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Die chemische Technik, die Energiewirtschaft und das Transportwesen
fordern Baustähle, die hohe Streckgrenze, auch in der Wärme; mit guter Kaltzähigkeit
und angemessener Schweißeignung kalt umgeformter Bauteile verbinden. Die bekannten
niedriglegierten Baustähle besitzen diese Kombination von Eigenschaften üblicherweise
nicht. Man kann zwar durch einen hohen Gehalt an Kohlenstoff oder durch Zusatz von
Legierungselementen sowie durch geeignete Wärmebehandlung hohe Festigkeiten und
Streckgrenzen erzielen, handelt aber dafür bei höherem Kohlenstoffgehalt schlechte
Zähigkeitseigenschaften und in jedem Fall Schwierigkeiten beim Schweißen ein. Bei
vergüteten Stählen .tritt vielfach eine Erschwerung des Schweißens auf, einmal wegen
Gefährdung der Vergütungseigenschaften in der wärmebeeinflußten Zone neben der Schweißnaht
infolge Temperaturerhöhung, zum anderen wegen der Spannungsspitzen, die sich in
der Schweißnahtübergangszone als Auswirkung des Gehaltes an die Härtbarkeit erhöhenden
Elementen - die ein Vergütungsstahl braucht - ausbilden. Die gleiche Gefahr von
Aufhärtungserscheinungen in der Schweißnaht benachbarten Zonen findet man bei Stählen,
die hohen C-Gehalt oder Anteile an bestimmten karbidbildenden Elementen enthalten,
und zwar auch beim Schweißen von normal geglühtem Walzmaterial. - Diese Nachteile
gelten insbesondere für den aus der USA.-Patentschrift 2 853 379 bekannten Stahl.
Dieser Stahl besitzt 0,08 bis 0,30% C, 0,03 bis 0,I0% Al, 0,9 bis 1,40% Mn; 0,1
bis 0,30/0 Mo, 1,25 bis 1,7% Ni, . . 0;15 bis 0,35"/o Si, 0,005 bis 0;050% Ti, 0,05
bis 0,13% V.
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Hier sind V und Ti notwendige Legierungselemente, um nach beschleunigter
Abkühlung hohe Festigkeitswerte zu erhalten.
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Im übrigen ist aus der französischen Patentschrift 759 876 ein Baustahl
bekannt, der <0,080/0 C, 0,5 bis 1,0% Mn, weniger als 0,20% Si, weniger als 0;050%
P, weniger als 0,0250% S, 2,5 bis 3,50% Ni, 0,3 bis 0,90/0 Cu, 0,15 bis 0,35"/o
Mo, 0,02 bis 0,05110 Al, 0,02 bis 0,060% Ti enthält. Dieser Stahl soll eine Wärmebehandlung
durch Abkühlen an ruhender Luft und durch Vergüten bei 650`C erfahren. - Das ist
eine Nickel-Kupfer-Molybdän-Stahllegierung. Von solchen ist bekannt, daß sie im
luftvergüteten Zustand hohe Streckgrenzenwerte bringen. Wesentliche Komponente ist
hierbei jedoch das Kupfer. Auch erreicht der bekannte Stahl eine Streckgrenze bis
55 kg/mm-' nur durch den angegebenen unwirtschaftlich hohen Gehalt an Ni. Die vergleichbare
Mindeststreckgrenze liegt bei 42 kg/mmz. Die Schweißeigenschaften dieses Stahls
sind der Kritik offen, da die Schweißverbindung wesentlich geringere Streckgrenzen
als der Gruhdwerkstoff besitzt. Demgegenüber liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde,
einen niedriglegierten Baustahl zu schaffen, der sich durch hohe Streckgrenzen,
auch in der Wärme, gute Zähigkeit in der Kälte sowie nach Kaltverformung und insbesondere
durch einwandfreies Schweißverhalten auszeichnet.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines schweißbaren
niedriglegierten Baustahls mit hoher Streckgrenze; auch in der Wärme, und guter
Zähigkeit in der Kälte sowie nach Kaltverformung. Sie besteht darin, daß der Stahl
aus 0,170/0 C, 0;45% Si, 1,530/" Mn, 0,026% P, 0',0180/0 S, 0,0470/n Al, 1,42% Ni,
0,2,40/u Mo, 0,06% Cr, 0,07"/0 Cu, 0,01 ()/o Ti, 0;02% V, Rest Eisen zusammengesetzt
ist und von der Normalglühtem= peratur im Bereich zwischen 820 und 950`C mit mindestens
20" C/min auf etwa 600 ' C und anschließend an ruhender Luft bis unter 200°C abgekühlt
und danach im Temperaturbereich von 500 bis 600"C, vorzugsweise zwischen 540 und
580"C, erwärmt wird, wobei die Haltezeit mindestens 20 Minuten betragen muß, aber
mehrere Stunden betragen kann. Es ist möglich, daß der Stahl zusätzlich 0,05 bis
0;40% Cr aufweist. Das macht den Stahl auch unempfindlich gegen Chrom aus legiertem
Schrott.
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Uberraschenderweise zeigt der Stahl der angegebenen Zusammensetzung
die eingangs besprochenen Schwierigkeiten beim Schweißen nicht, sondern besitzt
er vielmehr die verlangte Kombination von Eigenschaften, wenn er der beschriebenen
Wärmebehandlung unterworfen wird: Eine günstige Temperatur liegt dabei für die letzte
Erwärmungsstufe zwischen 540 und 580"C, wobei, wie erwähnt, die Haltezeit auf dieser
Temperatur mindestens 20 Minuten betragen muß, jedoch, wenn es die Verarbeitung
erfordert, auf mehrere Stunden ausgedehnt werden kann, ohne daß die erreichten Eigenschaften
beeinträchtigt werden. Es kann im Gegenteil bei besonders hohen Anforderungen an
die Zähigkeit sogar von Vorteil sein, den Anlaßprozeß auszudehnen. Als zusätzliche
Vorteile gegenüber einer Wasser- oder Glabschreckung sind zu nennen, daß im Zuge
der Wärmebehandlung des Stahles keine besonderen Investitionen erforderlich sind,
da man ohne Abschreckvorrichtung arbeiten kann. Weiterhin ist vorteilhaft, daß -kein
starker Verzug des Walzgutes eintritt. - Die Legierungselemente sind in dem Stahl
so abgestimmt, daß man bei geringen Kohlenstoffgehalten Festigkeitseigenschaften
erzielt, wie sie sonst üblicherweise nur durch den Zusatz starker Sonderkarbidbildner,
wie Titan, Zirkonium, Vanadium, Niobium, Tantal, Bor oder durch die obene rwi *ihnte
Vergütung über Ul- bzw. Wasserabschrekkung erreicht werden kann. Das Vorhandensein
von Aluminium in den genannten Grenzen unterstützt bekanntlich die Ausbildung feinkörnigen
Gefüges,
welches eine Voraussetzung für hohe Kaltzähigkeit und Alterungsbeständigkeit
ist, hat jedoch in der erfindungsgemäßen Zusammensetzung und Wärmebehandlung überraschenderweise
nicht die sonst beobachtete Wirkung, die Warmstreckgrenze herabzusetzen. Der erfindungsgemäße
Baustahl wird hauptsächlich im Stahlhochbau, Kesselbau, Druckgefäßbau, Hochdruckleitungsbau,
Fahrzeugbau, Maschinenbau und Apparatebau verwendet. Er kann alle Stähle gleicher
Festigkeitsstufe - gleichgültig, ob diese im vergüteten oder normalgeglühten Zustand
angewendet werden - ersetzen. Gegenüber herkömmlichen Baustählen geringerer Festigkeit
kann nach den Grundsätzen des Leichtbaus konstruiert werden, d. h., man kann bei
gleicher Stabilität des Bauwerks die Wanddicken reduzieren bzw. bei konstant gehaltener
Dicke die Belastbarkeit steigern. Im Transportwesen wird dadurch das Verhältnis
Leergewicht/Nutzlast wesentlich verbessert.
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Im folgenden werden die Erfindung und die durch die Erfindung erreichten
Vorteile an Hand eines Beispiels erläutert.
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Beispiel Stahl der Zusammensetzung 0,17% C, 0,45°/o si, 1,53"/o Mn,
0,026% P, 0,018% S, 0,0470% Al, 1,42% Ni, 0,24% Mo, 0,06% Cr, 0,07% Cu, 0,01% Ti,
0,02% V, Rest Eisen wurde bei 840' C geglüht, an Luft mit etwa 30"C/min abgekühlt
und anschließend auf 550"C erwärmt. Ein 30 mm dickes Blech zeigt die in Tabelle
1 aufgeführten Eigenschaften: " Tabelle 1 Streckgrenze . . . . . . . . . . . . .
. . . . . 53,8 kg/MM2 Zugfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70,3 kg/mm2
Streckgrenzenverhältnis . .. . .. .. . 770% Dehnung ..................... 20% Warmstreckgrenze
«h,,2) 200" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45,6 kg/mm'@ 300" .......................
44,4 kg/MM2 400" ....................... 42,3 kg/mm'2 Kerbschlagzähigkeit (DVM-Probe):
1/2 Stunde 2 Stunden |
geglüht . geglüht |
kgm/cmZ kgm/cmZ |
Ungealtert: |
+20 " ................. 10,8 11,5 |
-20 " ................ 8,9 9,8 |
-60" ................. 7,6 8,4 |
-100" . . . . . . . . . . . . . . . . 1,5 4,3 |
Gealtert |
±0" .................. 5,4 5,9 |
-20" ................. 3,8 4,9 |
Aufschweißbiegeversuch
Probenlage 1. Anriß Bruch Bruchaussehen |
Längs ohne ohne - |
Quer 53° 92° Verfor- |
mungs- |
bruch |
Eine Ausdehnung des Glühprozesses auf 4 Stunden erniedrigt die Streckgrenze nur
um etwa 1 kg/mm2, dagegen bringt sie eine weitere Verbesserung der Zähigkeitseigenschaften.
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Die erfindungsgemäße Kombination von Stahlzusammensetzung und Wärmebehandlung
ergibt einen Werkstoff, der hohe Belastbarkeit mit ausgezeichneter Kaltzähigkeit
und Alterungsbeständigkeit verbindet. Für die Verwendung bei hohen Temperaturen
ist es wichtig, daß die Streckgrenze bis zu 400°C nur wenig absinkt. Das gleichzeitige
Vorhandensein der drei genannten Eigenschaften Kaltzähigkeit, Alterungsbeständigkeit
und Warmfestigkeit gestattet dem Verarbeiter eine Anpassung seiner Arbeitsbedingungen
an die technisch und wirtschaftlich günstigsten Verhältnisse und gibt dem Benutzer
die Möglichkeit zur Verwendung des Bauwerkes in der Wärme und in der Kälte. Sofern
bei Vorwärmen oder Spannungsfreiglühen eine Temperatur bis zur Höhe der Anlaßtemperatur
auftritt, hat auch langzeitiges Halten auf dieser Temperatur keinen nachteiligen
Einfluß auf die Eigenschaften. Das gleiche gilt auch für warmgehende Behälter, bei
denen auch hohe Betriebstemperaturen die Beschaffenheit des Werkstoffes nicht beeinträchtigen.
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Wird der Stahl einer üblichen Normalglühung an Stelle der im Rahmen
der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung unterworfen, so werden wesentlich weniger
günstige Eigenschaften, insbesondere keine gute Kaltzähigkeit und Alterungsbeständigkeit,
erhalten. Die wichtigsten Prüfwerte sind in Tabelle 2 aufgeführt: ' Tabelle 2 Streckgrenze
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 49,9 kg/MM2 Zugfestigkeit . . . . . . . . .
. . . . . . . . . 85,7 kg/MM2 Dehnung (ö5) . . . . . . .. . . . . . .. . . . 16%
Kerbschlagzähigkeit (DVM-Probe): ungealtert +20° . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . 5,9 kgm/cm2 -60° , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,4 kgm/cm2
gealtert +0" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,6 kgm/cm2 Aufschweißbiegeversuch
Probenlage 1: Anriß Bruch Bruchaussehen |
Quer ohne 33° Trennbruch |
Das Zusammenwirken von Stahlzusammensetzung und Wärmebehandlung führt also zu außergewöhnlichen
Vorteilen - speziell auf dem Gebiet äer Sprödbruchunempfindlichkeit. Besonders deutlich
wird
dies durch die Ergebnisse des Aufschweißbiegeversuches demonstriert.
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Die Eignung des Stahles zu einwandfreier Sehweißung wurde bereits
hervorgehoben. In Tabelle 3 sind Meßergebnisse an einer mit handelsüblichen Mo-legierten_
kalkbasischen Elektroden hergestellten Verbindungsschweißung aufgeführt.
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Tabelle 3 Kerbschlagzähigkeit (DVM-Probe): -60' Raupe .....
.. .. ........ 8,3 kgm/cmz Wurzel . . . . . . . . . . . . . . . . . 6,7 kgm/cm'
Hbergang . ...... ... . .. .. 7,1 kgm/cmz Die Zugfestigkeit der - Schweißverbindung
liegt geringfügig über derjenigen des Grundwerkstoffes.