmodells, auf dem das Kalman-Filter basiert,
bestimmt im wesentlichen die erforderliche Rechenzeit. Die Aufgabe besteht
also darin, ein Maschinenmodell zu entwickeln, das zum einen das Betriebs
verhalten der Maschine hinreichend exakt beschreibt und dabei zum anderen
eine kleine Abtastzeit erlaubt. Bei der Modellentwicklung kann man die Feh
lertoleranz des Kalman-Filter-Algorithmus ausnutzen, da sowohl verrauschte
Meßwerte als auch fehlerbehaftete Modelle zulässig sind.
Erfindungsgemäß werden drei Maschinenmodelle für den Einsatz in einem
Kalman-Filter vorgeschlagen, die zum einen die Eigenschaften der Ma
schine bei Permanentmagneterregung berücksichtigen (nichtsinusförmiges
Luftspaltfeld) und zum anderen zu einer erheblichen Rechenzeitminimierung
genutzt werden können. Die Bewertung des Einsatzes der untersuchten Ma
schinenmodelle erfolgt durch vergleichende Simulationen und-Messungen.
Die Struktur eines sensorlosen Drehstromantriebs ist in Bild 1 dargestellt.
Als Eingangs- und Ausgangsgrößen für das Kalman-Filter werden lediglich
die Strom- und Spannungswerte gemessen. Bei Umrichterkonzepten mit di
gitaler Regelung reduziert sich der dazu erforderliche Hardwareaufwand ent
sprechend.
Auf die Strom- bzw. Spannungsmessung kann ganz verzichtet werden, wenn
der Sollwert in guter Näherung dem Istwert entspricht. Die verbleibende
Abweichung kann als "Meßfehler" aufgefaßt und vom Filter toleriert wer
den. In der beschriebenen praktischen Realisierung konnte deshalb auf die
Strommessung verzichtet werden.
Das Kalman-Filter liefert zu jedem Abtastzeitpunkt sowohl einen Schätz
wert für die aktuelle Rotorlage als auch eine Vorhersage für den nächsten
Abtastzeitpunkt. Dieser Wert wird für die Transformation der rotorfesten
Stromsollwerte auf das ständerfeste Koordinatensystem herangezogen. Die
Abtastzeit des Kalman-Filters begrenzt die zeitliche Auflösung des Lagewin
kels und somit die maximal erreichbare Frequenz des Ständerstroms. Damit
eine Einschränkung des Betriebsbereichs des Antriebs nicht durch das Filter
hervorgerufen wird, muß die Abtastzeit der folgenden Anforderung genügen.
Fordert man für eine maximale Ständerfrequenz f1 von 200 Hz eine mini
male Auflösung Δγ von π/10 so resultiert eine maximale Abtastzeit T von
250 µs, bei niedrigeren Drehzahlen ergibt sich bei gleicher Abtastzeit eine
sehr hohe Auflösung Δγ. Bei dem relativ aufwendigen Filter-Algorithmus
kommt somit neben der Leistungsfähigkeit der Hardware der Modellbildung
eine besondere Bedeutung zu, um diesen kleinen Wert für die Abtastzeit
zu realisieren. Durch eine geeignete Wahl des Maschinenmodells lassen sich
erhebliche Rechenzeitreduktionen erreichen, die nicht zu Lasten der Schätz
genauigkeit gehen.
Ein wesentlicher Vorteil des Kalman-Filter-Verfahrens besteht darin, daß Mo
dellfehler der Maschine in gewissen Grenzen zugelassen werden können. Diese
"Fehlertoleranz" läßt sich bei der Modellbildung vorteilhaft ausnutzen, denn
es besteht offensichtlich eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen Modell
komplexität, Modellfehlern und der benötigten Rechenzeit.
Das Prinzip des Kalman-Filter-Verfahrens besteht darin, eine Filterung für
den aktuellen Wert des Zustandsvektors und eine Prädiktion für den nächsten
Abtastzeitpunkt zu machen. Die Güte der Vorhersage, und somit die Genau
igkeit des Modells wird im folgenden Abtastschritt durch die Abbildung des
Zustandsvektors auf den Ausgangsvektor bewertet. Die Zeitkonstanten des
Systems begrenzen die maximale Auswirkung von Modellfehlern innerhalb
eines Abtastschritts. Um die Auswirkung von systematischen Modellfehlern
klein zu halten, wird daher bei der Modellbildung an mehreren Stellen die
Voraussetzung getroffen, daß die Abtastzeit des Kalman-Filters wesentlich
kleiner als die im System vorkommenden Zeitkonstanten sein soll.
Bei den hier betrachteten Maschinenmodellen ist der Zustandsvektor mit den
Strömen und den eigentlich gesuchten Größen der Drehzahl und der Lage
besetzt, da nur Elemente des Zustandsvektors geschätzt werden. Die elektri
schen Zeitkonstanten für die Ströme sind i.a. um den Faktor fünf bis zehn
kleiner als die mechanische Zeitkonstante für die Drehzahl. Der Wert der
elektrischen Zeitkonstanten liegt etwa bei 1-5 ms, wobei gemäß der obigen
Forderung dieser Wert etwa um eine Größenordnung größer als die Abtast
zeit sein soll. Aus der oben dargestellten allgemeinen Forderung, daß dem
Antrieb durch das Kalman-Filter keine Einschränkungen auferlegt werden
sollen, resultierte eine obere Grenze der Abtastzeit des Kalman-Filters von
0.25 ms. Damit ist die Forderung, daß die Abtastzeit des Kalman-Filters
klein im Vergleich zu den Systemzeitkonstanten sein soll, immanent erfüllt.
Die Darstellung des Maschinenmodells im zeitkontinuierlichen Zustandsraum
lautet allgemein (8):
= F · x + G · u (2)
y = H · x (3)
Die Transformation auf ein zeitdiskretes System ergibt:
x k + 1 = A k · x k + B k · u k (4)
y k = C k · x k (5)
Die Berechnung des äquivalenten, zeitdiskreten Systems ist für eine elek
trische Maschine sehr aufwendig, da das System nichtlinear ist. Durch die
Forderung einer kleinen Abtastzeit lassen sich die folgenden Näherungen zur
Berechnung eines zeitdiskreten Modells finden:
Die Beschreibung des Betriebsverhaltens elektrischer Maschinen erfolgt durch
elektrische und mechanische Beziehungen. Das elektrische Ersatzschaltbild
beschreibt das Klemmenverhalten der Maschine. Die Kopplung von elek
trischen und mechanischen Größen erfolgt durch die Momentengleichung,
die zwei unbekannte Terme, nämlich das Last- und Trägheitsmoment, be
inhaltet. Diese beiden Größen sind, wenn überhaupt, nur mit einem nicht
zu rechtfertigendem Aufwand meßbar. Daher wird man bei der Modellbil
dung das Konzept verfolgen, bei den elektrischen Gleichungen der Maschine
möglichst kleine systematische Modellfehler zuzulassen, um die Fehlertole
ranz des Kalman-Filters vollständig dazu auszunutzen, die mechanischen
Gleichungen zum Teil signifikant zu vereinfachen.
Aufgrund des Feldverlaufs bei Permanentmagnetbestückung der Läuferober
fläche und der Statornutung kann man bei der Modellbildung für eine per
manenterregte Synchronmaschine nicht davon ausgehen, daß alle Feldober
wellen zu null werden ((3), (10), vgl. Fig. 2). Im weiteren werden sie daher
berücksichtigt.
Die Polradspannung für einen Strang
läßt sich durch eine drehzahlproportionale Funktion ûp1(t) und durch eine
Formfunktion fup1(γ) (vgl. 10) darstellen.
Setzt man bei einer dreisträngigen Maschine die 120° Periodizität voraus,
was praktisch immer gegeben ist, lassen sich die Verläufe der restlichen Pol
radspannungen in der gleichen Weise formulieren
up2(t) = M · w(t) · fup2(γ) (10)
up3(t) = M · w(t) · fup3(γ) (11)
Die Darstellung des allgemeinen Ersatzschaltbildes (ESB) einer Synchron
maschine lautet in Matrizenschreibweise:
Die Induktivitäten können sowohl von der Polradlage als auch vom Strom
abhängig sein. Der Wert der ohmschen Ständerwiderstände ist i.a. für alle
Stränge gleich.
R₁ = R₂ = R₃ = R (15)
Die Berücksichtigung der Sättigungseffekte erfolgt hier nicht explizit, son
dern es wird angenommen, daß die Änderung der Induktiviten, die sich mit
der Zeitkonstanten des Stromes vollzieht, wegen der kleinen Abtastintervalle
sehr gering ist und deshalb von Abtastschritt zu Abtastschritt nachgeführt
werden kann. Die vollständige Berücksichtigung der Lageabhängigkeit der
Induktivitäten ist für die magnetisch unsymmetrische Maschine erforderlich.
Hier wird nur der Fall der symmetrischen Maschine betrachtet. Unter den
obigen Voraussetzungen läßt sich der elektrische Teil des Modells darstellen:
Die mechanischen Gleichungen
Jges = Jo + J(t) (17)
beinhalten neben der zu schätzenden Lage und Drehzahl die unbekannten
nichtelektrischen Größen des Lastmoments mLast und des Gesamtträgheitsmoments
Jges. Die Reduktion auf die Bestimmung eines modifizierten Lastmomentes
ist möglich. Eine meßtechnische Erfassung des Lastmoments
ist entweder unmöglich bzw. so aufwendig, daß die Vorteile des sen
sorlosen Betriebs vollständig entfallen würden. Zur Ankopplung der mecha
nischen Gleichungen an das elektrische Ersatzschaltbild sind daher Ansätze
erforderlich, die zu einem einfachen realisierbaren Modell führen. Auf einige
Möglichkeiten hierzu wird später noch im Detail eingegangen.
Bei den meisten Umrichterkonzepten ist der Mittelpunktleiter nicht zugäng
lich, so daß der Summenstrom verschwindet. Daher wird im folgenden vor
ausgesetzt:
i₁ + i₂ + i₃ = 0 bzw. i₃ = -i₁ - i₂ (21)
Für die Bilanzgleichung der Ständerspannungen ergibt sich dann:
Die Summe der Strangspannungen bildet ein Nullsystem, wenn die Polrad
spannung Oberschwingungen mit dem ungradzahligem Vielfachen der Ord
nungszahl Drei aufweist.
Auf der Basis des elektrischen Ersatzschaltbildes (16) und der Ankopplung
der mechanischen Gleichungen (18-20) lassen sich verschiedene Modell
kombinationen für den Einsatz im Kalman-Filter finden. Die Bewertung
der Vor- bzw. Nachteile der verschiedenen Maschinenmodelle bleibt der Im
plementierung, der Analyse des Rechenzeitbedarfs sowie dem Vergleich der
Schätzergebnisse vorbehalten.
Ausgehend von dem allgemeinen Ersatzschaltbild der permanenterregten Syn
chronmaschine (vgl. Gl. 16) kann man das Maschinenmodell durch die
Wahl der entsprechenden elektrischen Komponenten des Zustandsvektors als
"Strommodell" oder "Flußmodell" formulieren. Hier werden ausschließlich
Strommodelle untersucht, da dann in der Ausgangsmatrix keine vom Be
triebspunkt der Maschine abhängigen Ersatzschaltbildgrößen auftreten, de
ren Verstellung die Abbildung des Zustandsvektors auf den Ausgangsvektor
verfälschen könnte. Um den Modellumfang zu minimieren, kann man zwei
anstatt drei Strangspannungen berücksichtigen. Bei zwei Spannungen redu
ziert sich der Rechen- und Hardwareaufwand entsprechend, wobei aber zu
beachten ist, daß die dritte Spannung nicht aus den anderen beiden ermittelt
werden kann.
Die obigen Modelle bilden "120°" Systeme, d. h. sie sind ständerfest und nicht
aus senkrecht stehenden, entkoppelten Spulensystemen aufgebaut. Führt
man mit Hilfe der Zweiachsentheorie (4) die Transformation auf ein senk
recht stehendes 2-Phasensystem durch, kann diese nur dann leistungsinva
riant (LIV) durchgeführt werden (Gl. 25), falls alle drei Strangspannungen
bekannt sind. Anderenfalls muß die Transformation leistungsvariant (LV)
erfolgen (Gl. 24). Die Berechnung der Formfunktionen für das ständerfe
ste "90°" Modell der Maschine kann erfolgen, falls das Superpositionsprinzip
gilt.
Die leistungsinvariante Transformation erfordert die Subtraktion des Nullsy
stems:
Die Transformation auf ein rotorfestes rotierendes Bezugssystem bietet bei
magnetisch unsymmetrischen Maschinen den Vorteil, daß die Lageabhängig
keit der Induktivitäten verschwindet. Die Transformation beinhaltet den
Lagewinkel, so daß die Eingangs- und Ausgangsmatrix stets nichtlinear ist.
Die rotorfesten Formfunktionen der Polradspannungen berechnen sich bei
leistungsvarianter Transformation:
Die Berechnung der rotorfesten Formfunktionen der Polradspannung im Fall
leistungsinvarianter Transformation erfolgt analog:
Zur Drehzahl- und Lageschätzung ist die Ankopplung der mechanischen Glei
chungen an das elektrische Ersatzschaltbild erforderlich. Eine Möglichkeit
zur Bestimmung des Lastmomentes besteht darin, einen Beobachter zu im
plementieren, um aus den elektrischen Größen das Lastmoment zu bestim
men.
Diese Lösung ist möglich, bewirkt aber einen zusätzlichen Rechenaufwand,
der nicht unbedingt erforderlich ist.
Bei der Ankopplung der mechanischen Gleichungen an das elektrische Ersatz
schaltbild lassen sich Annahmen treffen, die einerseits die Bestimmung von
Last- und Trägheitsmoment überflüssig machen und andererseits einen syste
matischen Modellfehler bewirken. Ein derartiges Maschinenmodell wäre für
die Simulation des Betriebsverhaltens der Maschine völlig unbrauchbar; es ist
als Modell für die Implementierung in einem Kalman-Filter jedoch durchaus
verwendbar. Die resultierenden Modellfehler der möglichen Ansätze sind an
die Voraussetzung der "kleinen" Abtastzeit gebunden.
Fordert man eine innerhalb eines Abtastschrittes konstante Drehzahl (11)
wk+1 = wk (29)
indem man das Lastmoment gleich dem elektrischen Moment setzt, entfällt
die Berücksichtigung des unbekannten Last- und Trägheitsmomentes. Die
Modellbildung wird aufwendiger, wenn man das Last- und das Trägheits
moment als "bekannte", fehlerbehaftete (genauer verrauschte) Modellgröße
auffaßt und als Komponente des Zustandsvektors wählt, indem man den er
sten Ansatz abwandelt.
mLast,k+1 = mLast,k (30)
Dies führt zu einer Vergrößerung der Dimension des Zustandsvektors und
damit zu einer entsprechenden Rechenzeitbelastung.
Aus den aufgezeigten Möglichkeiten von verschiedenen Maschinenmodel
len lassen sich einige Kombinationen ableiten. Im folgenden werden drei
grundsätzlich verschiedene Modelle vorgestellt. Die Bewertung von Vor- und
Nachteilen bleibt der praktischen Implementierung vorbehalten. Die Modelle
werden für die in, praktischen Versuch eingesetzte Maschine abgeleitet. Diese
Maschine weist keine magnetische Unsymmetrie (d=q=) und praktisch
keine Sättigung auf. Die Polradspannung hat die in Fig. 2 dargestellte, aus
geprägt "trapezförmige" Charakteristik. Die Ankopplung der mechanischen
Gleichungen erfolgt bei dem rotor- und ständerfesten Maschinenmodell durch
die Annahme einer innerhalb eines Abtastschrittes konstanten Drehzahl. Die
Auswirkungen dieses Ansatzes werden noch eingehender diskutiert.
Ein auf den Rotor transformiertes Maschinenmodell einer Synchronmaschine
mit Erregung durch Permanentmagnete wurde in (9) vorgestellt. Das fol
gende zeitdiskrete Maschinenmodell stellt eine Modifikation dar, bei der die
Formfunktion der Polradspannung berücksichtigt wird.
Bei dem auf den Rotor transformierten Maschinenmodell ist die Ausgangs
matrix, die im Filter-Algorithmus von zentraler Bedeutung ist, nichtlinear.
Eine nichtlineare Ausgangsmatrix muß in jedem Abtastschritt neu berechnet
werden, was sehr rechenzeitintensiv ist. Daher ist es sinnvoll, ein Maschinen
modell zu entwickeln, das eine lineare Ausgangsmatrix ermöglicht.
Die Berechnung des "ständerfesten" Maschinenmodells kann direkt aus dem
elektrischen Ersatzschaltbild (vgl. Gl. 16) erfolgen.
Das System ist fast "vollständig" linear, lediglich in der Systemmatrix sind
zwei Koeffizienten Funktionen des Zustandsvektors. Die Eingangs- und Aus
gangsmatrix ist jeweils minimal besetzt. Im Vergleich zum rotorfesten Ma
schinenmodell läßt sich die Rechenzeit drastisch reduzieren, da der Rechen
aufwand für die Aktualisierung der Matrizen minimal ist. Die Dimension des
Zustandsvektors bleibt beim "ständer-" und beim "rotorfesten" Maschinen
modell gleich vier. Durch die Umformung des Maschinenmodells läßt sich
die Dimension des Zustandsvektors auf drei reduzieren.
Bei den obigen Modellen sind zwei Komponenten des Zustandsvektors aus
Strömen des Bezugssystems gebildet worden. Die Ströme werden geschätzt,
obwohl zur Regelung nur die Drehzahl und zur Transformation nur der Lage
winkel erforderlich ist. Man kann rein formal das (ständerfeste) Maschinen
modell derart umformen, daß nur die gesuchte Drehzahl und Lage Elemente
des Zustandsvektors sind.
Unter der Voraussetzung kleiner Abtastzeiten läßt sich der Differenzenquo
tient des Stroms durch Kurzzeitmittelwerte gut annähern:
Die Mittelwerte von Strom und Spannung für das gekennzeichnete Zeitin
tervall sind meßbare Größen, ebenso wie der Momentanwert des Stroms.
Unbekannt sind die eigentlich gesuchten Drehzahl- und Lagewerte. Aus der
Nomenklatur ergibt sich eine Zeitverschiebung auf der Zeitachse um einen
Abtastschritt, die bei kleiner Abtastzeit praktisch keine Auswirkung hat.
Das Lastmoment wird als dritte Komponente in den Zustandsvektor aufge
nommen. Dazu wird der oben erwähnte Ansatz eines innerhalb eines Ab
tastschrittes konstanten Lastmomentes gewählt.
Die modifizierte Zustandsdarstellung lautet:
Das Modell mit dem Zustandsvektor "minimaler" Dimension ist nichtlinear
bezüglich der Ein- und Ausgangsmatrix. Der Rechenzeitaufwand zur Aktua
lisierung der Matrizen muß in der Realisierung des Kalman-Filters untersucht
werden.
Das Kalman-Filter-Verfahren beruht auf einem Maschinenmodell im zeitdis
kreten Zustandsraum. Die Formulierung ist allgemein und nicht vom spezifi
schen Maschinenmodell abhängig. Hier wird daher nur ein kurzer Überblick
über das erweiterte Kalman-Filter gegeben (2), (11). Die vollständige Dar
stellung ist z. B. in (1), (5) wiedergegeben.
In Fig. 3 ist das Systemmodell dargestellt (11). Das zeitdiskrete Maschi
nenmodell wird um zwei Rauschprozesse erweitert.
Der Meßfehler wird durch den vektoriellen Rauschprozeß {vk} (Meßrauschen)
und der Modellfehler durch den vektoriellen Rauschprozeß {wk} (Systemrau
schen) berücksichtigt. An die an sich unbekannten Rauschprozesse - dies gilt
insbesondere für das Systemrauschen - lassen sich einige Voraussetzungen
stellen.
Die Rauschprozesse seien: gaußförmig, mittelwertfrei, zeitlich und unterein
ander unkorreliert. Weiterhin soll kein Element des Zustandsvektors durch
ein anderes gestört werden. Der Ablauf des nichtlinearen Kalman-Filter-
Verfahrens wird durch die Filtergleichungen (37-39) und durch die Prädik
tionsgleichungen (40-41) beschrieben.
Durch die Filtergleichungen wird für den Abtastzeitpunkt (kT) der aktuelle
Zustandsvektor x k | k und seine Kovarianzmatrix P k | k berechnet. Durch die
Prädiktionsgleichungen wird eine Vorhersage des Zustandsvektors x k+1 | k und
der Kovarianzmatrix P k+1 | k für den folgenden Abtastzeitpunkt gemacht.
Die Vorhersage des Zustandsvektors wird im nächsten Abtastschritt durch
die Abbildung auf den Ausgangsvektor y bewertet.
Die Filtergleichungen lauten (2), (11):
x k | k = x k | k-1 + K k · (y k - h(x k | k-1,k))
= x k | k-1 + K k · (y k - C k(x k | k-1) · x k | k-1) (37)
= x k | k-1 + K k · (y k - C k(x k | k-1) · x k | k-1) (37)
und für die Prädiktion des Zustandsvektors x sowie der Kovarianzmatrix P
gilt (11):
Zur Realisierung des Filter-Algorithmus ist noch die Berechnung der Ab
leitungen der Übergangs- und Ausgangsfunktion für die einzelnen Modelle
erforderlich.
Dazu ist die partielle Ableitung der Formfunktionen nach dem Lagewinkel
zu bilden. Zur Vereinfachung der Darstellung soll die folgende Nomenklatur
gelten:
Rotorfestes Modell
Ständerfestes Maschinenmodell
Modell mit Zustandsvektor minimaler Dimension
Der Vergleich der Matrizen für die drei Modelle zeigt, daß die linearen Eigen
schaften des ständerfesten Modells und des Modells mit minimalem Zustands
vektor einen sehr geringen Aufwand für die Aktualisierung der Übergangs-
und Ausgangsfunktion benötigen. Der Implementierung bleibt vorbehalten,
die Qualität der Schätzresultate zu ermitteln.
In dem Filteralgorithmus treten die Kovarianzmatrizen des Meßrauschens
R und des Systemrauschens Q auf, wobei insbesondere die letztere das sta
tionäre und dynamische Verhalten des Filters bestimmt.
Die Quantifizierung der Elemente der Matrizen bereitet bei der Kovarianzma
trix des Systemrauschens Schwierigkeiten, da der Modellfehler bzw. dessen
statistischen Eigenschaften unbekannt sind und nicht automatisch gewährlei
stet ist, daß sich mit den Annahmen für die Rauschprozesse die Modellfehler
beschreiben lassen. In der Simulation zeigt sich jedoch, daß die Quantifizie
rung der Elemente der Kovarianzmatrix Q, die auf die Schätzung elektrischer
Größen wirken, relativ unkritisch ist. Dies resultiert aus dem relativ exakten
elektrischen Modell der Maschine. Zur Ankopplung der mechanischen Glei
chungen an das elektrische Ersatzschaltbild wird der Ansatz einer innerhalb
eines Abtastschrittes konstanten Drehzahl gewählt. Für den stationären Be
trieb läßt sich die Matrix Q durch iterative Algorithmen bestimmen. Diese
Resultate lassen sich aber nicht für den dynamischen Betrieb verwenden,
denn es ist offensichtlich, daß die Annahme einer konstanten Drehzahl im
stationären Betrieb praktisch keinen, im dynamischen Betrieb aber einen
erheblichen Modellfehler bewirkt.
Der beim dynamischen Betrieb auftretende Fehler läßt sich abschätzen, wenn
man den linearen Drehzahlverlauf durch die feldorientierte Betriebsweise vor
aussetzt.
wk+1 = wk + Δwk (50)
Aus dieser Abschätzung kann man folgern, daß der Wert der Kovarianzmatrix
des Systemrauschens mindestens zwischen zwei Werten umgeschaltet werden
muß, um der Betriebszustandsabhängigkeit des Modellfehlers Rechnung zu
tragen. Zur Erkennung des Betriebszustands wird der Schätzwert mit dem
Sollwert der Drehzahl verglichen. Der Wert der Kovarianzmatrix des Sy
stemrauschens wird aber nicht zwischen zwei Werten hin- und hergeschaltet,
sondern mit dem der Abweichung gewichtet. Es erfolgt eine Adaption der
Kovarianzmatrix des Systemrauschens an den Betriebszustand der Maschine.
Zur Realisierung des Filter-Algorithmus wird ein System mit einem digita
len Signalprozessor (DSP) TMS320C30 eingesetzt. Der Zugriff auf den DSP
erfolgt über die direkte Ankopplung des Systems an den Bus des Host (PC-
AT). Dieser DSP neuester Generation verfügt über eine Floating-Point-Unit,
die eine enorme Rechenleistung (33 MFLOPS) ermöglicht. Durch den Ein
satz eines C-Compilers läßt sich die Rechenleistung auch für die Simulation
des Gesamtantriebs nutzen. Eine Übersicht über den Versuchsstand ist in
Fig. 4 dargestellt.
Die Implementierung des Kalman-Filters erfolgt in mehreren Schritten. In
der ersten Entwicklungsstufe wird die Simulation des Gesamtantriebs auf
dem Host oder einem anderen verfügbaren Rechner durchgeführt. Das Simu
lationsprogramm umfaßt im wesentlichen die Programmodule für den Um
richter, die Maschine sowie das eigentliche Kalman-Filter. Die Ablaufsteue
rung erfolgt durch eine interaktive Benutzeroberfläche, die On-Line die gra
phische und numerische Ausgabe von beliebigen Systemgrößen erlaubt. Das
Zu- oder Abschalten von Optionen wird durch Steuerflags gewährleistet, um
etwa zwischen dem open- und closed-loop Betrieb umschalten zu können.
Im open-loop Betrieb werden die "Istwerte" der Lage und Drehzahl für die
Regelung der Maschine verwendet. Im closed-loop werden die "Istwerte" nur
zu Vergleichszwecken herangezogen, denn die Regelung und die Transfor
mation erfolgt ausschließlich mit den vom Kalman-Filter geschätzten Wer
ten für Lage und Drehzahl. Zur Optimierung von Parametereinstellungen
können On-Line Parametervariationen vorgenommen werden. Zur Dokumen
tation können die Systemgrößen auf "Meßfile′s" protokolliert werden. Das Si
mulationsprogramm verursacht einen erheblichen Rechenaufwand, denn der
Umrichter wird mit einer Abtastzeit von 10 µs simuliert, so daß der aktu
elle Zustand der Maschine mindestens so oft neu berechnet werden muß.
Diese Abtastrate wird durch das Steuerkonzept des eingesetzten Umricht
ers vorgegeben. In der zweiten Simulationsphase wird daher die Antriebssi
mulation vollständig auf den DSP verlagert; der Host übernimmt lediglich
die Ein-/Ausgabe und die Ablaufsteuerung wie oben beschrieben. Durch
die Möglichkeit des Hochspracheneinsatzes ist die Portabilität der einzel
nen Programmodule weitgehend gewährleistet. Nur die Kommunikation zwi
schen Host- und DSP muß angepaßt werden. Die Portierung der Simulation
dient zum einen dazu, die enorme Rechenleistung des DSP′s z. B. für auf
wendige Parameterstudien zu nutzen und zum anderen das Kalman-Filter-
Programmodul auf rechenzeitintensive Operationen zu untersuchen, um den
Algorithmus schon in der Simulation optimieren zu können.
Im Anschluß an die Simulationsphase wird der Echtzeitbetrieb aufgenommen
und das Kalman-Filter-Modul, das bis dahin für Simulation auf dem Host
und dem DSP völlig identisch ist, bezüglich der Rechenzeit optimiert. Dazu
werden die Matrizenoperationen im Filter-Algorithmus von einem Funktions
aufruf in eine explizite Schreibweise überführt. Außerdem werden die apriori
Kenntnisse der Neutralelemente der Multiplikation und der Addition aus
genutzt, so daß Additionen mit "0" und Multiplikationen mit "0" oder "1"
entfallen. Diese Umsetzung des Filter-Moduls erfolgt automatisch durch ei
nen Source-Code-Generator. Auch diese Programmversion bleibt vollständig
in C und damit portabel, sie ist aber durch den Wegfall der Funktionsaufrufe
unübersichtlich und daher nicht zur Programmentwicklung geeignet. Das so
erstellte Filter-Modul wird zunächst im open-loop betrieben. Dann erfolgt
der closed-loop Betrieb, bei dem die Istwerte der Lage und Drehzahl nur zu
Vergleichszwecken erfaßt werden.
Die benötigten Rechenzeiten des Kalman-Filters für die verschiedenen Ma
schinenmodelle und die eingestellte Gesamtabtastzeit T sind tabellarisch dar
gestellt.
Der Vergleich der benötigten Rechenzeiten zeigt, daß das Modell mit mini
malem Zustandsvektor und das ständerfeste Maschinenmodell Abtastzeiten
ermöglichen, die wesentlich unter den geforderten 250 µs liegen. Der Wert
für die Gesamtabtastzeit wurde auf 200 µs eingestellt, weil die flexible Pro
grammstruktur relativ rechenzeitintensiv ist. Die durch die Entwicklungsum
gebung bedingten Vorteile rechtfertigen aber diesen Verwaltungs-Overhead.
Schon bei der Ableitung der Maschinenmodelle war ersichtlich, daß das ro
torfeste Maschinenmodell die größte Rechenzeit in Anspruch nehmen wird.
Zur endgültigen Bewertung der Leistungsfähigkeit der vorgestellten Maschi
nenmodelle ist aber die Auswertung der Messungen erforderlich.
Es ist sinnvoll, die Maschinenmodelle in Betriebssituationen zu testen bei de
nen jeweils der größte systematische Modellfehler auftritt. Es muß sich dann
erweisen, ob das Kalman-Filter in der Lage ist, mit Hilfe der "verrauschten"
Maschinenmodelle die Drehzahl und die Lage in, closed-loop Betrieb richtig
zu schätzen. Deshalb werden für alle Modelle drei Betriebszustände un
tersucht. Zum einem wird mit einem Drehzahlsollwertsprung von positiver
auf negative Nenndrehzahl der Bereich höchster Dynamik durchfahren, bei
der der maximale Modellfehler bei der Annahme einer konstanten Drehzahl
innerhalb eines Abtastintervalls auftritt. In der zweiten Versuchsreihe wird
der Bereich der stationär kleinen Drehzahl untersucht, bei dem zwar kein sys
tematischer Modellfehler auftritt; die Synchronmaschine ohne Last aber nur
sehr geringe Spannungs- und Stromwerte liefert. In der letzten Versuchsreihe
wird ein Laststoß vorgegeben. Dazu ist eine permanenterregte Synchronma
schine angekuppelt, die dreiphasig kurzgeschlossen wird. Die Last wird sehr
schnell aufgebaut, so daß weder die Drehzahl noch die Last innerhalb eines
Abtastschrittes konstant bleiben.
Die Fig. 5, 6 und 7 zeigen jeweils den direkten Vergleich der gemessenen
mit der geschätzten Drehzahl für die oben beschriebenen Lastfälle.
Beim Drehzahlsollwertsprung stimmen bei allen Modellen Ist- und Schätz
wert der Drehzahl gut überein. Es sei erwähnt, daß die eingangs geschil
derte hohe Drehzahldynamik des Antriebs nicht ganz erreicht wird, weil das
Trägheitsmoment des Antriebs durch die angekuppelte Belastung vergrößert
wird. Dies entspricht zum einem realen Gegebenheiten, zum anderen wird
gezeigt, daß der dynamische Betrieb und der dadurch resultierende Modell
fehler durch die Annahme einer konstanten Drehzahl innerhalb eines Abtast
schritts auch über "lange" Zeiträume zu guten Schätzergebnissen führt. Auch
der Betrieb bei stationär kleinen Drehzahlen bereitet keine Probleme, obwohl
der Istwert des Stromes nicht gemessen wird, was durch das Umrichtersteu
erverfahren bedingt (Zweipunktregler), bei sehr kleinen Strömen zu beachtli
chen Abweichungen führt. Der Vergleich des Verhaltens beim Laststoß zeigt,
daß die auftretenden Drehzahlschwankungen durch systematische Pendelmo
mente (Feldoberwellen) und durch die untere Grenze der Stromauflösung des
Umrichters verursacht werden. Die Schätzergebnisse beim ständer- und ro
torfesten Maschinenmodell sind vergleichbar gut. Das Maschinenmodell mit
dem Zustandsvektor minimaler Dimension liefert zufriedenstellende Schätzer
gebnisse, bewirkt aber etwas größere Schwankungen des Drehzahlschätzwer
tes.
Durch den Einsatz eines Kalman-Filters lassen sich die Rotorlage und
die Winkelgeschwindigkeit des Rotors einer Synchronmaschine nur aus
Messung der elektrischen Klemmenspannung und aus der Messung der Ma
schinenströme bestimmen. Das Verfahren arbeitet unabhängig von der
Bauart der Synchronmaschine und unabhängig vom eingesetzten Umrich
ter. Da fehlerbehaftete, verrauschte Meßwerte zulässig sind, kann
ggf. auf die Messung des Istwerts der Ströme und Spannungen verzich
tet werden, wenn diese in guter Näherung mit den Sollwerten überein
stimmen (siehe (3)). Die Anzahl der zu messenden Ströme und
Spannungen kann kleiner als die Anzahl der Maschinenstränge sein.
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erreicht man die volle Erfassung
des stationär zulässigen Drehzahlbereichs einer Synchronmaschine bei
gleichzeitiger Reduktion des erforderlichen Rechenaufwandes, insbe
sondere durch die Gestaltung des Maschinenmodells.
Das Kalman-Filter beruht auf einem geeigneten Modell der Maschine,
wobei systematische und stochastische Modellfehler in gewissen Um
fang tolerierbar sind. Das Betriebsverhalten einer Synchronmaschine
wird durch das elektrische Ersatzschaltbild und durch die mechani
schen Gleichungen beschrieben. Daher wurde das Konzept entwickelt,
im elektrischen Ersatzbild der Maschine möglichst wenig systemati
sche Fehler zuzulassen und die Fehlertoleranz des Kalman-Filters
vollständig zur Vereinfachung der mechanischen Gleichungen auszunut
zen. Daher werden Feldoberwellen berücksichtigt. Die Formfunktionen
der Polradspannung lassen sich für leistungsinvariante und für lei
stungsvariante Transformation auf ein zweiphasiges System berechnen.
Gezielte Vernachlässigungen sind hierbei möglich. Bei den Modellen
lassen sich drei grundsätzlich unterschiedliche Typen unterscheiden
mit einem ständerfesten oder rotorfesten Bezugssystem, wobei es sich
bei dem ständerfesten Bezugssystem um ein zweiphasiges oder drei
phasiges, bzw. um ein Modell mit Zustandsvektor minimaler Dimension
handeln kann. Die Fehlertoleranz des Kalman-Filters läßt sich dabei
zur wesentlichen Vereinfachung mechanischen Gleichungen nutzen, und
zwar zur Vernachlässigung der Drehzahländerung innerhalb eines Ab
tastschrittes, zur Annahme eines konstanten, bekannten Last- und
Trägheitsmomentes und/oder zur Vernachlässigung der Lastmomentände
rung innerhalb eines Abtastschrittes, wobei das Lastmoment geschätzt
werden kann.
Bei Kenntnis der statistischen Eigenschaften des Modellfehlers wird
der Rauschparameter, der auf die Drehzahlschätzung wirkt, in Abhängig
keit vom Betriebszustand der Maschine angepaßt. Als Parameter zur
Identifikation des Betriebszustandes dient dazu der Vergleich der ge
schätzten Drehzahl mit der Solldrehzahl oder falls das Lastmoment ge
schätzt wird, der Vergleich von geschätztem Lastmoment und dem elek
trischen Moment. Der Verlauf wird durch die extremen Werte qmin und
qmax sowie durch eine charakteristische Steigung definiert, wie dies
in Fig. 8 dargestellt ist. Das erfindungsgemäße Verfahren arbeitet
unabhängig von der Bauart der Synchronmaschine und unabhängig von der
Wirkungsweise des eingesetzten Umrichters. Dabei führt die Berücksich
tigung der realen Polradspannung zu einem genaueren elektrischen Er
satzschaltbild mit äußerst geringer Rechenzeitbelastung. Bei ständer
festen Maschinenmodellen erhält man eine lineare Ausgangsmatrix und
eine erhebliche Reduzierung im Vergleich zu Modellen mit rotierenden
Bezugssystemen und damit der Leistungsanforderung an die Hardware. Bei
Modellen mit Zustandsvektor minimaler Dimension erhält man eine mini
male Rechenzeit, das Lastmoment wird geschätzt (Lageregelung). Dynami
sche Rauschparameter führen zu einer einfachen Momenten-Gleichung,
deren Fehler berücksichtigt wird.
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist auch der sensorlose Betrieb
einer Asynchronmaschine und die Identifikation der zur feldorientierten
Betriebsweise notwendigen Zustandsgrößen möglich. Auch hier ist das
eingesetzte Kalman-Filter unabhängig von der Bauart der Asynchronma
schine und unabhängig von dem Prinzip des speisenden Umrichters ein
setzbar.
Fig. 9 zeigt die Struktur des sensorlosen Antriebes einer Asynchron
maschine mittels Kalman-Filter, wobei auch andere Reglerstrukturen
möglich sind, z. B. Zustandsregler. Aus den Ständerspannungen und aus
den Maschinenströmen (hier jeweils 2) wird mit Hilfe des Kalman-Fil
ters die Drehzahl des Rotors, die Winkelgeschwindigkeit des Rotorflus
ses und dessen räumliche Lage ermittelt. Auf die Messung von
Strom- und Spannungswerten kann verzichtet werden, falls die Istwerte
näherungsweise mit den Sollwerten übereinstimmen. Da das Filter Mo
dellfehler in Grenzen tolerieren kann, ist es nicht unbedingt erfor
derlich, die vom Betriebszustand abhängigen Maschinenparameter zu
identifizieren, z. B. durch einen Beobachter (Temperatur) zur Parame
teridentifikation, und nachzuführen. Im Maschinenmodell läßt sich
(analog zur Synchronmaschine) eine innerhalb eines Abtastschritts kon
stante Winkelgeschwindigkeit des Rotorflusses annehmen. Der vom Be
triebszustand der Maschine abhängige Modellfehler läßt sich durch die
Anpassung des Rauschparameters für die Winkelgeschwindigkeit des Ro
torflusses bzw. des Rotors in Analogie zur Synchronmaschine berück
sichtigen. Die Ordnung des Maschinenmodells der Asynchronmaschine kann
durch die Annahme eines innerhalb eines Abtastschrittes näherungsweise
konstanten Magnetisierungsstroms um eins verringert werden. Dabei läßt
sich das Verfahren auch auf Maschinen anwenden, bei denen sowohl der
Rotor- als auch der Ständerstrom meßbar ist.
Wie bei der Synchronmaschine ist auch hier ein drehzahlgeregelter,
feldorientierter Betrieb einer Asynchronmaschine ohne mechanische Sen
soren möglich sowie der Ersatz des Flußmodells bzw. Beobachters zur
Zustandsidentifikation.
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist verbunden die Entwicklung
eines Konzepts zur schnellen Implementierung von Filter- und Beobach
terstrukturen auf der Zielhardware (TMS320C30). Die besonderen Kenn
zeichen dieses Konzeptes sind eine interaktive Benutzeroberfläche mit
frei wählbaren Systemgrößen, die graphisch und numerisch angezeigt
werden können, wobei die Anzeige On-Line umgeschaltet werden kann;
Steuerflags ermöglichen das Zu- und Abschalten von Funktionen im Be
trieb; der Einsatz standadisierter Programmodule ist möglich.
Die Inbetriebnahme, z. B. eines Filter-Moduls für ein variiertes Ma
schinenmodell, erfolgt in drei Schritten:
- 1. Simulation des Gesamtantriebs auf dem Host (PC-AT, HP835)
- 2. Portierung der Simulation des Antriebs auf die Zielhardware, hier TMS320C30, durch den Einsatz eines Hochsprachen-Compilers. Die Programmodule sind deshalb im wesentlichen mit denen der ersten Simulationsstufe identisch; lediglich die Schnittstelle zwischen Host (der weiterhin die Benutzeroberfläche bedient) und der Ziel hardware muß ggf. angepaßt werden.
- 3. Optimierung des Rechenzeitbedarfs durch einen für den Benutzer transparenten "Source-Code-Generators", der die Funktionsaufrufe der Matritzenoperationen in die explizite Form umsetzt und dann die Additionen "0" und die Multiplikationen mit "0" oder "1" entspre chend wegläßt. So resultiert ein relativ kompakter, automatisch er zeugter Programm-Code in einer Hochsprache.
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[11] Stärker, K.: Sensorloser Betrieb einer umrichtergespeisten Synchronmaschine mittels Kalman-Filters. Diss., RWTH Aachen, 1988.
Claims (10)
1. Verfahren zum sensorlosen Erfassen und/oder Einstellen der Rotor
lage und/oder Winkelgeschwindigkeit des Rotors einer elektrischen Ma
schine, insbesondere einer Synchronmaschine oder einer Asynchronma
schine, aus der Messung der elektrischen Klemmenspannung und/oder des
Maschinenstroms unter Einsatz eines Kalman-Filters bei Verwendung
eines Modells der Maschine, deren Betriebsverhalten durch ein elektri
sches Ersatzschaltbild und durch die mechanischen Gleichungen be
schrieben wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswer
tung allein der Sollwerte der Klemmenspannung und des Maschinenstroms,
welche in guter Näherung mit den Istwerten der Spannungen und Ströme
übereinstimmen.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die
Anzahl der gemessenen Spannungen und/oder Ströme kleiner ist als die
Anzahl der Maschinenstränge.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekenn
zeichnet, daß die Fehlertoleranz des Kalman-Filters überwiegend
für die Vereinfachung der mechanischen Gleichungen ausgenutzt wird,
während für das elektrische Ersatzschaltbild der Maschine nur wenig
systematische Fehler zugelassen werden.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch ge
kennzeichnet, daß bei der Bestimmung des Modells der Maschine Feld
oberwellen berücksichtigt und die Formfunktionen der Polradspannung
für die Transformation auf ein zweiphasiges System berechnet werden.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet
durch die Verwendung eines Modells mit ständerfestem Bezugssystem,
insbesondere durch die Verwendung eines Modells mit einem Zustands
vektor minimaler Dimension als Bezugssystem.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet durch
die Verwendung eines Modells mit rotorfestem Bezugssystem.
8. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Feh
lertoleranz des Kalman-Filters im wesentlichen genutzt wird zur Ver
nachlässigung der Drehzahländerung und/oder der Lastmomentänderung
innerhalb eines Abtastschrittes.
9. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Feh
lertoleranz des Kalman-Filters im wesentlichen genutzt wird zur An
nahme eines konstanten, bekannten Last- und Trägheitsmoments.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, daß
der Rauschparameter, der auf die Drehzahlschätzung wirkt, in Abhän
gigkeit vom Betriebszustand der Maschine angepaßt wird, wobei als
Parameter zur Identifikation des Betriebszustandes der Vergleich der
geschätzten Drehzahl mit der Solldrehzahl, bzw. der Vergleich des
geschätzten Lastmoments mit dem elektrischen Moment dient und der
Verlauf durch die Extremwerte (qmin, qmax; Fig. 9) sowie durch eine
charakteristische Steigung definiert wird.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
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DE4115338A DE4115338A1 (de) | 1991-05-10 | 1991-05-10 | Verfahren zum sensorlosen erfassen und/oder regeln einer elektrischen maschine |
Publications (1)
Publication Number | Publication Date |
---|---|
DE4115338A1 true DE4115338A1 (de) | 1992-11-12 |
Family
ID=6431421
Family Applications (1)
Application Number | Title | Priority Date | Filing Date |
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DE4115338A Withdrawn DE4115338A1 (de) | 1991-05-10 | 1991-05-10 | Verfahren zum sensorlosen erfassen und/oder regeln einer elektrischen maschine |
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