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Einrichtung für eine Schwerionenbeschleunigeranlage
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Die Erfindung betrifft eine Einrichtung für eine Schwerionenbeschleunigeranlage,
die baulich mit einem Hochvakuumstrahlrohr vereinigt ist und zur Erhöhung des Ladungszustandes
der Ionen dient, indem ein Ionenstrahl mit geringem Durchmesser eine Stripperfolie
durchdringt, die mit Hilfe eines Antriebes, der auf den Folienträger einwirkt, in
einer zur Strahlrichtung senkrechten Ebene beweglich ist.
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In derartigen Anlagen werden Ionen mit möglichst hohen Ladungszuständen
angestrebt. Die höchsten Ladungszustände von Ionen gegebener Geschwindigkeit werden
erreicht, wenn der Ionenstrahl durch dünnste Folien geleitet wird. Diese Folien,
die als Elektronenabstreifer dienen, unterliegen höchsten Beanspruchungen und bestimmen
mit ihrer Haltbarkeit die Dauer des ungestörten Betriebes. In dem vom Hahn-Meitner-Institut
betriebenen Schwerionenbeschleuniger VICKSI werden mittelschwere Ionen wie Argon
oder Krypton in zwei Stufen auf eine Endenergie von bis zu 400 MeV gebracht. Die
zunächst einfach bis vierfach geladenen Ionen werden in der ersten Stufe - einem
Van-de-Graaff-Beschleuniger -auf bis zu 24 MeV vorbeschleunigt. Danach werden Ionen
in einem Hochvakuumstrahlrohr zum Elektronenabstreifer geleitet. Dort werden Ionen
beim Durchtritt durch die Stripperfolie auf höhere Ladungszustände gebracht, um
schlieRlich in der zweiten Beschleunigerstufe - einem Zyklotron - auf Endenergie
beschleunigt zu werden.
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Der Stripper ist eine dünne Kohlenstoff-Folie mit einem Flächengewicht
von ca. 3-10 6 gcm 2 bzw. einer Dicke von ca. 1,3-10 8m.
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Bei Teilchenstromstärken von bis zu 10 uA und einem Strahldurchmesser
am Stripper von weniger als 1 mm wird die Folie oft nach wenigen Minuten zerstört.
Eine Auffächerung des Strahles, mit der eine groRflächigere Bestrahlung erzielt
werden könnte, ist aus Gründen der Strahloptik nicht erwünscht.
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Eine Einrichtung mit den Merkmalen des Oberbegriffes des Anspruches
1 ist z. B. bekannt als Folienstripper der Firma Electrostatics International Inc.,
Middleton, Wisconsin, USA. Dort befindet sich ein Folienwechsler mit einem Magazin
innerhalb des Vakuumsystems.
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Er ist über ein Parallelogrammgestänge im Vakuumsystem angeordnet,
wo sich auch der Antrieb befindet. Bei dieser Konstruktion führt die in den Ionenstrahl
ragende Folie eine Kreisbewegung aus. Die Lebensdauer der Folie wird dabei gegenüber
einer Punktbestrahlung auf das 20- bis 25-fache erhöht, da sich die Bahn des Ionenstrahles
auf der Stripperfolie als Kreisring darstellt. Die Bewegungseinkopplung ist bei
dieser bekannten Konstruktion spiel behaftet, so daß durch Erschütterungen Folien
häufig abfallen können oder frühzeitig zu Bruch gehen. Ein besonderes Problem stellt
auch die Schmierung des Antriebes und der Bewegungseinkopplung unter Vakuum dar.
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Der Erfindung liegen als Aufgabenstellung im wesentlichen zwei Gedanken
zugrunde: Einerseits wird angestrebt, die Stripperfolie so durch den Strahl zu bewegen,
daß eine Kreisfläche mit einem Durchmesser von ca. 1 cm möglichst gleichmäßig bestrahlt
wird, um die Lebensdauer der Folie entscheidend zu erhöhen. Andererseits sollen
mechanisch bewegte Teile weitestgehend außerhalb des Vakuumsystems angeordnet sein.
Hierdurch lassen sich nicht nur einfachere und preiswertere Antriebselemente verwenden,
sie sind dann auch fUr Service- und Wartungszwecke leichter zugänglich. Bewegte
Konstruktionsteile, die sich innerhalb des Vakuumsystems befinden, sollen möglichst
reibungs- und spielfrei gelagert werden.
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Zur Lösung dieser Aufgaben ist die erfindungsgemäße Einrichtung gekennzeichnet
durch - eine Wippe innerhalb des Vakuumsystems, die - mindestens einen, in das Hochvakuumrohr
ragenden Folienträger aufweist und - über Lenker, die eine Schwenkbewegung um den
Drehpunkt der
Wippe und eine Pendelbewegung des Drehpunktes in einer
zum Ionenstrahl senkrechten Ebene zulassen, gelagert ist; - eine Antriebseinheit
außerhalb des Vakuumsystems, die - mit einem Kurven-Umlauf-Getriebe und - einer
Steuerung für die Antriebsgeschwindigkeit und einem Zyklusversatz für das Kurven-Umlaufgetriebe
ausgerüstet ist, und - einen Taumelstab zur Kraftübertragung zwischen Antriebseinheit
und Wippe, der außerhalb des Vakuumsystems schwenkbar gelagert ist.
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Auf diese Weise kann die im Ionenstrahl befindliche Stripperfolie
eine Bewegung ausführen, die sich aus Hub- und Schwenkbewegungen in einer Vertikalebene
parallel zur Folienfläche bzw. senkrecht zum Ionenstrahl zusammensetzt. Hierdurch
läßt sich die freie Folienfläche optimal ausnutzen. Bei einer solchen Wobbelbewegung
der Folie im Ionenstrahl treten fortwährend andersartige Bewegungszustände auf,
die gegebenenfalls zu einer Art Selbstheilung geschwächter Folienbereiche führen.
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Hinsichtlich der konstruktiven Einzelheiten ist es besonders vorteilhaft,
daß sich bewegende Teile im wesentlichen außerhalb des Vakuumsystems befinden. Für
Dreh- oder Schwenkpunkte von Teilen innerhalb des Vakuumsystems lassen sich reibungs-
und spielfrei arbeitende Konstruktionselemente einsetzen. Hierdurch entstehen keinerlei
Schwierigkeiten für eine Wartung und beim laufenden Betrieb.
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Eine vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung kann mit Kreuzfedergelenken
an den Drehpunkten der die Wippe halternden Lenker ausgerüstet sein. Derartige Gelenke
sind besonders funktionssicher, spiel- und reibungsfrei.
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Aus den gleichen Gesichtspunkten und auch, um Uffnungen des Vakuumsystems
möglichst gut zugänglich und gut abdichtbar auszubilden, kann bei Ausführungsformen
der Erfindung für die schwenkbare Lagerung des Taumel stabes ein elastischer Metallbalg
vorgesehen werden. Der Taumel punkt des Taumelstabes befindet sich innerhalb dieses
Balges, erfordert also keine besonders beanspruchte Abdichtung in der Wandung des
Vakuumsystems.
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Von besonderer Bedeutung für Ausführungsform der Erfindung ist ein
rechner- bzw. prozessorgesteuerter Antrieb für die Bewegungen der Wippe zum Zwecke
einer konstanten Bahngeschwindigkeit des Ionenstrahles auf der durchstrahlten Stripperfolie.
Beinhaltet nämlich das Kurven-Umlauf-Getriebe eine archimedische Spirale, die z.B.
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innerhalb eines Zyklus 5 mal versetzt aus- und einwärts durchfahren
wird, setzt sich die Bahngeschwindigkeit aus radialen und tangentialen Komponenten
dauernd wechselnder Größe zusammen. Zur Erzielung einer konstanten Bahngeschwindigkeit
ist also die jeweilige Stellung, die vorangegangene und die kommende zu berücksichtigen.
Derartige, sich innerhalb kürzester Zeiten ändernde Zustände und Voraussetzungen
lassen sich zweckmäßig mit Rechnern bzw.
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Prozessoren ohne Schwierigkeiten beherrschen.
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Wie an sich bekannt, können auch bei Ausführungsformen der Erfindung
Folienwechsler mit einem Magazin vorgesehen sein, die mit der Wippe baulich vereinigt
sind. Enthält das Magazin beispielsweise 100 Folien, die bei versetzten Spiralenbahnen
gegenüber einer Punktbestrahlung eine etwa 200-fache Lebensdauer aufweisen, lassen
sich Betriebszeiten ohne Unterbrechung von gut 1000 Stunden erreichen, bezogen auf
die Lebensdauer von 3 Minuten ruhender Einzelfolie.
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Auch für den Antrieb des Folienwechslers sowie für die Bewegungsübertragung
gelten die konstruktiven Gesichtspunkte, die auch bei der Lagerung der Wippe und
deren Antrieb berücksichtigt wur-
den. D.h. auch hier werden sich
bewegende mechanische Teile weitgehend außerhalb des Vakuumsystems angeordnet und
der Antrieb für den Folienwechsler ebenfalls über den Rechner oder einen Prozessor
gesteuert. Sinnvoll und zweckmäßig ist in diesem Zusammenhang, eine Folienauswahl-
und Positionsanzeige vorzusehen.
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Ausführungsformen der Erfindung sind in der beigefügten Zeichnung
schematisch dargestellt. Dabei zeigen: Fig. 1: eine perspektivische Darstellung
eines elastisch gelagerten Folienwechslers mit kurvengesteuertem Antrieb.
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Fig. 2: a-d den Nutzbereich bestrahlter Folien bei keiner bzw. verschiedenartiger
Bewegung der Folie im Ionenstrahl.
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Fig. 3: die Drehpunktgestaltung für den Lenker mit einem Kreuzfedergelenk
und Fig. 4: eine Kreuzfederkupplung.
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Der Folienwechsler muß grundsätzlich zwei Aufgaben erfüllen: Die Folienbewegung
für eine Kreisflächenbestrahlung und den Folienwechsel nach durchgebrannter Folie.
Die Fig. 1 zeigt die wesentlichen Teile der Einrichtung zur Erhöhung des Ladungszustandes
der Ionen für eine Schwerionenbeschleunigeranlage. Die Folien 151 15n werden auf
Träger gespannt, die dann im Folienmagazin 4, z.B.
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einem Edelstahlband mit Haltefedern positioniert werden. Das Folienmagazin
4 kann für 100 oder auch mehr, z.B. 125 Folienträger vorgesehen sein. Der Antrieb
zum Folienwechsel erfolgt über einen rechner- bzw. prozessorgesteuerten Schrittmotor
11, über eine balggedichtete Drehdurchführung, eine Balg-Kupplung 12 und ein Kegelradgetriebe
zur Umlenkrolle am strahl entfernten Ende des Magazinbandes.
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Baulich mit dem Vakuumstrahlrohr 1 verbunden ist das Vakuumrohr 3,
in dem sich der Folienwechsler befindet. Das Folienmagazin 4 wird von einer Wippe
13 getragen, die über Lenker 14 an der Lagerung 5 des Folienmagazins 4-verschieb-
und schwenkbar gelagert ist. Die im Ionenstrahl 2 befindliche Folie 15 wird dort
mittels des Antriebes 6 so bewegt, daß eine optimale Flächenausnutzung bei der Bestrahlung
erfolgt. Dazu ist ein Kurven-Umlauf-Getriebe 7 vorgesehen, mit dem eine archimedische
Spirale oder ein anderer geeigneter Kurvenverlauf erzeugt wird. Die Bewegung wird
über den Taumel stab 8, seine Lagerung 9 und über eine Kreuzfederkupplung 10 auf
die Wippe 13 und damit auf das gesamte Folienmagazin 4 übertragen. Dabei führt die
Wippe 13 über die Gelenke zwischen den Lenkern 14 und der Wippe 13 bzw. der Lagerung
5 des Folienmagazins Hub- und Schwenkbewegungen in einer Vertikalebene parallel
zur Längsachse der Wippe 13 aus. Die Durchführung von Wellen, dem Taumel stab u.ä.
lassen eine reibungsfreie Verschiebung des Folienmagazins 4 während der Wobbelbewegung
zu. Der ebenfalls von einem Rechner bzw. einem Prozessor gesteuerte Antriebsmotor
6 bewegt das Folienmagazin 4 auf der gewünschten Bahn. Das kurvengesteuerte Umlaufgetriebe
7 enthält als Kurvenfunktion vorzugsweise die archimedische Spirale. Die Untersetzung
des Umlauf-Getriebes 7 läßt sich so wählen, daß die Spirale ein- und auswärts mit
jeweils geringem Winkelversatz beschrieben wird. So kann beispielsweise mit 13 Umdrehungen
des Umlaufgetriebes 7 die archimedische Spirale fünfmal versetzt durchlaufen werden.
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Aus den Fig. 2a - 2d ist die Flächenbelastung bestrahlter Folien bei
keiner - Fig. 2 a - bzw. bei verschiedenartiger Bewegung - Fig.
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2b, c und d - zu erkennen. Die Lebensdauer der ruhenden Folie ist
die geringste. Aufgrund der Punktbestrahlung soll sie hier zum Vergleich mit den
anderen Flächenbelastungen mit 1 angesetzt werden (s. Fig. 2a) . Wird hingegen ein
Folienmagazin über ein Parallelogrammgestänge bewegt, ergibt sich als Strahlbahn
auf der Folie ein Kreisring (Fig. 2b). Die Lebensdauer einer derart bestrahlten
Folie
ist zwanzig- bis fünfundzwanzigfach höher. Bereits bei einer
archimedischen Spirale ohne Versatz - Fig. 2c - ergibt sich eine auf das vierzigfache
gesteigerte Haltbarkeit bzw. Lebensdauer der Folie. Hier und auch bei mehrfach durchlaufener
versetzter Spirale - Fig. 2d - wird zur Entlastung der Folie nicht der Mittelpunkt
überlaufen. Allein aus der wesentlich gleichmäßigeren Ausnutzung der Folie ergibt
sich eine etwa zweihundertfache Lebensdauer gegenüber der Punktbestrahlung (Fig.
2d).
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Weiterhin wird zur gleichmäßigeren Belastung eine konstante Bahngeschwindigkeit
angestrebt. Hierzu wird die Winkelgeschwindigkeit des Antriebsmotors 6 sinusförmig
geändert. Die Synchronisation zwischen Winkellage bzw. Stellung der Kurvenscheibe
des Umiaufgetriebes 7 und der Funktion der Änderung der Winkelgeschwindigkeit des
Antriebsmotors 6 kann z. B. automatisch über einen Induktionsschalter (nicht dargestellt)
erfolgen.
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Die Fig. 3 zeigt als Detail einen Befestigungspunkt des Lenkers 14,
wie er an seinen beiden Enden, d.h. zu seiner Befestigung an der Lagerung 5, und
auch an der Wippe 13 mit seinem Kreuzfederelement 17, ausgeführt ist. Das Kreuzfederelement
17 besitzt zwei Hülsenteile 18 von denen jeweils eines in bzw. an den betreffenden
zueinander beweglichen Teilen befestigt ist. Die Federelemente 19 innerhalb der
beiden Hülsenteile 18 lassen eine reibungs- und spielfreie Bewegung der beiden Hülsenteile
18 und damit auch der über diese verbundenen, gegeneinander beweglichen Teile zu.
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Ebenfalls reibungs- und spielfrei arbeitet die in Fig. 4 dargestellte
Kreuzfederkupplung 10, mit der die gewünschte Bewegung auf die Wippe 13 übertragen
wird. Zwischen dem Taumel stab und dem zur Wippe 13 gehörenden Gegensatz befindet
sich ein Kreuzfederblatt 16. Die Achse des Taumelstabes 8 kann beim konstruktiv
zulässigen Rahmen jeden beliebigen Winkel zur Achse des Gegenstandes
annehmen.
Diese Winkeländerungen werden vom Kreuzfederblatt 16 reibungs- und spiel frei aufgenommen.
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Die Einrichtung zur Erhöhung des Ladungszustandes der Ionen für eine
Schwerionenbeschleunigeranlage arbeitet im Hochvakuum bei 10 7 Torr bis 10 8. Der
Folienwechsler ist von außen zum Ionenstrahl justierbar. Sämtliche Komponenten,
die die Wobbelbewegung im Vakuum aufnehmen müssen, sind reibungs- und spielfrei
ausgeführt. Hierdurch ist es auch möglich, den Folienwechsler nicht nur als Stripper
anzuwenden, sondern auch als Targetmagazin für Experimente mit empfindlichen Targetfolien.
Diese Einrichtung kann außerdem an Tandem-Beschleunigern eingesetzt werden. Die
Umladung negativer zu positiven Ionen ist wesentliches Merkmal von Tandem-Beschleunigern.
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