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Verfahren und Maschine zum Schleifen von Formwerkzeugen
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Bei der rationellen Herstellung von Bohrungen mit komplexem Profil
werden sogenannte Formwerkzeuge verwendet, die das komplette Bohrungsprofil in einem
einzigen Arbeitsgang erzeugen. Das erzeugte Profil der Bohrung entspricht dabei
genau dem Profil des Werkzeugs.
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Der angestrebte Rationalisierungseffekt bei der Verwendung von Formwerkzeugen
geht jedoch durch den größeren Aufwand bei der Herstellung der Werkzeuge teilweise,
und durch die besonders großen Schwierigkeiten beim Nachschleifen in der Hand des
Anwenders in besonders starkem Maße wieder verloren.
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Das zerspanende Formwerkzeug, sei es ein Bohr-, Senk-, Reib- oder
Fräswerkzeug, ist kein einfacher rotationssymmetrischer Körper mit einem bestimmten
Profil. Es besitzt eine oder mehrere Schneiden mit gerade, schräg oder spiralig
verlaufenden Span-Nuten.
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Um die für die Zerspanung erforderlichen Freiwinkel zu erhalten, besitzen
die Schneiden einen axialen oder radialen Hinterschliff oder eine Kombination von
beiden.
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Bei der Herstellung von Formwerkzeugen kann das komplexe Profil z.B.
auf Profil-Schleifmaschinen mit Profilprojektor geschliffen werden. Hierzu ist die
Erstellung einer genauen Zeichnung mit dem Profilverlauf in stark vergrößertem Maßstab
erforderlich.
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Als Schleifscheiben werden an derartigen Maschinen schmale Scheiben
mit einem relativ spitzwinkligen Querschnitt und relativ spitzem Kopfradius verwendet.
Mit dieser schmalen Scheibe fährt man, während das Formwerkzeug sich um seine Längsachse
dreht, bei gleichzeitiger Durchführung der Hinterschliffbewegung unter ständimer
Betrachtung der Optik an dem gesamten zu schleifenden Profil des Formwerkzeugs entlang.
Die Genauigkeit der so geschliffenen Schneide ist vom Geschick der Bedienungsperson
abhängig; dieses Verfahren nimmt außerdem für jedes einzelne Werkzeug sehr viel
Zeit in Anspruch und ist daher wenig wirtschaftlich.
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Bei neueren Maschinen bedient man sich beim Entlangfahren des Profils
der NC-Technik. Dies entlastet zwar die Bedienungsperson von der ständigen visuellen
Beobachtung des Profilprojektors und der manuellen Vorschubsteuerung in bezug auf
die x- und y-Achse, erfordert gleichzeitig jedoch einen erheblichen Programmieraufwand
für das zu schleifende Profil.
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Ein nennenswerter Rationalisierungseffekt ist dadurch jedoch nicht
zu erreichen, da auch hierbei das gesamte Profil mit der schmalen Schleifscheibe
langsam abgefahren werden muß.
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Zur Vermeidung der vorgenannten Nachteile wurde bereits versucht,
mit einer breiten, sog. Gruppenformscheibe das gesamte Profil des
Formwerkzeugs
in einem einzigen, kurzen Zustelivorgang im sogenannten Einstechschleifen zu erzeugen.
Zu diesem Zweck erhielt die Schleifscheibe ein an das zu schleifende Profil des
Formwerkzeugs angepaßtes Profil.
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Das am Formwerkzeug auf diese Weise entstehende Profil ist aufgrund
bestimmter, allgemein bekannter geometrischer Gesetzmäßigkeiten jedoch in mehr oder
minder starkem Maße verzerrt, so daß das am Formwerkzeug entstandene Profil zunächst
noch nicht brauchbar ist.
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Diese geometrisch bedingten Verzerrungen haben folgende Ursache: Da
sämtliche Werkzeuge zumindest einen Freiwinkel, d.h. mindestens einen axialen Hinterschliff
aufweisen, muß die Achse der Schleifscheibe um den Spiralsteigungswinkel geneigt
werden. Da dieser Spiralsteigungswinkel an jedem Punkt des Profils je nach Abstand
( Radius ) zur Längsachse des Formwerkzeugs eine andere Größe aufweist, ist es zweckmäßig,
die Längsachse der Schleifscheibe um den mittleren Spiralsteigungswinkel zu neigen.
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Nur an diesem Ort des Profils, an dem der mittlere Spiralsteigungswinkel
gegeben ist, kommt es zu einer klar definierten Berührungslinie zwischen Schleifscheibenprofil
und zu schleifender Freifläche. An allen anderen Stellen des zu schleifenden Schneidenprofils
kommt es aufgrund des an diesen Stellen vorhandenen, und von dem mittleren Spiralsteigungswinkel
mehr oder minder abweichenden tatsächlichen Spiralsteigungswinkel zu den sogenannten
Vor- und Nachschliffverhältnissen, die das entstehende Profil stark verzerren.
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Die Art und Größe dieser Verzerrungen hängt ab von zahlreichen geometrischen
Gegebenheiten sowohl am Formwerkzeug als auch an der
Schleifscheibe
sowie deren relativer Stellung zueinander; sie sind an sich bekannt Die Vielzahl
dieser Parameter läßt eine mathematische Berechnung der Profilverzerrungen und damit
eine hinreichend genaue Ermittlung des Schleifscheiben-Sollprofils zur Erzeugung
des gewünschten Formwerkzeug-Sollprofils als zu aufwendig und wenig sinnvoll erscheinen.
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In der Vergangenheit durchgeführte mathematische Berechnungen und
die Erarbeitung von Software zur rechnergestützten Ermittlung des Schleifscheiben-Sollprofils
haben sich für die Praxis nur bedingt bewährt.
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Von Einfluß auf die Art und Größe dieser Verzerrungen sind u.a.: 1)
kleinster Formwerkzeug-Durchmesser 2) größter Formwerkzeug-Durchmesser 3) Größe
des Stufensprungs in Relation zum Durchmesser 4) kleinster Spiralsteigungswinkel
5) größter Spiralsteigungwinkel 6) mittlerer Spiralsteigungswinkel 7) Schleifscheiben-Durchmesser
8) Neigung der Schleifspindelachse (ca. mittlerer Spiralsteigungswinkel) 9) Schrägstellung
der Schleifspindelachse zur Formwerkzeugachse tO) über- oder Untermitte-Stellung
der Schleifscheibe in bezug auf Formwerkzeug-Mitte.
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Während die meisten der vorgenannten Parameter durch hinreichend genaue
Erfassung und Handhabung grundsätzlich eine rechnerische Ermittlung erlauben würden,
verhindert allein der unter Pos. 7) genannte Schleifscheiben-Durchmesser, der während
des laufenden
Arbeitsganges durch natürlichen und kontinuierlichen
Verschleiß einer ständigen Veränderung unterliegt, grundsätzlich eine exakte mathematische
Schleifscheiben-Sol lprofil-Ermittlung.
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Die oben angedeutete Problematik soll anhand der beigefügten Figuren
1 bis 4 veranschaulicht werden.
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Fig. 1 bis 3 zeigen weitgehend schematisiert eine Draufsicht auf
das zu schleifende Formwerkzeug und die Schleifscheibe, gesehen in die Ebene, die
von der Werkzeugachse aufgespannt wird, wobei die Figuren einzelne Schritte darstellen,
und Fig. 4 zeigt eine Seitenansicht, senkrecht zu Fig. 1.
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Die Figuren sind weitgehend schematisiert, und es wird als Beispiel
ein sehr einfaches Profilwerkzeug 10 verwendet, bei dem nur ein einziger Sprung
12 vorhanden ist. Die zugehörige Gruppenformschleifscheibe 14 weist gemäß Fig. 1
ein zu dem Profil des Werkzeuges komplementäres Profil auf. Wird nun eine Bearbeitung
des Werkzeugs 10 vorgenommen, indem das Werkzeug zu einem Vorschub in Richtung des
Pfeiles 16, in Richtung des Pfeiles 18 und zu einer Drehung um seine eigene Achse
entsprechend der Spiralform der Schneide unterworfen wird, so erfolgt ein Schliff
mit Verzerrungen, wie sie bei 20 in Fig. 2 angedeutet sind.
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Um eine korrekte Profilform zu erzielen, müßte die Schleifscheibe
14 das in Fig. 3 bei 22 angedeutete Profil aufweisen.
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Wie oben erläutert, führen Berechnungen des so auszubildenden Gngxenfonxcheibenprofils
nicht zum Erfolg. Man geht deshalb empirisch vor, indem zunächst mit einer Scheibe
gemäß Fig. 1
ein erster Schliff gemäß Fig. 2 durchgeführt wird,
und dann eine Schablone im Wege der Iteration nach und nach so angepaßt wird, daß
bei wiederholten Schleifversuchen schließlich das gewünschte Sollprofil der Schleifscheibe
abgerichtet werden kann. Hierfür ist eine Vielzahl von Kontrollen am Projektor,
Korrekturvorgängen an der Schablone und Abrichtvorgängen an der Scheibe erforderlich.
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Derartige Maschinen werden von der Fa. May-Dörrenberg, Düsseldorf,
in größeren Stückzahlen gebaut.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zum Schleifen
von Profilwerkzeugen zu schaffen, das einerseits mit hoher Genauigkeit arbeitet,
und andererseits mit geringem Zeitaufwand auskommt, wobei eine durchschnittliche
Handfertigkeit der Bedienungsperson ausreichen soll.
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Die Lösung gemäß der Erfindung ergibt sich aus dem Patentanspruch
1.
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Demgemäß wird von einer vorbereiteten Gruppenformscheibe ausgegangen,
mit der ein Rohling geschliffen wird, wie dies in Fig. 2 angedeutet ist. Das Profil
des geschliffenen Werkzeugrohlings ist demgemäß fehlerbehaftet. Dieses fehlerbehaftete
Profil wird nun ermittelt, z.B. durch Abtastung, und die dabei gewonnenen Kennwerte
werden invertiert und als Vorgabe für das Feinabrichten der Gruppenformscheibe verwendet.
Da die Gruppenformscheibe dabei bereits in ihrer Arbeitsstellung sein kann, gehen
Änderungen der Durchmesser der Scheiben nicht als Fehler ein, wobei gegebenenfalls
durch erneutes Abrichten nach einigem Verschleiß die Gruppenformscheibe wieder in
Ordnung gebracht werden kann.
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In Weiterbildung der Erfindung kann man sich desselben Verfahrens
bedienen, um zunächst einmal die Gruppenformscheibe für das betreffende Werkzeug
vorzubereiten, d.h. um das komplementäre Profil nach Fig. 1 herzustellen.
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Für die Ermittlung des Schneidenverlaufs werden zwei Möglichkeiten
angegeben, die nachstehend im einzelnen erläutert werden.
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Einem ersten Ausführungbeispiel der vorliegenden Erfindung liegt folgende
überlegung zugrunde: So, wie eine (harte) Schleifscheibe an dem zu schleifenden
(weicheren) Formwerkzeug nicht eine exakte, sondern aufgrund der gegebenen geometrischen
Gesetzmäßigkeiten eine verzerrte Flanke erzeugt ( siehe Fig. 2 ), wird eine an einem
Musterwerkzeug vorhandene und der gewünschten Idealform entsprechende (harte) Schneide
an einer in gleicher Stellung wie die spätere Schleifscheibe befindlichen, hier
jedoch weichen Blindscheibe, z.B. aus Holz oder Kunststoff, ein Profil herauszerspanen,
das aufgrund der gleichen wirksamen geometrischen Gesetzmäßigkeiten wie beim Schleifen
genau dem gesuchten Profil entspricht, das an der Schleifscheibe erforderlich ist,
um das gewünschte Sollprofil am Formwerkzeug zu erzeugen; eine Berechnung oder Yermessung
ist überflüssig, denn in einem zweiten Verfahrensschritt wird das jetzt auf der
"gedrechselten Blindscheibe" vorhandene Profil mit Hilfe einer einfachen Kopier-Abzieheinrichtung
im exakten Maßstab 1 : 1 auf die eigentliche Schleifscheibe mit den genau gleichen
Abmessungen einschließlich der Aufnahmebohrung übertragen.
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Im dritten Verfahrensschritt wird mit dieser Schleifscheibe, die jetzt
die Stellung der "Blindscheibe" eingenommen hat, der eigentliche Schleifvorgang
ausgeführt.
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Als Ergebnis wird ein Formwerkzeug geschliffen, das im Profil trotz
aller wirksamen Verzerrungseinflüsse genau dem Musterwerkzeug des ersten Verfahrensschrittes
entspricht.
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Bei einem weiteren Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung
wird eine weitere Verfahrensvariante praktiziert.
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Ein ( im allgemeinen vorhandenes ) Musterwerkzeug mit nahezu beliebigem
und komplexem Profilverlauf wird auf einer der heute bekannten NC-gesteuerten Werkzeugschleifmaschinen
im Werkstückspindelstock aufgenommen.
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Unter Durchführung aller werkzeugspezifischen Bewegungen, wie Axialhub,
Radialhub und Spiralsteigung, wird mit Hilfe einer stationären Tasteinrichtung das
am Muster-Formwerkzeug vorhandene Sollprofil abgefahren und im sogenannten Teach-in-Verfahren
numerisch abgespeichert.
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In einem zweiten Verfahrensschritt wird dieser Profilverlauf mit Hilfe
eines Abrichtdiamanten auf die Schleifscheibe übertragen, auf der somit ein Gruppenprofil
entsteht.
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Bei diesem hierdurch erzeugten Schleifscheiben-Profil handelt es sich
noch um ein "Rohprofil", das im dritten Verfahrensschritt beim Schleifen des nächsten
Formwerkzeug-Rohlings aufgrund der sich auswirkenden geometrischen Gesetzmäßigkeiten
an diesem Rohling einen verzerrenden Profilverlauf erzeugt.
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In einem vierten Verfahrensschritt wird ebenso wie beim ersten Verfahrensschritt
mit Hilfe der erfindungsgemäßen Tasteinrichtung das soeben geschliffene, jedoch
bewußt noch verzerrte Profil des Formwerkzeuges abgefahren. Dabei werden die Abweichungen
zwischen dem Profil des Musters ( beim ersten Verfahrensschritt ermittelt ) und
dem mit dem dritten Verfahrensschritt erzeugten, verzerrten Profil erfaßt und als
Korrekturgröße mit reziprokem Vorzeichen für die anschließende Korrektur des Schleifscheibenprofils
im fünften Verfahrensschritt benutzt.
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Im sechsten Verfahrensschritt wird mit der jetzt korrigierten Schleifscheibe
ein weiterer Schleifvorgang ausgeführt.
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Am Formwerkzeug entsteht nunmehr ein geschliffenes Profil, das aufgrund
der zwischenzeitlich wirksamen Gesetzmäßigkeiten dem gesuchten Sollprofil entspricht.
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Sollte bei einer anschließenden Profilvermessung ( wie bei Verfahrensschritt
1 ) noch ein restlicher Fehler vorhanden sein, läßt sich durch einfache Wiederholung
der Verfahrensschritte 1 bis 3 die erzielte Genauigkeit noch weiter steigern.
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Es versteht sich, daß Varianten des zuletzt beschriebenen Verfahrens
im Rahmen der Erfindung liegen. So ist es nicht zwingend erforderlich, mit Hilfe
des Schlittens längs eines stationären Tasters zu fahren, sondern man kann auch
das Werkzeug stationär einspannen und den Taster direkt auf dem Schlitten montieren,
wobei später an dessen Stelle direkt das Abrichtwerkzeug gesetzt werden kann.
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Ferner ist es nicht erforderlich, daß die Schlittenbewegungen digital
abgespeichert werden; eine analoge Abspeicherung ist ebenso möglich.
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