-
Laufwerk für Schienenfahrzeuqe
-
Als Trag- und Führungselemente für Schienenfahrzeuge werden heute
fast ausschließlich Radsätze verwendet, insbesondere Radsätze bei denen die Radachse
mit den beiden Rädern fest verbunden ist. Die Laufflächenprofile sind in den meisten
Fällen dem natürlichen Verschleiß angepaßt und haben eine große wirksame Kegelneigung.
Mit den übrigen Teilen des Laufwerkes, d.h. mit dem Untergestell des Fahrzeuges
oder mit einem Drehgestellrahmen sind die Radsätze so verbunden, daß sie gegen die
Rückstellkraft von Trag-und Führungsfedern Relativbewegungen gegen diese Teile ausführen
können.
-
Die Kegelneigung der Laufflächen der Radsätze und die Beweglichkeit
der Radsätze gegenüber den anderen Teilen des Laufwerkes bewirkt, daß die Radsätze
im Spurkanal wellenartig hin- und herlaufen können, und dabei den sogenannten Sinuslauf
ausführen.
-
Unterhalb einer bestimmten Grenzgeschwindigkeit klingt diese Schwingung
rasch ab. Oberhalb der Grenzgeschwindigkeit kann eine selbst-erregte Querschwingung
des Radsatzes im Spurkanal adtreten, die so heftig werden kann, daß eine Betriebsgefahr
für das Fahrzeug entsteht. Die kritische Geschwindigkeit ist deshalb lauftechnisch
die Maximalgeschwindigkeit mit der ein Fahrzeug betrieben werden darf.
-
Um diese Gefahr zu vermeiden, ist man bestrebt, die Grenzgeschwindigkeit
so hoch zu legen, daß sie auch bei der höchsten, für das Fahrzeug zugelassenen Geschwindigkeit
nicht erreicht wird.
-
Die Grenzgeschwindigkeit kann beeinflußt werden durch die Art der
Achsführung, insbesondere durch die Steifigkeit der Längsführung. Eine Erhöhung
der Grenzgeschwindigkeit kann dadurch erzielt werden, daß der Sinuslauf eine möglichst
gestreckte Form erhält, so daß die, durch den Sinuslauf bedingte Frequenz auch bei
sehr hohen GeschwinqigkeSten verhl-tnismtil3ig niedrig List.
-
Bei zweiachsigen Wagen muß die Längsführung mit Rücksicht auf die
Kurvenlauffähigkeit des Fahrzeuges weich sein. Dabei können sich die Radsätze durch
die Kegelneigung der Laufflächen und dadurch, daß das kurvenäußere Rad nach außen
läuft und dabei auf einen größeren Umfang läuft als das innere Rad, radial zum Kurvenverlauf
der Schienen einstellen. Bei solchen Fahrzeugen liegt aber die Grenzgeschwindigkeit
niedrig, d.h. bei 100 bis 120 km/h, so daß diese Geschwindigkeit nicht überschritten
werden darf.
-
Bei Drehgestell fahrzeugen ist eine elastische Führung der Achsen
in Längsrichtung zwar ebenfalls erwünscht, aber nicht unbedingt erforderlich, da
die Radachsen innerhalb des Drehgestelles einen viel geringeren Abstand haben, as
die Radachsen eines zweiachsigen Wagens.
-
Die Federung in Längsrichtung kann deshalb erheblich härter sein und
die Grenzgeschwindigkeit liegt höher, nämlich bei 140 bis 160 km/h. Bei schnellfahrenden
Zügen werden deshalb ausschließlich Drehgestellfahrzeuge verwendet. Sollen noch
höhere Geschwindigkeiten erzielt werden, so ist es bekannt, den Sinuslauf bei Drehgestellfahrzeugen
nach Möglichkeit zu unterdrücken oder durch Drehhemmungssysteme oder Schlingerdämpfer
so stark zu dämpfen, daß Geschwindigkeiten über 200 km/h gefahren werden können.
-
An die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit von derartigen Schlingerdämpfern
oder Drehhemmungen müssen sehr hohe Anforderungen gestellt werden, da ein Versagen
zur Folge haben könnte, daß der Lauf des Radsatzes, wenn die Grenzgeschwindigkeit
überschritten wird, instabil wird und der Radsatz Schwingungen ausführt. Der Radsatzlauf
muß daher unbedingt stabilisiert sein.
-
Durch die Erfindung wird die Aufgabe gelöst ein Laufwerk zu schaffen,
bei dem eine Instabilität des Radsatzlaufes überhaupt nicht oder erst bei sehr hohen
Geschwindigkeiten auftritt,und bei dem die Radsätze die Möglichkeit haben, sich
beim Bogenlauf radial einzustellen.
-
Dies wird durch die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale erreicht.
-
In den Unteransprüchen sind weitere Kennzeichen der Erfindung angegeben
durch die diese sowohl den Erfordernissen bei zweiachsigen Wagen als auch den Erfordernissen
bei Drehgestell fahrzeugen angepaßt werden könnte.
-
Ferner gibt die Erfindung die Möglichkeit ein Schienenfahrzeug wahlweise
für hohe Geschwindigkeiten oder für gute Kurvenlauffähigkeit einzustellen. Die gute
Kurvenlauffähigkeit ist bei sehr kurvenreichen Strecken, beispielsweise be Gebirgsstrecken,
von Bedeutung. Solche Strecken werden aber in der Regel nicht mit sehr hohen Geschwindigkeiten
befahre so daß dabei die Laufstabilität weniger wichtig ist.
-
Andererseits besitzen bei Strecken, die mit hohen Geschwindigkeiten
befahren werden, die Kurven einen großen Kurvenradius, so daß hier die Kurvenlauffähigkeit
weniger wichtig ist als die Stabilität des Radsatzlaufes.
-
Bei dem Laufwerk nach der Erfindung können sich die Achsen unabhängig
voneinander im Drehgestell bewegen.
-
Dies kann sich unter Umständen wieder nachteilig auf die Laufstabilität,
die ja bis zu möglichst hohen Geschwindigkeiten gesichert werden soll, auswirken.
Um dies zu vermeiden, kann das Laufwerk nach der Erfindung dadurch verbessert werden,
daß die Achslagergehäuse miteinander so verbunden werden, wie in den Unteransprüchen
8, 9 und 10 angegeben, so daß die Achsen nicht mehr völlig unabhängig voneinander
bewegbar sind. Solche Gestänge sind ansich bekannt, erweisen sich aber als eine
wertvolle Verbesserung des Laufwerkes nach der Erfindung und verleihen diesem eine
besonders hohe Laufstabilität.
-
Ausführungsbeispiele anhand deren die Wirkungsweise der Laufwerke
nach der Erfindung erläutert wird, sind in den Fig. dargestellt.
-
Fig. 1 zeigt schematisch den horizontalen Schnitt durch ein Drehgestell
nach der Erfindung, geschnitten nach der Linie I-I in Fig. 2.
-
Fig. 2 zeigt die Seitenansicht des Drehgestelles nach Fig. 1.
-
Fig. 3 zeigt schematisch den Kurvenlauf und die dabei auftretenden
Kräfte.
-
Fig. 4 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel eines Laufwerkes nach
der Erfindung.
-
Fig. 5 zeigt ein ähnliches Laufwerk wie Fig. 1 mit zusätzlichen Diagonalverbindungen.
-
Fig. 6 zeigt ebenfalls ein ähnliches Laufwerk wie Fig. 1 mit zusätzlichen
Hebelverbindungen zwischen den Achslagergehäusen der gleichen Seite.
-
Bei dem Laufwerk nach Fig. 1 und 2 sind die Radsätze 1,2 über die
Achslager 3,4,5,6 in an sich bekannter Weise von Achslenkern 7, 8, 9, 10 geführt,
durch die die Achslager mit dem Drehgestellrahmen 11 so verbunden sind, daß sich
der Drehgestellrahmen über Federn 16 auf die Achslager abstützt, wobei die Federn
16 nicht nur senkrechte, sondern auch horizontale Bewegungen der Achslager gegen
den Drehgestellrahmen zulassen.
-
Zum Unterschied von den bekannten Achslenkern, die stets parallel
zur Drehgestellängsrichtung lagen, bilden gemäß der Erfindung die Achslenker mit
der Dreligestellängsrch tung einen Winkel Cc. Die Enden der Achslenker 7, 8, 9,
10 sind als Kugelgelenke ausgebildet und lassen somit sowohl in senkrechter Richtung
als auch in der horizontalen Querrichtung Relativbewegungen zwischen den Radsätzen
und dem Drehgestellrahmen zu.
-
Zur Erläuterung der Wirkungsweise ist in Fig. 3 die Bewegung des Radsatzes
schematisch dargestellt. Die strichpunktierte Linie stellt die Mittellinie des Spurkanals
dar.
-
Innerhalb dieses Spurkanals führt das Drehgestell den Sinuslauf aus.
Dieser Weg des Drehgestelis ist durch die durchgezogene geschwungene Linie dargestellt.
Diese Bewegung des Drehgestelles hat die Wirkung, daß periodische Kräfte in Querrichtung
auftreten, die in Fig. 3 durch Pfeile dargestellt sind. Befindet sich ein Drehgestell
nach Fig. 1 und 2 am Punkt A der Fig. 3, und bewegt es sich mit der Geschwindigkeit
V in X-Richtung, so unterliegt es folgenden Einflüssen:
1. Die
Spurkränze der Räder 12, 13 befinden sich in der Nähe der Schiene, während die Spurkränze
der Räder 14, 15 einen größeren Abstand von der Schiene haben.
-
Die Räder 12, 13 laufen deshalb auf einem größeren Durchmesser als
die Räder 14 und 15 und sind deshalb bestrebt, gegenüber den Rädern 14 und 15 vorzueilen,
und dadurch wird ein Wendemoment Md auf das Drehgestell ausgeübt. Dieser Vorgang
tritt bei allen bekannten Drehgestellen auf.
-
2. Die Massenkräfte F in Y-Richtung, die auf den Drehgestellrahmen
wirken, erzeugen beim Gegenstand der Erfindung über die Achslenker eine Kraft auf
die Achslager, welche den Abstand der Lager 3 und 6 zu verkleinern und den Abstand
der Lager 4 und 5 zu vergrößern trachtet.
-
Dadurch entsteht eine Unparallelität der Laufachsen, die aufgrund
dieser Unparallelität bestrebt sind, in einem Bogen zu fahren mit den Lagern 3,
6 als bogeninneren Lagern, d.h., es wirkt auf den Drehgestellrahmen ein Drehmoment,
das dem unter 1 beschriebenen Drehmoment Md entgegengesetzt ist. Diese beiden Drehmomente
heben sich gegenseitig vollständig oder teilweise auf. Heben sich die beiden Drehmomente
vollständig auf, so wäre damit die Ursache für den Sinuslauf beseitigt und ein stabiler
Lauf des Drehgestelles erreicht. Heben sich die beiden Drehmomente nicht vollständig
auf, so daß ein Rest Drehmoment bleibt, so wird dadurch die Wellenlänge des Sinuslaufes
verlängert und eine Erhöhung der Grenzgeschwindigkeit des Drehgestelles erzielt.
-
Bei dem Drehgestell nach der Erfindung haben aber die Radsätze beim
Durchfahren von Kurven die Möglichkeit, sich radial einzustellen, wobei der Drehgestellrahmen
durch die schräg gestellten Lenker geringfügig nach bogeninnen verschoben wird.
-
Bei der in Fig. 1 und 2 dargestellten Anordnung der Achslenker schneiden
sich die Verlängerungen der Achslenker des vorlaufenden Radsatzes vor diesen Radsatz,
während sich die Verlängerungen der Achslenker des nachlaufenden Radsatzes hinter
diesem Radsatz schneiden. Bei umgekehrter Anordnung der Achslenker, d.h. also, wenn
sich die Verlängerungen der Achslenker des vorlaufenden Radsatzes hinter, dagegen
die Verlängerungen des nachlaufenden Radsatzes vor dem Radsatz schneiden, bewirken
beim Durchfahren von Kurven die auf den Drehgestellrahmen wirkenden Fliehkräfte
eine Verschiebung des Rahmens nach bogenaußen und damit eine radiale Einstellung
der Radsätze.
-
Eine solche Anordnung der Achslenker würde bei hohen Geschwindigkeiten
destabilisierend auf den Radsatz einwirken, ist aber für Schienenfahrzeuge auf kurvenreichen
Strecken, die sowieso mit geringeren Geschwindigkeiten durchfahren werden, vorteilhaft,
weil sich die Radsätze besser au den Kurvenlauf einstellen.
-
In Fig. 4 ist ein Einzelachswerk nach der Erfindung dargestellt. Bei
diesem Laufwerk ist der Radsatz 21 über die Achslager 22, 23 und die wieder schräg
gestellten Achslenker 24, 25 mit einer Masse 26 verbunden, die ihrerseits über Parallellenker
27, 28 mit dem Untergestell 29 des Wagens verbunden ist.
-
Bei einem Einzelradsatz ist die Wirkung fahrtrichtungsabhängig. Bewegt
sich das Fahrzeug in Richtung X, liegt also der Schnittpunkt 20 der Verlängerungen
der Achslenker in Fahrtrichtung vor dem Radsatz, so wirkt die Anordnung der Achslenker
stabilisierend auf den Fahrzeuglauf. Dabei gilt sinngemäß das gleiche, wie bezüglich
des Drehgestelles erläutert, denn wenn die Masse 26 durch die Kraft Y nach rechts
bewegt wird, wird durch den Achslenker 25 das Achslager 23 in Fahrtrichtung durch
den Achslenker 24 das Achslager 22 entgegen der Fahrtrichtung verschoben, so daß
der Radsatz ein nach rechts drehendes Drehmoment erhält, während durch die Konizität
der Räder in der gleichen Situation ein links drehendes Drehmoment entsteht.
-
Bewegt sich aber das Fahrzeug entgegen der Richtung X, so würde die
ausgezogen gezeichnete Stellung der Achslenker 24, 25 destabilisierend wirken. Es
ist deshalb vorgesehen, daß die Achslenker in die in Fig. 4 gestrichelt gezeichnete
Position gebracht werden können, wobei sie nunmehr bei Fahrtrichtung entgegen der
Richtung X stabilisierend, dagegen bei Fahrtrichtung in Richtung X destabilisierend
wirken.
-
Diese Umstellung der Achslenker kann jeweils bei Änderung der Fahrtrichtung
bei den einzelnen Fahrzeugen oder bei allen Fahrzeugen eis Zuges gleichzeitig vorgenommen
werden, es wäre aber auch möglich, die Umstellung selbsttätig in Abhängigkeit von
der Drehrichtung der Radachse 21 zu bewirken.
-
Bei dern Drehgestell nach Fig. 1 und 2 können sich die Laufachsen
1 und 2 unabhängig voneinander einstellen.
-
Diese unabhängige Einstellung der Radsätze könnte bei hohen Geschwindigkeiten
dazu führen, daß sich die Radsätze unterschiedlich verhalten,und dadurch die Laufstabilität
ungünstig beeinflußt wird. Um dies zu vermeiden sind bei dem Drehgestell nach Fig.
5 die Achslagergehäuse 3, 4, 5, und 6 zusätzlich miteinander durch die Diagonalstangen
40, 41 verbunden. Im übrigen entsprechen die Bezugsziffern in Fig. 5 den Bezugsziffern
in Fig. 1. Es ist leicht ersichtlich, daß in diesem Fall die Radsätze die gleichen
Bewegungen ausführen wie bei dem Laufwerk nach Fig. 1, daß aber nunmehr die Achsen
nicht mehr unabhängig voneinander beweglich sind, sondern durch die Diagonal streben
gezwungen sind, spiegelbildlich gleiche Drehbewegungen auszuführen.
-
Bei dem Ausfülringsbeispiel nach Fig. 6 sind anstelle der Diagonalverbindungen
Verbindungen zwischen den Achslager gehäusen der gleichen Wagenseite vorgesehen.
Zu diesem Zweck sind die Achslenker 6, 7, 8, 9 des Drehgestelles nach Fig. 1 ersetzt
durch Winkelhebel 45, 46, 47 und 48.
-
Der eine Schenkel jedes dieser Winkelhebel hat dabei die gleiche Funktion
wie die Achslenker nach Fig. 1. Die freien Enden der Winkelhebel 46, 47 sind durch
die Zug-Druckstange 50 und die freien Enden der Winkelhebel 45, 48 sind durch die
Zug-Druckstange 49 miteinander verbunden.
-
Dabei sind die Winkelhebel der gleichen Wagenseite so angeordnet,
daß die Achslagergehäuse der gleichen Wagenseite entgegengesetzt gleiche Bewegungen
ausführen, d.h., wenn sich beispielsweise das Achslagergehäuse 3 in Fig. 6 nach
rechts bewegt, so bewegt sich das Achslagergehäuse 6 um den gleichen Betrag nach
links.
-
Das gleiche gilt für die Achslagergehäuse 4 und 5 der anderen Seite.
Auch durch ein derartiges Gestänge wird sichergestellt, daß die Radsätze die gleichen
Bewegungen ausführen können, wie zu Fig. 1 beschrieben, jedoch nicht unabhängig
voneinander, sondern spiegelbildlich gleiche Bewegungen. Dieselbe Wirkung kann auch
durch anders angeordnete Hebel und Stangenverbindungen als in Fig. 6 dargestellt,
erzielt werden.
-
Die Verbindungen zwischen den Achslagern und dem Drehgestellrahmen,
bzw. dem Wagenuntergestell müssen so gestaltet sein, daß sie sowohl in senkrechter
Richtung als auch in waagerechter Richtung Relativbewegungen zulassen, insbesondere
werden dabei Federn oder Federsätze verwendet, die in vertikaler und horizontaler
Richtung elastisch sind.
-
ee se te