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Textil-Gewebe für Dienst- und Kampfanzüge
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Die Erfindung betrifft ein Textil-Gewebe für Dienst- und Kampfanzüge,
das stabil gegen mechanische Beanspruchung und kurzzeitig stabil gegen die Einwirkung
starker thermischer Strahlung (flammhemmend) ist sowie bekleidungsphysiologisch
günstiges Verhalten zeigt.
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Der für diesen Zweck bisher in der Praxis verwendete Stoff ist ein
einlagiger Wollstoff; außerdem handelt es sich um eine Streichgarnware (= Meltonware),
die aufgrund ihres Rohmaterials und ihrer Gewebestruktur eine rauhe Oberfläche aufweist.
Das Material ist Schurwolle mit 15 % Polyamid (Flächengewicht 395 g/m2).
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Dieser Stoff hat neben den durch das Material Schurwolle gegebenen
Vorteilen in der Praxis des soldatischen Dienstbetriebes erhebliche Nachteile: Er
besitzt ein relativ hohes Flächengewicht und ist nicht feuchtigkeitsabweisend. Auch
hat er eine hohe Saugfähigkeit. Dadurch ist er schwer trocknend und nicht staubdicht
genug. Bei Nässe besitzt er einen unangenehmen Geruch. Er kratzt und ist
schwer
zu pflegen. Insbesondere ist er nicht abwaschbar, z. B. zur Entgiftung in J3C-Fä-flen.
Er kann auch nicht gewaschen werden, weil er stark einläuft und verfilzt.
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Er darf nur chemisch gereinigt werden, was gerade im soldatischen
Einsatz nicht immer möglich ist. Dieser Streichgarnstoff kann auch nur im Winter
getragen werden.
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Das Problem war also, einen Stoff zu schaffen, der diese Nachteile
nicht aufweist und den Bedingungen des soldatischen Einsatzes (leichtes Gewicht,
flammhemmend, starke mechanische, thermische Belastungen und starke Witterungseinflüsse)
in verstärktem Maße gerecht wird.
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Durch die Erfindung wird dieses Problem gelöst. In den Patentansprüchen
ist der Erfindungskomplex, also das Erfindungsprinzip und dessen Ausgestaltungen,
definiert.
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Die Erfindung beruht demnach auf der Verbindung von zwei Stofflagen
aus unterschiedlichen Naturfasern - eine Seite reine Baumwolle, andere Seite Schurwolle
- zu einem Doppeltuch. Doppeltuche sind aber an sich bekannt, so daß die Erfindung
nicht die wPutechnische Fertigung von Doppeltuchen betrifft. Die bekannten Doppeltuche
dienen aber einem anderen Zweck:
Sehr häufig kommt es vor, daß eine
bestimmte Ware für einen bestimmten Zweck zu leicht oder zu dünn ist. Man ist dann
gezwungen, diese Ware auf irgend eine Weise schwerer und dicker zu machen, sie also
zu verstärken.
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In den meisten Fällen wird man dies tun, damit die aus der verstärkten
Ware angefertigten Kleidungsstücke mehr Schutz gegen Kälte bieten; denn einen Winteranzugstoff
muß man dicker und schwerer herstellen als einen Stoff für einen Sommeranzug; ebenso
muß naturgemäß ein Mantelstoff dicker sein als ein Anzugstoff.
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Es ist leicht erklärlich, daß man eine Ware nur dadurch schwerer machen
kann, daß man die Garn- bzw. Materialmenge, die auf einen bestimmten Flächeninhalt
enthalten ist, vermehrt. Dies kann auf verschiedene Weise erreicht werden, indem
man die Kette oder den Schuß oder auch beides gleichzeitig dichter einstellt, stärkere
Garne oder Bindungen mit längeren Flottierungen verwendet. Diese Art der Verstärkung
kann aber nur in beschränktem Maße angewendet werden.
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Ein größeres Gewicht erzielt man bekannterweise, wenn dem Gewebe noch
eine oder mehrere Fadengruppen hinzugefügt werden. Je nach der Lage, welche diese
Fadengruppen einnehmen, bezeichnet man sie als Füllkette oder Füllschuß,
als
Unterkette oder Unterschuß oder als Untergewebe. In vielen Fällen genügt die Verstärkung
eines Gewebes durch Unterkette oder Unterschuß nicht, um die gewünscht Warenschwere
zu erhalten. Man ist dann genötigt, dem zu verstärkenden Gewebe, dem Obergewebe,
noch ein zweites, ebenfalls aus Kette und Schuß bestehendes Gewebe hinzuzufügen.
Diese beiden Gewebe, die natürlich übereinander liegen, müssen auf irgendeine Weise
miteinander verbunden werden. Ein solches Gewebe enthält zu dem Zweck zwei Kettlagen,
die Ober- und die Unterkette, und auch zwei Schußlagen, den Ober- und den Unterschuß,
und wird als Doppelgewebe bezeichnet. Man versteht also unter einem Doppelgewebe
eine Ware, die aus zwei übereinander liegenden miteinander verbundenen Geweben besteht.
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Hierauf ist aber die Erfindung nicht gerichtet.
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Im Gegensatz zu Vorstehendem zielt die Erfindung nämlich nicht auf
eine Erschwerung eines Stoffes hin. Er kann vielmehr durch die Erfindung für den
vorgesehenen Zweck als Dienst- und Kampfanzug sogar leichter (z. B.300 g/m2) als
der verwendete einlagige Stoff (z. B. 395 g/m2) abgestellt werden. Der durch die
Erfindung erzielte entwicklungsraffende Fortschritt liegt außerdem in weiteren für
den soldatischen Einsatz wichtigen Wirkungen:
- Durch die verschiedenen
Bindungsarten wird dem Stoff Elastizität verliehen.
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- Ohne zusätzliche Maßnahmen (keine flammfeste Ausrüstung erforderlich)
besitzt der Stoff eine wesentlich bessere Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkung
starker thermischer Strahlung (flammhemmend).
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- Gute bekleidungsphysiologische Funktionen (kein Hitzestau, angenehm
im Tragen, winddicht).
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- Wasser- und schmutzabweisend.
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- Der Stoff ist waschbar (Wolle muß sonst chemisch gereinigt werden).
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- Scheuerfestigkeit und hohe Stabilität.
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- Der Stoff kann beidseitig getragen werden (Wende-Kleidung).
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- Der Stoff kann bedruckt werden (Baumwoll-Seite Tarndruck).
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Zwei Ausführungsformen, in der einige (erfindungsgemäße) technische
Mittel vereinigt sind, sind zum bequemeren Verständnis des Erfindungsprinzips in
den beigefügten drei Bildern schematisch dargestellt.
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Bild 1 zeigt einen Längsschnitt durch das erfindungsgemäße
Doppelgewebe,
während in den Bildern 2 (Längsschnitt) und 3 (Draufsicht von der Körperseite her)
eine weitere Ausgestaltung dargestellt ist.
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Mit 1 ist das aus Baumwolle bestehende Obergewebe bezeichnet, das
also an der Außenseite des Dienst- und Kampfanzuges liegt. 2 ist das auf der Körperseite
des Anzuges anzuordnende Untergewebe aus Schurwolle. Unter Erhaltung der Wolleigenschaften
ist eine an sich bekannte geringe Beimengung von ca. 15 % Kunstfaser (Polyamid)
zur Schurwolle zweckmäßig. Dabei sind diese Materialien noch in spezieller Webart
verarbeitet: Die Oberschicht 1 aus Baumwolle in Lauseköper und die Unterschicht
2 aus Schurwolle in Tuchbindung. Unter diesen beiden Bindungsarten versteht man
bekannterweise folgendes: Köperbindungen sind die schräglaufenden Bindungslinien
im Gewebe (Diagonalen). Die Lauseköperbindung gehört zu der Gruppe der Köperbindungen
(Kreuzköper), bei denen der Köpergrat durch Umstellung von Fadengruppen unterbrochen
wird Dadurch ergibt sich eine weiche, mehr Luft einschließende und strapazierfähige
Ware. Die Tuchbindung ist die einfachste von allen Blndungen und entspricht etwa
einem Schachbrettmuster. Sie ergibt ein auf beiden Seiten gleich aussehendes Gewebe,
und sie hat den kleinsten Rapport (= Wiederholung nach 2 Fäden).
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Dieses erfindungsgemäße Doppeltuchgewebe hat zunächst einmal die physiologischen
Eigenschaften beider Naturfasern. Wolle ist wegen ihres relativ hohen Stickstoff-und
Feuchtigkeitsgehaltes, ihrer hohen EntzUndungstemperatur (570 - 6000 C) und ihres
hohen Sauerstoff-Index-Grenzwertes von Natur aus schwer brennbar. Die weiteren unübertroffenen
natürlichen Vorzüge der reinen Schurwolle sind, daß sie den Körper trocken hält,
selbst bei warmen Wetter, weil sie klimaausgleichend wirkt (Feuchtigkeitsaufnahme
bis zu 30 , ohne sich dabei feucht anzufühlen!). Ferner schmutzt Schurwolle nicht
so schnell.
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Sie ist dehnbar und elastisch, formbeständig und hautfreundlich. Wolle
hat aber gerade für den soldatischen Dienstbetrieb auch erhebliche Nachteile, die
eingangs bereits bei den jetzt verwendeten Dienst- und Kampfanzugstoffen aufgeführt
wurden.
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Baumwolle besitzt als gute Eigensehaft eine hohe Scheuerfestigkeit
und Stabilität. Nachteilig ist ihre Brennbarkeit.
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Bei der Erfindung werden die Nachteile beider Materialien aufgehoben,
so daß ihre Vorteile ungehindert zum Tragen kommen:
Die Scheuerfestigkeit
und Abwaschbarkeit der Baumwolle wird genutzt, ebenso ihre feuchtigkeitsabdichtende
Wirkung (Quellvermögen bei starker Nässe, wie Regen); ein Hitzestau wird aber unter
normalen Bedingungen durch das Zusammenwirken mit der Wolle vermieden. Die Wolle
hat nämlich Schweißwasser, das von der Hautoberfläche verdunstet, in dampfförmigem
Zustand aufgenommen (bis 30 %) und auf eine größere Fläche verteilt. Danach erfolgt
ein stetiger Wasserdampftransport durch das Kapillargerüst des Baumwollstoffes.
Der Wasserdampf verdunstet dann auf der Oberfläche der Kleidung durch die Luft und
den Luftzug. Trotz Quellung der Faser kein Hitzestau.
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Ein wesentlicher Effekt besteht darin, daß durch die Doppellage bei
dieser Materialzusammensetzung in einem bestimmten Verhältnis ein maximal großes
Luftvolumen entsteht, das neben den bekleidungs-physiologischen Funktionen der einzelnen
Materialien eine relativ geringe Wärmeleitfähigkeit erbringt. Dadurch kann bei vorgegebener
Wärmeleitfähigkeit das Flächengewicht - wie eingangs bereits ausgeführt - erniedrigt
werden. Durch die verschiedenen Bindungsarten erhält das erfindungsgemäße Gewebe
zusätzlich noch eine gute Elastizität. Außerdem besteht die Möglichkeit, das Gewebe
außen zu bedrucken (Tarndruck!
). Es kann auch gewaschen werden
und deshalb leichter unter Einsatzbedingungen nicht nur gereinigt, sondern auch
mit behelfsmäßigen Mitteln entgiftet werden (besserer ABC-Schutz). Für den Einsatz
ist auch die flammhemmende Wirkung des erfindungsgemäßen Stoffes wichtig, die auf
dem Zusammenwirken von Baumwoll- und Wolleigenschaften beruht. Dies sei näher erläutert:
Grundsätzlich zersetzt sich ein textiler Stoff bei Hitzeeinwirkung (Beflammung oder
Hitzestrahlung). Danach bilden sich brennende Gase (gasförmige Zündstoffe), deren
Menge von der zugeführten Wärmemenge abhängig ist. Bei genügender Hitze kann sich
das Feuer dann von selber ausbreiten.
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Durch das Zusammenwirken der erfindungsgemäßen Mittel entsteht demgegenüber
eine flammhemmende Wirkung: Das Schweißwasser, das auf der Hautoberfläche verdunstet,
wird zu einem Teil von der Wolle aufgenommen und zum anderen Teil an die Baumwolle
abgegeben und durch deren Kapillaren an die Oberfläche geleitet.
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Wird das Doppelgewebe auf der Baumwollseite einer Hitze-bzw. Flammeinwirkung
ausgesetzt, so wird die normale Brennbarkeit der Baumwolle durch die von der Wolle
an
diese abgegebene Feuchtigkeit - herabgesetzt.
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Erst wenn die Feuchtigkeitszufuhr durch die Wolle erschöpft ist, kann
sich die Flamme ausbreiten, aber auch nur sehr langsam, weil die Wolle eine sehr
niedrige Flammenausbreitungsgeschwindigkeit hat. Auf diese Weise ist bereits eine
im soldatischen Einsatz bedeutsame Zeitverzögerung bis zur Entflammung erreicht,
durch die die Uberlebenschance steigt.
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Es tritt aber auch noch ein weiterer Verzögerungseffekt ein. Ist nämlich
das Baumwollgewebe durchgebrannt, verkohlt die Wolle unter dem Einfluß der Flamme
und bildet eine schaumähnliche (verkohlte) Schicht, die durch das verbrannte Baumwollgewebe
noch gestützt wird und einen ausgezeichneten Wärmeisolator darstellt. Diese kurzfristige
Isolierung gegen sehr große Wärmeeinflüsse (Atomblitz) ist im soldatischen Einsatz
von großer Bedeutung.
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Ferner erhält der Dienst- und Kampfanzug durch das erfindungsgemäße
Doppeltuch eine hohe Einreißfestigkeit, so daß ein Einreißen, z. B. durch Hängenbleiben
beim Herausklettern aus dem Panzer- usw., praktisch nicht mehr auftritt
In
einer Weiterbildung (Bilder 2 und 3) ist der Luftaustausch innerhalb des Dienst-
und Kampfanzuges dadurch verbessert, daß Verdickungen auf der inneren Doppeltuchseite
als Abstandshalter vom Körper vorgesehen sind. Diese Verdickungen könnten z. B.
eingewebte Längsrippen und/ oder punktförmige Verdickungen 3 sein, die in einem
Wabenmuster (Bild 3) verteilt sind.
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Durch diese zusätzliche Maßnahme wird z. B. die Körperfeuchtigkeit
von Stellen stärkeren Schweißanfalles auf andere Stellen gleichmäßiger verteilt,
so daß auch die zuvor beschriebenen Schutzwirkungen noch gleichmäßiger auftreten.