DE19911381A1 - Verfahren zum chemischen Entgraten - Google Patents

Verfahren zum chemischen Entgraten

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Abstract

Es wird ein Verfahren zum Behandeln von Werkstücken aus unlegiertem und/oder niedrig legiertem Stahl beschrieben, das der Feinentgratung und/oder Glättung von Kanten und Flächen dient. Zu diesem Zweck kommt als Bearbeitungswerkzeug ein chemisches und ohne Zufuhr elektrischer Energie wirksames wässeriges Wirkmedium im Tauchverfahren zur Anwendung. Das Verfahren umfaßt eine Reihe von Verfahrensschritten, die sich in Vorbehandlung, Entgraten und Polieren und Nachbehandlung unterteilen lassen. Das Verfahren ist geeignet, bspw. Bauteile mit Kreuzbohrungen zu entgraten.

Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Behandeln von Werk­ stücken aus unlegiertem und/oder niedrig legiertem Stahl zwecks Feinentgratung und/oder Glättung von Kanten und Flächen.
Eine derartige Behandlung ist aus dem praktischen Stand der Technik bekannt und erfolgt üblicherweise durch Anwendung verschiedener Verfahren wie Extrudhonen, elektrolytisch- chemisches Entgraten, bspw. Elektropolieren oder nach dem ECM-Verfahren, oder manuell auf mechanischem Wege. Diese Verfahren haben jedoch einige Nachteile.
So führt das Extrudhonen zwar zu einer guten Verrundung der Kanten, doch sind der maschinelle Aufwand und die erforder­ liche anschließende Reinigung sehr arbeitsintensiv. Auch das mechanische Entgraten erfordert einen hohen Personal­ aufwand und führt darüberhinaus häufig zu unbefriedigenden Ergebnissen. Das gilt auch für das ECM-Verfahren wegen des aufwendigen Kathodenabbaus bzw. der rauhen Oberfläche nach der Behandlung. Einen erheblichen Aufwand erfordert schließ­ lich auch das Elektropolieren, bei dem noch die geringe er­ zielbare Abtragsgeschwindigkeit sowie das sehr schwierige Handling nachteilig ins Gewicht fällt.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren an­ zugeben, das diese Nachteile beseitigt und gleichermaßen eine Entgratung und Verrundung der Kannten sowie eine Glät­ tung der Oberflächen mit geringem Aufwand und zuverlässigem Ergebnis ermöglicht.
Zur Lösung dieser Aufgabe führt die Anwendung des erfindungs­ gemäßen Verfahrens, bei dem als Bearbeitungswerkzeug ein chemisches und ohne Zufuhr elektrischer Energie wirksames wässeriges Wirkmedium im Tauchverfahren zum Einsatz kommt.
Die vorteilhafte Wirkung dieses Verfahrens besteht insbeson­ dere darin, daß sobald das zu bearbeitende Werkstück in das Bad getaucht ist, die Bearbeitung an allen benetzten Oberflä­ chen weitgehend unabhängig von der Größe und Form des Bau­ teils erfolgt. Dabei wird Werkstoff durch chemische Auflösung von der Oberfläche abgetragen, die dabei eingeebnet und ge­ glättet, d. h. poliert wird. Im Gegensatz zu mechanischen Schleif- und Polierverfahren beginnt die Einebnung im Mikro­ bereich und erfaßt erst mit zunehmender Behandlungsdauer auch größere Strukturen, die verrundet und an der Oberfläche geglättet werden. Dabei bleiben diese Strukturen jedoch in der Regel auch nach der Bearbeitung mikroskopisch als Wel­ ligkeit erhalten.
Bei Ecken und Kanten ist der Werstoffabtrag um ein Mehr­ faches verstärkt, was bewirkt, daß diese Bereiche bevorzugt abgebaut werden. Dabei werden Grate bis zu einigen Zehntel Millimeter Größe zuverlässig beseitigt. Der Werkstoffabtrag erfolgt ohne jede Belastung des Werkstücks und während der Bearbeitung wird an der Werkstückoberfläche nur Sauerstoff freigesetzt, so daß jegliche Gefahr einer Wasserstoffver­ sprödung zuverlässig ausscheidet. Aufgrund der Belastungs­ freiheit des Verfahrens können weiche und biegeempfindliche Teile gefahrlos bearbeitet werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren arbeitet in einem weiten Kon­ zentrationsbereich sehr gleichförmig, bewirkt eine lange Le­ bensdauer des Bades und ermöglicht zuverlässig reproduzier­ bar die Einhaltung enger Toleranzen.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist in weitem Bereich anwend­ bar und eignet sich insbesondere für folgende Aufgabenstel­ lungen:
Entgraten von Kanten und Flächen im gesamten Oberflächenbe­ reich, also auch an nur schwer zugänglichen Stellen wie im Inneren von Bohrungen und Durchbrüchen;
Beseitigung von Schuppen, Flittern, Überlappungen und Par­ tikeln von Oberflächen zur Schaffung partikelarmer Systeme und um die Verunreinigung von Betriebsmedien zu vermeiden;
Herstellung metallisch reiner Oberflächen;
Glättung der Oberflächen zur Verminderung von Reibung und Verschleiß;
Erhöhung der Dauerfestigkeit durch Beseitigung von lokalen Zugspannungen und Rißkeimen;
Vorbehandlung vor dem Beschichten, Galvanisieren und Email­ lieren zur Verbesserung von Schichthaftung und -aufbau so­ wie der Kantenüberdeckung;
Vorbehandlung vor PVD-, CVD- und Diffusionsverfahren;
Verbesserung der Löt- und Schweißbarkeit;
Verbesserung der Reinigungsfähigkeit;
Erzielung fadenfeiner Oberflächen bei Textilmaschinen.
Was die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren bearbeitbaren Werkstoffe betrifft, so sind Stähle bis zu einem Kohlen­ stoffgehalt von 1,3% geeignet. Zu beachten ist dabei, daß glänzende Oberflächen bis zu einem Kohlenstoffgehalt von ca. 0,4% erzielbar sind. Bei steigenden Kohlenstoffgehalten wird die Oberfläche nach der Bearbeitung immer dunkler und erscheint bei Kohlenstoffgehalten über 1% schließlich dun­ kelgrau bis schwarz. Die Ursache hierfür liegt in der gerin­ gen Löslichkeit von Kohlenstoff in dem Bad, wodurch sich beim Abbau des Eisens der darin enthaltene Kohlenstoff auf der Oberfläche anreichert. Dieser Kohlenstoffbelag läßt sich jedoch im Ultraschallbad zumindest teilweise wieder entfernen.
Aber auch bei höheren Kohlenstoffgehalten ist ein Entgraten noch in vielen Fällen ohne weiteres möglich. Selbst Werk­ stücke aus Stahlguß können mit gutem Ergebnis bearbeitet wer­ den. Gehalte an Chrom, Nickel und anderen metallischen Le­ gierungsbestandteilen beeinträchtigen die Wirkung des Ver­ fahrens praktisch nicht, wenn diese unter 1,2% und der Ge­ halt an Silizium unter 1% liegen.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird die oberste Werk­ stoffschicht abgetragen und das Werkstoffgefüge freigelegt. Die erzielbaren Polierergebnisse sind um so besser, je fein­ körniger und homogener das Gefüge ist. Nicht metallische Ein­ schlüsse wie Karbide, Nitride und Boride zeigen ein zum Grundwerkstoff unterschiedliches Abtragverhalten und be­ einträchtigen daher bei höherer Konzentration das erzielbare Ergebnis. Härteverfahren wie Einsatzhärten, Nitrieren und Borieren ziehen daher nur schlecht polierbare Oberflächen nach sich. Dagengen sind durch Gefügeumwandlung gehärtete oder vergütete Werkstoffe in der Regel gut bearbeitbar.
Um eine homogene Bearbeitung sicherzustellen, umfaßt das erfindungsgemäße Verfahren einen durch Abkochen, alkalische Ultraschallreinigung oder einen elektrolytischen Prozeß durchführbaren Entfettungsvorgang mit anschließender Spülung. Eine optimale Wirkung im Sinne einer hogenen Bearbeitung wird erreicht, wenn das wässerige Wirkmedium während des Behand­ lungsprozesses bspw. durch Umpumpen fließend gehalten und mit Ultraschall beaufschlagt wird.
Das erfindungsgemäße Verfahren wird nachstehend anhand eines beispielhaften Prozeßfolgeplans näher erläutert.
Wie aus diesem Plan hervorgeht erfolgt die Bearbeitung mit­ tels des erfindungsgemäßen Verfahrens in mehreren Stufen, die sich in - Vorbehandlung - Entgraten und Polieren - Nach­ behandlung - unterteilen lassen. Zwischen den einzelnen Bear­ beitungsschritten liegen jeweils sorgfältige Spülvorgänge, die eine Verschleppung der jeweiligen Prozeßmedien in die nächste Behandlungsstufe verhindern helfen, was andernfalls zu einer Schädigung der Bäder bis hin zur Unbrauchbarkeit führen kann.
Die Behandlung in den einzelnen Verfahrensstufen erfolgt zweckmäßigerweise in getrennten Tauchbädern, wobei Kleinteile als Schüttgut in Trommeln bearbeitet werden können, sofern sie nicht zum Verigeln oder gegenseitiger Beschädigung nei­ gen. Empfindliche und größere Teile können in Körben oder an individuellen Haltemitteln gehaltert bearbeitet werden. Durch lange Bohrungen kann die Badflüssigkeit durchgepumpt werden, während Drähte, Bänder und Ketten zweckmäßig im Durchzugverfahren behandelt werden können. Sehr große Teile können durch Berieseln bearbeitet werden.
Die Arbeitstemperatur des Bades liegt im Bereich von 20°C +/- 2°C. Da die Reaktionen während der Bearbeitung exotherm verlaufen, steigt dabei die Badtemperatur an. Bei höherer Belastung des Bades ist daher eine ausreichend dimensionier­ te Kühlung erforderlich. Sollte die Temperatur des Bades in Arbeitspausen zu tief abgesunken sein, kann das Bad durch Bearbeiten von Schrottmaterial erwärmt werden. Eine direkte Erwärmung durch Tauchheizkörper ist nicht zulässig, da durch die hohe Oberflächentemperatur der Heizkörper die Bad­ flüssigkeit lokal erhitzt und irreversibel geschädigt wird. Sollte ein Aufheizen erforderlich sein, so kann dies durch Beschicken des Kühlkreislaufes mit Warmwasser von ca. 50°C geschehen. Badtemperaturen über 25°C und unter 15°C führen zur Verschlechterung der Bearbeitungsergebnisse. So bewirkt zu hohe Badtemperatur: vermehrten Sauerstoffverlust im Bad, eine Zunahme der Abtraggeschwindigkeit und eine verminderte Entgratungswirkung. Zu niedrige Badtemperatur bewirkt: eine Abnahme des Glanzgrades, eine verringerte Abtraggeschwin­ digkeit und eine verringerte Entgratungswirkung.
Bei korrekter Arbeitstemperatur kann bei unlegiertem und un­ gehärtetem Stahl bei Standardeinstellung des Bades und bei normaler Badbewegung als Richtwert eine Abtragsrate von 0,8 µm/min erwartet werden. Bei höheren Legierungsgehalten und größerer Härte der Werkstoffe sowie geringerer Badkon­ zentrarion können die Abtragsraten erheblich niedriger sein.
Die Behandlungszeit hängt von dem geforderten Ergebnis und dem Ausgangszustand der Oberfläche ab. In der Regel liegen die Bearbeitungszeiten zwischen einer und fünfzehn Minuten. Sollten Bearbeitungszeiten deutlich unter einer Minute er­ forderlich sein, ist es im Sinne der Kontrollierbarkeit bes­ ser, das Bad stärker zu verdünnen und die Abtraggeschwin­ digkeit auf das o. g. Niveau zu senken. Bei längeren Behand­ lungszeiten wegen notwendiger hoher Abtragsraten ist es mitunter vorteilhaft, zwischendurch zu spülen. Dies insbe­ sondere, um bei Legierungen mit höherem Kohlenstoff- oder Siliziumgehalt die sich auf den Oberflächen bildenden Beläge zu entfernen und ein gleichmäßiges Bearbeitungsergebnis zu sichern.

Claims (7)

1. Verfahren zum Behandeln von Werkstücken aus unlegiertem und/oder niedrig legiertem Stahl zwecks Feinentgratung und/oder Glättung von Kanten und Flächen, wobei als Bearbeitungs­ werkzeug ein chemisches und ohne Zufuhr elektrischer Ener­ gie wirksames wässeriges Wirkmedium im Tauchverfahren zur Anwendung kommt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, umfassend die der Behandlung vorausgehenden Verfahrensschritte Entfetten und Beizen und/oder Entzundern und/oder Entrosten.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeich­ net, daß das Entfetten durch Abkochen, alkalische Ultra­ schall-Reinigung oder durch elektrolytische Verfahren erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekenn­ zeichnet, daß jedem Verfahrensschritt ein Spülvor­ gang folgt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch ge­ kennzeichnet, daß es zum Entgraten von bspw. Kreuzbohrungen in Verteilern, sogenannten Rails zur Anwendung kommt.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch ge­ kennzeichnet, daß das wässerige Wirkmedium wäh­ rend des Behandlungsprozesses bspw. durch Umpumpen fließend gehalten wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch ge­ kennzeichnet, daß das wässerige Wirkmedium wäh­ rend des Behandlungsprozesses mit Ultraschall beschallt wird.
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