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Die
Erfindung betrifft ein Trägermaterial
mit einem aufgebrachten Beschichtungsmittel sowie ein Beschichtungsmittel
für das
Trägermaterial
aus einem nachwachsenden Rohstoff.
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Die
Phantasie der Lack- und Farbenindustrie wird immer wieder angeregt,
um neue Anwendungsmöglichkeiten
für aussichtsreiche
Verfahren und Technologien zu finden. Besonders durch das in den
letzten Jahrzehnten stark angewachsene weltweite Bewusstsein für industriell
bedingte Umweltprobleme sind in der Lackindustrie vor allem die
lösungsmittelarmen
bzw. -freien Beschichtungsmaterialien in den Brennpunkt des Interesses
gerückt.
Erwähnt
seien hier vor allem sogenannte „high Solids"-Beschichtungen – d. h.
möglichst
feststoffreiche Bindemittelsysteme – Wasserlacke und Pulverbeschichtungen.
Beim Einsatz solcher Materialien kann die Emission von flüchtigen
organischen Bestandteilen, sog. VOCs, stark reduziert oder vollkommen
vermieden werden. Von der Seite der Beschichtungs- und vor allem
auch Trocknungsverfahren her hat sich zusätzlich auch die sogenannten
Strahlenhärtung
einen festen Platz unter den industriell angewandten Trocknungs- bzw. Härtungsverfahren
erobert. Als Beispiele seien die IR-, vor allem aber auch UV- und
die Elektronenstrahlhärtung
und in letzter Zeit die Härtung
mit sichtbarem Licht erwähnt.
Alle diese Härtungsverfahren zeichnen
sich durch einen besonders guten energetischen Wirkungsgrad, vor
allem aber auch dadurch aus, dass in den strahlenpolymerisierbaren
Bindemittelsystemen weitgehend auf die Verwendung organischer Lösemittel
verzichtet werden kann. Diese strahlenvernetzbaren Bindemittel werden
zur Zeit bis auf wenige Ausnahmen aus Erdölderivaten synthetisiert.
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Diese
Ausnahmen werden aus nachwachsenden Pflanzenölen gewonnen, beispielsweise
aus Soja-, Lein- oder Palmölen,
die durch Acrylierung zu Epoxyacrylaten umgesetzt werden, deren
Acrylsäurereste
mit ihren Doppelbindungen durch energiereiche Strahlung einer Polymerisationsreaktion
zugänglich
gemacht werden können.
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Diese
oligomeren Materialien sind meist zu viskos für eine der üblichen industriellen Beschichtungsmethoden.
Daher werden ihnen noch monomere sogenannte Reaktivverdünner, wie
z. B. Hexandioldiacrylat zugesetzt. Diese sind vor dem Polymerisationsvorgang
wegen ihrer Reaktionsfreudigkeit zwar meist hautreizend, werden
aber während
des strahleninduzierten Vernetzungsvorganges fast vollständig in
das entstehende molekulare Netzwerk mit eingebaut und dadurch weitgehend
inaktiviert.
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In
jüngerer
Zeit sind zwecks Ersatz der hautreizenden Verdünnungsmonomere wasserverdünnbare Emulsionen
oder Lösungen
o. g. Oligomere entwickelt worden. Die Verwendung von Wasser zur
Viskositätsregulierung
macht aber den Vorteil des niedrigen Energieverbrauchs strahlenhärtender
Systeme teilweise wieder zunichte, da es vor der Vernetzungsreaktion
thermisch fast vollständig
wieder ausgetrieben werden muss. Außerdem bereiten die wässrigen
strahlenvernetzbaren Systeme auf saugfähigem Untergrund wie z. B.
Holz, Holzwerkstoffen, Papier und Karton dadurch zusätzliche
Schwierigkeiten, dass sie die Fasern in der Oberfläche anquellen,
wodurch die zuvor geglättete
oder geschliffene Oberfläche
wieder aufgerauht wird, und dadurch zusätzliche Glättungs- bzw. Schleifvorgänge notwendig
werden.
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Es
stellt sich daher im Sinne der auf der Umweltkonferenz in Rio erhobenen
Forderung nach mehr Nachhaltigkeit die Aufgabe, einerseits die o.
g. Schwierigkeiten bei der Verarbeitung zu vermeiden und bei der Verarbeitung
und beim späteren Gebrauch
keine sogenannten VOCs, das sind „volatile organic compounds" also flüchtige organische
Verbindungen freizusetzen, andererseits aber auch weitgehend "nachhaltige" Beschichtungsmittel
zu verwenden und auf solche, die auf der Basis petrochemischer Rohstoffe
aufgebaut sind, zumindest weitgehend zu verzichten.
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Die
Aufgabe wird mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie den Merkmalen
des Anspruchs 13 erfindungsgemäß gelöst. Bevorzugte
Ausführungen
sind in den Unteransprüchen
niedergelegt. Mit der erfindungsgemäßen Verwendung von epoxidertem
Pflanzenöl
als Hauptbestandteil eines Beschichtungsmittels für ein Trägermaterial
aus einem nachwachsenden Rohstoff wird erreicht, dass ein aus nachwachsenden
Rohstoffen hergestelltes Substrat, wie z. B. Holz, Papier, Leder,
Linoleum oder weitgehend aus solchen hergestellte Konstruktionswerkstoffe
mit einem ebenso auf nachwachsenden Rohstoffen basierenden Beschichtungsmaterial geschützt oder
dekoriert werden kann, so dass das so entstandene Endprodukt, beispielsweise
eine Tischplatte, ein Fußbodenbelag
oder ein Ledersessel „von
der Wiege bis zur Bahre" CO2-neutral und möglichst umweltfreundlich hergestellt,
benutzt und entsorgt werden kann. Damit kann ein solcher Lack als
ein nachhaltiges Produkt bezeichnet werden. Dieses Bindemittelsystem
(Beschichtungsmittel) soll darüber
hinaus mit einem industriell anwendbaren und erprobten Trocknungs-
bzw. Härtungsverfahren
mit dem geringst möglichen
Energieverbrauch getrocknet werden können. Zu diesem Zweck wurden
die auf dem Markt befindlichen Leinöl- und Sojaölacrylate einer radikalischen
Polymerisation, initiiert durch UV- oder Elektronenstrahlung, unterzogen
und untersucht.
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Beispiel 1
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Ein
Sojaölexpoxytriacrylat
(Photomer 3005, Hersteller Henkel) wurde zu 100 % mit einem Drahtrakel in
einer Schichtdicke von 50 μm
auf Glas aufgetragen und unter Schutzgasatmosphäre (N2)
mit einer Dosis von 50 kGy durch energiereiche Elektronen (170 keV)
ausgehärtet.
(Laborelektronenstrahlhärtungsanlage
Typ CB 175/15/180L der Fa. Energy Science Inc.) Die Pendelhärte nach
König betrug
26s.
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Beispiel 2
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Ein
Sojaölepoxyhexaacrylat
(Photomer 3082, Hersteller Henkel) wurde wie in Beispiel 1 aufgetragen, gehärtet und
geprüft.
Die Pendelhärte
nach König
lag bei 23s.
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In
beiden Beispielen konnte die Pendelhärte bei Dosen bis zu 200kGy
lediglich auf Werte von maximal 40s gesteigert werden.
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Beispiel 3
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In
einer anderen Versuchsreihe wurde ein weiteres Sojaölepoxyacrylat
(UVE160, Hersteller Croda Resins) sowohl elektronenstrahlgehärtet entsprechend
Beispiel 1 und 2 als auch UV-gehärtet.
(UV-Laboranlage Typ UV CON DL der Fa. Eltosch). Die UV-Dosis betrug
2 × 120
W/cm bei einer Bahngeschwindigkeit von 30m/min. Als UV-Strahler
wurde ein undotierter Hg-Hochdruckstrahler eingesetzt. Vor der UV-Härtung wurde dem
Sojaölepoxyacrylat
4 % eines Photoinitiators zugesetzt. (Darocur 1173, Hersteller Ciba-Geigy).
Sowohl bei den elektronenstrahl- als auch bei den UV-gehärteten Proben
lagen die Pendelhärtewerte
wie bei den Beispielen 1 und 2 in einem für Holzschutzanwendungen unakzeptabel
niedrigen Bereich zwischen 20s und 50s.
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Es
stellte sich also heraus, dass die so erzielten Beschichtungen zwar
im allgemeinen komplett vernetzten, ihre endgültige Gebrauchstüchtigkeit,
gemessen z. B. als Abriebfestigkeit oder Härte, dem angestrebten Anwendungszweck
wie z. B. einer abriebfesten Parkettlackierung noch keineswegs genügte. Das
war zunächst
auch nicht zu erwarten, da als Verwendungszweck von z. B. Leinölacrylat
vom Hersteller der Einsatz als flexibilisierendes Bindemittel für lösungsmittelfreie
und UV-härtende
Druckfarben erwähnt
und empfohlen wird.
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Um
nun zu einer für
die vorgesehenen Anwendungszwecke geeigneten höheren Härte der erzeugten Schutzschichten
zu gelangen, wurde versucht, durch Abmischung der in Beispiel 1 – 3 genannten
Substanzen mit Acrylatmonomeren unterschiedlicher Funktionalität die Vernetzungsdichte
und damit die Härte
der der auspolymerisierten Schichten zu steigen. Die Versuchsbedingungen
wurden wieder wie in Beispiel 1 und 2 gewählt.
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Beispiel 4
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Mit
diesen Abmischungen konnte zwar die Pendelhärte auf ein akzeptables Niveau
von über
100s gesteigert werden, die dafür
eingesetzten Acrylate entsprachen jedoch nicht der gestellten Aufgabe,
ein geeignetes Beschichtungsmaterial, z. B. der Möbel- oder
Parkettindustrie zur Verfügung
zu stellen, das möglichst nachhaltig
erzeugt werden kann, das also einen möglichst hohen Anteil nachwachsender
Rohstoffe enthalten sollte.
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Überraschenderweise
wurde nun gefunden, dass ein anderes Leinölderivat, nämlich Leinölepoxyd, das in großen Mengen
als Weichmacher und Flexibilisierer bei der PVC-Verarbeitung zum
Einsatz kommt, mit speziellen kationischen UV-Initiatoren unter
UV-Bestrahlung zu für
den vorgesehenen Anwendungszweck genügend harten Oberflächenbeschichtungen
auspolymerisiert werden kann.
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In
der Patent- und Fachliteratur werden zwar solche im Handel erhältlichen
Leinölderivate
in Kombination mit ebenfalls im Handel befindlichen UV-Initiatoren
als UV-härtbare
Bindemittel beschrieben.
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So
beschreibt beispielsweise UX 5.318808 eine Reihe unterschiedlicher
UV-Initiatoren in Kombination mit den Epoxyden des Lein-, Sonnenblumen-,
Soja- und Rapsöls.
Hauptschwerpunkt dieser Arbeit ist jedoch die optimale Abstimmung
der Wellenlängenbereiche
der eingesetzten UV-Initiatoren auf die verwendeten UV-Lichtquellen.
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Eine
Anwendung auf Holz, Papier und Leder oder daraus hergestellte Werkstoffe
wird jedoch weder versucht noch erwähnt.
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In
einer anderen bekannt gewordenen und sehr umfangreichen Arbeit werden
zahlreiche Oniumsalze mit unterschiedlichen Anionen wie z. B. BF4,
PF6, AsF6 und SbF6 als UV-Initiatoren in Kombination mit verschiedenen
epoxydierten Pflanzenölen
beschrieben. Deren Vorteile wie geringe Toxizität, Sauer stoffunempfindlichkeit
und Energieeinsparungspotential werden ausführlich erwähnt. Als mögliche Substrate werden jedoch
ausschließlich
Stahl, Glas, und Aluminium genannt. Eine Anwendung auf Holz, Zellulose
und Leder und ähnlichen
natürlichen
Substraten wird jedoch nicht erwähnt.
Auf eine schlechte Löslichkeit
der Oniumsalze in den epoxydierten Pflanzenölen wird ausdrücklich hingewiesen.
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Überraschenderweise
wurde nun festgestellt, dass es trotz des dem hier angestrebten
Anwendungszweck – d.
s. harte Schutzschichten – diametral
entgegengesetzten ursprünglichen
Verwendungszweckes beispielsweise des Leinölepoxyds – d. i. als weichmachender
PVC-Zuschlagsstoff – und
trotz der schlechten Löslichkeit
der in oben erwähnten
Veröffentlichungen – genannten
UV-Initiatoren auf bisher nicht untersuchten Substraten durchaus
gelingen kann, gebrauchstüchtige
Funktionsschichten aufzubringen und auszuhärten. Das wird an folgenden
Beispielen erläutert.
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Beispiel 5
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Eine
Mischung aus 97,9 % epoxydiertem Leinöl (Hersteller Hobum), 2 % eines
Photoinitiators (Cyracure UVi-6974) und 0,1 % Anthracen wurde entsprechend
Beispiel 1 und 2 in einer Schichtdicke von 40 μm zwecks Härteprüfbarkeit zunächst auf
Glas aufgetragen und bei einer UV-Dosis von 10 × 80 W/cm bei einer Bahngeschwindigkeit
von 10 m/min ausgehärtet.
Die Pendelhärte
nach König
betrug 50s und konnte durch Substraterwärmung auf 40°C auf über 100s
gesteigert werden. Die gleiche Mischung wurde daraufhin unter gleichen
Bedingungen auf ein handelsübliches,
unbeschichtetes Buchenholzparkett aufgetragen und gehärtet. Der
spezifische Abrieb, gemessen mit einem Taber-Abraser (Herst Taber)
bei einer Belastung von 1000 g. und unter Verwendung eines CS 17
Reibrades entsprechend der Prüfnorm
EN 324 lag im Bereich von 100 – 200 mg/1000
Umdrehungen und war damit vergleichbar z. B. handelsüblichen
Parkettfußböden, die
mit petrochemisch basierten UV-Lacken beschichtet waren. Die chemische
Be ständigkeit,
gemessen als Anzahl der Doppelhübe
eines mit Aceton getränkten
Reibelementes auf dem Prüfling
bis zum Glanzverlust, lag weit über
200 Doppelhüben
und war damit besser als die vieler handelsüblichen Produkte.
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Beispiel 6
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67
% epoxidiertes Leinöl,
1,8 % handelsübliche
50 % Lösung
eines Triarylsulfoniumhexafluoroantimonates, 2 % Polyethylenwachs,
28 % Aluminiumhydroxid, 0,2 Silikonentschäumer und 1 % thermoplastischen Mikrosphären werden
in einem Dissolver vermischt und auf 40°C erwärmt. Diese Mischung wird wie
in Beispiel 1 und 2 auf ebenso erwärmtes Linoleum aufgetragen
in einer Schichtdicke von 15 – 20 μm und mit
2 × 120 W/cm
bei einer Bahngeschwindigkeit von 10 m/min ausgehärtet. Es
ergibt sich eine kratzfeste, gut haftende Beschichtung mit guter
mechanischer und chemischer Beständigkeit.