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Vorrichtung zur Regelung eines auf einem Schiff angeordneten flüssigkeitsgekühlten
Kernreaktors Die Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung zur Regelung eines
auf einem Schiff angeordneten flüssigkeitsgekühlten Kernreaktors, welche die Auswirkungen
der Schiffsbewegungen auf die Reaktivität infolge der durch die auftretenden Beschleunigungen
bewirkten Änderung der Dichte und Dichteverteilung des Kühlmittels im Kern durch
Veränderung des Kühlmitteldurchsatzes kompensiert.
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Die Erfindung beruht auf der weiteren Erkenntnis, daß diese Änderungen
der Dichte und Dichteverteilung, abgesehen von Sekundäreffekten und Rückkupplung,
durch mehrere rein hydrodynamische Effekte verursacht werden, die sich teils mit
Schallgeschwindigkeit, teils mit Verzögerungen einstellen und die in der Größenordnung
der Kerndurchströmungszeiten liegen. Diese unbeeinflußbaren hydrodynamischen Effekte
hängen hauptsächlich von der Erdbeschleunigung bzw. der Erdbeschleunigungsänderung
im Bereich des den Kern durchströmenden Primärkreislaufes ab. Insbesondere sind
die Erdbeschleunigungsänderungen in Richtung der Kerndurchströmung zu berücksichtigen;
es kann jedoch auch die Erfassung von zur Hauptdurchströmungsrichtung in Querrichtungen
verlaufenden Komponenten der Erdbeschleunigungsänderung von Bedeutung sein, sowie
die Änderung der statischen Druckdifferenz im Primärkreislauf.
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Es ist an sich bekannt, die Auswirkungen der Schiffsbewegungen auf
die Reaktivität infolge der durch die auftretenden Beschleunigungen bewirkten Änderung
der Dichte und Dichteverteilung der Moderatorflüssigkeit in der Moderatorzone durch
Beeinflussung der dem Reaktor zugeführten Moderatorflüssigkeitsmenge zu kompensieren.
Dabei kann bekanntlich ein Teil der umlaufenden Flüssigkeit mit einer in Abhängigkeit
von den im Reaktor auftretenden Beschleunigungen geregelten Fördermenge wiederum
der Moderatorzone zugeführt werden.
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Die bekannte Lösung besteht darin, daß die Regelung der wieder zugeführten
Fördermenge mit Hilfe einer unter der Wirkung der auftretenden Beschleunigungen
verlagerbaren Masse einer Kompensationsvorrichtung mechanisch erfolgt, wobei die
Verlagerung der Masse als Regelgröße benutzt wird, um eine Stellgröße des Durchtrittsquerschnitts
für die der Moderatorzone wieder zugeführte Flüssigkeitsmenge so zu verändern, daß
bei einer durch die Beschleunigung bewirkten Dichteerhöhung der Moderatorflüssigkeit
in der Moderatorzone die Fördermenge verringert, d. h. der Durchtrittsquerschnitt
verkleinert wird, hingegen bei einer Verringerung der Dichte infolge einer Beschleunigung
die Fördermenge durch die Vergrößerung des Durchtrittsquerschnitts erhöht wird.
Die hierbei übliche Kompensationsverringerung bildet einen Teil oder Abschnitt des
Umleitungssystems der Moderatorflüssigkeit.
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Es ist jedoch bei der bekannten Kompensationsvorrichtung von Nachteil,
daß sie infolge der ihr eigentümlichen Massenträgheiten eine völlige Kompensation
der im übrigen nicht nur vertikal auftretenden Beschleunigungen nicht zuläßt, verhältnismäßig
lange Regelzeiten besitzt und wegen ihres vorhandenen erheblichen mechanischen Aufwandes
im Primärkreislauf zwangläufig die mechanische Störanfälligkeit erhöhen muß.
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Ausgehend von diesen Erkentnissen fußt die Erfindung auf dem bekannten
Gedanken, die Auswirkungen der Schiffsbewegungen auf die Reaktivität infolge der
durch die auftretenden Beschleunigungen bewirkten Änderung der Dichte und Dichteverteilung
des Kühlmittels im Kern durch Beeinflussung des Kühlmitteldurchsatzes im Kern in
Abhängigkeit von den Gravitationsänderungen im Bereich des den Kern durchströmenden
Primärkreislaufes zu kompensieren. Die Größenordnungen der Durchsatzänderung belaufen
sich auf 1 bis 10% des Gesamtdurchsatzes. Eine Kompensation dieser Auswirkungen
der Schiffsbewegungen wird nach der Erfindung dadurch bewirkt, daß die Verstellantriebe
von der Veränderung des Durchtrittsquerschnitts dienenden Ventilen im Kühlkreislauf
oder des Kühlmitteldurchsatzes dienenden Pumpen in Abhängigkeit von einem Regelbefehl
gesteuert werden, der auf Grund des Meßergebenisses eines oder mehrerer Beschleunigungsmesser
auf dem Schiff unter Berücksichtigung der momentanen Betriebsdaten des Reaktors
in einem Rechner ermittelt wird.
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Die auf diese Weise ausgelöste Durchsatzänderung im Reaktorkern stellt
sich mit Schallgeschwindigkeit
ein und wird praktisch ebenso schnell
wirksam wie der unbeeinflußbare hydrodynamische Effekt, der die Reaktivitätsänderung
verursacht. Die praktisch auftretenden Verzögerungen einschließlich der Ventilstellzeiten
liegen in der Größenordnung von etwa 1. bis 2 Sekunden und sind daher klein gegenüber
den Perioden der Schiffsbewegung, die etwa in der Größenordnung von 10 Sekunden
angenommen werden können. Berücksichtigt man noch, daß sich infolge der Schiffsgröße
und Schiffsträgheit die Erdbeschleunigung kontinuierlich und nicht unstetig ändert,
so ist einzusehen, daß der beeinflußbare hydrodynamische Effekt, nämlich die gewünschte
Durchsatzänderung rechtzeitig eintritt, um die Auswirkungen der zu kompensierenden
hydrodynamischen Effekte auf die Reaktivität des Reaktors zu unterbinden.
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Es kann grundsätzlich erreicht werden, daß die Reaktivitätsänderungen
innerhalb solcher Grenzen gehalten werden kann, daß der stationäre Leistungsbetrieb
der Reaktoranlage bei starkem Seegang unter voller Wahrung der Betriebssicherheit
aufrechterhalten werden kann, ohne daß eine Benutzung derjenigen Regelorgane erforderlich
ist, die für den Eintritt von Störungen, Unfällen, Leistungsänderungen oder für
das Abschalten und Anfahren oder für die Langzeitregelung (Abbrand) vorgesehen sind.
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Die Bemessung des Ventil- bzw. Pumpenregelbereichs, das Abhängigkeitsverhältnis
zwischen Stellgröße und Impulsgröße sowie die Bemessung des Umfanges der zu berücksichtigenden
Betriebsdaten hängen von den jeweiligen Betriebsbedingungen ab. In der Regel dürfte
es bei der Programmierung genügen, bei einem bestimmten Betriebszustand nur die
Änderung der Haupteinflußgröße, die Gravitationsänderungen zu berücksichtigen. In
einzelnen Fällen könnte es jedoch auch vorteilhaft sein, während des stationären
Leistungsbetriebes kleinere Korrekturen über die Betriebsgröße anzubringen. Beispielsweise
kann man Meßwerte kleiner Schwankungen des Neutronenflusses im Reaktorkern in der
Weise zu dem Rechner schalten, daß die Ventil- bzw. Pumpenverstellung und damit
die Durchsatzänderung, die zu einer bestimmten Schiffsbewegung. gehört, verändert
wird, wenn die Reaktivitätsschwankungen noch zu groß sind. Gegenüber den bisherigen
Lösungen zur Kompensation der durch Schiffsbewegungen bewirkten Reaktivitätsänderungen
infolge der durch die auftretenden Beschleunigungen bewirkten Änderung der Dichte
und Dichteverteilung der Moderatorflüssigkeit wird nunmehr, insbesondere z. B. bei
Reaktoren hoher Seegangsempfindlichkeit bei Siedewasserreaktoren mit Direktzyklus
der Durchsatz im Reaktorkern geändert, und Sekundäreffekte wie noch vorhandene Reaktivitätssch:wankungen
können zu nachträglichen Korrekturen der Kompensationswirkung, d. h. des Verhältnisses
sowie der zeitlichen Zuordnung von Regel- zu Stellgröße ausgenutzt werden. Dabei
wird eine gleichbleibende gute Glättung von Reaktivitätsschwankungen bei unterschiedlichem
Seegang erreicht, was sich vorteilhaft für die Stabilität des Reaktors und seine
Betriebssicherheit auswirkt. Zudem verringert sich durch den geringen mechanischen
Aufwand die mechanische Störanfälligkeit des Systems, insbesondere jedoch verkürzen
sich die Regelzeiten und gestatten damit eine wirkungsvollere Kompensation.