-
Technischer Bereich:
-
Tiefbohrwerkzeuge werden vorzugsweise in aufgabenbezogenen Werkzeugmaschinen zum Einbringen von Bohrungen eingesetzt, deren Bohrtiefe überwiegend sehr viel grösser als der Bohrungsdurchmesser ist. Sie sind allgemein so gestaltet, dass ein permanenter Kühlmitteldurchfluss einen ununterbrochenen Austrag der Bohrspäne bewirkt, und somit ein mehrmaliges Ansetzen bzw. Entspänen entfallen kann. Tiefbohrwerkzeuge werden vor allem im metallischen, teilweise aber auch im nichtmetallischen Bereich eingesetzt.
-
Einschlägiger Stand der Technik:
-
Tiefbohrwerkzeuge sind schon seit langem bekannt und werden primär jeweils nach den Bohrverfahren benannt, für die sie konzipiert wurden. Man unterscheidet zwischen dem ELB-Verfahren für Bohrungen im eher kleineren Durchmesserbereich, dem BTA-Verfahren für leistungsstärkere Bohr- und Aufbohroperationen und dem Ejektor-Verfahren für speziellen Spänerücktransport.
-
Vorteilhaft beim ELB-Bohrer ist der einfache Aufbau, gute Führungseigenschaften, und die leicht und oft nachschleifbare Kopfgeometrie. Nachteilig wirkt sich aus, dass der lange Bohrschaft wegen der ausserhalb abfliessenden Späne asymetrisch gestaltet und somit nicht sehr torsionssteif ist.
-
Beim BTA-Verfahren ist durch die Verwendung von runden Bohrrohren die Verdrehsteifigkeit optimal. Aufwendiger ist aber hier der Bohrkopfaufbau, und Nachteile liegen vielleicht auch darin, dass maschinenseitig mehr Aufwand für dieses Verfahren betrieben werden muss.
-
Die Ejektor-Anwendung kommt mit niedrigeren Kühlmitteldrücken aus, führt jedoch wegen der Doppelrohr-Technik bei kleiner werdendem Bohrdurchmesser zu Schwierigkeiten hinsichtlich der geometrischen Verwirklichung.
-
Eine Sonderrolle im Bereich der so genannten ELB-Bohrtechnik nimmt die 2-schneidige Version ein, diesbezüglich auch unter dem Namen „Zweilippenbohrer“ bekannt, wobei dann korrekterweise die ELB- als ZLB-Bohrtechnik zu bezeichnen wäre. Auch hier erfolgt die Kühlmittelzufuhr durch das Bohrrohrinnere, und die Spanableitung und die Kühlmittelrückführung geschehen am Aussenmantel des Bohrrohrs. Da nun aber zwei Schneidenbereiche „bedient“ werden müssen, und das Bohrrohr dafür doppelt verformt wird, ist dieses Bohrwerkzeug eigentlich ein krasser Widerspruch in sich. Einerseits erwartet man eine etwa doppelte Schnittleistung, was eine weit grössere Torsionsbelastung des Bohrrohrs bedingt - und andererseits schwächt man gerade diesen Rohrquerschnitt durch eine weitere Einengung. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass jeder der beiden Spanräume einen kleineren Querschnitt aufweist als der des klassischen ELB-Bohrers, weshalb dieser Bohrertyp auch eher im Aufgabenfeld der kürzer spanenden Werkstoffe zu finden ist.
-
Berücksichtigte Druckschriften:
-
DE 102009031193 A1 : Darin wird lediglich erwähnt, dass die hauptsächlich einen Einlippenbohrer betreffenden Merkmale hinsichtlich der Schneidengeometrie auch beim zweischneidigen Werkzeug Anwendung finden könnten. Gezeigt wird auch nur eine schematische Abbildung in
2.
-
DE 102010051248 A1 : Betrifft nur Spanbrechernuten auf der Hauptschnittebene eines Einlippenbohrers, wobei eine Verbesserung des Spänebruchs dadurch in Aussicht gestellt wird, dass auch auf der gegenüber liegenden Fläche des Spanraums ebensolche Nuten eingebracht werden. Erwähnt wird, dass dies gleichermassen auch für die zwei Spanräume eines Zweilippenbohrers gilt. Eine diesbezügliche Abbildung fehlt.
-
DE 102012215420 A1 : Hier wird eine Markierungslinie auf der Hauptschnittebene als erfindungsrelevant dargestellt, die helfen soll, beim Nachschärfen der Teilschneiden die Spitzengeometrie sicher beizubehalten, was natürlich auch beim zweischneidigen Werkzeug anwendbar wäre. Eine konkrete Abbildung den Zweilippenbohrer betreffend fehlt aber ebenfalls.
-
Allen zitierten Druckschriften ist gemein, dass keine auf die eigentlichen Stärken und Schwächen eines Zweilippenbohrers nähers eingeht.
-
Aufgabenstellung:
-
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, auch für den Bereich „Zweilippenbohrer“ ein Bohrwerkzeug zu schaffen, das die wesentlichsten Vorzüge der drei gängigsten Arten von Tiefbohrwerkzeugen (wie bei „Stand der Technik“ genannt) in einem einzigen Werkzeug vereint, wobei vor allem der höheren Schnittleistung entsprechend das optimal torsionssteife runde Bohrrohr aus der BTA-Bohrtechnik zur Geltung kommen soll. Die Verbindungsmöglichkeiten zwischen dem frontseitigen Aufbau des Werkzeugs und dem Bohrrohr sind jedoch im Wesentlichen identisch mit denen des Bereichs „Einlippenbohrwerkzeug“ , wie auch schon im Zusammenhang mit
DE 102017006188 A1 erwähnt und dargestellt, und somit nicht Teil dieses Schutzrecht-Ersuchens.
-
Offenbarung der Erfindung:
-
Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der nebengeordneten Ansprüche gelöst, wonach ein Tiefbohrwerkzeug bereitgestellt wird, welches aus einem zweischneidigen Bohrkopf (10), einem daran orientierten Zwischenträger (11) und einem Bohrrohr (12) besteht. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen sind in Unteransprüchen festgehalten und in der Beschreibung erläutert.
-
Figurenliste
-
- 1 zeigt im Prinzip den Aufbau eines zweischneidigen Tiefbohrwerkzeugs mit einem homogenen Bohrkopf (10), bekannt auch aus dem ZLB-Verfahren, und vorzugsweise aus Hartmetall oder Keramik, einem Zwischenträger (11) und dem Bohrrohr (12), beides gewöhnlich aus Stahl. Die Art und die Anzahl der Kühlmitteldurchlässe im Bohrkopf können variieren, gebräuchlich sind jedoch überwiegend 2 Bohrungen (10 d). Der Bohrkopf ist am hinteren Ende dachförmig abgeflacht (10 a) oder konisch (10 b), wobei sich letzterer bei der Verbindung mit dem Zwischenträger (kleben / löten / schweissen) leichter vorzentrieren lässt. Die Verbindung des Zwischenträgers (11) mit dem Bohrrohr (12) (kleben / löten / schweissen) ist konisch ausgeführt, wobei die Konuslänge so gewählt wird, dass je nach verwendetem Verbindungswerkstoff keine Schwachstelle entsteht und die Torsionssteifigkeit an der Verbindung der des Bohrrohrs selbst nicht nachsteht. Jede Schneidseite weist neben dem inneren Kühlmitteldurchlass (10 d) auch einen aussenliegenden Kanal (10 f) auf, der lagegleich im Zwischenträger (11) bis zu dessen Ende (11 c) weitergeführt ist. Die Tiefe des Kanals orientiert sich am Aussendurchmesser des Bohrrohrs (12). Die beiden Spanräume (10 e) bleiben durch zwei mindestens querschnittsgleiche Aussparungen (11 b) weiter bis hin zum Innenrohr erhalten. Dazu wird schematisch gezeigt, dass Bohrkopf (10) und Zwischenträger (11) ein gemeinsames Teil abbilden können (13), in der Folge Grundkörper genannt.
- 2 verdeutlicht die erfindungsgemässe Funktion des Zwischenträgers (11) dadurch, dass neben der BTA-typischen Kühlmittelzufuhr über die äusseren Kanäle (10 f) weitere Teilströme über Freisparungen (20), Vertiefungen (21) und innere Kanäle (22/10 d) zu gleichen Teilen in die beiden Schneidbereiche, und zusätzlich rückspülverstärkend über Kanalfortsetzungen (23) zum Rohrinneren verteilt werden. Dieser Rückfluss verstärkt (und beschleunigt dabei) das aus dem Zerspanungsbereich zusammen mit den Bohrspänen rückfliessende Kühlmittel, und vermindert damit die Gefahr eines Spänestaus im Übergang vom Zwischenträger (11) zum Bohrrohr (12).
- 3 zeigt den durch die beiden Schneidbereiche gemeinsam erzeugten Bohrungsgrund (30), die beiden Hauptschneiden (33 und 34), eine teilweise zurückgesetzte Aussenschneide (31), eine gegenüberliegende, ungekürzte Aussenschneide mit einer so genannten Schälfase (32) und innenliegend die Zentrumsschneide (35). Die für solche Tiefbohrwerkzeuge typische Konizität des Bohrkopfs bewirkt, dass die in Bohrrichtung weiter vorne liegende Schälfase (32) diese Schneidseite zur durchmessergebenden macht. Wird nun die Zentrumsschneide (35) so weit in Richtung der anliegenden Hauptschneide (34) verbreitert, dass der radial wirkende Anteil aller Schnittkräfte in der Summe ein Übergewicht in Richtung der durchmessergebenden Seite ergibt, so kommt man auch in Sachen Führungsstabilität, Durchmessertreue und Oberflächenqualität den Werten eines reinen Einlippen-Bohrwerkzeugs wesentlich näher. Zu beachten sind aber auch die Profilüberschneidungen der beiden Schnittebenen, denn der Aussenbereich der Schälfase (32 a) und der äussere Teil der gegenüberliegenden Schneide (33 b) haben trotz 2-schneidigem System die Schnittlast jeweils alleine zu tragen und müssen daher möglichst schmal gehalten werden, um den Wärmeeintrag in die Schneidkanten zu mildern. Am aktiven Teil der Schälfase (32 a) wird dies zudem durch die Schräge und den deshalb dünneren Span unterstützt, und gegenüberliegend kann ein leicht erhöhter Verschleiss auch geduldet werden, da diese Ecke (33b) nicht oberflächenbildend ist. Bei der Zentrumsschneide (35) ist der alleinige Anteil an der Zerspanung auf Grund der niedrigeren Schnittgeschwindigkeit sowieso unproblematischer. Ganz ohne Profilüberschneidung wird es jedoch auch nicht gehen, will man vermeiden, dass Einflüsse von der Hauptschneide (34), z. B. durch so genannte Aufbauschneiden, Auswirkungen bis in den Bereich der oberflächenbildenden Schälfase (32) haben. Die bei manchen Werkstoffen eventuell auftretenden „Fadenspäne“, wie sie bei abgesetzten Schälfasen vorkommen können, dürften bei dem höheren Kühlmitteldurchsatz kaum Probleme bereiten.
- 4 zeigt einmal ganz allgemein ein Bohrwerkzeug mit rundem Bohrrohr zusammen mit peripher gebräuchlichen Maschinenelementen. Der durch den Kühlmittelzufuhrbereich (40) ragende Bohrkopf (40 a) wird beim Anbohren in einer Buchse (40 b) geführt, die in einem Gehäuse mit Kühlmittelanschluss (40 c) gehalten ist. Das Bohrrohr selbst wird am anderen Ende des Zufuhrbereichs von Dichtelementen (40 d) gestützt und geführt, und mit geeigneten Spannelementen wie z. B. einer Spannzange (40 e) in den Kopf einer Antriebsspindel eingespannt. Bekannt ist die Anordnung auch unter dem Namen BTA-Bohrverfahren und schon seit langem eingeführter Stand der Technik. Für begrenzte Bohrtiefen kann das Bohrrohr aber auch in einen etwas dickeren Hohlschaft (41 a) eingefügt werden, wobei der Hohlschaft selbst an seinem vorderen Ende von einer Dicht- und Führungsbuchse gestützt und hinten für die Einspannung mit einer standardisierten Einspannhülse (41 c) versehen werden kann. Für Bohrmaschinen ohne inneren Spindeldurchgang erhält das Werkzeug eine Einspannhülse mit seitlichem Ausgang (42 a) und einem Verschluss nach hinten (42 b). Für das dann wie bei der Einlippen-Bohrtechnik frei austretende und mit Spänen versetzte Kühlmittel kann dafür innerhalb eines Maschinenraums ein zusätzlicher Spritzschutz (42 c) angebracht werden.
-
Vorteile der Erfindung:
-
Neben dem einfachen Aufbau und den daraus resultierenden kostengünstigen Herstellungs- , Nachschleif- oder Neubestückungsmöglichkeiten wäre zu nennen, dass mit diesem Werkzeugaufbau die Schneidkapazität der 2-schneidigen Tiefbohrtechnik viel effektiver umgesetzt werden kann. Der Kopfquerschnitt muss sich auch nicht mehr etwa an dem 2-mal eingesickten Rohr orientieren, sodass die beiden Spanabfuhrkanäle mindestens so gross wie bei der bisherigen Vollhartmetall-Variante ausgebildet werden können. Und die periphere Kühlmittelzuführung in Verbindung mit möglichen Ejektor-Teilströmen bewirkt zudem die notwendige Durchspülung energiesparend bei wesentlich geringerer Druckvorgabe. Das runde Bohrrohr ist einfach belastbarer und ausserdem in Stützlünetten exakter zu führen, und selbst die bei langen Bohrrohren oft unverzichtbare Schwingungsdämpfung lässt sich am runden Rohr leichter realisieren. Aber auch für kürzere Bohrtiefen kann insbesondere die Variante mit der Hohlschaftverstärkung (auch Tauchspindel-Verfahren genannt) vermehrt in Bereichen eingesetzt werden, die bislang eher dem Einlippenbohrer vorbehalten waren, so z. B. beim Bohren von Matrizen oder Saugwalzen. Und selbst bei älteren Bohrmaschinen ohne Spindeln mit Innendurchgang oder rotierender Kühlmittelzuführung ist dieser Aufbau machbar.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102009031193 A1 [0007]
- DE 102010051248 A1 [0008]
- DE 102012215420 A1 [0009]
- DE 102017006188 A1 [0011]