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Verwendung von dimensionierten, im Gegenstrom betriebenen Blasen-
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säulen mit Lochplatteneinbauten für Stoffaustauschvorgänge und Umsetzungen
Die Erfindung betrifft die Verwendung von im Gegenstrom betriebenen und in ausgewählter
Weise bemessenen Blasensäulen mit Lochplatteneinbauten zum Stoffaustausch zwischen
Flüssigkeiten und Gasen sowie für Umsetzungen zwischen Flüssigkeiten oder Flüssigkeiten
mit suspendierten Feststoffen und Gasen unter besonderer Berücksichtigung der Verminderung
einer Rückvermischung der Einsatzstoffe.
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Blasensäulen sind in der chemischen Technik bekannt als einfache Apparate
für Reaktionen mit Stoffaustausch zwischen Gasen und Flüssigkeiten. Sie bestehen
aus einem leeren oder mit Füllkörpern gefüllten oder mit Einbauten versehenen senkrechten
Rohr, das mit Flüssigkeit gefüllt ist und von unten nach oben mit Gas durchströmt
wird. Die auf das leere Rohr bezogene Gasgeschwindigkeiten liegen unter 50 cm/s,
vorzugsweise zwischen 0,5 und 10 cm/s. Ihre vorteilhafte Anwendung liegt vor allem
im Bereich solcher Stoffaustauschvorgänge, bei denen die chemische Reaktion der
geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist und die demzufolge eine hohe Flüssigkeitsverweilzeit
benötigen. Die in der Blasensäule eingesetzte flüssige Phase kann dabei entweder
diskontinuierlich ausgewechselt oder kontinuierlich im Gleichstrom oder Gegenstrom
gefahren werden.
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In Blasensäulen ohne Einbauten bewirkt das durchströmende Gas einen
starken Durchmischungseffekt der flüssigen Phase, der nach bekannten Abhängigkeiten
mit steigendem Säulendurchmesser stark zunimmt. Eine technische Blasensäule von
beispielsweiae-1 m Durchmesser ist demzufolge in ihrer Verweilzeitcharakteristik
mit einem Rührkessel vergleichbar, bei dem die zufließende Flüssigkeit sofort
völlig
mit dem Reaktorinhalt vermischt wird. Das hat bei kontinuierlicher Fahrweise eine
sehr breite Verweilzeitverteilung zur Folge, d.h. die Verweilzeit der einzelnen
Flüssigkeitsvolumina ist äußerst stark verschieden.
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Für viele kontinuierlich durchgeführte Umsetzungen und Stoffaustauschvorgänge
ist es jedoch erwünscht, zur Erzielung einer möglichst einheitlichen Verweilzeit
der eingesetzten Stoffe die Rückvermischung zu verringern. - Es ist bekannt, daß
die Rückvermischung in Blasensäulen durch eine Füllkörperschüttung herabgesetzt
werden kann. Dabei nimmt die Rückvermischung solcherart gefüllter Säulen mit zunehmendem
Säulendurchmesser stärker zu als die Rückvermischung leerer Blasensäulen, d.h. die
Wirksamkeit der Füllkörper bezüglich der Herabsetzung der Durchmischung nimmt mit
zunehmendem Säulendurchmesser ab. Für eine merkliche Verminderung der Rückvermischung
müssen daher auch im Bereich großer Säulendurchmesser relativ kleine Füllkörper,
z.B. solche kleiner als 50 mm in der maximalen Abmessung, verwendet werden.
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Es ist z.B. aus DT-PS 1 028 096, DT-OS 2 157 736 und DT-OS 2 157 737
bekannt, daß in Blasensäulen, die in aufwärtsgerichtetem Gleichstrom betrieben werden,
das Verweilzeitverhalten einer Rührkesselkaskade durch den Einbau von Siebböden
(Lochplatten) angestrebt werden kann, die durch die Ausbildung von Gaspolstern unterhalb
der Böden bzw. Platten den gesamten Flüssigkeitsinhalt der Blasensäule in mehrere
Stufen aufteilen. Die summierte freie Querschnittsfläche der Bohrungen soll dabei
in einem Fall maximal 15 %, im anderen Fall maximal nur 5 % der Säulenquerschnittsfläche
betragen. Ferner müssen die Bohrungen mit einem Lochdurchmesser kleiner als 4 mm
bzw. kleiner als 1 mm gleichmäßig über den Säulenquerschnitt verteilt sein. Zusätzlich
ist gefordert, die Lochplatten genau waagerecht auszurichten und am Rand gegenüber
der Säulenwand abzudichten.
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Weiterhin ist aus der Zeitschrift Chem.Ing.Techn. 43, 1971, Seite
329, bekannt, in Blasensäulen bei aufwärtsgerichtetem Gleichstrom zur stufenweisen
Aufteilung des Flüssigkeitsinhalts Einlochböden
zu verwenden. Diese
Einlochböden wurden mit Verhältnissen des Öffnungsdurchmessers d des Einlochbodens
zum Säulendurchmesser D im Bereich d/D = 0,025 bis 0,1 untersucht. - Solche Techniken
und Bemessungen der Apparate für Gleichstrombetrieb sind indes im Gegenstrom nicht
anwendbar, da der zur Ausbildung des Gaspolsters bzw. zur Verhinderung der Rückvermischung
zwischen mehreren Stufen nötige Druckabfall zu groß ist, um einen im Gegenstrom
zu der aufsteigenden Gasströmung abwärts fließenden Flüssigkeitsstrom durch die
Bohrungen zu ermöglichen.
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Die Reaktionsführung von Flüssigkeit und Gas im Gegenstrom ist jedoch
häufig erwünscht, insbesondere wenn es sich um Gleichgewichtsreaktionen handelt.
Unter Gleichgewichtsreaktionen werden hierbei chemische Gleichgewichte oder Reaktionen
mit vor- bzw.
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nachgelagertem Flüssigkeits-Gas-Gleichgewicht wie bei Absorption oder
Desorption verstanden. Um Blasensäulen mit Siebböden oder Lochplatten im Gegenstrom
betreiben zu können, wurde daher in der OE-PS 280 964 bereits das Hinzuschalten
einer Pulsierung für die Blasensäule vorgeschlagen. Der Pulsationsbetrieb einer
Kolonne bzw. Blasensäule bedeutet jedoch in jedem Fall einen höheren energetischen
und apparativen Aufwand.
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Weiterhin ist aus DT-OS 2 331 195 bekannt, die durch je zwei übereinanderliegende
Verteilerböden gebildeten Kammern durch Rohre miteinander zu verbinden, in denen
ein Drosselorgan eingebaut ist, das entweder von der Druckdifferenz zwischen den
Gaspolstern unterhalb der Gasverteilerböden zweier aufeinanderfolgender Kammern
oder von der Höhe der Flüssigkeitssäule in der Kammer gesteuert wird. Außer dem
apparativen Aufwand für die außenliegenden Flüssigkeitsableitungen und Drosselorgane
ist hier besonders bei vielstufigen Säulen ein hoher Regelungs- bzw. Steuerungsaufwand
erforderlich, da der Druckabfall für jeden einzelnen Gasverteilungsboden getrennt
eingestellt und überwacht werden muß.
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Schließlich wurde in DT-OS 2 516 553 vorgeschlagen, Destillationskolonnen
mit Standardböden und Ab laufe lementen zusätzlich mit Flüssigkeitsreservoiren zu
versehen, um damit die Einstellung langer Flüssigkeitsverweilzeiten zu ermöglichen.
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ist ein erhöhter Aufwand nötig, ohne daß die volle
Kolonnenhöhe für den Stoffaustausch und für die Flüssigkeitsverweilzeit ausgenützt
werden kann.
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Überraschend wurde nun gefunden, daß ein wirtschaftlicher Gegenstrombetrieb
von Blasensäulen mit stufenweise angeordneten, ausgewählt bemessenen Lochplatten
ohne weitere apparative und verfahrensmäßige Hilfsmittel, wie besondere Ablaufschächte
und Überlaufventile, bzw. Aufbringen einer Pulsation möglich ist, und daß Stoffaustauschvorgänge
zwischen Flüssigkeiten und Gasen sowie Umsetzungen zwischen Flüssigkeiten oder Flüssigkeiten
mit suspendierten Feststoffen und Gasen vorgenommen werden können, indem die flüssige
Phase im Gegenstrom zum aufwärts gerichteten-Gas-bzw. Dampfstrom ausschließlich
durch die Öffnungen der Lochplatten abwärts geführt wird, wobei als erstrangige
Bemessung die summierte Öffnungsfläche einer einzigen Lochplatte 10 bis 40 % der
Gesamtfläche beträgt und der Lochplattenabstand in der Säule kleiner ist als der
doppelte Säulendurchmesser.
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Die Anwendung dieser allgemeinsten erfinderischen Bemessungsvorschrift
für die Lochplatten führt gegenüber einer Blasensäule ohne Einbauten bereits zu
einer erheblich geringeren Rückvermischung.
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Die Rückvermischung kann darüber hinaus zusätzlich durch eine Variation
der Zahl der Lochplatten weiter verbessert werden. -Nach weiteren Merkmalen der
Erfindung lassen sich in Abhängigkeit von dem jeweiligen Flüssigkeits- und Gasdurchsatz
sowie den speziellen hydrodynamischen Eigenschaften des Reaktionsgemisches die positiven
Kenngrößen einer im Gegenstrom gefahrenen Blasensäule noch steigern. Insbesondere
kann eine gesteigerte Effektivität im Gegenstrombetrieb mit maximal je 5 Lochplatten
pro Meter Säulenhöhe und vorzugsweise maximal je 2 Lochplatten pro Säulendurchmesser
erzielt werden. - Der Einbau der Lochplatten kann z.B.
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durch Einfügen zwischen Flansche oder auch durch Einschieben sämtlicher
Lochplatten als ein geschlossenes, über Distanzelemente miteinander verbundenes
Lochplattenpaket in die Blasensäule erfolgen, ohne daß absolute Dichtheit der Plattenränder
gegenüber der Säulenwand gefordert werden muß.
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Überraschenderweise ist ferner die relative Verminderung der Rückvermischung
gegenüber der leeren Blasensäule umso größer, je größer der Säulendurchmesser ist.
Die Verwendung derartiger im Gegenstrom betriebener Blasensäulen mit eingebauten
Lochplatten ist daher im Bereich großer Säulendurchmesser besonders vorteilhaft
und demzufolge soll weiter erfindungsgemäß der Durchmesser der mit besonderer Lochplattenbemessung
im Gegenstrombetrieb verwendeten Blasensäule vorzugsweise größer sein als 400 mm.
- Insgesamt kann bei Anwendung der Erfindung bei sonst hohen Werkstoffkosten, z.B.
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solchen für korrosionsfestes Sondermaterial, eine vergleichsweise
stärkere Verminderung der Rückvermischung erzielt werden als mit einer wesentlich
aufwendigeren Schüttung aus kleinen Füllkörpern (s. Zahlenbeispiele Tabelle 1).
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Weitere Vorteile der erfindungsgemäßen Verwendung einer Blasensäule
mit bemessenen Lochplatteneinbauten im Gegenstrombetrieb ergeben sich 1. aus einer
Verringerung der axialen Säulen- bzw Reaktorabmessung, die zur Erreichung einer
bestimmten Bodenstein-Zahl (Bo) notwendig ist, gegenüber Blasensäulen, die zur Verminderung
einer Rückvermischung mit einer Füllkörperschüttung versehen sind, 2. aus der Materialersparnis
der Lochplatteneinbauten gegenüber einer Füllkörperschüttung gleicher Höhe und 3.
aus der weniger lohnintensiven, einfacheren Konstruktion einer im Innern plattierten
bzw. ausgekleideten Blasensäule größerer Höhe, die an der Innenwand keine zusätzlichen
Auf lagevorrichtungen für Füllkörperroste benötigt, da die Lochplatten als vorgefertigtes
Paket in die Säule eingeführt werden können, 4. aus der Möglichkeit, durch beispielsweise
je zwei aufeinanderliegende, mit schlitzförmigen Öffnungen versehene, gegeneinander
verdrehbar angeordnete Lochplatten die Öffnungsflächen der Böden bzw. Lochplatten
derart verändern zu können, daß sie
den jeweiligen Flüssigkeits-
und Gasdurchsätzen optimal angepaßt werden.
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Die letztgenannte Bauart mit veränderbaren Öffnungsflächen läßt sich
auf einfache Weise dann realisieren, wenn die doppelten Lochplatten gemäß 3. als
vorgefertigtes Paket in die Säule einfahrbar sind.
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Beispiel 1 In einer Versuchskolonne von 4 m Höhe und 450 mm Durchmesser
wurde bei Gasgeschwindigkeiten von 1-10 cm/s Luft und bei einem Durch-2 satz von
40 m3/m .h Wasser im Gegenstrom die Rückvermischung der entsprechend der vorliegenden
Erfindung mit Lochplatteneinbauten versehenen Blasensäule sowie zum Vergleich der
leeren und der mit Füllkörpern gefüllten Säulen gemessen. Als typische Kennzahl
der Rückvermischung wurde die Bodenstein-Zahl Bo gewählt.
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u.L Bo = -------Dax Dabei ist u die effektive strömungsgeschwindigkeit
der flüssigen Phase, L die Höhe der Säule und Dax der für die Vermischung in axialer
Richtung maßgebliche Durchmischungskoeffizient. Zum Vergleich kann die Zahl n der
Rührkessel einer Reaktorkaskade, die dasselbe Verweilzeitverhalten des untersuchten
Blasensäulenreaktors zeigt, nach folgender Näherungsformel berechnet werden: n =
Bo/2 + 1 Für die leere Blasensäule ergab sich bei den obengenannten Betriebsdaten
Bo = 2,8; dies entspricht etwa 2 1/2 Kesseln einer Reaktorkaskade.
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Durch den Einbau von Lochplatten mit kreisförmigen Bohrungen von 10
mm Durchmesser in einer gleichmäßigen Dreiecks teilung von 20 mm Lochabstand im
Plattenabstand von 0,5 m konnte die Bo-Zahl auf ca.
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315 % des Wertes der leeren Säule gesteigert werden. Das bedeutet,
daß
ein technischer Blasensäulenreaktor nur 32 0 der Höhe einer leeren Blasensäule benötigt,
um dasselbe Verweilzeitverhalten zu erreichen.
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Demgegenüber ließ sich durch eine Füllkörperschüttung aus Edelstahl-Pallringen
selbst bei Verwendung von 15 mm Pallringen nur eine Verbesserung der Bo-Zahl auf
ca. 270 % erreichen; 50 mm Pallringe erhöhten die Bo-Zahl der leeren Säule sogar
nur auf 114 %.
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Beispiel 2 Die in Beispiel 1 genannten Messungen wurden unter denselben
Betriebsbedingungen an einer Säule von 1 m Durchmesser und 4 m Höhe durchgeführt.
Hier ergaben der Einbau von Lochplatten derselben Lochbellunr- bei einem Lochplattenabstand
von 1 m und 0,5 m eine Erhöhung der Bo-Zahl auf ca. 215 % und 260 % der leeren Säule.
Die Verwendung von Füllkörpern ergab hier selbst bei 15 mm Pallringen nur eine Erhöhung
auf 200 %; bei 50 mm Pallringen konnte keine Verbesserung festgestellt werden, die
Bo-Zahl sank sogar auf 86 E der leeren Säule.
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Tabelle 1 Rückvermischung in Gegenstrom-Blasensäulen (4 m Säulenhöhe)
angegeben als Bodenstein-Zahl Bo = ### U = Flüssigkeitsgeschwindigkeit L = Säulenhöhe
D = Durchmischungskoeffizient Flüssigkeitsdurchsatz: 40 m³/m².h Gegenstrom Gasdurchsatz:
40 - 320 m³/m².h NW 80 mm NW 225 mm NW 450 mm NW 1000 mm Bo % Bo % Bo % Bo % Leere
Säule 9,4 100 4,0 100 2,8 100 2,2 100 Füllung: Pallringe 50 mm 6,56 164 3,2 114
1,9 86 25 mm 4,9 175 3,2 145 15 mm 48 511 14,8 370 7,6 271 4,4 200 Lochplatten:
10 mm Bohrungen 20 % freier Querschnitt Abstand: 1 Lochplatte 2 m 4,28 107 3,7 132
3,0 138 3 Lochplaatten 1 m 5,56 139 5,3 189 4,7 214 7 Lochplatten 0,5 m 11,6 123
10,1 253 8,8 314 5,7 259