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Sicherheitseinrichtung für die Gebäude von Leistungskernreaktoren
Im Interesse der öffentlichen Sicherheit ist es notwendig, Reaktoren größerer Leistung
vor allem dann, wenn sie in ihrem System große Energiemengen gespeichert halten,
mit einer dichten Hülle zu umgeben, die den Austritt von Radioaktivität auch im
Fall der schwersten Katastrophe verhindert.
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Diese Forderung bekommt für Leistungsreaktoren mit Wasser als Kühlmittel
erhöhte Bedeutung, weil dort die Energiespeicherung besonders groß ist. Bisher wurde
die Lösung dieses Problems in einem dichten und druckfesten Behälter gesehen, der
den Reaktor und die Primäranlagen umgibt und so konstruiert ist, daß er den Druck
aushält, der sich aufbaut, wenn die gesamte im System gespeicherte und möglicherweise
noch während der Katastrophe erzeugte Energie freigesetzt wird. Dieser Grundsatz
führt zu Behältern von 20 bis 40 m Durchmesser für Drücke von 4 bis 7 atü, was etwa
den Abmessungen heutiger Druckgasspeicherbehälter gleichkommt und grundsätzlich
beherrscht werden kann. Allerdings ist dabei zu bedenken, daß eine große Zahl von
Schleusen, Rohr- und Kabeldurchbrüchen das Problem bedeutend erschwert. Hinzu kommt
noch, daß gleichzeitig mit der höchsten Druckbeanspruchung eine erhöhte Temperatur
auftritt, deren Verteilung auf die verschiedenen Gebäude- und Behälterteile im allgemeinen
sehr ungleich sein wird.
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Zwar wird man in allen Fällen erwarten dürfen, daß die Stahlhülle
standhält, aber im Innern derselben werden durch Druck und Temperatur Zerstörungen
großen Ausmaßes an Gebäude und Anlagenteilen unvermeidlich sein. Das Ziel der weiteren
Entwicklung ging und geht daher dahin, nicht nur die Umgebung vor Schäden zu schützen,
sondern auch die Zerstörungen der Anlage selbst so gut wie möglich zu verhüten.
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Auf Grund dieser Überlegungen wurde schon vorgeschlagen, den bei einem
Schadensfall austretenden Wasserdampf in einen außerhalb des Reaktors stehenden
Druckbehälter unter Wasser einzuleiten. Diese Lösung hat jedoch folgenden Nachteil:
Beim Ausströmen des Dampfes aus der Bruchstelle im Reaktorraum ist mit einer intensiven
Verwirbelung zu rechnen, so daß der in den Druckbehälter strömende Dampf die im
Reaktorraum vorhandene Luft teilweise mitführt. Diese Luft sammelt sich über dem
Wasser und komprimiert so das über dem Wasserspiegel befindliche Luftpolster. Die
sich im Reaktorgebäude ergebende Druckspitze setzt sich somit aus dem Luftdruck
in dem besonderen Druckbehälter über dem Wasser, dem Wasserdruck und dem Druckverlust
im Überströmkanal zusammen. Es ist also immerhin noch mit einer, wenn auch verringerten,
aber doch beträchtlichen Druckspitze zu rechnen. Nachteilig ist außerdem der große
zusätzliche Druckbehälter.
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Es sind außerdem in Ausgleichsleitungen eingebaute Kondensationseinrichtungen
bekanntgeworden. Neben ihrer räumlich sehr beschränkten Kondensationsfläche erhöhen
diese aber den Strömungswiderstand dieser Leitungen, so daß unter Umständen mit
dem Entstehen unzulässig hoher Druckspitzen im Reaktorgebäude gerechnet werden muß.
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Die bei diesem Stand der Technik gegebenen Nachteile werden durch
die vorliegende Erfindung wesentlich verringert. Sie bezieht sich auf eine Sicherheitseinrichtung
für das Gebäude von Leistungsreaktoren mit großer Energiespeicherung in den Kühl-
und Arbeitsmitteln auf der Grundlage der Kondensation des im Schadensfalle austretenden
Wasserdampfes, bei der außerhalb des eigentlichen Reaktorgebäudes eine mit diesem
durch eine oder mehrere Leitungen sehr großen Querschnitts verbundene Kondensationseinrichtung
sowie ein aus einer Wasserabdichtung aufschwimmbarer, gasdichter und oben geschlossener
Metallzylinder nach Art einer Gasbehälterglocke angeordnet sind. Erfindungsgemäß
enthält diese Gasbehälterglocke unter ihrer Dachwölbung einen mit dem Glockeninnenraum
in Druckausgleich stehenden wassergefüllten Behälter mit einem nach Art eines Sprühsiebes
durchbrochenen Boden, und die Verbindungsleitungen münden in den luftgefüllten Dom
einer innerhalb der Glocke unterhalb des Spiegels des Dichtungswassers und des sprühsiebartigen
Bodens fest eingebauten siebartig durchbrochenen Dampfverteilungsglocke ein. Eine
derartige
Sicherheitseinrichtung ist in der Figur schematisch dargestellt: Diese Figur stellt
einen Querschnitt durch das eigentliche Reaktorgebäude und die seitlich davon befindliche
Kondensationseinrichtung dar, wobei aus Gründen der Übersichtlichkeit auf die Darstellung
untergeordneter Details verzichtet wurde. Der eigentliche Reaktor ist mit 1 bezeichnet,
dieser befindet sich innerhalb eines Betongebäudes 2, das von einer zylindrischen
Stahlhülle 3 umgeben ist. Diese ist zur Verankerung auch unter dem Boden des eigentlichen
Reaktorgebäudes durchgezogen und oben mit einer abnehmbaren Kuppel 4 abgeschlossen.
Letztere kann durch eine nicht dargestellte Krananlage für Montagezwecke abgenommen
werden. Die Anlagenräume 10 innerhalb des Reaktorgebäudes 2 sind miteinander und
mit dem eigentlichen Reaktorraum 6 durch Druckausgleichsöffnungen, die mit Platzmembranen
9 verschlossen sind, verbunden. Unter der abnehmbaren Kuppel ist für Montagezwecke
sowie zur Umsetzung der Lademaschine ein Laufkran 5 vorgesehen.
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Im untersten Teil des Reaktorgebäudes befindet sich ein ringförmiger
Sammelraum 8, der ebenfalls mit den Anlagenräumen 10 über Druckausgleichsleitungen
wie z. B. die Leitung 91 in Verbindung steht, wobei wiederum Platzmembranen 9 für
einen Abschluß während des normalen Betriebes sorgen. Im eigentlichen Reaktorraum
6 ist über dem Reaktor die Lademaschine 7 schematisch angedeutet. Der ringförmige
Sammelkanal 8 ist durch mehrere Leitungen großen Querschnitts 11 mit dem Kondensationsgebäude
neben dem eigentlichen Reaktorgebäude verbunden. Dieses Kondensationsgebäude besteht
aus einem Betonzylinder 13, der zum Teil mit Wasser gefüllt und mit einer Stahlkuppel132
dicht abgeschlossen ist.
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Unterhalb des Wasserspiegels befindet sich eine Dampfverteilereinrichiung
in Form einer siebartig durchlöcherten Glocke 16, die eine luftgefüllte domartige
Erhebung 17 aufweist. In diesen Luftraum münden die überströmleitungen 11. Weiterhin
befindet sich im Normalfall innerhalb des Betonzylinders 13 eine Art Gasometerglocke
14, die an Schienen 131 über Rollen 15, ähnlich wie bei einem normalen Gasometer
geführt ist. Unter der Kuppel dieser Glocke 14 befindet sich ein Behälter
19, der mit einem sprühsiebartig durchbrochenen Boden 191 versehen ist. Im abgesunkenen
Zustand, also dem Normalzustand, ist die Glocke 14 nahezu ganz in das Wasser
eingetaucht und damit auch der Raum 19 nahezu ganz mit Wasser gefüllt. Der Luftraum
oberhalb des Wasserspiegels innerhalb des Behälters 19 ist durch eine Entlüftungsleitung
12 mit den überströmleitungen 11 verbunden, während der Behälter 19 durch eine teleskopartig
ausziehbare Leitung 181 mit der Wasserpumpe 18 verbunden ist. Der Betonzylinder
13, der zur Abschirmung dient, ist oben gasdicht mit einem gewölbten Stahldeckel
versehen, der eine steuerbare Be- und Entlüftungseinrichtung 20 enthält.
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Die Wirkungsweise dieser Einrichtung beim Auftreten eines Reaktordefekts,
also beim Austreten von dampfförmigen Kühl- oder Arbeitsmitteln ist etwa folgende:
Zunächst wird in demjenigen Anlagenraum, in dem sich die Schadensstelle befindet,
eine starke Druckerhöhung bemerkbar, dadurch werden nach und nach im gesamten Reaktorgebäude
die Platzmembranen 9 reißen und praktisch für einen sofortigen Druckausgleich sorgen,
noch bevor sich irgendwo ein schädlicher Druck aufgebaut haben kann. Die Festigkeit
der Platzmembranen ist zu diesem Zweck s6 eingestellt, daß bereits ein Druckanstieg
von wenigen Zehntel atü für das Reißen derselben genügt. Die großen Mengen des ausströmenden
Dampfes, vermischt mit der Luft des Reaktorgebäudes, strömen nun über den Ringkanal
8 in die überströmleitungen 11 und in den Dom 17 der Verteilerglocke 16.
Durch die Bohrungen dieses Dampfverteilers 16 perlt das Luftdampfgemisch durch die
Wasserschicht nach oben, wobei der Wasserdampf praktisch vollkommen kondensiert.
Die mitgerissene Luft aus dem Reaktorgebäude sammelt sich oberhalb des Wasserspiegels
in der Gasometerglocke und hebt diese hoch. Dabei beginnt sich der wassergefüllte
Behälter 19 über die Sprühöffnungen in seinem Bodenblech 191 zu entleeren. Dadurch
wird eventuell noch nicht restlos kondensierter Dampf vollständig kondensiert und
die heiße Luft sehr stark abgekühlt, so daß das Luftvolumen innerhalb der Glocke
verhältnismäßig klein gehalten wird. Der Wasserstand des oberen Behälters wird weitgehend
durch die fest eingebaute Pumpe 18 ergänzt. Diese spricht an, sobald sich die Glocke
anhebt. Beim Hochsteigen der Glocke wird die verdrängte Luft, die noch frei von
Reaktivität ist, durch eine Öffnung 20, die nachher beim Sinken der Glocke verschlossen
wird, ins Freie abgeblasen. Sobald die Glocke ihre oberste Stellung erreicht hat,
wird ihr unterer Rand gegen einen Anschlagring 21 gedrückt, so daß dadurch eine
Abdichtung erfolgt. Beim Absinken der Glocke wird der frei werdende Raum durch eine
Rückschlagklappe 20 von außen belüftet.
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Zur Vermeidung eines Unterdruckes im Reaktorgebäude selbst wird die
in die gasometerartige Kondensationseinrichtung mitgerissene Luft durch die Entlüftungsleitung
12 wieder zurückgeführt. Nebenbei sei noch erwähnt, daß die Hauptdampfleitungen
durch Rückschlagklappen (nicht dargestellt) gegen das Einströmen des leichten Wassers
in das Reaktorgebäude gesichert sind.
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Diese Einrichtung läßt sich damit etwa durch folgende Vorteile charakterisieren:
1. Das eigentliche Reaktorgebäude wird verhältnismäßig klein, seine Größe wird lediglich
durch die Reaktoranlage selbst und die erforderliche Bedienungseinrichtung wie z.
B. die Krananlage 5 bestimmt.
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2. Die Druckhülle 3 dieses Gebäudes kann verhältnismäßig dünn gehalten
werden, da von vornherein das Auftreten einer großen Druckspitze vermieden wird.
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3. Die sich neben dem Reaktorgebäude befindliche gasometerartig gestaltete
Kondensationseinrichtung ist verhältnismäßig einfach aufgebaut. Zur Inbetriebsetzung
derselben im Schadensfall sind keinerlei Auslösevorrichtungen usw. erforderlich.
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4. Das ausströmende und kondensierte Schwerwasser kapn verhältnismäßig
einfach zurückgewonnen werden.
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5. Die austretenden Spaltprodukte sammeln sich zum großen Teil im
Gasometerwasser an, das mit Hilfe von Ionentauschern ebenfalls verhältnismäßig einfach
davon gereinigt werden kann.
6. Durch die nur geringe Verseuchung
des eigentlichen Reaktorgebäudes kann eine Reparatur und Wiederaufnahme des Reaktorbetriebes
in kürzester Zeit erfolgen.